MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Ende Juni fand die mittlerweile dritte europäische Konferenz zum Thema „Faire Milch“ statt. Gastgeber war dieses Jahr die Fairkoperativ Lëtzebuerg, die ihr 5-Jahres Jubiläum feierte und die Konferenz gemeinsam mit dem EMB ausgerichtet hat.

Positiv ist mir aufgefallen, dass das Thema „Faire Milch“ eine immer stärkere politische Akzeptanz erfährt. Neben mehreren Ministern und lokalen Politikern aus Luxemburg war auch das erbgroßherzogliche Paar im Publikum. Die steigenden Verkaufszahlen in den Faire Milch Ländern zeigen, dass auch immer mehr Konsumenten unser Projekt unterstützen und sich für eine gerechte Entlohnung der Milchbauern einsetzen.

Das European Milk Board macht seit mehreren Jahren auf die Notwendigkeit kostendeckender Milchpreise aufmerksam. Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, mit der „Fairen Milch“ ein positives Projekt auf die Beine zu stellen. In dieser Newsletter Ausgabe finden Sie Berichte zur Konferenz in Luxemburg.

Seit kurzem gibt es auch weltweit Anerkennung für die Faire Milch. Ende Juni erhielt Fairebel - die Marke der belgischen Faire Milch Produzenten - den World Dairy Innovation award 2016 für soziale Unternehmensverantwortung. Wir sind wirklich sehr stolz über diese Auszeichnung.

Auch auf politischer Ebene tut sich etwas. Wir rechnen damit, dass die Agrarminister beim nächsten Agrarrat (18. Juli) Maßnahmen zum freiwilligen Produktionsverzicht beschließen werden. Absolut notwendig ist, dass die EU als Ganzes agiert und einen zeitlich begrenzten freiwilligen Lieferverzicht in allen Ländern anbietet. Es muss einen deutlichen finanziellen Anreiz geben, um ausreichend Erzeuger zu finden und einen schnellen Markteffekt zu erzielen. Gleichzeitig muss im definierten Krisenzeitraum die Milchanlieferung derer, die sich nicht an der Mengenreduktion beteiligen, gedeckelt werden.

Wir werden die Beschlüsse der Agrarminister mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Soviel ist sicher: Bei halbherzigen Maßnahmen, die keine Auswirkung auf die Milchpreise haben, werden wir im Herbst zu größeren europäischen Aktionen aufrufen. Jeder Bauer muss für sich entscheiden, wie er sich in Zukunft für den Erhalt seines Betriebes einsetzen wird. Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Es ist niemals zu spät!

Erwin Schöpges, Vorstandsmitglied EMB und der MIG Belgien

Forderungen der europäischen Milcherzeuger an den EU-Agrarministerrat zum 18. Juli 2016

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Die Milchmarktkrise führt in den Milchviehbetrieben auch weiterhin zu enormen Liquiditätsproblemen. Auf EU-Ebene ist daher umgehend ein weiteres Hilfspaket zu beschließen und umzusetzen. Viele Betriebe sind längst nicht mehr in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen

 

Priorität hat in dieser Situation nicht nur die Beschaffung zusätzlicher Liquidität. Zur schnellen Verbesserung der Milchmarktsituation muss dringend auch der weiter vorhandene Angebotsdruck auf EU-Ebene reduziert werden – unabhängig davon, dass sich aktuell eine Stagnation der EU-Milchanlieferung abzeichnet. Damit könnten auch die Magermilchpulvermengen, die in die Intervention gehen, stark und möglicherweise sogar bis auf null reduziert werden.

Die EU muss auch im Agrarbereich wieder zusammen agieren. Krisenbeseitigung im Milchsektor kann nur gemeinsam gelingen. Daher fordern die Milcherzeuger Europas, dass am 18. Juli vom EU-Agrarrat folgende Maßnahmen beschlossen werden:

 

1. EU agiert als Ganzes – freiwilliger Lieferverzicht wird in allen Ländern angewandt

Verpflichtend für alle Länder in der EU muss den Erzeugern ein zeitlich begrenzter freiwilliger Lieferverzicht zu gleichen Bedingungen angeboten werden. Koordiniert wird er von der EU-Kommission und finanziert durch Finanzmittel, die die EU sowie der jeweilige Mitgliedsstaat bereitstellen. Nur dann kann eine Mengenreduzierung ausreichend Wirkung auf die Preise entwickeln. Die Reduzierung sollte jeweils zwischen 5 – 25 Prozent der individuellen Betriebsmenge der teilnehmenden Erzeuger liegen. Die Beihilfen sollten ausschließlich auf Betrieben ankommen, die ihre Milchviehbetriebe weiterführen wollen oder müssen.

