MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Seit dem 1. April steht der europäische Milchmarkt ohne funktionierenden Sicherheitsrahmen da. Bei unserer EMB Aktion am 31. März – dem letzten Tag der Quotenregelung – haben wir deshalb die Flaggen der 28 EU-Länder auf Halbmast gesetzt. Nur um es klar zu stellen: Wir trauern keinesfalls der Quote nach, sondern einem funktionierenden System für die Zeit danach! Bis jetzt hat es die Politik nämlich verabsäumt, geeignete Marktinstrumente zur Krisenvermeidung zu installieren. Wir gehen davon aus, dass die Milchviehhalter in vielen EU-Ländern ihre Produktion nach Ende der Quote erheblich steigern werden. Zuviel Milch am Markt bedeutet wie immer einen Preisverfall – die nächste Marktkrise ist programmiert!

Laut Prognosen wird die Nachfrage nach Milch in Europa in den nächsten Jahren sinken. Die allseits propagierten „Exportchancen“ und die „neuen Märkte in Asien und Afrika“ sind keine nachhaltige Lösung für den europäischen Milchmarkt. Eine einseitige Exportorientierung ist kurzsichtig und unsicher, ganz abgesehen davon, dass damit auch die lokale Milchproduktion dieser Länder zerschlagen wird.

Die Mitgliedsverbände des European Milk Board wollten mit ihrer Mahnwache vor dem Europaparlament ein klares Signal gegen die Lobgesänge und Siegesparolen der Bauernverbände und der Milchindustrie setzen. Unsere Befürchtung ist, dass ab April die multinationalen Konzerne und Banken das Ruder übernehmen. Schon jetzt können die europäischen Bauern nicht kostendeckend arbeiten. In Belgien bekommen wir zur Zeit zwischen 25 und 27 Cent für einen Liter Milch. Unsere aktuelle Kostenstudie hat Produktionskosten von 46 Cent ergeben! Die Milchbetriebe werden in Zukunft noch schneller von der Bildfläche verschwinden.

Der Milchmarkt braucht Kriseninstrumente für die Zeit nach der Quote. Mit unserem Marktverantwortungsprogramm haben wir ein fundiertes und gut durchdachtes Instrument an der Hand, um Marktkrisen angemessen begegnen zu können. Die nächsten Monate werden zeigen, wie sich der Milchmarkt entwickelt. Wir vom EMB werden die Lage sehr genau beobachten und sitzen in den Startlöchern, um bei Bedarf ein starkes Zeichen der Milcherzeuger zu setzen.

Erwin Schöpges, EMB Vorstandsmitglied

Mahnwache 31. März: Europäische Milcherzeuger warnen vor starkem Marktmachtverlust und chronischen Preisstürzen

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Aktuelle Pressemitteilung zur EMB Mahnwache

(Brüssel, 31.03.2015) Die Flaggen der 28 EU-Mitgliedsstaaten wehen auf Halbmast, gleichzeitig flattern die Fahnen der Lebensmittelgroßkonzerne ganz obenauf im Wind. Es ist ein eindeutiges Bild, das sich den Brüsselern heute vor dem EU-Parlament bietet.

Während die Erzeuger in den Ländern künftig ohne funktionierende Rahmenbedingungen zurecht kommen müssen, können Nestlé, Danone und Co. aus den Vollen schöpfen. „Dank des zu erwartenden Milchüberschusses werden die Konzerne den Erzeugern ab jetzt die Abnahmebedingungen noch stärker als bisher diktieren. Es drohen Tiefstpreise, da Europas Bauern künftig über noch weniger Marktmacht verfügen, um einen kostendeckenden Milchpreis durchzusetzen“, warnte Romuald Schaber, Präsident des European Milk Boards (EMB), mit Blick auf die Zukunft des Milchsektors. Ohne ein funktionierendes Kriseninstrument drohten den Milchbauern immer wieder lange Preistäler, ein großer Teil der Erzeuger würde sehr bald aus der Milchproduktion herauskatapultiert werden.

Aus der ganzen EU waren daher Milcherzeuger vor dem Europaparlament in Brüssel zu einer symbolischen Mahnwache mit Mahnfeuer und Trauermarsch zusammengekommen, um die Politik auf ihre Versäumnisse hinzuweisen. „Das System für die Zeit nach der Milchquote weist große Defizite auf. Leider hat es die Politik versäumt, geeignete Marktinstrumente zur Krisenvermeidung zu installieren“, bemängelte Sieta van Keimpema, EMB-Vizepräsidentin. Das Problem: Mit größter Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass die Milchviehhalter in vielen EU-Ländern ihre Produktion nach Ende der Quote erheblich steigern werden – ohne dass die ganze Menge vom Markt vernünftig aufgenommen werden könne. „Chronische Preisstürze sind programmiert, die nächste Marktkrise wird kommen“, ergänzte Schaber.

