MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Ein schwieriges und hartes Jahr für die Landwirtschaft ist vorbei.

Aus meiner Sicht ist es vollkommen klar, dass das "Instrumentarium" politischer Maßnahmen, das der Kommission zur Verfügung steht, um den Milchpreis nach dem Ende der Quoten zu stützen, jämmerlich unzulänglich ist. Es ist gut möglich, dass dies auch während des Bestehens der Quoten der Fall war, aber deren Existenz – dieser eine konstante Faktor – hat dem Markt ein gewisses Maß an Stabilität gegeben. Nach Abschaffung der Quoten und dem absoluten Verfall der Einnahmen der Landwirte durch die heftigen Preisschwankungen muss selbst die Kommission einsehen, dass es so nicht weitergehen kann. Es ist an der Zeit, die politischen Platzpatronen wegzupacken und schwerere Geschütze aufzufahren.

Denjenigen, die sagen, dass der Markt den Preis bestimmen muss und sich der Markt nicht irren kann, halte ich schlicht entgehen, dass der Markt beim Milchpreis oft komplett daneben liegen kann – und liegt. Und der Markt bekommt dabei viel Unterstützung. Da sind zum einen die, die von den chaotischen Milchpreisänderungen und schwankenden Einnahmen der Erzeuger profitieren.

Sehr einflussreiche Elemente weiter hinten in der Nahrungsmittelkette haben ein ureigenes Interesse an diesen wilden Schwankungen: Die LEH-Konzerne werden weiterhin weder von den Regierungen noch der Kommission reguliert und haben freie Hand bekommen, eine "für alle Seiten förderliche" Beziehung mit den Landwirten und Primärerzeugern einzugehen: Ist das Angebot knapp, sichern sie ihre eigene Gewinnmarge und erhöhen die Verbraucherpreise; ist Milch im Überfluss vorhanden, senken sie die Preise für die Verarbeiter und Erzeuger und streichen die Extramargen ein. Diese Konzerne können schon seit Jahrzehnten frei agieren, ohne dass auch nur der Hauch eines Protests von den Regierungen oder der EU käme. Hinterfragt jemand ihre Dominanz, verstecken sie sich hinter Gemeinplätzen, dass sie den Verbrauchern in der EU "günstige Nahrungsmittel" geben – was entschuldigen soll, dass sie das System der bäuerlichen Landwirtschaft und Familienbetriebe in Europa zerstört haben.

Der Erzeugerpreis ist überall in der EU um 30% bis 40% gefallen. Um wie viel ist der Preis in den Supermärkten gesunken? EU-weit ist der Milchpreis, den die Verbraucher zahlen, um durchschnittlich 2% gefallen. Diese kleine Statistik zeigt, wer vom aktuellen System des "wir stellen keine Fragen und Antworten sind nicht nötig" profitiert.

Wir müssen 2016 fordern, dass die Kommission endlich den Mut und den Gerechtigkeitssinn aufbringt, diese himmelschreiende Ungerechtigkeit abzustellen, denn sie berührt den Kern der Debatte über die Nachhaltigkeit. Wie steht es mit unserer Nachhaltigkeit? Wer sorgt sich um die Bedrohung für die Nachhaltigkeit, den ein Verfall des landwirtschaftlichen Einkommens von 35% bis 40% darstellt, den wir im letzten Jahr erlebt haben und der sich 2016 fortzusetzen droht?

Das ist die Aufgabe des EMB. Es ist unsere Aufgabe. Und wir müssen uns noch mehr Mühe geben.

Ich möchte mit meinen Wünschen für ein frohes und gesundes Jahr 2016 schließen.

John Comer, Mitglied des EMB-Vorstands und Vorsitzender des irischen Verbands ICMSA

Protestaktion "Milch für Juncker"

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Zu viel Milch macht Probleme! Dies bekam kürzlich auch EU Kommissionspräsident Jean Claude Juncker zu spüren. Im Dezember landeten aus allen Ecken Europas Pakete mit Frischmilch in seinem Büro.

 

Mit der Protestaktion „Milch für Juncker“, haben Milcherzeuger aus ganz Europa ihren Ärger über Juncker kundgetan, der seinen Agrarkommissar schalten und walten lässt, ohne Rücksicht auf Verluste. Milchbauern aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Frankreich, Deutschland und Italien schickten schätzungsweise weit über 1000 Liter Milch nach Brüssel. Beigefügt wurden zum Teil sehr persönliche Briefe an Juncker, in denen die Erzeuger ihre schwierige Situation schilderten oder kurz und knapp den Rücktritt von Hogan forderten.