Können sich einige Länder dieser Verpflichtung zum Anbieten des freiwilligen Lieferverzichts entziehen und ihre Produktionshöhe im definierten Krisenzeitraum beibehalten oder gar ausdehnen, entfällt für die anderen Länder der Sinn, ihre Menge zu senken. Denn damit würden sie Verantwortung zur Preisstabilisierung zeigen, die Wirkung ihrer Maßnahmen würde aber von den nicht teilnehmenden Ländern zum einen ausgenutzt, zum anderen zudem geschmälert. Daher muss der freiwillige Lieferverzicht in allen Ländern den Milchviehhaltern angeboten werden.

 

2. Deutlichen Anreiz bieten, um ausreichend Erzeuger zu finden und ihre Benachteiligung gegenüber nicht reduzierenden Produzenten zu vermeiden

Um einen schnellen Markteffekt zu erzielen,  muss ein deutlicher Anreiz gesetzt werden, die betriebliche Milchanlieferung zeitlich befristet zurückzunehmen. Entscheidend dafür ist die Höhe der angebotenen Ausgleichsleistung, die rechnerische Grundlage für die Beihilfe sein muss. Aus Sicht der Milchviehhalter sollte sie über dem aktuellen Milchpreisniveau liegen. Dies würde nicht nur die Entscheidung der Milchviehhalter dafür beschleunigen - neben einem entsprechenden Markteffekt käme so auch zusätzliche Liquidität auf die Betriebe. Zu bedenken ist auch, dass sich während des Zeitraums, in dem der Milchviehhalter seine Mengen reduziert, eine Markterholung einstellen wird. Die beteiligten Betriebe könnten davon nicht in gleichem Maße profitieren wie Betriebe, die weitermachen wie bisher. Eine Benachteiligung reduzierender Betriebe ist durch eine entsprechende Höhe der Ausgleichsleistung zu vermeiden.

Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer schnellen und möglichst einfachen Umsetzung empfiehlt das EMB, den Bonus einheitlich auf 30 Cent je Kilogramm nicht gelieferter Milch festzusetzen. Für eine 3%ige Rücknahme der Milchanlieferung für 12 Monate entstünde auf EU-Ebene damit ein Finanzbedarf von 1,35 Milliarden Euro. Diese Summe wurde im Übrigen in den letzten beiden Jahren der Quotenregelung von den Erzeugern in etwa an Superabgabe bezahlt. Damit würde dieses Geld wieder dem Sektor zugeführt, eine zusätzlich aktuelle finanzielle Belastung würde für die EU-Bürger nicht entstehen. Bei einer zeitlichen Befristung der Maßnahme auf 6 Monate könnten für diesen Zeitraum rechnerisch 6 % der Milchmenge reduziert werden. Angesichts der aktuellen EU-Marktpreise ist eine Ausgleichsleistung von 30 Cent nicht nur in den meisten Mitgliedsländern ein attraktiver Anreiz, er enthält darüber hinaus auch den nötigen Spielraum für eine positive Marktentwicklung.

Die Auszahlung der Gelder ist analog zur vorgenommenen Reduzierung monatlich an die Milcherzeuger vorzunehmen. Mit dem letzten Monat der Maßnahme kann die Endabrechnung erfolgen.

Die konkrete Höhe der Ausgleichsleistung muss klar und eindeutig vor der Antragsstellung festgelegt werden. Jede nachträgliche Festlegung, die beispielsweise vom Gesamtvolumen der Anträge oder auch der Marktentwicklung der kommenden Wochen und Monate abgeleitet wird, führt zu Unsicherheit und längeren betrieblichen Entscheidungsfindungsprozessen.

Das erforderliche Finanzvolumen könnte zunächst anhand des Milchaufkommens in den jeweiligen Mitgliedsländern zugeteilt werden. Sollte ein Mitgliedsland sein Finanzvolumen nicht innerhalb einer zu setzenden Frist einsetzen können, ist das ungenutzte Volumen den anderen Mitgliedsländern zur Verfügung zu stellen.