Zusätzliches Kriseninstrument gefordert: Marktverantwortungsprogramm

Umso beharrlicher fordert das EMB deshalb die Umsetzung eines Marktverantwortungsprogramms (MVP), das im Falle einer Krise zur Anwendung kommen soll. Das Programm kann nach dem Quotenende die Milchbauern dazu anhalten, sich in Krisenzeiten marktkonform zu verhalten. Konkret: Erzeuger, die in Zeiten des Überschusses freiwillig weniger produzieren, sollen einen Bonus erhalten. Diejenigen hingegen, die trotz stark übersättigter Märkte mehr produzieren, sollen dafür auch die Verantwortung übernehmen und eine Marktverantwortungsabgabe bezahlen. „Damit können wir ein verlässliches Umfeld schaffen und die flächendeckende Milchproduktion in der EU auch für die Konsumenten sichern“, so Schaber.

Wie dringend die Einführung eines guten Krisenprogrammes ist, zeigt sich bereits jetzt. Seit Monaten schon befinden sich die Milchpreise in vielen europäischen Ländern im Keller. Gebremst wurde die Abwärtsspirale zuletzt nur noch durch die in diesem Jahr drohende, historisch hohe Superabgabe von bis zu 25 Cent pro zu viel geliefertem Kilo Milch. Dadurch konnte die Überproduktion und damit der Preisrückgang eingedämmt werden. „Wir fordern nun, dass die Superabgabe aus dem letzten Milchwirtschaftsjahr in Höhe von rund 409 Millionen Euro sowie die in 2015 anfallenden Strafzahlungen, so wie in der Verordnung vorgeschrieben, für den Milchsektor genutzt werden  Diese Gelder  sollten zur Umsetzung des Marktverantwortungsprogramms verwendet werden“, so Schaber.

Hanna Vauchelle, EMB

 

Fotos zur Aktion

Video: EMB Aktion am 31. März 2015 vor dem EU-Parlament (© EMB)

Video: Der letzte Tag der europäischen Milchquote - Krisenvorsorge nötiger denn je (© Die Grünen)

Zum Marktverantwortungsprogramm des EMB

Österreich: Aktionstag 31. März

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© IG-Milch

Ein Aktionstag in Wien bescherte uns ein gewaltiges Medieninteresse, das uns den ganzen Tag begleitete. Vor dem Haus der Europäischen Union wurde ein Milchsee als Symbol für die zu erwartenden Überschüsse errichtet.

 

Anschließend ging es zum Landwirtschaftsministerium, wo eine Kunststoffkuh samt Heuvorrat überreicht wurde: Das Landwirtschaftsministerium soll sich am freien Markt die Kuh selber melken! Der Abschluss war dann das symbolische Begräbnis der Milchquote in der Säulenhalle des Parlamentgebäudes.

Der Traum der wachstumswilligen Betriebe, daß mit dem Auslaufen der Quote dieses Wachsen leistbar wird, wird zu einem Bumerang werden. In der Landwirtschaft wird sich nicht der durchsetzen, der am besten, gerechtesten, nachhaltigsten und umsichtigsten seinen Betrieb führt, sondern das Gegenteil wird der Fall sein.

Die IG-Milch hat ein österreichisches Milchpreismodell für die Zeit nach der Quote entwickelt. Ein entsprechender Antrag wurde von den Oppositionsparteien im Parlament eingebracht.

IG-Milch

 

Medienberichte zur Wien-Aktion

Bilder der Aktion

Video: Bauern protestieren gegen Wegfall der Milchquote ORF

Informationen zur Milchmarktsituation der Länder

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Die europäischen Milcherzeuger haben bei der letzten Mitgliederversammlung (1./2. April) die aktuelle Lage in den Ländern dargestellt. Anbei eine kurze Zusammenfassung der Milchmarktsituation zum Zeitpunkt Quotenende.

 

Belgien (MIG)

Seit 6 Monaten liegt der Milchpreis zwischen 25 bis 27 Cent. Laut unserer aktuellen Kostenstudie betragen die Produktionskosten 46 Cent. In Belgien liegt die Überproduktion bei 8-9%.