Fotos Protestaktion "Milch für Juncker"

Zahlreiche Artikel auf Facebook

 

EMB Pressemitteilung zur Protestaktion „Milch für Juncker“ (18.12.2015)

Seit einigen Tagen bekommt EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker ganz besondere Post. Aus Protest gegen die destruktive Milchpolitik der EU-Kommission senden Milchbäuerinnen und Milchbauern aus ganz Europa Frischmilch ins Büro des EU-Politikers. Er hatte unter anderem nicht auf den offenen Brief des European Milk Board (EMB) regiert, in dem die Absetzung des Agrarkommissars Phil Hogan gefordert worden war. Damit schaut Juncker tatenlos zu, wie mit den Milcherzeugern eine wichtige Stütze der EU-Agrarwirtschaft nicht nur gefährlich geschwächt, sondern regelrecht gekappt wird. Die chronische Überproduktion und die damit verbundenen langfristigen Tiefpreise für Milch reißen den Milchbäuerinnen und Milchbauern förmlich den Boden unter den Füßen weg. Hogan und Juncker verweigern aber den Einsatz eines subventionsfreien Kriseninstruments am Milchmarkt. Die negativen Konsequenzen dieser ignoranten Politik für Arbeitsplätze und Entwicklung – kurzum für die Stabilität innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft – werden dabei ausgeblendet.

Zu viel Milch schafft Probleme! Diese Botschaft soll Präsident Juncker nun selbst hautnah erleben.

Regina Reiterer, EMB

Pressemitteilung: Große europäische Molkerei führt freiwilligen Lieferverzicht ein

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Die niederländische Molkerei Friesland Campina zahlt Milcherzeugern einen Bonus bei Lieferbegrenzung

 

(Brüssel, 05.01.2016) Mit Friesland Campina hat nun kürzlich eine der großen europäischen Molkereien ein wichtiges Instrument eingeführt, um weiteren Produktionssteigerungen am Milchmarkt entgegen zu wirken. Über eine Bonuszahlung sollen Milcherzeuger animiert werden, ihre Produktion nicht zu erhöhen oder sie gar zu reduzieren. Die Erzeuger sollen einen Aufschlag von 2 Cent/kg Milch erhalten, wenn sie für den Zeitraum 1. Januar – 11. Februar 2016 nicht mehr bzw. sogar weniger anliefern. Referenzmenge ist dabei die durchschnittliche Tageslieferung innerhalb des Vergleichszeitraums 13. – 27. Dezember 2015. 

Sieta van Keimpema, Vizepräsidentin des EMB, sieht darin ein wichtiges Signal. „Damit zeigen auch die Molkereien deutlich, dass ein ungebremstes Wachstum der Menge problematisch ist und man dagegen Instrumente einsetzen muss.“ Van Keimpema verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Wahl des Instruments. „Friesland Campina hat sich für eine freiwillige Lieferbegrenzung bzw. einen freiwilligen Lieferverzicht entschieden. Weil das ein sehr wirksames Mittel ist, um Mengen zu reduzieren. Man kann positiv in den Markt eingreifen und Verwerfungen damit verhindern“, so van Keimpema weiter. Das sollte aber nicht nur bei einigen Molkereien, sondern in der gesamten EU angewandt und dabei zentral gemanagt werden. Die Initiative einzelner Molkereien reicht nicht aus. Dabei ist insbesondere die Politik gefragt, die dafür den passenden Rechtsrahmen setzen muss. Es sollte sich hierbei an einer Menge am Markt orientiert werden, die kostendeckende Preise für die Erzeuger zulässt.

Ungebremstes Wachstum als EU-weite Strategie hatte in den vergangenen Monaten große Probleme geschaffen und viele Erzeuger bereits in den Ruin getrieben. Mit Preisen bei teilweise nur noch um die 20 Cent/kg Milch wird ein Überleben für zahlreiche Höfe schlicht unmöglich gemacht. Dass nun ein großer Molkereikonzern hier mit dem Einsatz eines freiwilligen Lieferverzichts selbst die Reißleine zieht, zeigt einmal mehr, wie fatal die Situation ist. „Die EU-Politik muss hinsichtlich dieser Entwicklung nun endlich handeln und kann nicht weiter ihre ignorante Linie verfolgen“, fordert van Keimpema mit Blick auf die passive Haltung des EU-Agrarkommissars Phil Hogan. „Setzen Sie ein Marktverantwortungsprogramm mit dem freiwilligen Lieferverzicht als zentralem Element auf EU-Ebene ein, damit sich der Milchmarkt endlich erholen kann“, so ihr eindringlicher Appell an den Kommissar.

