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EMB - European Milk Board asbl
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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

die EU-Kommission hat ihre Vorschläge zur Reform der EU-Milchpolitik veröffentlicht. Man hat zunächst den Eindruck, dass in Brüssel ein völlig neuer Wind weht. Es ist die Rede von einem Machtungleichgewicht innerhalb der Lebensmittelkette und der Notwendigkeit, die Position der Erzeuger zu stärken. Die EU-Kommission fordert, Erzeugern die kartellrechtliche Möglichkeit zu geben, sich zu bündeln. Gute Ansätze, leider gehen die Vorschläge nicht weit genug. Würden die Instrumente so umgesetzt wie vorgeschlagen, hätten die Erzeuger weiterhin nicht die Kraft, Einfluss auf die produzierte Milchmenge zu nehmen. Ein nachfrageorientiertes Angebot ist jedoch die Grundvoraussetzung für kostendeckende Erzeugerpreise und wirkt sich positiver auf die Landwirtschaft in Europa aus als teure, steuerfinanzierte Maßnahmen wie Intervention, Exportsubventionen oder Notfallzahlungen. Auch eine starke Ausweitung von Direktzahlungen für benachteiligte Regionen wird niemals ausreichen, um dem massiven Verlust von Milchbetrieben aufgrund schlechter Erzeugerpreise entgegenzuwirken. Deshalb werden wir weiterhin intensive Gespräche in Brüssel und auf nationaler Ebene führen, die Position der Milcherzeuger auf verschiedenste Art darlegen und unsere Kooperationen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen weiter ausbauen.  

In Kanada kommen die Milcherzeuger ohne direkte Zahlungen vom Staat aus und erwirtschaften aufgrund des staatlich unterstützten Systems des „Supply Management“ kostendeckende Preise aus dem Markt. Verbraucher können auf faire und stabile Regalpreise vertrauen. Das zeigt der Brief von Marcel Groleau in diesem Newsletter noch einmal auf. Die EU sollte keinesfalls über das geplante Handelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) versuchen, europäische Milchprodukte in den kanadischen Markt zu drücken. Viel sinnvoller wäre  es, hier in Europa genau wie in Kanada, die Menge an der Nachfrage zu kostendeckenden Preisen zu orientieren.

Das Jahr 2010 war recht bewegt. Das zeigt der Brief einer Milchbäuerin aus  der Normandie sehr deutlich. Milcherzeuger waren in Brüssel, Straßburg, Paris und an vielen anderen Orten, um der Öffentlichkeit und besonders der Politik deutlich zu zeigen, wie die Situation auf den Höfen ist und welche politischen Rahmenbedingungen es bräuchte. In Dänemark und Schweden waren die Zeiten für die Milcherzeuger besonders schwer. Viele Erzeuger gaben ihre Betriebe auf oder sind inzwischen so hoch verschuldet, dass ein Ausweg unmöglich erscheint. In der Schweiz konnten wir live miterleben, wie die Branchenorganisation Milch scheiterte, Butterberge wuchsen und Erzeugerpreise sanken. Doch es gibt auch Positives zu berichten. So zum Beispiel aus Österreich, wo die Faire Milch an  Marktanteilen zulegt und über die Freie Milch Austria immer mehr Milch zur selbstständigen Vermarktung durch die Bauern gebündelt wird. In Deutschland und Belgien wurde die Faire Milch erfolgreich neu in den Markt eingeführt.

Die Kontakte zur Politik in Brüssel und in den EMB-Ländern wurden massiv ausgeweitet und EMB und seine Mitgliedsverbände sind inzwischen auf vielen Ebenen wichtige Ansprechpartner, wenn es um  Milch geht.

All diese Aktivitäten und Entwicklungen waren nur durch die großartige Unterstützung der Milchviehhalter/innen aus allen EMB-Mitgliedsorganisationen möglich. Dafür möchte sich der gesamte Vorstand bei Euch recht herzlich bedanken. Ein besonderer Dank gilt auch unseren fleißigen, hochmotivierten Mitarbeitern/innen.

Die positiven Ansätze auf politischer Ebene sollten uns ermutigen, mit vollem Elan ins Neue Jahr zu starten, um die angestoßenen Dinge zum Erfolg zu führen. 

Im Namen des EMB-Vorstandes wünschen wir Euch

Frohe Weihnachtstage und alles Gute für das Neue Jahr.

