MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

In dem Maße, wie wir immer tiefer in der Krise versinken, wird deutlich, dass es von kritischer Bedeutung ist, etwas gegen das Überangebot von Milch zu unternehmen, das so viel Druck auf die Preise ausübt.

Denjenigen, die behaupten, dass eine solche Politik gleichbedeutend mit fehlendem Vertrauen in den EU-Milchsektor nach Ende der Quoten sei, möchte ich nur eines sagen: Es ist höchste Zeit damit aufzuhören, die Interessen des Milchsektors und die der Milchbauern zu verwechseln. Dem "Sektor" geht es sehr gut, danke der Nachfrage. Wir sind alle in der Lage, die Berichte der Analysten und die Firmenbilanzen zu lesen. Bei den Menschen, die die Milch liefern, die Grundlage für all die Gewinne und optimistischen Prognosen sind, sieht die Lage ganz anders aus; diese Menschen – zumindest hier in Irland – haben seit über einem Jahr keinen Cent für ihre Arbeit und ihre Investitionen gesehen und verlieren in vielen Fällen sogar Geld. Aus Sicht von ICMSA ist es daher höchste Zeit, dass wir uns mehr um die Milcherzeuger kümmern – das Fundament des Sektors – und uns vielleicht etwas weniger mit der Verarbeitung, den Konzernen und dem Einzelhandel befassen. Gott weiß, dass sie sich wenig Sorgen um uns machen.

John Comer, Vorstandsmitglied des EMB und Präsident von ICMSA, Irland

 

 

 

 

 

Kein konsequentes Vorgehen gegen Krise im Milchsektor

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Außerordentlich groß ist der Druck für die Erzeuger am Milchmarkt. Die lang anhaltende Krise mit stetig sinkenden Milchpreisen hat die Milchhöfe EU-weit ausgelaugt. Umso wichtiger wären daher beim gestrigen Agrarrat durchgreifende Entscheidungen zur Reduzierung der Überproduktion am Markt gewesen.

Doch die Maßnahmen, die hier beschlossen wurden, lassen den dringend benötigten Richtungswechsel im Sektor nicht zu. Anstatt hier einen konsequenten, EU-weiten Ansatz zu verfolgen, der allen Erzeugern die Möglichkeit eines freiwilligen Lieferverzichts bietet, wurde mit 350 Millionen Euro ein Großteil des Gesamtpakets von 500 Millionen für nicht genau definierte Maßnahmen bestimmt.

Romuald Schaber, Vorsitzender des European Milk Board (EMB), äußert sich enttäuscht: „Zwar ist auch Produktionsreduzierung eines der Schlagworte, mit denen für das aktuelle Maßnahmenpaket geworben wird. Doch an eine angemessene Umsetzung wagt man sich nicht heran. Lediglich 150 Millionen Euro sollen für produktionsreduzierende Maßnahmen verwendet werden. Ein Betrag, der angesichts der Schwere der aktuellen Krise bei weitem nicht ausreicht.“

 

Zu kurze Reduktionszeit und keine gleichzeitige Deckelung

Zudem gibt es während der zu kurz angedachten Reduktionsperiode von 3 Monaten, bei der reduzierwillige Erzeuger einen finanziellen Ausgleich erhalten sollen, keine gleichzeitige Mengendeckelung für die anderen Produzenten. Damit ist die Gefahr sehr groß, dass erreichte Produktionssenkungen durch die Mehrproduktion anderer Erzeuger wieder neutralisiert werden und die Wirkung auf den Milchpreis minimal bzw. nicht spürbar sein wird. Auch die umgerechnet 14 Cent je nicht produziertem Liter Milch reichen als Anreiz nicht aus. Hier müsste ein höherer Betrag gezahlt werden, um ausreichend Reduktionsbereitschaft für eine ausreichende Menge am Markt zu gewinnen.

„Mit Preisen zum Teil unter 20 Cent für den Liter Milch haben wir in Europa eine ganz starke und deutliche Krise im Milchsektor. Der muss mit einer konsequenten und deutlichen Politik begegnet werden“, so Schaber. Doch von Seiten der EU-Kommission und einiger Mitgliedsländer würde man sich um diese Konsequenz schon seit Monaten drücken. Das hätten die gestern beschlossenen Maßnahmen leider erneut gezeigt.

