MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Die Anhörung im Europäischen Parlament zum „Milchpaket und den Aussichten für den Milchsektor“ am 27. Januar in Brüssel offenbarte die diametral gegensätzlichen Einschätzungen der aktuellen Lage auf dem Milchmarkt durch den neuen Agrarkommissar Phil Hogan, der an seinem Standpunkt festhält, dass der Milchmarkt nicht in der Krise ist, und durch James Nicholson, den Berichterstatter des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament (AGRI) für die „Entwicklung der Lage auf dem Milchmarkt und das Funktionieren des Milchpakets”. Letzterer sagte, dass überhaupt kein Zweifel bestünde, dass sich der Milchmarkt erneut in der Krise befindet und die Milcherzeuger die Zeche dafür zahlen.

Ein ausführlicher Bericht zur Anhörung befindet sich in diesem Newsletter.

Bei der Konferenz der Europäischen Kommission am 5. Dezember 2014 mit dem Titel „2024 prospects for EU Agricultural Markets” (Aussichten für den Agrarmarkt der EU bis 2024) sprach Christophe Lafougère von Gira über die Aussichten für den Milchsektor. In seinem Vortrag nannte er die Investitionen in Milliardenhöhe in den Ausbau der Verarbeitungskapazität in Europa (vor allem Genossenschaften), die Schwäche der Genossenschaften bei der Mehrwertschöpfung im Milchsektor und das erwartete Aus von Tausenden von Milchviehbetrieben. In der auf der Webseite der Kommission veröffentlichen Fassung dieser Präsentation fehlen diese Folien jedoch. Sie werden den Europaabgeordneten und den Politikern vorenthalten.

Ich habe vom Autor die Originalpräsentation erhalten, bin aber nicht befugt, diese Folien zu veröffentlichen. Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament: Ich rufe Sie auf, eine Erklärung von der Kommission zu fordern, warum Ihnen diese wichtigen Informationen vorenthalten werden. Es sind Daten, die notwendig sind, um Ihre Fragen zur Transparenz und Verteilung der Margen innerhalb der Milchkette zu beantworten. Daten, die erforderlich sind, um sich eine fundierte Meinung über den eingeschlagenen Kurs und die Maßnahmen bilden zu können, die die Milcherzeuger in Krisensituationen brauchen.

Die Ziele des Lissabonner Vertrags für die Landwirtschaft sind eindeutig: Stabilisierung der Märkte und Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards für die landwirtschaftliche Bevölkerung.

Das ist Ihre Verantwortung und Aufgabe. Bitte werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht.

Sieta van Keimpema, EMB Vize-Präsidentin

Anhörung im Europäischen Parlament zum „Milchpaket und den Aussichten für den Milchsektor“

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© European Union, 2015

Bei der Anhörung im Europäischen Parlament zum Milchpaket am 27. Januar in Brüssel vertraten alle Experten, einschließlich des EMB, die Meinung, dass das Milchpaket bei dem Versuch gescheitert sei, die Marktposition der Milcherzeuger effektiv zu verbessern.

Trotz der Verträge und Erzeugerorganisationen können die Milcherzeuger mit den Molkereien keinen guten Milchpreis verhandeln. Die Ursache ist zum Teil darin zu sehen, dass Genossenschaftsmitglieder von den im Milchpaket vorgesehenen Möglichkeiten ausgenommen sind, und in der Überproduktion. Außerdem seien die Maßnahmen zum sanften Quotenausstieg, dem so genannten ‚soft landing’ fehlgeschlagen. Das Wunschdenken vieler Entscheidungsträger und Politiker im Hinblick auf diese Maßnahmen entbehre jeder Grundlage.