Mit herzlichen Grüßen

Romuald Schaber und Sieta van Keimpema

 

Milchpaket der EU-Kommission – Richtung gut, doch fehlen effektive Instrumente

Am 9.12.2010 hat die EU-Kommission ihr Milchpaket der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieses beginnt mit sehr treffenden Analysen bezüglich der Situation der Milcherzeuger in der Lebensmittelkette. So heißt es beispielsweise: “(...), doch oft ist das Ausmaß der Konzentration auf der Seite des Angebots viel niedriger als im Bereich der Verarbeitung. Daraus ergibt sich ein Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht dieser beiden Ebenen. Es kommt außerdem zu Verkrustungen des Marktes; die Landwirte haben kaum Alternativen bei der Wahl der Molkerei (oder selbst des Transportunternehmens für Rohmilch).” (Originaltext siehe www.europeanmilkboard.org/presse)

Hier stimmt das EMB mit der Analyse der EU-Kommission überein. Schaut man sich dann die Lösungsvorschläge im Einzelnen an, so weht auch hier ein guter Wind, der nach neuen und innovativen Lösungen klingt. In fast allen Fällen fehlt dann leider offenbar der Mut, die angedeuteten Instrumente so zu konkretisieren und auszugestalten, dass sie den Erzeugern effektiv eine stärkere Verhandlungsposition am Markt ermöglichen. Die Interessen der Molkereiwirtschaft und insbesondere der Molkereien stehen weiterhin im Vordergrund. Romuald Schaber kommt zu dem Schluss: “Die in der Kommissionsmitteilung aufgeführten Handlungsansätze können in ihrer jetzigen Ausgestaltung die Ungleichverteilung des Einflusses zwischen den Akteuren am Milchmarkt nicht beenden und somit keine kostendeckenden Erzeugerpreise ermöglichen.“ Im Folgenden sollen die einzelnen Bereiche des Milchpaketes kurz analysiert und bewertet werden:

Bündelungsgrad für Erzeugergemeinschaften bei 3,5 Prozent der EU-Milchmenge

Die Bündelung von Milcherzeugergemeinschaften wäre bei dieser Obergrenze auf rund 4,7 Mrd. kg Milchmenge begrenzt. „Das ist viel zu gering, wenn man bedenkt, dass Molkereien wie Arla Foods oder Friesland Campina mit 8,7 Milliarden  bzw. 11,7 Milliarden kg Milch auf Molkereiseite schon einen Marktanteil von ca. 6,5 bzw. 8,8 Prozent des europäischen Marktes besitzen und auch noch weiter ungehindert wachsen können“, so Sieta van Keimpema, Vize-Präsidentin des EMB. Der Vorschlag, die Bündelung pro größerem Erzeugerland auf 33% zu begrenzen geht ebenso an der Situation im Molkereisektor vorbei, wo etwa in Dänemark 95% und in den Niederlanden 85% der Milch durch eine einzige Molkerei verarbeitet und vermarktet werden.

Intensivierung des Austauschs in der Wertschöpfungskette

Die EU-Kommission schlägt des Weiteren vor, auf EU-Ebene zukünftig einen intensiveren Austausch der Akteure der Milch-Wertschöpfungskette zu realisieren. Diesen Gedanken unterstützen die Milcherzeuger in Europa. Milchpolitik muss in Zukunft gesamtgesellschaftliche Interessen im Blick haben und auch den Zielen der GAP entsprechen. Das European Milk Board fordert deshalb die Einrichtung einer Monitoringstelle, die neben der kontinuierlichen und zeitnahen Erhebung von Preis-, Kosten-, Mengen- und Marktentwicklungen das Ziel einer nachhaltigen Milcherzeugung in allen Regionen Europas verfolgt. Hierzu legt diese Stelle auf der Basis von Produktionskostenberechnungen einen Zielpreiskorridor fest, der wiederum als Maßstab für die zu produzierenden Mengen dienen muss.  Eine solche Monitoringstelle entspräche auch der von der EU-Kommission im vierten Teil der Mitteilung formulierten Forderung nach mehr Transparenz.

Kontrakte, die von Mitgliedsstaaten verpflichtend eingeführt werden können

a) Verträge zwischen ungleichen Verhandlungspartnern beenden erfahrungsgemäß die Benachteiligung des schwächeren Vertragspartners nicht, sondern setzen sie fort. Da auf der Seite der Molkereien Konzentration herrscht, werden auch die Vertragsbedingungen von den Molkereien als stärkerem Marktpartner diktiert. Das hat schon etwa das deutsche Bundeskartellamt in einer Sektoruntersuchung festgestellt. – 950.000  Milcherzeuger in der EU stehen etwa 5.400 Molkereien gegenüber, wobei  die zehn größten Molkereien ca. 30 Prozent der produzierten Milch verarbeiten.

b) Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten Verträge und ihre grobe Ausgestaltung den Marktteilnehmern vorschreiben. EMB sieht, Verträge wie oben beschrieben als nicht geeignet an, die Position der Erzeuger nachhaltig zu stärken, es sei denn die Molkereien werden verpflichtet, sie mit einheitlichen und wirksamen Kriterien auszustatten.  So muss beispielsweise die Kostensituation der Erzeuger  in solch einem Vertrag berücksichtigt sein. Auf unserer Internetseite findet sich ein  Zehn-Punkte-Katalog, der zeigt, welche Mindestkriterien ein Vertrag enthalten müsste, damit er die Erzeuger in ihrer Verhandlungsposition stärkt.

c) Auch die Aussage, die Genossenschaften von der Pflicht, Verträge zu schließen, auszunehmen, ist nicht zu rechtfertigen. Das deutsche Kartellamt hat deutlich gezeigt, dass gerade in Genossenschaften eine Preisbildung „upside down“ (von oben nach unten)stattfindet, d.h. der Erzeuger bekommt, was je nach Umsatz auf den Absatzmärkten übrig bleibt.