Die Reduktionsbereitschaft der einzelnen Erzeuger sollte über ein Ausschreibungsverfahren ermittelt werden. Reduktionswillige Erzeuger verpflichten sich dabei, in dem definierten Zeitraum ihre Produktion um die von ihnen angebotene Menge zu reduzieren. So besteht nach kürzester Zeit Klarheit über den Umfang der Mengenreduktion in der EU.

Ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung ist, dass die Entscheidung, ob die Milchanlieferung zeitlich befristet reduziert werden kann und soll, um neuerliche Beihilfen in Anspruch nehmen zu können, zwingend alleine dem Milchviehhalter überlassen sein muss. Keinesfalls darf die Möglichkeit entstehen, dass die Molkereiunternehmen auf diese Entscheidung Einfluss nehmen können.

Begründung: Die Liquiditätsproblematik auf den Milchviehbetrieben besteht völlig losgelöst von den unterschiedlichen Interessen der Molkereiunternehmen. Sie ist im Gegenteil Ausdruck einer einseitigen Risikoverteilung zu Lasten der Milcherzeuger. Den Zugang zu Beihilfen für die Milchviehhalter abhängig zu machen vom Wohlwollen bzw. den Interessen der Molkereiunternehmen widerspräche nicht nur dem Gleichheitsprinzip, eine schnelle Beschaffung zusätzlicher Liquidität würde damit weiter ausgebremst.

Weiter ist es nicht zielführend, die Gewährung von Beihilfen damit zu koppeln, dass sich die Molkereiunternehmen daran beteiligen bzw. dass sie die Mittel aufstocken. Dadurch würde innerhalb der Molkereiunternehmen ein Umverteilungseffekt entstehen. Der ohnehin schon viel zu niedrige Erzeugermilchpreis würde weiter abgesenkt werden, um die Mittel für den Bonus zu finanzieren. Das würde in den Gremien der Molkereiunternehmen zu deutlichen Spannungen und massivem Widerstand führen, was zu Recht gescheut wird.

 

3. Parallel zur freiwilligen Mengenreduzierung eine zeitliche Mengendeckelung für die anderen Erzeuger ansetzen

Gleichzeitig muss im definierten Krisenzeitraum die Milchanlieferung derer, die sich nicht an der Mengenreduktion beteiligen, zeitlich begrenzt gedeckelt werden. Das heißt, dass jene in diesem Zeitraum ihre Produktion nicht steigern dürfen. Für die Einhaltung dieser Begrenzung würde eine Überproduktionsabgabe sorgen, die von denjenigen geleistet werden müsste, die ihre Menge dennoch anheben. So würde effektiv verhindert, dass freiwillige Mengenrücknahmen einzelner Unternehmen durch die Mehrmengen anderer wieder nivelliert werden könnten. 

 

In Stichworten zusammengefasst:

  • Durch ein weiteres EU-Hilfspaket ist umgehend zusätzliche Liquidität zu schaffen.
  • Die Inanspruchnahme der Hilfsgelder ist an zeitlich befristete Mengenrücknahme zu koppeln.
  • EU agiert als Ganzes; allen EU-Erzeugern wird Möglichkeit zu freiwilliger Reduzierung geboten.
  • Die Höhe der Ausgleichsleistung ist entscheidend für die damit zu erzielende Marktwirkung.
  • Bei der Höhe der Ausgleichsleistung ist die angestrebte Erholung der Milcherzeugerpreise im Verpflichtungszeitraum mit zu berücksichtigen.
  • Schon im ersten Monat des Verpflichtungszeitraumes ist die Milchanlieferung entsprechend zu reduzieren.
  • Die Auszahlung der Ausgleichsleistung/Liquiditätshilfe erfolgt direkt an die Antragsteller.
  • Eine Mitwirkungsverpflichtung der Molkereiunternehmen ist nicht anzustreben.
  • Im Krisenzeitraum ist die Milchanlieferung derer, die sich nicht an der Mengenreduktion beteiligen, zeitlich begrenzt zu deckeln.

Dritte Europäische Faire Milch Konferenz in Luxemburg ehrt Verdienste um nachhaltige Landwirtschaft

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© EMB

EMB Pressemitteilung vom 30. Juni 2016

Die Fairkoperativ Lëtzebuerg, die ihr 5-Jahres Jubiläum feiert, richtete gemeinsam mit dem European Milk Board die diesjährige Faire Milch Konferenz in Luxemburg aus. 