Als möglichen Ausweg aus der derzeitigen Krise schlugen verschiedene Redner eine Erhöhung der Interventionspreise vor. Ein deutlicher Anstieg könne jedoch zu einer ähnlichen Situation wie vor 1984 führen, mit Milchseen und Butterbergen, was diesen Vorschlag zweifelhaft erscheinen lässt. Außerdem würde er nur den Verarbeitern nützen, denen damit eine ausreichende Marge sicher ist, nicht aber den Milcherzeugern, die weiter einen niedrigen Auszahlungspreis erhalten würde. Trotz des Marktverantwortungsprogramms des EMB wurden keine echten neuen Lösungen vorgestellt.

 

Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) wurde als das vorgestellt, was es ist: Es handelt sich um ein Kriseninstrument, das den vollständigen Einbruch der Erzeugerpreise verhindern, Schwankungen begrenzen, Krisen verkürzen und die Milcherzeuger dazu veranlassen soll, ständig auf die Marktentwicklung zu achten und auf Marktsignale zu reagieren.

Die Show muss weitergehen?

Die Fragen- und Antwortrunde zeigte, dass sich einige Europaabgeordnete immer noch mehr für politische Spielereien und weniger dafür interessieren, Krisen zu lösen. Einige Europaabgeordnete bezeichneten das MVP als „Einführung von Quoten durch die Hintertür“, was eine Falschdarstellung von Fakten ist, da es sich beim MVP lediglich um ein Kriseninstrument handelt, das in Zeiten, in denen der Markt im Gleichgewicht ist, keinerlei Einschränkungen der Produktion vorsieht.

 

In meiner Reaktion auf die Äußerungen und Fragen habe ich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten: Die Kommission hat wiederholt gesagt, dass die Milcherzeuger nach Abschaffung der Quoten auf die Marktsignale reagieren müssen. Zunächst sollten wir jedoch den Begriff ‚Krise’ definieren. Wenn die Milcherzeuger nicht auf Marktsignale reagieren und die Produktion steigern, obwohl von offizieller Seite die Krise erklärt wird, und sie damit die Marktsituation verschärfen, sollten genau diese Milcherzeuger die Rechnung dafür bezahlen. Nicht die Milcherzeuger, die verantwortungsbewusst und im Einklang mit den Marktbedingungen handeln. Es wäre für alle Europaabgeordneten ratsam, nicht die Verursacher der Marktkrise zu schützen (die die Europäische Union Geld kosten).

 

Sind die Europaabgeordneten jedoch der Meinung, dass es keines Instruments zur Unterstützung der Milcherzeuger bedarf, das den zunehmend billigeren Milchfluss für die Milchindustrie unterbinden würde (die ja Milliarden Euros vom Geld der Landwirte in den Bau von Verarbeitungskapazitäten investiert hat), müssen sie so weitermachen, wie geplant! Dann können sie sich in wenigen Jahren zum Verschwinden der Milchproduktion aus großen Teilen Europas, zur industriellen Landwirtschaft und den damit verbundenen Umweltproblemen und dem Verlust von Tausenden von Familienbetrieben beglückwünschen.

 

Sieta van Keimpema, EMB Vize-Präsidentin

 

Zur Anhörung (in Englisch): Rede Sieta van Keimpema: 1:53:00, Sieta's Antworten 3:11:38.

Der teure Schweizer Franken macht den Milchbauern große Probleme

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Die Schweizer Milchwirtschaft steht vor einer Herkulesaufgabe. Die Schweizerische Nationalbank hat den Mindestkurs gegenüber dem Euro aufgegeben. Der Frankenkurs schnellte innerhalb eines Tages 20% in die Höhe. Dadurch steigt der Preisunterschied zum Ausland auf einen Schlag.

Bereits seit  einem halben Jahr waren die Schweizer Milcherzeuger mit laufend sinkenden Milchpreisen konfrontiert. Dies mit der Begründung, dass im Ausland die Preise ebenfalls am Sinken sind. Nun stieg der Frankenkurs in einem Tag um 20 %. Damit stieg  der Schweizer Milchpreis im Vergleich zur EU von rund 50 auf  rund 60 Cent . Die Kosten sind  gleichzeitig (rein rechnerisch)  von 75 auf 90 Cent gestiegen. Dies allein wegen dem Frankenkurs.