Für den 12.1.2010 hat die  EU-Kommission zu einer Veranstaltung eingeladen bei der die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die Qualitätsinitiative und das Milchpaket Thema sein werden.  EMB wird auch an dieser Stelle seine Position deutlich machen und Monitoringstelle und Gruppenfreistellung als wesentliche Reformelemente vortragen.

Aus einer Presseerklärung des EMB

 

Spanien: Neuer Milcherzeugerverband vertritt 75% der spanischen Milch

Am 29. November 2010 haben Vertreter der drei unabhängigen Milcherzeugerorganisationen Prolec, Feplac und Ganaderos Unidos die Gründung der Organización de Productores de Leche (OPL) beschlossen. Der neue Verband wird ab  dem 1. Januar 2011 seine Arbeit aufnehmen und über seine Mitglieder 75% der spanischen Milch repräsentieren. Ziel dieser Gründung war es, so viele Milchbetriebe wie möglich in einem Verband zu vereinen, um ihre Interessen mit mehr Stärke vertreten zu können. Zukünftig will der Verband dann  auch in der Branchenorganisation INLAC und weiteren nationalen Institutionen die spanischen Milcherzeuger vertreten. Prolec-Präsident José Ramón Arronte Diego wird im Rahmen des Vorstandes der OPL weiterhin an vorderster Stelle agieren.

Esther Lopera, Prolec

 

Brief der Milcherzeuger aus Kanada:

Liebe europäische Milcherzeuger,

von Québec aus verfolgen wir die Situation der europäischen Milcherzeuger aufmerksam. Im Namen aller Milcherzeuger in Québec und in Kanada möchte ich unsere Solidarität ausdrücken angesichts der schwierigen Situation, die Sie in den letzten zwei Jahren durchlebt haben. Ich schreibe Ihnen aus Québec. Dort ebenso wie im Rest Kanadas geht es der Wirtschaft im Allgemeinen recht gut. Der kanadische Bankensektor hat die Finanzkrise ohne staatliche Unterstützung überstanden. Die Regeln für den kanadischen Bankensektor sehen eine Risikotoleranz vor. Der kanadische Milchsektor war von der Krise nicht so stark betroffen und hat die Krise ohne direkte Subventionen überstanden. Wir verfügen über effektive Instrumente um Schwankungen bei Ab-Hof-Preisen entgegenzuwirken. Die Gesetze auf Landes- und Provinzebene ermöglichen es uns, die Milchproduktion gemeinsam zu verwalten, sie an die Nachfrage auf unserem Markt anzupassen und die Verkaufsbedingungen mit der verarbeitenden Industrie auszuhandeln. Diese Regulierung ist ein wirksames, kostengünstiges Instrument.

Die Milchproduktion ist in Kanada in diesem Jahr leicht gestiegen und die Ab-Hof-Preise sollen vom 1. Februar 2011 an um rund 2,2% steigen. Man muss jedoch dazu sagen, dass die Preise am 1. Februar 2010 nicht erhöht wurden, da die Preise für Produktionsmittel 2009 gesunken sind. Die landwirtschaftlichen Sektoren, die das Angebot nicht steuern können, müssen sich den Schwankungen bei Nahrungsmittelpreisen auf den Weltmärkten stellen. Das Problem der Preisschwankungen auf den Weltmärkten wird auch durch Spekulation auf den Agrarmärkten verstärkt. Auf einem normalen Markt verändern sich die Preise gemäß der Nachfrage. Die Akteure auf einem solchen Markt werden also die Produktion anpassen damit das Angebot die Nachfrage deckt.

In der Landwirtschaft ist das Gegenteil der Fall. Die Nachfrage verändert sich nicht oder kaum. Die weltweite Nachfrage für Milch verändert sich beispielsweise um nur ca. 1 Prozent pro Jahr. Die Rezession hat kaum Auswirkungen auf den Nahrungsmittelverbrauch. Im Agrarsektor ist die Nachfrage daher relativ stabil. Es ist vielmehr das Angebot, das variiert und das man nicht schnell anpassen kann, da es Millionen von Erzeugern gibt, die alle isoliert arbeiten. Wir müssen uns auf die Jahreszeiten einstellen und wenn das Produkt fertig ist, muss man es ausliefern, egal welchen Preis man erzielt. Unser Sektor hat besondere Charakteristika und braucht spezielle Lösungen.

Ich bin nicht der Meinung, dass Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation (WTO) zu Lösungen des Problems führen werden. Die Deregulierung wird das Problem nur noch verstärken, da sie die Erzeuger noch mehr isoliert. Die Regierungen müssen ihre Herangehensweise bei Verhandlungen über Landwirtschaft und Nahrung überdenken. Man muss die Erzeugerpreise stabilisieren und sicherstellen, dass alle, auch die sozial Schwächsten gute Nahrungsmittel erhalten.  Davon, ob dies gelingt, hängt die politische Stabilität weltweit ab.

Wir wünschen Ihnen, dass das Jahr 2011 fruchtbarer sein wird als die letzten Jahre.