 

Deutschland (BDM)

Der Milchpreis liegt im Bundesdurchschnitt bei 29,5 Cent (Spannbreite 25 – 37 Cent). Es herrscht unterschiedliche Stimmungslage. Zum Teil überlegen viele Betriebe – auch größere - auszusteigen. Agrarministerkonferenz: Landesminister fordern Krisenerkennungssystem und Sicherheitsnetz.

 

Finnland (MTK)

Befürchtung , dass die Produktion in Europa steigt. Das russische Importverbot hat Finnland hart getroffen. Schwierigkeit, neue Märkte zu finden. Der Milchpreis ist um 20% gesunken. Die EU-Hilfe von 10,7 Mio. € ist zu wenig, um die Verluste auszugleichen.

 

Frankreich (APLI & OPL)

Im letzten Jahr wurde um 5% mehr produziert als im Vorjahr. Es gibt sehr viele Genossenschaften, die Lagerbestände aufgebaut haben. Der Milchpreis liegt im Durchschnitt bei 31 Cent (Spannbreite 26 bis 34 Cent). In Frankreich besteht ein Zwei-Preissystem (A und B-Preis). Zusätzlich gibt es einen C-Preis (Preis für überlieferte Milch laut Vertrag), der momentan 6,6 Cent/l beträgt.

 

Italien (APL)

In Italien ist die Milchproduktion um 3% gestiegen. Bis September 2014 war der Milchpreis stabil mit 40-45 Cent. Danach sind die Preise abgestürzt, aktuell werden 35 Cent bezahlt. Die neuen Vertragsverhandlungen für April bis Juni ergaben 36 Cent. Die Produktionskosten sind gestiegen, immer mehr Betriebe hören auf. Die Superabgabe ist ein großes Problem.

 

Irland (ICSMA)

Der Milchpreis lag vor einem Jahr bei 39 Cent/l und jetzt bei 30-31 Cent/l (3,6% Fett, 3,3% Eiweiß). Irland liegt laut Meldungen mit 5,07% über der Quote, das bedeutet eine mögliche Superabgabe von 80-100 Mio €.  Bei irischen Bauern ist die Position gegenüber Quotenende vorwiegend positiv. Die Milchproduktion wird um 10-20% ansteigen.

 

Kroatien (HSUPM)

Es gibt rund 9.200 Milcherzeuger in Kroatien, die Milchproduktionsbedingungen sind sehr schwierig. Der Milchpreis liegt bei ca. 34 Cent/kg. Starker Rückgang der Milchviehbetriebe. Zur Zeit haben wir nur noch 900 Betriebe mit mehr als 20 Kühen. Desorientierung der Bauern bezüglich der Beihilfen, auf die sie Anspruch haben. Grund: In den letzten 4 Jahren gab es 3 verschiedene Beihilfensysteme.

 

Litauen (LPGA)

Kleine Bauern bekommen nur 11-12 Cent. Problematisch ist, dass viel Milch von Lettland und Estland importiert wird (1.500 Tonnen/Tag). Ca. 50% der litauischen Milchprodukte werden exportiert. Litauische Bauern bekamen aufgrund des russischen Importverbots Unterstützung, aber die Molkereien haben sofort die Milchauszahlungspreise gesenkt. Dieses EU Geld geht an die Molkereien.

 

Luxemburg (LDB)

Der Grundpreis liegt schon seit längerem zwischen 28-30 Cent/l. Es werden 4-5 % übermolken.

 

Niederlande (DDB & NMV)

Die Preise sind gesunken, von Januar bis März wurde weniger angeliefert, weil die Quote vorher um mind. 5% überschritten wurde. Erwartung, dass ab 1. April mehr produziert wird. Der Milchpreis liegt bei ca. 33 Cent (4,41 Fett, 3,47 Eiweiß). Es gibt ein neues Gesetz in den Niederlanden: Die Zahl der Tiere/Betrieb wird jetzt an Land gekoppelt. Das bedeutet, dass Betriebe nur wachsen können, wenn mehr Land hinzukommt. (4 GVE/ha).

 

Polen (PFHBiPM)

Der Milchpreis ist um 8 Cent gesunken und liegt bei 29 Cent. Kleinere Molkereien zahlen bis 22 Cent. Einige Molkereien haben noch gute Preise, sehr wenige zahlen 36 Cent. Zum Teil nutzen die Molkereien das Russlandembargo, um die Preise zu drücken.

 

Schweiz (BIG-M)

Die Schweiz hat schon ein Freihandelsabkommen mit China, trotzdem ist der Preis in den letzten 8 Monaten um 25% gefallen. Die Milchindustrie hat die Russlandkrise zum Anlass genommen, um die Milchpreise zu senken.