EMB-Pressemitteilung vom 19.07.2016

Neuer rheinlandpfälzischer Agrarminister verhindert einstimmigen Beschluss für freiwillige Mengenreduzierung

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Die Sonder-Agrarministerkonferenz der deutschen Länderminister fand am 15. Juli in Brüssel wegen der anhaltenden Krise im Milchsektor statt. Anwesend waren die Agrarminister aller Bundesländer sowie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und EU-Kommisar Phil Hogan.

 

Der französische Agrarminister Stéphane Le Foll, der auch eingeladen war, hatte kurzfristig abgesagt. Viele der Länderministerinnen und -minister sprachen vor der Konferenz mit den anwesenden BDM-Vertretern. 

Als die Gespräche der Minister beendet waren, stellte sich heraus, dass die Konferenz ohne Beschluss zu Ende gegangen war. Gescheitert war  er am rheinlandpfälzischen Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Dr. Volker Wissing. Er hatte sein Veto gegen einen freiwilligen Lieferverzicht eingelegt, mit der Begründung, man wolle nicht zurück zu einer Milchquote. Die benötigte Einstimmigkeit war somit nicht gegeben. Wissing hatte sich gegen die Maßnahme, die insbesondere von den sechs grünen Länderagrarministern aber auch vom SPD-Agrarminister aus Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Till Backhaus und vom CSU-Agrarminister aus Bayern, Helmut Brunner, unterstützt wurde, entschieden.

Dr. Till Backhaus war sichtlich betroffen. Backhaus kennt die Lage der Milchbauern: „Es geht schon lange nicht mehr um finanzielle Engpässe, sondern um berufliche Existenzen und persönliche Schicksale“.

Auch Romuald Schaber, BDM-Vorsitzender, reagierte verärgert und geschockt auf das Veto. „Es ist angesichts der prekären Situation auf den Milchviehbetrieben eine Katastrophe, dass ein einzelner Politiker, der neu im Amt ist, die intensive Vorarbeit seiner Kollegen torpediert und so verhindert, dass die Situation der Milchviehhalter wirksam verbessert werden kann“.

Konkrete Lösungen für die aktuelle Marktkrise sind brandeilig, um nicht noch massiveren Schaden für die Milchviehhalter zu verursachen.  Der Weltmarkt ist übersättigt, der Milchpreis auf dem Tiefststand. Die Prognose: bis Ende des Jahres werden sich die Verluste in der Landwirtschaft auf etwa 5 Milliarden Euro belaufen. Auch eine leichte Markterholung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Krise noch lange nicht abgewendet ist. Sich jetzt nicht weiter zu engagieren und zu kämpfen, ist der falsche Weg. Die Zukunft der Betriebe ist gefährdet! Die erheblichen Wertschöpfungsverluste der Milchviehhalter bedeuten auch große Verluste für den ländlichen Raum.

Wir brauchen ein sinnvolles und wirksames Krisenmanagement, damit zukünftig Krisen bewältigt werden können und ein schnelleres und effektiveres Handeln möglich ist.

Nadine A. Gund, Geschäftsführerin des BDM

Irland: ICMSA fordert sofortige Aussetzung der Verhandlungen über MERCORSUR- und TTIP-Handelsabkommen bis zur Klärung des Brexit

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Angesichts der fortbestehenden Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit hat John Comer, Vorsitzender des irischen Milcherzeugerverbands ICMSA, eine sofortige Aussetzung der Verhandlungen über die MERCOSUR-, TTIP- und andere Handelsabkommen gefordert, bis die Folgen des Brexit klar absehbar sind und bei künftigen Handelsabkommen berücksichtigt werden können.

Außerdem erklärte John Comer, dass alle bestehenden Handelsabkommen – einschließlich früherer WTO-Abkommen – überprüft und geändert werden müssten, um dem Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union Rechnung zu tragen.