Marcel Groleau

Vorsitzender des Verbandes der Milcherzeuger von Québec und stellvertretender Vorsitzender der Milcherzeuger von Kanada

 

Handelsverhandlungen zwischen der EU und Kanada gehen weiter

2009 haben die EU und Kanada offiziell Verhandlungen aufgenommen, um ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (Canada-EU Comprehensive Economic Trade Agreement (CETA) abzuschließen. Zollabfertigung, Einwanderung, ausländische Investitionen, Marktöffnungsstrategien auch mit Hinblick auf die Landwirtschaft sind die wichtigsten Themen. Die nächste Verhandlungsrunde soll vom 17. Bis zum 21. Januar in Brüssel stattfinden. Europäische Verhandlungsteilnehmer aus den vorherigen Runden sagten: “Der nichtdiskriminierende gegenseitige Zugang zu den Märkten im Bereich Milch und Fleisch ist für uns Europäer (…) wichtig, (...).“ Aber ist es wirklich eine gute Idee Fleisch und Milch um den halben Globus zu transportieren? Werden die Menschen in Europa mehr Milch trinken oder werden sie gar Milchpulver-Milch trinken wenn sie aus Kanada kommt? Oder ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass es durch die Abschaffung der Zölle zu einem Preiskampf zwischen den beiden Märkten kommen wird und dass so auch die Erzeugerpreise sinken? Angesichts des relativ kleinen kanadischen Marktes und den damit geringen Absatzchancen für europäische Produkte, muss man annehmen, dass es nicht um die Übernahme neuer Märkte, sondern um die Auflösung eines funktionierenden Systems, eines Positivbeispiels im Bereich Mengensteuerung geht. Oder die Milch muss als Verhandlungsmasse für andere Handelsbereiche dienen.Die Dairy Farmers of Canada kommentieren das CETA so: „Wie auch bei anderen Handelsverhandlungen, sieht die Position der kanadischen Regierung den Schutz der Angebotssteuerung vor. Dies schließt auch die Aufrechterhaltung von Zöllen und Zollkontingenten ein. Milchbauern in Kanada erhalten keine Subventionen und sollten nicht in Konkurrenz mit der Staatskasse der Europäischen Union treten müssen.“ Importzölle sind eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Angebotssteuerung in Kanada, die positive Auswirkungen für viele Bauern und Verbraucher in Kanada hat. Die EU sollte dieses funktionierende System nicht gefährden, sondern  über nachhaltige Lösungen für ihre eigene Milcherzeugung und ihren Milchverbrauch nachdenken.

Sonja Korspeter, EMB

 

Brief einer APLI-Milchbäuerin an ihre europäischen Kollegen

Liebe Bäuerinnen und Bauern,

wir haben uns sicherlich schon getroffen oder haben bereits gemeinsam friedlich demonstriert in Straßburg (20.10.2010), Brüssel (12.07.2010), Berlin (20.01.2010) oder in Paris (10.09.2009 und 10.03.2010). Vor zwei Jahren hätte ich mir noch nicht vorstellen können, wie viele Kilometer wir in kürzester Zeit zurücklegen würden, wie viele schöne Begegnungen, Menschlichkeit und Solidarität wir erleben würden.

Nachdem ich beschlossen hatte, meinen ursprünglichen Beruf als selbstständige Kosmetikerin aufzugeben und eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren, habe ich mich 1992 zusammen mit meinem Freund und meiner Schwiegermutter einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (GAEC, groupement agricole en exploitation commun) angeschlossen. Wir bewirtschafteten fortan einen Betrieb mit 70 Hektar Land und einer Milchquote von 400.000 Litern. Die Geburten unserer drei Söhne (Charlie wurde 1991 geboren und die Zwillinge Jason und Fabien 1992) haben die Arbeitsabläufe auf unserem Hof etwas verändert. Nachdem wir im Laufe der Zeit verschiedene Teilhaber hatten und viele Stunden damit zugebracht hatten, unsere Gebäude selbst neu zu errichten (wir haben drei Stürme überstanden) fanden wir uns schließlich auf einem Hof mit 150 Hektar und einer Milchquote von 930.00 Litern wieder. Wir haben gemeinsam mit einem Teilhaber eine GbR gegründet und beschäftigen zwei Angestellte. Wir dachten, dass wir eine Balance erreicht hätten, die uns mehr Zeit für uns lässt (nicht mehr als einmal Melken pro Tag pro Melker und Rufbereitschaft  nur alle drei Wochen).

Doch dann kam das Jahr 2009, das Jahr der Umwälzungen, der bewussten Auseinandersetzung mit unserer Zukunft. Ich habe mich fortan an der Seite von André im Rahmen von APLI Normandie engagiert. Wir haben uns ins Schlachtgetümmel gestürzt (Arbeit, Versammlungen, Nachschub). Einer meiner Söhne hat die Situation zu Hause damals gut zusammengefasst als er beim Essen sagte: „Ich habe den Eindruck mit APLI und EMB zusammen zu essen.“

Wir haben beschlossen unsere beiden Angestellten weiterhin zu beschäftigen, wenngleich wir sie finanziell gesehen kündigen müssten. Wir haben jedoch entschieden, dass wir nicht nur für unseren Hof leben wollen. Wir wollen eine Lösung finden. Für mich ist es selbstverständlich,  an Versammlungen und Demonstrationen teilzunehmen, damit ich neuen Mut schöpfe, weiter zu arbeiten. Ich bin stolz, Teil dieser Bewegung zu sein.