Die Milchbranche befürchtet "verheerende Auswirkungen". Es ist zu erwarten, dass die Molkereien nun mit massiven Preissenkungen  bei den Milchauszahlungspreisen den Kursverlust des Euro ausgleichen wollen. Die EMB Mitgliedorganisation BIG-M hat mit einem Schreiben klargestellt, dass in der Schweiz immer noch ein Grenzschutz für die weiße Linie besteht. Darum sollte der A Milchpreis für dieses Segment nicht unter Druck kommen. Er kommt trotzdem unter Druck, weil die Segmentierung in A-, B- und C Milch von den Milchhändlern nicht transparent umgesetzt wird, und darum die tiefpreisige Milch ins obere Segment drückt. Damit erodiert das ganze Preissystem.

Um diese unnötige Erosion zu unterbinden forderte BIG-M deshalb die Branchenorganisation Milch auf, die Segmentierung endlich konsequent und transparent umzusetzen. Die Branchenorganisation Milch hat vor bald 5 Jahren die Segmentierung beschlossen und den Medien als geniale Lösung  für den Milchmarkt kommuniziert: "Die Segmentierung gilt für den Erst- und den Zweitmilchkauf. Sie soll zu verbindlicheren Verträgen führen und zusätzlich sicherstellen, dass vertragslose (vagabundierende) Milch eingebunden wird und den Rohstoffpreis nicht weiter gefährdet." Die konkrete Umsetzung dieses Beschlusses  fehlt bis heute, weil er unter anderem von den Milchhandelsorganisationen unterlaufen wird (auch von den bäuerlichen). Die griffige Umsetzung der Segmentierung ist eben nur dann möglich, wenn – auf Stufe Erstmilchkauf - die Bauern einen beidseitig unterschriebenen Milchkaufvertrag in den Händen haben, in dem die Mengen klar geregelt sind.

Nach fünf erfolglosen Jahren muss die Branchenorganisation Milch nun beweisen, dass sie ihre Aufgabe, nämlich "die Förderung der Wertschöpfung auf allen Stufen der Milchkette" endlich ernst nimmt. Als reine Alibiübung braucht es diese Organisation nun wirklich nicht.

Werner Locher, BIG-M

 

Uniterre, unser anderer Mitgliedsverband aus der Schweiz hat zur Frankenabwertung eine Pressemitteilung mit dem Titel „Keine Preissenkungen für die Produzenten nach der Aufhebung des Mindestkurses“ veröffentlicht.

Die irische Milchmarktsituation im Januar

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Die größte Sorge der irischen Milcherzeuger gilt im ersten Halbjahr 2015 dem Milchpreis und der Quotenverfügbarkeit. Im Dezember 2014 lag der Erzeugerpreis bei 30-32 Cents pro Liter, gegenüber 39 Cents pro Liter Mitte des Jahres 2014.

 

Die Landwirte stellen sich die bange Frage, wie hoch der Milchpreis für 2015 sein wird und wie er sich auf die Rentabilität der Betriebe auswirkt. Der Milchpreis – und damit das Einkommen der irischen Milcherzeuger – unterliegt extremen Schwankungen. Die Milchpreise könnten potenziell innerhalb eines Jahres um über 50% einbrechen, was einige derzeit noch gut aufgestellte Milchlieferanten dazu veranlassen könnte, unwiederbringlich aus der Milchwirtschaft auszusteigen. Die ständigen Schwankungen könnten zum Sterben der traditionellen irischen Familienhöfe führen, wenn sie sich künftig fortsetzen.

Anhand von Schätzungen der Milchlieferungen, die von den Abnehmern für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 vorgelegt wurden, überliefert Irland seine Quote um 5,93%, berücksichtigt man den Milchfettgehalt der Milchlieferungen in diesem Zeitraum. Das heißt, dass uns nach aktuellem Stand eine Superabgabe in Höhe von 90 Millionen Euro ins Haus steht.