EMB Pressemitteilung

 

Belgien: Die Überproduktion führt zu Verlusten

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FrieslandCampina ist eine Genossenschaftsmolkerei aus den Niederlanden, die auch die Milch von etwa 900 belgischen Erzeugern abholt. Sie hat ein großes Werk im flämischen Teil Belgiens. Überproduktion ist der Grund, warum Überschüsse der niederländischen Erzeuger / Mitglieder in dieses Werk nach Belgien gebracht werden.

 

Nun wurde die Hälfte der belgischen Erzeuger vor die Tür gesetzt: In einigen Wochen müssen sie einen neuen Abnehmer für ihre Milch finden. FrieslandCampina Belgien hat beschlossen, die Milchsammlung bei 443 belgischen Milchbauern mit Wirkung vom 1. Juli 2016 einzustellen. Offiziell begründet wird der Schritt damit, das nationale Milchvolumen an die Marktnachfrage in Belgien anzupassen. Laut Pressemitteilung von Friesland Campina, wurde in Belgien im Jahr 2015 mehr produziert, als im Land verkauft werden kann.

Für mich liegt der wahre Grund auf der Hand: Die niederländischen Produzenten sind Genossenschaftsmitglieder, die belgischen aber nicht! Die niederländischen Mitglieder bekommen den Vorzug und dürfen weiterhin ihre Milch anliefern, zum Nachteil der Nicht-Mitglieder (in diesem Fall die belgischen Landwirte). Aus diesem Grund, muss sich ein Teil der Produzenten nach einer anderen Molkerei umsehen. Der andere Teil – jene die bleiben dürfen – haben dafür die Zusicherung für nur 3 Jahre.

Der sogenannte „Mitbewerber“ Milcobel hat nun eine Vereinbarung unterzeichnet, um die betroffenen Milcherzeuger zu übernehmen. Milcherzeuger, die vor dem 1. Februar 2016 zu Milcobel wechseln, erhalten von FrieslandCampina einen Zuschuss von drei Cent pro Liter Milch auf Grundlage der Milchanlieferung im Jahr 2015. Davon werden 2,5 Cent auf das Mitgliedskonto von Milcobel gezahlt und 0,5 Cent bleiben dem Erzeuger. Jene Milchbauern, die nach dem 1. Februar 2016 zu Milcobel oder einem anderen Abnehmer wechseln oder sich entscheiden, die Milchanlieferung ab Anfang Juli einzustellen, erhalten eine Entschädigung von 0,5 Cent pro Liter Milch. Milcobel stellt den neuen Mitgliedern einen Bonus in Aussicht, wenn sie später ihre Produktion erhöhen.

Man muss wissen, dass Milcobel die niedrigsten Preise im ganzen Land zahlt. Ein Geschenk ist das also nicht. Milcobel rechnet damit, durch diesen Schritt seine überdimensionierten Milchpulveranlagen auszulasten. Dabei darf man auch nicht vergessen, dass die Erzeugerorganisation während der gesamten Operation völlig außen vor geblieben ist: Sie wurde erst in letzter Minute informiert und FrieslandCampina hat keinerlei Handlungsspielraum gelassen, um auch nur Einzelheiten im Vertrag mit Milcobel abzuändern. Die Erzeugerorganisation stärkt unsere Position nicht. Das belgische COPA-Mitglied Boerenbond hat sich in der ganzen Zeit sehr ruhig verhalten und hat die Produzenten mit ihren Problemen allein gelassen, auch während der Verhandlungen mit anderen Molkereien.

Mittlerweile können die Genossenschaftsmitglieder mit ihrer Überproduktion fortfahren. Der Rauswurf der Nicht-Mitglieder kann gar nicht schnell genug vorangehen. Das Management von Friesland kann die Überproduktion nicht bewältigen, solange die Nicht-Mitglieder noch da sind. Jene, die gehen müssen und bei Milcobel oder LDA – den sogenannten Mitbewerbern – unterschreiben, stellen ihre Milchanlieferung sofort ein. Für das Management geht das aber nicht schnell genug: Sie bieten sogar jenen, die weniger anliefern, einen Bonus an. Bis zum 1. Februar sollte das Problem für das Management gelöst sein (und die Belgier losgeworden). Danach kann es mit der Überproduktion im großen Umfang weitergehen!