 

Regina Reiterer, EMB

Situation in Deutschland

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© wikimedia commons

Die Molkereien in Deutschland zahlten im Februar durchschnittlich 29 Ct/kg Milch (bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß). Obwohl die ersten positiven Trends am Milchmarkt die Leitindizes haben steigen lassen, senkte die Hochwald Milch eG den Milchpreis für März 2015 um 1,5Ct/kg Milch ab.

Gründe hierfür sind, dass die positiven Trends sich noch nicht in Kontrakten befinden und die unsicheren Prognosen für die Zeit nach der Quote. Viele Milcherzeuger haben die Anlieferung stark gedrosselt, da eine hohe Superabgabe für die Überlieferung droht. Die Anlieferung beträgt zur Zeit 3,1% unter dem Vorjahresniveau. Doch die Anzeichen deuten auf Änderungen hin. Ab dem 01.04.2015 wird aller Voraussicht nach mehr Milch auf den Markt kommen. Zahlreiche neu gebaute Ställe stehen noch leer und werden derzeit bestückt. Deshalb sind die Preise für hochtragende oder frisch abgekalbte Färsen auf den Auktionen in der letzten Woche um bis zu 400€ pro Rind gestiegen und liegen derzeit bei 1950€/Rind.

Der BDM zeigt in zahlreichen Gesprächen mit politischen Vertretern immer wieder die Notwendigkeit von Marktrahmenbedingungen auf. Besonders das Marktverantwortungs-programm steht dabei im Vordergrund und wird stetig erläutert. Der BDM hat auch wieder die Agrarministerkonferenz begleitet, die vom 18. bis 20. März 2015 in Bad Homburg stattgefunden hat. Hier waren die Milcherzeuger  drei Tage vor Ort präsent und haben mit Aktionen und einer Kundgebung den politisch Verantwortlichen die Auswirkungen des Quotenausstiegs bewusst gemacht.

Thorsten Sehm, BDM

RoadMap Milch & Markt – Fahrplan für die Zeit nach der Quote

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© MEG Milchboard

Vor dem Hintergrund der nach 31 Jahren auslaufenden Milchquote und der schlechten Marktposition der Milcherzeuger hat die MEG Milch Board die RoadMap Milch & Markt erarbeitet. Sie ist kein Kriseninstrument, sondern befasst sich ausschließlich mit den Geschäftsbeziehungen der Milcherzeuger zu ihren Milchabnehmern.

 

 

Ziel ist, die Marktposition der Milcherzeuger in Europa auf der Basis geltender Rechtsgrundlagen zu verbessern. Die Grundlage bilden das Milchpaket der EU-Kommission und das in Deutschland geltende Agrarmarktstrukturgesetz (AgrarMSG) sowie der Sektorbericht Milch des Bundeskartellamtes.

Nach eingehender Analyse der aktuellen Situation sieht die MEG Milch Board aus Sicht der Erzeuger noch immer große Defizite in der Vermarktung der Milch als wertvolles Lebensmittel. Dies behindert eine nachhaltige und umweltschonende Entwicklung der Milchproduktion in Deutschland. Die RoadMap Milch & Markt richtet sich deshalb nicht nur an die Marktteilnehmer, sondern auch an die Verantwortung der Politik und der Gesellschaft im Allgemeinen.

Die RoadMap Milch & Markt umfasst im Wesentlichen vier Punkte:

-               Vertragsmodell Milchproduktion

-               Hilfe zur Selbsthilfe

-               Reformierung der Andienungspflicht

-               Förderung des Dialogs.

Die verbindliche Umsetzung dieser Punkte macht künftige staatliche Markteingriffe entbehrlich. Zur Bewältigung erheblicher, insbesondere nicht von den Marktteilnehmern verursachter Marktstörungen müssen jedoch zusätzliche wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung stehen und kurzfristig zeitlich befristet angewendet werden. Gelingt es nicht, die Inhalte der RoadMap Milch & Markt schnell umzusetzen, wird sich das Ungleichgewicht am Milchmarkt weiter zu Lasten der Erzeuger verlagern.

MEG Milch Board

zur Roadmap Milch & Markt

EMB Agenda

Die wichtigsten Termine des EMB-Vorstands im April 2015:

  • 01.-02.04.:        EMB Mitgliederversammlung in Brüssel
  • 23.04.:              Besuch des norwegischen Verbandes „Bondesolidaritet“
  • 29.04.:              Treffen Milchmarktbeobachtungsstelle (Brüssel) 

Impressum

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Fax: +32 2808 8265
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