Das außergewöhnlich gute Graswachstum im letzten Sommer und Herbst haben in Kombination mit dem hohen Durchschnittspreis pro Liter dazu geführt, dass das Milchangebot unsere nationale Quote um 7,15% überstiegen hat. Im November und Dezember ging die Quotenüberlieferung jedoch leicht um über ein Prozent zurück.

Paul Smyth, ICMSA

Grüne Woche Berlin - Symposium BDM

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(Berlin, 17.01.15) 1.000 Milcherzeuger aus ganz Deutschland folgten der Einladung des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. zu dessen Symposium im Rahmen der Grünen Woche in Berlin. Die Vorträge der Referenten befassten sich neben der Analyse der Marktteilnehmer auf dem Weltmarkt insbesondere mit den Möglichkeiten, wie mit den Chancen und Risiken des Weltmarkts umgegangen werden könne.

Stephan Börnecke, Autor und Journalist (30 Jahre Redakteur der Frankfurter Rundschau), analysierte, was auf die Landwirte durch das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa zukommt. Zwei ungleiche Kandidaten stünden sich gegenüber, die sich beide Export-Gewinne versprechen würden. Wie realistisch dies für die Milchviehhalter der EU sein könne, wenn die Ausgangssituation so unterschiedlich ist, stellte er in Frage. Laut einer Studie vom EU-Parlament seien die Mutterkuhhalter die Hauptverlierer. Im Spannungsfeld zwischen Wachstums-Prognosen und Klimaschutz sei es wichtig, „die Kuh nicht zur Sau zu machen“, d.h. eine extensive Weidetierhaltung und Futtermittelproduktion auf Grünflächen zu stabilisieren „statt noch mehr vom Acker zu füttern“, so die Empfehlung Börneckes.

Der Präsident des Thünen-Instituts, Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, räumte mit Blick auf die Liberalisierung der Agrarmärkte ein, dass es Bereiche gebe, wo für eine Steuerung plädiert werden müsse. Dies sei allerdings – je nach Bereich – unterschiedlich schwer zu realisieren. Insbesondere im Umweltschutz und auch bei den Regeln zum Umgang mit der Nutztierhaltung sei schon die grundlegende Frage der Zielausrichtung nicht ausreichend klar beantwortet. Isermeyer forderte in diesem Zusammenhang eine „schlauere Politik“ als einfach nur die Auflagen hochzusetzen.

Milcherzeuger Conny Derboven aus Niedersachsen analysierte schließlich aus Sicht eines Praktikers seine aktuelle Situation und erläuterte seine ganz persönliche Prognose, wie sich der Markt unter den jetzigen Rahmenbedingungen weiter entwickeln werde. Johannes Pfaller, ebenfalls Milchviehhalter und Sprecher des Beirats des BDM, stellte schließlich noch einmal das Konzept des Marktkrisenmanagements vor und erteilte allen, die das Konzept mit dem Hinweis „Fortführung der Quote“ aburteilen, eine deutliche und leidenschaftliche Absage. Es sei absolut marktwirtschaftlich gedacht, auf Veränderungen der Märkte auch entsprechend zu reagieren.

Mit der Verleihung des Journalistenpreises „Faire Milch“ fand das Symposium des BDM schließlich einen würdigen Abschluss. BDM-Vorstandsvorsitzender Romuald Schaber und Bundesbeirat Michael Braun ehrten die Preisträger für ihre Beiträge, die sich in besonders gelungener Weise mit dem Gesamtkomplex der fairen Milch beschäftigt hatten. Geehrt wurden in der Kategorie Printmedien "Der Mensch macht's" von Jonathan Stock und Takis Würger (in: "Der Spiegel", Ausgabe 8/2014) sowie "Die Milchrebellen – Mut gegen Macht" von Karin de Miguel Wessendorf und Valentin Thurn (WDR Fernsehen, ausgestrahlt am 03.11.2014) in der Kategorie Elektronische Medien.