Der Vorsitzende von ICMSA betonte, dass insbesondere das MERCOSUR-Abkommen äußerst negative und weitreichende Folgen für die irischen Landwirte haben könnte und es schlicht undenkbar sei, dass die Verhandlungen im Nebel der Ungewissheit und Verwirrung nach dem Brexit einfach fortgesetzt würden, bedenke man die direkten Folgen möglicher Zollkürzungen, vergünstigter Importe und sensibler Produktstatus, die alle unmittelbar durch die Beziehung des Vereinigten Königreichs mit der EU nach dem britischen Austritt beeinflusst würden.

Im Hinblick auf die bestehenden Handelsabkommen stellte John Comer fest, dass frühere Abschlüsse umfangreiche Zugeständnisse gegenüber Drittstaaten aufgrund ihrer traditionellen Handelsbeziehungen zum Vereinigten Königreich enthielten und diese auf der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU basierten. Seiner Meinung nach ist es völlig untragbar, dass diese Zugeständnisse nach dem Brexit fortbestehen. Daher müssten die Handelsabkommen logischerweise geändert werden, um der neuen Realität Rechnung zu tragen. Als Beispiel nannte er Lammfleisch aus Neuseeland und führte dazu weiter aus, dass die irischen Landwirte nach dem Brexit bereits vor genug Unwägbarkeiten stünden, ohne dass sie noch mit Erzeugnissen auf den EU-Märkten konkurrieren müssten, deren Präsenz Zugeständnissen zuzuschreiben sei, die ihren Ursprung in historischen Handelsbeziehungen zwischen Neuseeland und dem Vereinigten Königreich hätten.

Er schloss mit der Feststellung, dass der Ausgang des Volksentscheids über den Brexit sehr bedeutende Fragen mit Folgen für bestehende und künftige Handelsabkommen aufwerfe, die als Teil der neuen Wirklichkeit eindeutig und angemessen behandelt werden müssten.

Pressemitteilung des ICMSA

Aktuelle Kostenzahlen zeigen weiterhin verheerende Unterdeckung in der Milchproduktion

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© MEG Milchboard/EMB

Vielleicht fehlen übernatürliche Angreifer wie Zombies und Gespenster – ansonsten aber unterscheidet sich die Situation der Milcherzeuger in ganz Europa kaum von einem Horrorfilm: Monat für Monat verheerende Preisnachrichten; die Produktionskosten und der Milchauszahlungspreis klaffen weit auseinander und auf den Milchhöfen verzweifeln die bäuerlichen Familien angesichts dieser deutlichen Existenzbedrohung.

 

Wie man an den Aprilzahlen für die deutsche Milchproduktion sieht, werden mit einem Preis von durchschnittlich 25,78 Cent die Produktionskosten von über 44,60 Cent je Kilogramm Milch nicht einmal zu zwei Dritteln gedeckt.

Die Zahlen werden vierteljährlich vom Büro für Agrarsoziologie (BAL) ermittelt und von der MEG Milch Board und dem European Milk Board (EMB) gemeinsam veröffentlicht.

Dass es sich weder um ein vorübergehendes Problem noch um eine typisch deutsche Situation handelt, machen die Kostenstudien für andere europäische Staaten deutlich. Anfang Juli hatten beispielsweise Kostenzahlen für Dänemark und die Niederlande klar aufgezeigt, inwieweit auch Länder mit großen Betriebsstrukturen einem ständigen Defizit in der Milchproduktion ausgesetzt sind. Dänemark hatte 2015 bei durchschnittlichen Kosten von 41,70 Cent einen Verlust von über 10 Cent, während das Defizit der niederländischen Erzeuger bei Kosten von 44,50 Cent knapp 14 Cent pro Kilogramm Milch betrug. Und auch in den letzten Jahren hatten die Preise in den Niederlanden nie ein kostendeckendes Niveau erreicht.