Rik De Coninck, FMB

Aktuelle Situation in Italien

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Wie in vielen anderen europäischen Ländern auch ist der Milchsektor in Italien in einer schwierigen Lage. Die Landwirte haben 2015 fast eine Milliarde Euro Verluste gemacht, während die Gewinne des Handels weiter steigen.

 

De facto sind die Erzeugerpreise drastisch eingebrochen, während der Preis des Fertigprodukts im Einzelhandel oft das Dreifache des Erzeugerpreises ausmacht. Daher haben sich im November viele italienische Landwirte an einer Demonstration beteiligt, die COPAGRI und APL vor einem Supermarkt von Coop Italia in Pieve Emanuele (Mailand) organisiert haben. Die Erzeuger haben dabei einen fairen Milchpreis verlangt. Insbesondere forderten sie den Handel auf, ein Projekt zu initiieren, um Produkte „Made in Italy“ in Wert zu setzen. Diese Forderung ist vor dem Hintergrund von Wirtschaftsdaten zu sehen, die zeigen, dass der Handel 20% mehr als die Verarbeiter und die Landwirte verdienen. Die Demonstrationen wurden vor weiteren Supermarktketten fortgesetzt: Ein Traktorkonvoi versammelte sich vor einem Supermarkt von Carrefour in Massalengo (Lodi) und anschließend vor Lactalis in Corte Olona (Pavia). Am Ende bekundeten die Einzelhändler Interesse, sich für ein Projekt zu engagieren, das die Marke „Made in Italy“ fördert.

Es ist an der Zeit, dass sich auch die italienische Politik beteiligt und ihre Bereitschaft zeigt, die italienische Landwirtschaft mit Nothilfemaßnahme zur Bekämpfung der Krise im Milchsektor zu retten. Am 18. November hat COPAGRI an einer Demonstration vor dem Milchindustrieverband Assolatte teilgenommen, wo eine Sitzung zur gemeinsamen Festlegung eines fairen Milchpreises gefordert wurde.

Ende November wurde zwischen Lactalis und landwirtschaftlichen Organisationen eine Vereinbarung getroffen, in der der Milchpreis für die nächsten drei Monate bei 36 Cent pro Liter festgesetzt wurde. Diese Vereinbarung wurde als Sieg für die Milcherzeuger bewertet. Leider hat der italienische Bauernverband (Coldiretti) diese Vereinbarung mit Lactalis über 36 Cent/Liter unterzeichnet. Aus meiner Sicht ist dies ein großer Fehler. Daher habe ich als Präsident von COPAGRI diesen Vertrag nicht unterschrieben. Die Milcherzeuger werden in diesen drei Monaten fast 300 Millionen Euro verlieren. Ich werde die Erzeuger nicht verraten, sondern meinen Kampf für einen wirklich fairen Preis für die Erzeuger fortsetzen.

Roberto Cavaliere, Präsident von APL und COPAGRI

Deutschland: Plakataktion gegen Merkel, Schmidt & Hogan

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In Deutschland stellen die Milchviehhalter seit Ende 2015 bundesweit Plakate auf mit dem Spruch „Merkel, Schmidt & Hogan wollen lieber Milchbauern ruinieren als die Milchmenge reduzieren!“. Sie setzen damit ein Zeichen, dass die Verweigerungshaltung der Bundesregierung und ihres Agrarministeriums sowie der EU-Kommission massiven Schaden bei den Milchbauern anrichtet.

Die rund 100 Plakate befinden sich an markanten und verkehrsreichen Plätzen. Fotos der Plakataktion

 

Im Dezember wandten sich etliche Landwirte per Videobotschaft direkt an Agrarminister Schmidt und machten auf ihre schwierige Situation aufmerksam. „Uns steht das Wasser bis zum Hals. Wir haben durchgerechnet, optimiert, umstrukturiert – aber es passt vorne und hinten nicht zusammen“, so der Tenor der Botschaften an den Minister. Die Milchbauern fordern den Agrarminister auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, um ihre Produkte zu einem auskömmlichen Preis am Markt platzieren zu können. Videobotschaften der Milcherzeuger

 

Die deutschen Erzeuger haben sich auch massiv an der Aktion „Milch für Juncker“ beteiligt. Die Milchviehhalter wehren sich gegen eine Agrarpolitik, die nur die Interessen der Ernährungsindustrie im Blick hat und gleichzeitig sehenden Auges in Kauf nimmt, Milchbetriebe zu ruinieren.