Markus Schulz, BDM

Studienversammlung der MIG (Belgien)

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Die Milcherzeuger Interessensgemeinschaft (MIG) lud am 9. Januar zwei Landwirte aus Deutschland und Dänemark ein, die mit ihren Vorträgen aufhorchen ließen.

 

Dänemarks Bauern in der Schuldenfalle

Kjartan Poulsen, Biobauer aus Dänemark und EMB Vorstandsmitglied, gab einen Überblick über die Situation der dänischen Milchwirtschaft. Poulsen bewirtschaftet gemeinsam mit zwei Partnern und 15 Angestellten einen großen Biobetrieb mit rund 850 Kühen. In Dänemark gibt es rund 3.300 Milcherzeuger (2014). 95% der erzeugten Milch werden von der Genossenschaft Arla Foods verarbeitet. Die restlichen 5% werden an 11 kleine Molkereien geliefert.

Das vielgepriesene Modell des „Wachsen oder Weichen“ macht den Milchbauern in Dänemark zunehmend Sorgen. Vor allem die hohe Verschuldung lässt viele Betriebe verschwinden. „Allein in der vergangenen Woche mussten wieder 20 Betriebe schließen, weil die Banken nicht mehr mitspielen“, so Poulsen. Zahlreiche Milchbauern würden trotz der niedrigen Milchpreise ab dem 1. April auf eine Produktionssteigerung setzen. „Viele Betriebe wollen sich trotz niedriger Erzeugerpreise ihren Cash Flow verbessern, um die angehäuften Schulden tilgen zu können“ berichtet Poulsen.

Dass „weniger“ manchmal „mehr“ ist, zeigte der zweite Vortrag von einem Biobauern aus Deutschland.

Methode des einmaligen Melkens

Der Biobauer Karl Meyer (51) aus Bayern berichtete über seine Methode des einmaligen Melkens. Meyer hat seine Arbeitsweise bereits 2009 umgestellt - Auslöser war der zweite Lieferstopp mit Frankreich. Was ursprünglich als Probelauf gedacht war, ist mittlerweile gängige Praxis am Hof. Das Prinzip hat sich Meyer von Milcherzeugern in Neuseeland abgeschaut, die bei Futterknappheit nur einmal am Tag melken. Der Landwirt war ursprünglich von 30% weniger Milchleistung ausgegangen, tatsächlich hat er durch das einmalige Melken Einbußen von 50%. „Betriebswirtschaftlich gesehen passt es aber für mich, da ich Kosteneinsparungen beim Futter habe“, so Meyer. Die anfänglichen Schwierigkeiten wie z.B. Euterkrankheiten seien heute kein Thema mehr. Seinen Kühen gehe es seit der Umstellung besser. „Die Fruchtbarkeit nahm zu und meine Tierarztkosten sind deutlich gesunken“, berichtet der Landwirt.

Meyer melkt seine 73 Kühe heute nur noch einmal morgens am Tag und sieht die Umstellung nur positiv. Am Betrieb, der in der Zwischenzeit biozertifiziert wurde, arbeiten auch die Ehefrau und der Sohn mit. Die neue Arbeitsmethode verschafft der Familie vor allem mehr Lebensqualität.

Der Vortrag stieß bei den belgischen Milchbauern auf großes Interesse und wird auch hierzulande Nachahmer finden. Erich Pohen, Vorsitzender der MIG-Ostbelgien, berichtet, dass sich die Methode vor allem für die biologische Landwirtschaft anbiete. „Biobauern verwenden von Haus aus kein Kraftfutter, haben weniger Milchleistung und zudem einen höheren Milchpreis.“ In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass der hohe Arbeitsdruck am Hof eine starke Belastung darstellt und auch die belgischen Milchbauern alternative Melkmethoden praktizieren, z.B. nur alle 16 Stunden melken.

Regina Reiterer, EMB

Interview mit Dace Pastare

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Das EMB sprach Ende 2014 mit Dace Pastare - Vorsitzende der Marsava Kooperative und Mitglied im lettischen Milcherzeugerverband. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb mit 120 Kühen, was für lettische Verhältnisse einem mittleren Betrieb entspricht. Die Kooperative Marsava hat 85 Mitglieder und produziert 80 Tonnen Milch pro Tag.