„Diese ständige Kostenunterdeckung bedeutet, dass die Bäuerinnen und Bauern die Produktion aus der eigenen Tasche quersubventionieren müssen. Dafür verzichten sie auf eine Entlohnung ihrer Arbeitszeit und nehmen Kredite auf, um die Milchproduktion und den Hof noch über eine gewisse Zeit zu retten“, umschreibt Romuald Schaber, der Vorsitzende des EMB, den immensen Druck auf den Milchhöfen. Wenn selbst das nicht mehr funktioniert, geben viele Betriebe die Milchproduktion auf. Es stelle sich hier laut Schaber ganz dringend die Frage: „Können wir wirklich mit den Produzenten unserer Nahrungsmittel so unfair umgehen und zudem erlauben, dass die Produktion aus vielen Regionen Europas einfach verschwindet?“

So selbstverständlich wie diese Frage mit Nein beantwortet werden muss, so offensichtlich ist auch die Folgefrage nach Möglichkeiten zur Beseitigung dieser unfairen Zustände. „Um die Preise auf ein faires Level zu bringen, muss die Milchmenge am Markt reduziert werden“, umreißt Schaber die Lösung für den Milchsektor. „Erzeuger, die bereit sind, ihre Menge zu drosseln, sollten dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten. Denn sie leisten damit einen Beitrag zur Marktstabilisierung, die allen Erzeugern durch höhere Preise zugute kommt.“

Es gibt viele Stimmen, die diesen freiwilligen Lieferverzicht auf EU-Ebene einfordern, um der Horrorsituation im Milchsektor ein Ende zu bereiten. Dazu gehören die Minister vieler EU-Staaten, EU-Parlamentarier und auch der Ausschuss der Regionen. „Es ist absolut notwendig, dass sich jetzt auch die EU-Kommission diesen Stimmen anschließt“, so Schaber.

Hintergrund:

Die gemeinsam von European Milk Board (EMB) und MEG Milch Board beim Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) in Auftrag gegebene Kostenstudie berechnet die deutschlandweiten Erzeugungskosten der Milch. Sie basiert zum einen auf Daten des Informationsnetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB), nutzt zu deren Aktualisierung zudem Preisindizes für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Futter, Dünger, Saatgut und Energie vom Statistischen Bundesamt und greift auf einen Einkommensansatz zurück, der die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und Familienangehörigen kalkuliert.

Auf dieser Studie aufbauend hat die MEG Milch Board den Milch Marker Index (MMI) entwickelt, der den aktuellen Verlauf der Erzeugungskosten (mit Basisjahr 2010 = 100) dokumentiert. Für April 2016 beträgt der MMI 107 Punkte. Vierteljährlich wird er gemeinsam mit einer Preis-Kosten-Ratio veröffentlicht. Diese zeigt das Verhältnis zwischen den amtlich erfassten Rohmilchpreisen an die Erzeuger und den Milcherzeugungskosten.

EMB-Pressemitteilung vom 15.07.2016

Kritik an Professoren-Einschätzung zum deutschen Milchmarkt

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© Marlene Herzog/Bauernstimme

An der Ausarbeitung "Wiedereinführung der Milchquote kein sinnvolles Instrument der Agrarpolitik" von neun deutschen Agrarökonomen übt Prof. Dr. Onno Poppinga in einer Veröffentlichung des Kasseler Instituts für ländliche Entwicklung scharfe Kritik. Hier ein Auszug seiner Kritikpunkte:

 

1. Die Professoren/innen gehen von einem ungeeigneten theoretischen Ansatz aus. Durchgängig wird in der Stellungnahme mit marktökonomischen Begriffen argumentiert; bei der Analyse der Beziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien handelt es sich aber nicht um Markt- sondern lediglich um Lieferbeziehungen. Abnehmer (vor allem: Lebensmitteleinzelhandel und Großhandel) haben natürlich Kenntnis davon, dass die Molkereien die Milch nur "abrechnen", sie aber nicht gekauft haben. Dadurch haben die Molkereien eine extrem schwache Verhandlungsposition.

2. Im Gegensatz zur Argumentation der Agrarökonomieprofessoren/innen handelt es sich bei den Forderungen, die gesetzlichen Grundlagen für die Beziehung zwischen Milcherzeugern und Molkereien in der Weise zu ändern, dass die Milcherzeuger sich zu Erzeugergemeinschaften zusammenschließen und dadurch mit den Molkereien über Menge und Preise der Milch verhandeln können, nicht um eine "Aushebelung des Marktes", sondern um die erstmalige Herstellung eines Marktes. Auch ist es sachlich falsch, derartige Zusammenschlüsse von Milcherzeugern als "wettbewerbsrechtlich unzulässig" zu bezeichnen: das Wettbewerbsrecht sieht diese Erzeugergemeinschaften in der Landwirtschaft ausdrücklich vor, und zwar mit dem beabsichtigten Recht, sich gemeinsam Regeln zu Menge, Preis und Qualität zu geben.