Thorsten Sehm und Johannes Fritz, BDM

Friede, Freude, Eierkuchen – die Landwirtschaft aus Sicht der EU

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Am 1. und 2. Dezember 2015 nahmen Vorstandsmitglieder des EMB an einer zweitägigen Konferenz in Brüssel über die künftigen Herausforderungen des Agrarsektors teil. Wie immer ist die Welt in Brüssel in Ordnung.

 

Im ersten Block gewährten uns Tom Vilsack (Landwirtschaftsminister der USA) und Phil Hogan (Europäischer Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung) Einblicke in ihre Sicht der Zukunft der Landwirtschaft und insbesondere der Chancen. Denn wie immer sehen sie alles positiv – nicht nur die Landwirtschaft als solches, sondern auch das Freihandelsabkommen TTIP, das jedem Bürger und jeder Bürgerin in den USA und der EU nicht nur Wohlstand, sondern auch mehr Wahlmöglichkeiten bringen wird.

Als Landwirte in der EU sollten wir keine Sorgen oder Bedenken über die Unterschiede bei Normen und Standards und der Höhe der Selbstkostenpreise haben, da die Konsumenten neue Produkte auf dem Markt suchen und dies den Mehrwertprodukten aus der EU den Raum geben wird, den sie brauchen!

Laut Hogan liegt der Schlüssel für den europäischen Agrarsektor in der "Wettbewerbsfähigkeit". Und wie gut uns das doch in den letzten Jahrzehnten gelungen ist: Wir exportieren zu wettbewerbsfähigen Preisen auf den Weltmarkt!

Tom Vilsack ging kurz auf die Überalterung der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung ein. Aber das Problem kann ja leicht gelöst werden: In den USA versucht die Regierung, Veteranen, Hausfrauen und Mexikaner dafür zu gewinnen, in die Landwirtschaft einzusteigen.

Durch die Äußerung dieser Gedanken offenbarten die beiden Redner – vielleicht unabsichtlich – wie groß die Probleme des Agrarsektors in absehbarer Zukunft unter dem Aspekt der Ernährungssicherheit und der ländlichen Wirtschaft wirklich sind. Wenn sich mögliche Nachfolger in der Landwirtschaft nicht mehr dafür interessieren, den Familienbetrieb zu übernehmen und die Garantie wegfällt, dass landwirtschaftliches Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird, während unsere Regierung auf ungelernte Arbeitskräfte setzt, um die Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen – was um Himmelswillen versuchen wir denn gerade zu tun?

Was die Redner außerdem mit dieser Sicht der Landwirtschaft zum Ausdruck bringen, ist ihr fehlender Respekt für die Arbeit, das Wissen und den Einsatz von Landwirten.

Vielleicht sind wir auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig. Aber auf wessen Kosten? Sind etwa die Produktionskosten weltweit gleich? So wie die Normen, Bedingungen oder Verdienstmöglichkeiten? Die Realität zeigt, dass die Agrarpolitik der EU für die Landwirte ein Schlag ins Kontor ist. Der gesamte Nutzen der kostensenkenden Technologien und der Zugewinn an Arbeitsproduktivität in den Betrieben werden einseitig an der Spitze der Nahrungsmittelkette aufgeteilt, während die Kosten für die „Nachhaltigkeitsanforderungen“ und die Produktionsbedingungen andererseits den Landwirten aufgebürdet werden.

Daten des zentralen statistischen Amts der Niederlande, die im November 2015 veröffentlicht wurden, belegen dies zweifelsfrei: Die Einnahmen der Gesamtwirtschaft sind seit 1995 viermal so stark gestiegen wie die des Agrarsektors. Während die Arbeitsproduktivität (plus 20%), die Produktion (plus 22%) und die Größe der landwirtschaftlichen Betriebe (40% weniger Betriebe) deutlich gestiegen sind, ist den Landwirten dadurch kein Vorteil entstanden.