 

Frau Pastare, Sie haben selbst einen Milchviehbetrieb. Wie sehen Sie die aktuelle Situation der lettischen Milcherzeuger?

Die Situation zeigt sich zur Zeit ganz unterschiedlich - die Betriebsgröße in Lettland variiert auch sehr stark von mehreren Tausend Kühen bis hin zu einigen wenigen Tieren. Einige Milchviehbetriebe stagnieren ohne sich weiter zu entwickeln. Gründe dafür sind u.a. das Alter der Erzeuger oder aber auch der Preis für Land. Eine andere Gruppe der Erzeuger hat Wachstumspläne, wartet aber noch den richtigen Zeitpunkt ab. Eine dritte Gruppe von Milcherzeugern expandiert ohne rechts und links zu schauen und verfolgt unbeirrt den eigenen Plan.

 

Wie sind die Preise in Lettland?

Die Milchpreise sind in den letzten Monaten stark gesunken. Im April wurden 38,5 Cent ausbezahlt, im Juni waren es noch 31,5 Cent. Im Oktober 2014 betrug der Preis nur noch 24 Cent. Innerhalb des Landes variieren die Preise sehr stark. Die größte Genossenschaft zahlte im September 2014 19,5 Cent. Der Auszahlungspreis unserer Kooperative, die Marsava, betrug 22 Cent (09/2014). Ich kenne auch einen sehr kleinen Betrieb mit 20 Kühen, der pro Liter Milch nur 12 Cent erhielt. Die Milchpreise sind sehr schlecht. Wir machen uns Sorgen über die Superabgabe und Strafzahlungen. Wir erwarten, dass wir im Milchwirtschaftsjahr 2014/2015 mit 7% über der Quote liegen. Die Strafzahlungen betragen mehr als der Milchpreis! Die lettischen Milcherzeuger überleben zur Zeit dank Subventionen und Direktzahlungen. Fallen diese weg, haben wir Bauern ernsthafte Probleme. Ich frag mich, wie wir dann das Futter bezahlen sollen.

 

Wie schätzen Sie die Zukunft der lettischen Betriebe ein?

Die Verarbeiter sind von unserer Milch abhängig, und ich glaube, dass Sie in Zukunft auch wieder höhere Preise bezahlen werden. Meiner Einschätzung nach müssen wir die jetzige Krise die nächsten 2-3 Jahr durchtauchen. Die Krise von 2009 hat gezeigt, dass die Preise nach ein paar Monaten wieder gestiegen sind. Ich sehe das sehr pragmatisch - einige Milchbetriebe werden überleben und dann kommen Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht. Das ist natürlich davon abhängig, wie kosteneffizient wir arbeiten können, davon wie sich die Fütterungskosten entwickeln etc.

 

Ihre Kooperative Marsava hat kürzlich neue Produkte auf den Markt gebracht. Worum handelt es sich dabei?

Wir haben die Idee für ein eigenes Produkt innerhalb der Genossenschaft geboren und im Oktober 2014 einen kalziumreichen Quark auf den Markt gebracht. In Lettland hat Quark eine lange Tradition als gesunde Kindernahrung, war aber nicht unbedingt immer geschmackvoll. Unser Ziel war es, aus einem traditionellen Produkt ein gesundes und schmackhaftes Lebensmittel für die ganze Familie zu entwickeln. Als „Nebenprodukt“ fiel Sahne an, die wir ebenfalls vermarkten.

 

Wie schwierig war es, ein neues „altes“ Produkt auf den Markt zu bringen?