AUF DASS DIE MENSCHEN IN DEN LÄNDLICHEN RÄUMEN AUFSTEHEN, FÜR EINE NEUE EINSTELLUNG GEGENÜBER UNSEREN NACHBARN NAH UND FERN EINTRETEN,  FÜR WIRTSCHAFTLICHE, ÖKOLOGISCHE UND MENSCHLICHE LÖSUNGEN GEMÄSS DES GESUNDENS MENSCHENVERSTANDES.

Der Austausch zwischen französischen und deutschen Landwirten, der am 25. September anlässlich der „Weißen Flut“, die in unserer schönen Region rund um den Mont St. Michel, organisiert wurde, ist das Ergebnis der Treffen, die in den letzten zwei Jahren stattgefunden haben. Ein großes Dankeschön an alle, die von weit her angereist sind. Vielen Dank auch an die vielen deutschen Bäuerinnen, die gekommen sind und die gezeigt haben, dass sie sich gerne austauschen und mit den französischen Frauen sprechen möchten. Obgleich es Versuche gibt, uns zu entzweien, zeichnet sich doch der Beginn eines immer intensiveren Austausches zwischen den EMB Mitgliedern ab.

Die Politik der Financiers und Industriellen ist vielen zuwider, wir sind die ersten, die darüber nachdenken, welche Richtung wir einschlagen wollen. In acht Tagen werden wir mit der Herstellung von Sahnebonbons auf unserem Hof beginnen, um unsere Milch aufzuwerten und den Verkauf unseres Produktes wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Dies bleibt jedoch nur eine Randoption, die grundsätzlichen Probleme sind noch längst nicht gelöst.

BLEIBEN WIR SOLIDARISCH. Unsere kanadischen Freunde haben uns bereits gezeigt, dass es möglich ist.

Sylvie Poulain, Milcherzeugerin aus Frankreich

 

Kommentar Schweiz: Übermengenverwaltung statt nachfragegerechte Milcherzeugung

Die Liberalisierung des Marktes in der Schweiz ist hochproblematisch. Seit dem Auslaufen der Quote im Mai 2009 werden Übermengen produziert, rekordhohe Butterberge sind entstanden. Die Importe beispielsweise an Käse liegen stark über den Exporten. Nicht die angestrebte Eroberung des Weltmarktes durch die Schweizer Produktion wurde erreicht, sondern das genaue Gegenteil: Billige Produkte aus der EU drängen auf den Schweizer Markt und die Erzeugerpreise sinken dabei rapide. Die Milchpreise spiegeln die Überschusssituation am Milchmarkt wider: Im Monat Oktober erhielten die Milcherzeuger einen Basispreis von durchschnittlich 60 Rappen / kg Milch, unter Berücksichtigung der Direktzahlungen fehlen Talbetrieben damit 25-30 Rappen / Liter zur Kostendeckung.

Die Überschüsse werden weit unter den Produktionskosten auf den Märkten der EU sowie auf dem Weltmarkt abgesetzt. Wohl um nun den Molkereien dennoch ein profitables Arbeiten zu ermöglichen, wurde auf der Jahresversammlung der Branchenorganisation Milch (BOM) eine Segmentierung in A,B und C-Preise beschlossen. Während für die A-Milch der Richtpreis gezahlt wird, erhalten die Erzeuger für als B oder C deklarierte Milch nur weit geringere Preise. Dieses Modell hat keine mengensteuernde Wirkung und wurde dennoch als Maßnahmenkatalog zur Stabilisierung des Milchmarktes auch von den Produzentenvertretern  der BOM so angenommen. Stabilisiert wird hier der Milchpreis auf niedrigem Niveau. Die Milcherzeuger können nicht entscheiden, ob sie Milch zu einem gesetzten B-Preis produzieren wollen. Sie erhalten erst mit der Milchgeldabrechnung und damit im Nachhinein die Information, wie hoch der Anteil an Milch war, die zu hochpreisigen Inlandsprodukten verarbeitet wurde und wie hoch der Anteil der Billigmilch war, die im wesentlichen in den Export geht. Der Milcherzeuger selber hat keinerlei Steuerungsmöglichkeit.

Dieser Beschluss der Delegiertenversammlung zeigt noch einmal ganz deutlich, dass eine Branchenorganisation den Milcherzeugern keine Marktmacht verschafft. Stattdessen wird der Druck der Molkereien auf die Erzeuger nur in institutionalisierte Bahnen gelenkt. .Die Einrichtung des Interventionsfonds, der die Kosten für den Export der Überschussmengen auf den Weltmarkt decken soll, geht in dieselbe Richtung. Die Erzeuger können nicht entscheiden, ob sie die schlecht bezahlten Übermengen produzieren wollen und finanzieren deren Entsorgung über diesen Fonds dennoch mindestens zur Hälfte mit. Mit Marktorientierung haben die Entscheidungen der BOM nicht viel zu tun.