Die Beiträge in Brüssel am 1. und 2. Dezember haben sich mit dem Einfluss beschäftigt, den die Landwirtschaft auf den Klimawandel, die Nahrungsmittelsicherheit und die Verschwendung von Nahrungsmitteln etc. hat. Keiner der Referenten hat sich näher mit dem fehlenden Einkommen der Landwirte befasst und der Frage, wie dieses Problem gelöst werden soll – trotz der zahlreichen Fragen aus dem Publikum zu diesem Thema. Es wird weiter gebetsmühlenartig wiederholt, dass wir mehr produzieren müssen, mit weniger Wasser, Energie und Flächenverbrauch. Die Lösungen werden im Einsatz von Technologien, noch mehr Forderungen und noch mehr Bedingungen gesehen.

Wird dies die Probleme lösen, vor denen die Landwirte stehen werden? Wird es die nötigen Bedingungen für die künftige Kontinuität der landwirtschaftlichen Einnahmen schaffen?

Am Ende des zweitägigen Symposiums mit einem sehr vollen, über 16 Stunden dauernden Programm wurden zehn Minuten den Folgen für das Einkommen der Landwirte gewidmet – nachdem die meisten Teilnehmer bereits gegangen waren. Das sagt eigentlich alles darüber, wie die Agrarpolitik der EU die Landwirte sieht und wie ihre Aussichten sind.

Sieta van Keimpema, EMB Vizepräsidentin und Vorsitzende des DDB Niederlande

Megadeals bekämpfen - aus der Empörung gegen TTIP muss eine Bewegung werden

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Für die Gegner der „Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) läuft es derzeit rund. Die Bewegung konnte am 10. Oktober 200.000 Bürger zur Großkundgebung in Berlin mobilisieren. 

 

 

Am 17. November lud die europäische Linksfraktion Vertreter des Protestbündnisses zu einer Großveranstaltung in die Räume des EU-Parlaments in Brüssel, um die Auswirkungen von TTIP und ähnlichen Freihandelsabkommen auf Demokratie und nachhaltige Entwicklung zu diskutieren. Geladen waren Experten aus vier Kontinenten, die diskutierten welche Folgen für Umwelt, Entwicklung und Rechtsstaat durch TTIP und die übrigen „Megadeals“ zwischen den großen Handelsblöcken der Erde drohen und wie die jüngsten Kompromissangebote von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zu bewerten sind.

Sowohl die geladenen Aktivisten als auch die Sprecher der Linksfraktion im EU-Parlament waren sich einig, dass der neue Vorschlag der Kommission zur Besetzung der Schiedsgerichte im Abkommen mit den USA Augenwischerei sei. Der Tenor der Anhörung war ein anderer: Aus der Empörung gegen TTIP, gab der franko-belgische Publizist Raoul-Marc Jennar bereits im Eröffnungspanel zu bedenken, müsse eine Bewegung werden, die der Freihandelsagenda konkrete solidarische Alternativen entgegensetzt. Denn „Freihandel heißt stets jenen noch mehr Rechte zu geben, die bereits mehr als genug Rechte haben“, erinnerte Amélie Canonne.

John Hilary, Direktor des Netzwerks ‚War on Want’ erinnerte an die Erfolge der Bewegung: „Wir haben TTIP und CETA bereits wiederholt geschlagen. Aber die selben Forderungen werden von der Politik immer wieder neu auf den Tisch gelegt. Bereits die Weiterführung der Verhandlungen über TTIP ist ein Akt der Gewalt gegen den Willen und den Widerstand der Bürger.“

Anhand eines konkreten Beispiels zeigte der Kanadier Neil, dass es für die europäische Öffentlichkeit gefährlich sei, den Blickwinkel zu sehr auf TTIP zu verengen. Das im September 2014 unterzeichnete, bislang aber noch nicht ratifizierte ‚CETA’-Abkommen zwischen Europa und Kanada werde Unternehmen Zugang zu privilegierten Sondergerichten schaffen. Ebenso wie dank NAFTA in der Vergangenheit selbst kanadische Unternehmen ISDS-Verfahren genutzt haben, um  Ansprüche gegenüber ihrem ‚Mutterland’ geltend zu machen, werden US-Konzerne mit Niederlassung in Kanada auch EU-Staaten vor Schiedsgerichte zerren können.

„Die Debatte um TTIP ist bereits jetzt riesig, aber gemeinsam werden wir sie noch größer machen“, appellierte der irische EU-Abgeordnete Matt Carthy an die Teilnehmer, noch mehr Bürger wachzurütteln. Es liege schließlich auf der Hand, dass es derzeit nur zwei Gruppen von EU-Bürgern gebe: „Jene die gegen TTIP sind, und jene, die noch nichts von TTIP gehört haben.“

Die vollständige Version zur TTIP-Konferenz

Hanna Penzer

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