Der Start war schwierig und wir hatten vor allem Probleme, um eine eigene Verarbeitungsanlage zu finanzieren. Keine Bank war bereit, uns als Kooperative Geld zu geben. Wir waren daher gezwungen, die Produktion auszulagern. Mittlerweile ist das Projekt auf Schiene und wir sind mit unseren zwei Produkten in mehreren nationalen Supermarktketten sowie in kleineren privaten Geschäften vertreten. Pro Woche werden 1 Tonne Milch zu Quark und Sahne verarbeitet. Der Verkauf läuft jetzt langsam an, noch erzielen wir aber keinen Gewinn.

 

Welche Ziele und Projekte haben Sie für die Zukunft

Unser Ziel ist es, Quark und Sahne gut am Markt zu etablieren. In ein paar Jahren möchten wir unsere eigene Verarbeitungsanlage haben. Unser nächstes Projekt ist Vanillesauce – wir sind gerade dabei, eine Technologie zu entwickeln. Marsava – die Namensgeberin unserer Kooperative - ist die lettische Göttin, die schützend über Kühen und Bäuerinnen wacht. Wir haben also gute Karten!

 

Frau Pastare, vielen Dank für das Interview

Regina Reiterer, EMB

Kurznachrichten aus Brüssel

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Runder Tisch: Perspektiven für Milcherzeuger nach dem Quotenende

Am 21. Januar luden die Europaabgeordneten Paolo de Castro (S&D) und Michel Dantin (EVP) zu einem Runden Tisch. Thema war das Ende der Milchquote und die Frage nach zusätzlichen Kriseninstrumenten. Vertreter von Erzeuger- und Branchenorganisationen haben ihre spezifische Situation dargestellt und die Perspektiven für die Milcherzeuger in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal diskutiert. Interessant zu hören war, dass es Milcherzeugern in Frankreich nicht möglich ist, Verträge mit Molkereien zu vernünftigen Bedingungen zu verhandeln. Was die Diskussion zur Anhebung des Interventionspreises betrifft, hat die EU Kommission eine Ablehnung erteilt. Die Berichterstatter des Milchberichts kamen ebenfalls zu Wort. Die EU Parlamentarier wollen in den nächsten Monaten Vorschläge für zusätzliche Kriseninstrumente ausarbeiten.

 

Gespräch mit Agrarkommissar Hogan

Eine EMB Delegation hatte am 22. Januar ein Gespräch mit dem neuen EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Thema war die Situation am Milchmarkt, die Milcherzeugungskosten und die hohe Verschuldung der dänischen Milchbauern. Der Agrarkommissar möchte nicht von einer Krise sprechen. Hogan spricht sich klar gegen Mengenregulierung aus. Sein Ziel ist es, neue Märkte zu erschließen, und die Margen innerhalb der Lieferkette zu verbessern. Kommissar Hogan hat Interesse an unseren Kostenstudien gezeigt. Wir werden uns bemühen, einen weiteren Termin zu bekommen, um die Kostenstudien vorzustellen und eine realistische Darstellung der Kostensituation darzulegen.

 

Agrarministerrat in Brüssel

Die Agrarminister haben am 26. Januar die Auswirkungen des russischen Handelsembargos auf den Markt diskutiert. Agrarkommissar Hogan betont weiterhin, dass der europäische Milchmarkt keine Krise erleide. Er zeigte sich offen, die Milchmarktbeobachtungsstelle zu stärken.  Für die deutsche Delegation sind die bis jetzt von der Kommission getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend. Die dramatische Situation der Milcherzeuger im Vereinigten Königreich war ebenfalls Thema beim Agrarrat. Die britischen Milcherzeuger haben seit mehreren Wochen mit stark fallenden Milchpreisen zu kämpfen. Der Staatssekretär Großbritanniens Eustice schlug die Einführung einer Ursprungslandkennzeichnung für Milchprodukte vor, um die britischen Milcherzeuger zu schützen. Meldungen zufolge, könnte Moskau seinen Markt für eine Reihe von hochwertigen Produkten einschließlich Produkte mit Ursprungsbezeichnungen (g.U.) bzw. geographischen Angaben (g.g.A) öffnen. Der Agrarkommissar und die Kommission fordern, dass die Mitgliedsstaaten geeint gegenüber Russlands Embargo auftreten.