Wir in der EU sollten aus dem Beispiel Schweiz unsere Lehren ziehen. Die Vorschläge der EU-Kommission bezüglich einer Branchenorganisation und Verträgen zwischen Milcherzeugern und Molkerei sowie die sehr geringen, maximalen Bündelungsgrenzen sind ungeeignet, um einer nachhaltigen Milcherzeugung in Europa eine Zukunft zu geben. Aus diesem Grunde müssen die Vorschläge der Kommission konstruktiv, aber deutlich kritisiert werden. Die Schweiz, obwohl nur ein einziges Land, zeigt, was in der EU mit 27 Mitgliedsstaaten ganz sicher auch nicht klappen kann.

Sonja Korspeter, EMB.

 

Dänemark: Drei Probleme auf einmal: finanzielle Schwierigkeiten, niedrige Milchpreise und steigende Futterkosten

Moderne Dänische Milchbetriebe sind zu einem Großteil durch Kredite finanziert worden. Bis 2008 haben Banken und Finanzinstitutionen bereitwillig Darlehen an Landwirte vergeben. Durch die steigenden Preise für Ackerland hatten die Banken eine Sicherheit für ihr Geld. Derzeit fallen die Preise für Ackerland um bis zu 40 bis 50%. Das bedeutet, dass die Sicherheiten für Banken und Finanzinstitutionen einfach verschwinden. Daher konnten die meisten Bauern in Dänemark in den letzten zwei Jahren keine Anleihen aufnehmen, um in ihren Betrieb zu investieren. Die Gesamtsumme aller Kredite, die vom Agrarsektor aufgenommen wurde, beläuft sich auf 47 Milliarden Euro. Das heißt, dass jeder Hektar mit durchschnittlich 19.000 Euro beliehen wurde.  Die Situation ist angespannt, da errechnet wurde, dass bei normalen Preisen und Zinsen nur Zweidrittel oder sogar nur die Hälfte der Kredite zurückgezahlt werden können. Niemand weiß, was passieren wird. 2010 lag der dänische Milchpreis unter dem europäischen Durchschnitt.

Zusätzlich hat Arla Foods, die große Dänisch-Schwedische Molkerei, beschlossen, die nächsten sechs Jahre jeweils  1,5 Cent / Liter vom Milchpreis abzuziehen, um als Molkerei neue Geschäftsfelder in Ländern außerhalb Dänemarks zu erschließen. Es wird angenommen, dass es hauptsächlich um Investitionen in Deutschland gehen wird. 

Die Preise für Futtermittel steigen derzeit. Dadurch ist die Milchproduktion (ebenso wie die Schweinehaltung) nicht rentabel. Sowohl  Bauern als auch Bauernverbände in Dänemark sind daher sehr besorgt.

Christen Sievertsen, Kjartan Poulsen, LDM

 

Schweden: Immer mehr Erzeuger geben auf – Regierung unterstützt branchenübergreifende Zusammenarbeit zur Lösung des Problems

Die neu gegründete schwedische Organisation Sveriges Mjölkbönder (vorher LDM Sveriges Mjölkbönder) hat sich im Jahr 2010 für die Schaffung einer „Milchsektor-Gruppe“ eingesetzt. Diese Gruppe besteht aus Vertretern des Landwirtschaftsministeriums, der Molkereien, der Bauernverbände, des Schwedischen Molkereiverbandes sowie Lebensmittelhändler- und Verbraucherverbänden.  Bisher gab es zwei Treffen der Gruppe und das nächste wird im Januar 2011 stattfinden. Das Ziel der Gruppe ist es, für ein besseres Verständnis der Probleme der Milchbauern als Teil der gesamten Nahrungsmittelkette zu sorgen. Die Gruppe diskutiert politische Themen und beschäftigt sich mit der Frage wie man eine nachhaltige Milchproduktion in Schweden erreichen kann. Dies ist von großer Bedeutung, da die Produktion sinkt und viele Milcherzeuger ihren Betrieb aufgeben. Der schwedische Landwirtschaftsminister war beteiligt, als diese Gruppe geschaffen wurde, und unterstützt ihre Arbeit.

Die Situation auf dem Milchmarkt in Schweden ist zurzeit recht turbulent. Milko, eine der größeren Molkereien arbeitet nicht rentabel. Gleichzeitig versucht Arla Foods, die größte Molkerei Schwedens, die Milcherzeuger dazu zu bewegen, mehr Milch an Arla zu liefern. Viele Milcherzeuger, die Milko beliefern, haben daher ihre Molkerei verlassen und liefern ihre Milch jetzt an Arla. Der Milchpreis wurde in den vergangenen Monaten mehrfach erhöht. Aktuell liegt der Milchpreis bei etwas 32 Cent. Die Preise variieren jedoch, abhängig von der Milchqualität und davon an welche Molkerei geliefert wird etc. 