3. Als Gegeneinwand, den Überschuss an Milch durch eine Reduzierung der Milchmenge aufzulösen, wird von den neun Professoren/innen die Aussage vorgebracht: "Eine Reduzierung der Fütterungsintensität ist tierphysiologisch umstritten, da hier tiergesundheitliche Probleme auftauchen können". Diesem Einwand fehlt es an Stichhaltigkeit. Beispiele: Ersatz der in der Kälberfütterung eingesetzten "Milchaustauscher" durch Vollmilch, geringe Verminderung von Futtermittel (Getreide, Soja) und Ersatz mit Grundfutter.

4. Die Aussagen der Agrarprofessoren zu den Auswirkungen des aktuellen Erzeugerpreisverfalls bei Milch sind nebulös und werden den wirtschaftlichen Problemen auf den Betrieben bei weitem nicht gerecht.

5. Die Agrarprofessoren/innen argumentieren "moralisch" gegenüber der Forderung, den Überfluss an Milch durch eine Verringerung der Produktion zu beseitigen: "Ganz unabhängig davon, dass es unsinnig ist, Lebensmittel künstlich zu verknappen..." Gegenfrage: Welchen Sinn soll es denn machen zusätzliche Lebensmittel zu erzeugen, für die es keinen zusätzlichen  Markt gibt, wo staatliche Gelder für Lagerhaltung und Liquiditätshilfen u.ä. aufgebracht werden müssen?

6. Zuzustimmen ist dann allerdings der Aussage, dass die "derzeit in den Medien geführte Diskussion zur angespannten Lage auf dem Milchmarkt ... über die Suche nach kurzfristigen Problemlösungen hinausgeht". Allerdings trägt die Argumentation der 9 Professoren/innen wahrlich nicht zu einer zukunftsfähigen Lösung bei. Ihr Vorschlag hat als Kern, die Industrialisierung der Milchviehhaltung weiter voranzutreiben; nur wo sich Nischenmärkte entwickeln und wo spezielle "Umweltleistungen" verlangt werden, sollen über Förderung von Sommerweidehaltung der Kühe, Grünlandmilch, Heumilch u.ä. Direktzahlungen an Landwirte gewährt werden. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Fortsetzung der Industrialisierung keines der bisherigen Probleme lösen wird: die Milchviehbetriebe bleiben weiterhin einflusslose Lieferanten; die Kühe müssen in einem noch stärkeren Umfang als bisher schon ihr Leben ganzjährig in den (aus Kostengründen überbelegten) Ställen fristen; die weitere Leistungssteigerung macht die Milchviehhaltung immer stärker zum Nahrungskonkurrenten der Menschen; durch die Verdichtung der Zahl der Kühe in Großställen nehmen sowohl die Probleme mit einem Übermaß an Düngerstoffen als auch mit den klimaschädlichen Gasen zu.

Hier das vollständige Dokument - Kritik am Text „Wiedereinführung der Milchquote kein sinnvolles Instrument der Agrarpolitik" von Prof. Poppinga

Prof. Dr. Onno Poppinga,  Kasseler Institut für ländliche Entwicklung

Deutsche und afrikanische Milchbauern: „Du bist kein Milchbauer, du bist Milchpulververkäufer“

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© Kerstin Lanje

„Du bist kein Milchbauer,  du bist Milchpulververkäufer“, sagt ein junger Molkereibesitzer aus dem burkinischen Bobo-Dioulasso selbstsicher, als er zur Begrüßung fest die Hand eines deutschen Reiseteilnehmers schüttelt.

 

Damit bringt er den Grund für unsere Reise nach Burkina Faso auf den Punkt: Wir sind hier, um herauszufinden, was europäisches Milchpulver und die europäische Exportstrategie in Burkina Faso bewirken. Wir, das ist eine Delegation vom Dachverband europäischer Milcherzeuger, dem European Milk Board, und Vertreter deutscher Nichtregierungsorganisationen.