 

Private Lagerhaltung - Anstieg bei den EU-Mitgliedsstaaten

Agrarkommissar Hogan kündigte eine Verlängerung der privaten Lagerhaltung für Butter und Magermilchpulver bis Ende September 2015 an, um den Landwirten ein weiteres Sicherheitsnetz zu bieten. Über 26.700 Tonnen Butter und 17.900 t Milchpulver wurden seit September 2014 vom Markt genommen und in private Lagerhaltung gegeben. Diese Zahlen entsprechen ca. 5% der Butterproduktion und 4% der Milchpulvererzeugung. Seit Jahresbeginn wurden rund 5.190 t Butter eingelagert. Der Großteil der 26.749 t Butter befindet sich in den Niederlanden (9 645 t), Irland (8 014 t), Belgien (2 976 t) und Frankreich (2 944t). Beim Magermilchpulver wurden seit dem 1. Jänner weitere 628 t eingelagert. Der Großteil der 17.970 t Magermilchpulver befindet sich in Deutschland (9.420 t), Spanien (3.359t) und Litauen (2.841t). Weder eingelagerte Butter oder MMP wurden zur Intervention angeboten seit Start des Programms im September 2014.

 

Transparenz “Offensive” der Europäischen Kommission bei TTIP

Die EU Kommission hat auf die starke Kritik reagiert und nun zahlreiche Dokumente zu TTIP veröffentlicht, u.a. auch Verhandlungstexte. Der Zugang zum konsolidierten Text besteht aber nach wie vor nicht.

Die Kommission hat Mitte Januar auch die Ergebnisse zur online Konsultation zu Investitionsschutzklauseln im Handelsabkommen mit den USA vorgestellt. Die Teilnahme an der Konsultation war mit fast 150.000 Antworten sehr hoch. Die überwältigende Mehrheit fordert, dass ISDS (Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat) aus TTIP ausgeschlossen werden soll. Ob ISDS schlussendlich im Freihandelsabkommen mit den USA erhalten bleibt, muss der Rat entscheiden, so die Kommissarin Malmström.

 

Milchpreiskrise in China: Überangebot an Milch trifft auf Importmilch

Die aktuelle Situation in China zeigt, dass die Milcherzeuger weltweit mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. In China sanken die Erzeugerpreise für Milch in den letzten Monaten deutlich. Verantwortlich gemacht wird ein zu großes Milchangebot sowie preiswerte Ware vom Weltmarkt, auf welche die Verarbeiter verstärkt zugreifen. Die chinesischen Milcherzeuger haben in den letzten Wochen damit begonnen, ihre Milch wegzuschütten und die Kuhbestände zu verringern. Laut Medienberichten möchte das Landwirtschaftsministerium nun zusammen mit den regionalen Behörden die Milchbranche durch geeignete politische Marktmaßnahmen stützen. Molkereiunternehmen wurden aufgefordert, mehr Rohstoff anzukaufen, um so den Erzeugerpreis zu stabilisieren. Der chinesische Milchsektor boomte noch bis Ende 2013 und wurde den europäischen Milcherzeugern bisher als Wachstumsmarkt präsentiert.

Regina Reiterer, EMB

EMB Agenda

Die wichtigsten Termine des EMB-Vorstands im Februar 2015:

  • 03.02.:        Öffentliche Anhörung "Investmentschutz und ISDS in EU Handels- und Investmentabkommen"
  • 04.02.:        Präsentation beim Treffen der Interessensgruppen zur 8. Verhandlungsrunde TTIP
  • 10.02.:        Präsentation bei “Good Food Good Farming”
  • 13.02.:        Treffen Zivildialoggruppe "Qualität und Werbung"
  • 24.02.:        Treffen mit Europaabgeordneten (Brüssel)
  • 24.02.:        Treffen Milchmarkt Beobachtungsstelle (Brüssel)
  • 24.02.:        EMB Vorstandssitzung (Brüssel)

Impressum

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