Maria Mehlqvist, Sveriges Mjölkbönder

 

Österreich: IG-Milch voll in Fahrt und Bündelung für Molkereien

Bei der Jahresversammlung der IG-Milch am 20.November wurde ein neuer Vorstand gewählt. Die Frau an der Spitze und neue Vorsitzende heißt Erna Feldhofer und bewirtschaftet mit ihrer Familie einen Milchviehbetrieb in der Steiermark. Ihre Stellvertreter sind Thomas Schmidthaler (Vorstand EMB, Oberösterreich) und Franz Handler (Niederösterreich).

Die Stimmung bei der Versammlung war trotz bewegenden Abschieds des langjährigen Vorsitzenden Ewald Grünzweil schwungvoll und nach vorn gerichtet. Die IG-Milch kann aktuell auf mehrere lebendige Projekte blicken: Ein großer Erfolg gelang der Marke "A faire Milch" bei einem vom Verein für Konsumenteninformation durchgeführten Vergleichstest. Unter 29 getesteten Milchsorten ging „A faire Milch“ als Testsieger hervor. „Dieses Ergebnis freut uns und macht Mut auf mehr“. So einstimmig der Tenor in der IG-Milch. Die Bündelung der österreichischen Rohmilch außerhalb der Genossenschaftsmolkereien wird mit der Firma „Freie Milch Austria“ weiter ausgebaut. Dazu finden laufend Informationsveranstaltungen für interessierte "Neulieferanten" statt.

In der österreichischen Molkereilandschaft ist eine weitere Genossenschaftsfusion in Vorbereitung. Die Stainzer Milch sucht einen Partner: Laut Medienberichten ist die Berglandmilch Favorit. Die Berglandmilch ist das größte Milchverarbeitungsunternehmen in Österreich und wird mit der kürzlich erfolgten Übernahme der Tirolmilch künftig rund 50% der nationalen Milchmenge kontrollieren. Was werden die Wettbewerbshüter dazu sagen, die den Erzeugergemeinschaften nur 33% der nationalen Milchmenge zugestehen?

Die Durchschnittsmilchpreise von April bis Oktober liegen in Österreich zwischen 27,976 und 31,986 Cent. Der Milchpreis im Oktober lag zwischen 29,685 und 33,895 Cent (Vergleichsbasis: 4,20% Fett, 3,40% Eiweiß, 100000kg Jahresanlieferung, Preise exkl. Mehrwertsteuer und ohne Landesförderung, S-Klasse < 50000 Keimzahl und < 250000 Zellzahl)

Walter Stadlober, IG-Milch

 

Bäuerinnenaktion: Gedichte für Molkereibesitzer Theo Müller

Unter dem Motto „Theo Müller, auch Du lebst nicht vom Kühlregal, sondern von uns Bauern“ gingen rund 300 Bäuerinnen des BDM am 14. Dezember bei Theo Müller vor der Molkerei Weihenstephan „Klöpfeln“. „Klöpfeln“ ist ein alter bayerischer Brauch, mit dem man um eine gute Zukunft bittet. Zunächst trafen sich die Bäuerinnen zu einem Rosenkranzgebet im Freisinger Dom. Anschließend zogen sie in einer Lichterprozession ca. 3 km bis zur Molkerei Weihenstephan, die zum Müllermilch-Konzern gehört.

Die Bäuerinnen können nicht nachvollziehen, dass Theo Müller wegen einer Demonstration vor der Sachsenmilch in Leppersdorf, die im Rahmen des bundesweiten Milchlieferstopps stattfand, gerichtlich gegen die Bauern vorgeht. Für sie ist es unverständlich, dass einem Molkereikonzern, der von den Protesten der Milchbauern 2008 und den in deren Folge beim Handel durchgesetzten Preisanhebungen stark profitiert hat, gerichtlich Schadenersatzanspruch zugestanden wurde. Dazu wollten sie die Sicht Theo Müllers hören und im Rahmen der Aktion ein klärendes Gespräch führen, das aber erwartungsgemäß nicht zustande kam.

Die Milchbäuerinnen solidarisierten sich mit Gebeten, vielen Liedern und Gedichten mit den angeklagten Milchbauern und kündigten weitere Aktionen zu einem späteren Zeitpunkt an.

Jutta Weiss, BDM Aktuell

 

Sechs komplette Streiktage in Belgien in 2009

Die durch das belgische Agrarministerium veröffentlichen Zahlen zur Milchanlieferung im September 2009 und im September 2010 spiegeln deutlich den Milchstreik des letzten Jahres wider: Die Jahresquote Belgiens beträgt 3,3 Milliarden Liter; dies bedeutet eine Milchmenge von 9 Millionen Liter pro Tag. Im September 2010 sind 29,5 Millionen Liter (13%) mehr gemolken worden als im September 2009, und zwar insgesamt 256,3 Millionen Liter. Diese zusätzliche Menge entspricht mehr als drei kompletten Tagen Milchanlieferung für ganz Belgien. Im September 2009 wurde nur in der Wallonie gestreikt. Da der Anteil an der Gesamtquote in derWallonie geringer als in Flandern ist, bedeutet diese 29,5 Millionen Liter eine Milchstreikmenge von sieben Tagen. Wenn man jetzt auch noch berücksichtigt, dass in 2010 allgemein mehr produziert wurde (Quotenausnutzung  erste Hälfte Milchwirtschaftsjahr 2010: 101,66 % im Vergleich zu 96,80 % in 2009), kann man trotzdem sagen dass im Rahmen des Milchstreiks in derWallonie die Produktion von sechs kompletten Tagen weggeschüttet wurde. Dies ist eine sehr realistische Einschätzung und auch das was wir uns an Streikbeteiligung im letzten Jahr erhofft hatten.