Milchproduktion, Produktionsbedingungen und Erzeugerpreise sind auch in Burkina Faso, einem Land mit 10 Millionen Kühen bei rund 17 Millionen Einwohnern, ein umstrittenes Thema. Die Milchproduktion ist überlebenswichtig für die traditionellen Viehhirten Peulh. Gleichzeitig drängt seit Ende der Milchquote in Europa immer mehr Milchpulver auf dem Weltmarkt und hierher. Burkina Faso importiert jährlich Milchpulver im Wert von etwa 130 Mrd. CFA-Franc, umgerechnet 198 Millionen Euro. Zudem haben allein in Burkina Faso Importe von angereichertem Milchpulver in den letzten fünf Jahren auf über fünftausend Tonnen zugenommen.

In Ouagadougou treffen wir Korotoumou Gariko. Die energische Frau ist Pionierin der Kleinstmolkereien in Burkina Faso. Seit 1987 produziert und verarbeitet sie Milch, 2001 gründete sie gemeinsam mit anderen Produzentinnen den „Runden Tisch Milch“, um ihren Absatz zu steigern. Die Milchproduktion liegt hier ganz in Frauenhänden; 95 Prozent der burkinischen Milch wird von ihnen produziert. „Als es lukrativ wurde, Milch zu produzieren, war es plötzlich auch für die Männer interessant und sie wollten in unsere Kooperative aufgenommen werden. Aber das konnten wir verhindern“, lacht sie. Den Frauen ist es wichtig, unabhängig zu sein. Ihr Ansehen in der Gesellschaft sei gestiegen, seit sie für das Auskommen der Familie sorgen können. Bei der Frage nach den Milchpulverimporten wird Korotoumou Gariko wütend: „Unsere Politik geht in eine falsche Richtung. Die Milch wird nur noch auf dem Weltmarkt gehandelt. Burkina Faso setzt damit seine eigene Ernährung aufs Spiel. Es sollte eine Politik geben, die den gesamten Milchsektor fördert, damit alle Milchproduzenten ihre Produktion erhöhen und einen guten Preis bekommen können. Das geht nicht, wenn billiges Milchpulver aus Europa Konkurrenz macht“. Schon jetzt kostet das Pulver nur halb so viel wie lokale Milch, überall auf den Märkten und in Kiosken finden wir kleine Tütchen davon. Umgerechnet kostet aus Milchpulver und Pflanzenfett hergestellte Milch etwa 34 Cent, lokale Milch zwischen 76 Cents und 1,10 Euro.

Die Milchbauern Christoph Lutze und Johannes Pfaller, die uns nach Burkina Faso begleiten, werden immer wieder gefragt, warum sie sich auf die Reise begeben. „Wir wollen nicht, dass unsere Probleme exportiert werden. Europa muss etwas tun, um die Milchmengen zu regulieren. Wer andere Länder an der Entwicklung hindert, verhindert die eigene Entwicklung“, sagt Johannes Pfaller. Er selbst hat in Deutschland einen Hof mit 120 Kühen, 100 Hektar Land und produziert jährlich rund eine Million Liter Milch. Seit der Milchkrise 2009 engagiert sich Johannes Pfaller im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Der Milchbauer Christoph Lutze aus Norddeutschland hört mit und nickt. „Mir ist wichtig, die Milchbauern in Burkina Faso kennen zu lernen – ich will mit eigenen Augen sehen, wie sie leben“. Dass es in Deutschland Höfe wie Lutzes mit 160 Kühen gibt, die vermehrt um ihre Existenz kämpfen müssen, können viele hier in Burkina Faso nicht glauben.

Auszug aus dem Blog von Kerstin Lanje (Misereor) – den vollständigen Text auf Deutsch finden Sie hier

Kerstin Lanje, Misereor


Es gibt die Möglichkeit, die Teilnehmer der Reise für Vorträge bei Erzeugerveranstaltungen anzufragen. Bei Interesse bitte beim EMB Büro bzw. direkt bei Herrn Johannes Pfaller melden.

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