Erwin Schöpges, MIG

 

Produktionskostenanalyse EDF zeigt: Vollkosten der Produktion nicht gedeckt

In der jährlichen Produktionskostenanalyse, wie sie im August beim Jahreskongress der European Dairy Farmers (EDF) vorgestellt wurde,  wird deutlich, dass die durchschnittlichen Vollkosten der teilnehmenden Betriebe im Milchwirtschaftsjahr 2008/2009 bei 41,8 Eurocent / kg ECM lagen, während die durchschnittlichen Gesamterlöse 33,9 Eurocent /kg ECM betrugen.  Die untersuchten, europäischen Betriebe  machten somit durchschnittlich einen Unternehmerverlust. Der durchschnittliche Arbeitslohn betrug lediglich 0,20 EUR pro Arbeitsstunde. Allerdings gab es eine weite Spannbreite bei den Betriebsergebnissen. Eine tiefer gehende Analyse der Input- und Outputseite zeigte, dass die besseren EDF-Betriebe nicht nur mit geringerem Input pro Kuh wirtschafteten, sondern auch einen höheren Milchertrag aus der gleichen Menge an Input erzielten als die finanziell weniger erfolgreichen Betriebe. Die 280 in dieser Untersuchung berücksichtigten Betriebe hatten im Durchschnitt 201 Milchkühe und zählen sich selber zu den zukunftsorientierten Betrieben.

Sonja Korspeter, EMB

 

Buchtipp: Französischsprachig

Das Milch-Europa: Alle Regionen würdigen um Zukunft zu gestalten

Europe laitière: Valoriser tous les territoires pour construire l’avenir

Welches Milchsystem soll es in der Zukunft geben?

Die Milchviehwirtschaft bleibt ein wichtiger Wirtschaftszweig für die Beschäftigung und den Zusammenhalt der ländlichen Gebiete in nahezu der Hälfte der europäischen Regionen. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche, insbesondere in benachteiligten Zonen, wird durch sie aufgewertet und gleichzeitig trägt die Milch zur Produktion wichtiger öffentlicher Güter bei: Wasser, Luft, Boden, Artenvielfalt und Landschaft.  Und dennoch befindet sich die Milcherzeugung in Europa in einer zweifachen Sackgasse:

Die sozio-ökonomische Sackgasse: obwohl ein Großteil der großen Länder den Binnenmarkt beliefern, hat Europa entschieden, den Außenschutz und die Milchquoten aufzugeben. Europa passt sich an die Regeln der WTO an in der Hoffnung, dass es so seine Stellung auf dem Weltmarkt für Butter und Milchpulver ausbauen kann, die sowohl hinsichtlich des Volumens als auch der Wertschöpfung nicht der Rede Wert ist. Dadurch verstärkt Europa die Schwankungen des Milchpreises und setzt einen Großteil der Erzeuger einem ruinösen Wettbewerb aus.

Die ökologische und anschließende territoriale Sackgasse:  Mit dem Model Holstein-Mais-Soja, gibt die GAP der Spezialisierung und der Vergrößerung der Herden ebenso wie ihrer Konzentration auf ebenem Ackerland auf Kosten von Weideflächen und robusteren Rassen, die Milch und Fleisch produzieren, den Vorzug. Dies fördert die Abwanderung aus den ländlichen Gebieten und den Klimawandel, aber auch den Verlust an biologischer Vielfalt und kulturellem Erbe, insbesondere in den neuen Mitgliedsländern.

Um diese doppelte Sackgasse zu verlassen und um für unsere Kinder ein lebenswertes Europa und einen lebenswerten Planeten zu erhalten, muss man sich klar und deutlich für die Ernährungssouveränität einsetzen, die der 500 Millionen Europäer und jene der Entwicklungsländer. Darüber hinaus müssen wir auch eine Viehhaltung unterstützen, die auf Grünflächen und lokale Ressourcen setzt. Es ist nicht zu spät, um sich mit Unterstützung des neuen europäischen Parlamentes und durch eine Mobilisierung aller für eine andere Milchpolitik und eine andere Politik für ländliche Räume zu entscheiden, die dem Lissabonner Vertrag viel mehr entspricht.

André Pflimlin hat  von 1970 bis 2009 für das Institut de l’élevage (Institut für Tierzucht) als Agronom gearbeitet; seit 2001 war  er als Projektkoordinator im Bereich Forschung und Entwicklung in Europa tätig.

L'Europe laitière, Valoriser tous les territoires pour construire l’avenir ISBN: 978-2-85557-178-2, 314 Seiten, erscheint le 1/12/2010 bei France Agricole.

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European Milk Board asbl
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