 

Fredy de Martines, Präsident der Fairkoperativ Lëtzebuerg, möchte mit dieser Tagung Milchbauern und Konsumenten, den Einzelhandel und Politiker zusammenbringen. „Das Faire Milch Projekt ist eine einzigartige Chance, um unsere Familienbetriebe aufrecht zu erhalten und den Bürgern hochwertige Nahrungsmittel zu gerechten Preisen zu garantieren“, so De Martines.

Auch dieses Jahr wurde wieder die „Goldene Faironika“ für besonderes Engagement im Milchsektor verliehen. Auf europäischer Ebene erhielt der bayerische Agrarminister Helmut Brunner die Auszeichnung für seinen politischen Einsatz für die Milchbauern. Weitere Preise gingen an die belgische Entwicklungorganisation SOS Faim und den litauischen Milchproduzenten Jonas Vilionis.

Das Gastgeberland Luxemburg hat den ehemaligen Agrarminister Romain Schneider, der die Faire Milch in Luxemburg von Anfang an unterstützt und gefördert hat, mit einer Goldenen Faironika ausgezeichnet. Der Bauer und Hofmolkereileiter Claude Thiry wurde ebenso für sein Engagement geehrt. In Anerkennung der langjährigen Kundentreue, ging eine goldene Kuh an alle Luxemburger Konsumenten, die mit dem Kauf der Produkte die Bauern unterstützen. Weitere Preisträger sind die Bank BGL und die CLC Handelskonföderation Luxemburg.

Romuald Schaber, Vorsitzender des European Milk Board, begrüßt die Preisverleihung an Minister Brunner: „Helmut Brunner setzt sich über Parteigrenzen hinweg für kostendeckende Milchpreise zugunsten der Milchbauern ein. Dabei scheut er auch nicht davor zurück, Markteingriffe zu fordern und so das marktliberale Dogma in Frage zu stellen. Als Präsident des Milcherzeugerverbandes LPGA kämpft Jonas Vilionis seit vielen Jahren unermüdlich für faire Bedingungen und eine korrekte Entlohnung der litauischen Milchviehhalter. 

2006 von Milchbauern in Österreich ins Leben gerufen, umfasst das Faire Milch Projekt inzwischen sechs EU-Länder. In Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Italien und Österreich sind Faire Milch Produkte im Handel. Die Produktpalette wird auf der landwirtschaftlichen Messe in Ettelbrück vom 1. - 3. Juli vorgestellt.

Fotos zur Dritten Faire Milch Konferenz in Luxemburg

EMB Pressemitteilung

Preisträger der Goldenen Faironika

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© Brigitte Alber

Die Preisträger der „Goldenen Faironika 2016“ sind....

 

 

 

 

Politiker national : Romain Schneider , ehemaliger Agrarminister Luxemburg

Politiker international : Helmut Brunner, Agrarminister Bayern

Organisation national :  BGL BNP Paribas

Organisation international : SOS Faim

Landwirt national: Claude Thiry, Bauer und Holfmolkereileiter aus Luxemburg

Landwirt International : Jonas Vilionis, Milcherzeuger aus Litauen

 

Weitere Preisträger sind Berthe Melkert, Fredy de Martines, die CLC Handelskonföderation Luxemburg und die Luxemburger Konsumenten.

 

Laudatio für Jonas Vilionis (Preisträger Kategorie "Landwirt international")

An alle, die anders denken:

die Rebellen,

die Idealisten,

die Visionäre,

die Querdenker,

die, die sich in kein Schema pressen lassen,

die, die Dinge anders sehen.

Sie beugen sich keinen Regeln,

und sie haben keinen Respekt vor dem Status Quo.

Wir können sie zitieren, ihnen widersprechen, sie bewundern oder ablehnen.

Das einzige, was wir nicht können, ist sie zu ignorieren,

weil sie Dinge verändern,

weil sie die Menschheit weiterbringen.

Und während einige sie für verrückt halten,

sehen wir in ihnen Genies.

Denn die, die verrückt genug sind zu denken,

sie könnten die Welt verändern,

sind die, die es tun.                                                                 Quelle: „Think different“, Apple

 

Micherzeuger wie Jonas, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, sind die Zugpferde unseres Sektors. Jonas hat uns mit seiner Energie und Tatkraft überrascht. Wir sind wirklich stolz, dass er mit seiner Organisation Mitglied beim EMB ist!

Sieta van Keimpema, EMB Vize-Präsidentin

 

 

"Mit viel Engagement von der ersten Stunde an dabei"

Laudatio für Claude Thiry - Preisträger Kategorie "Landwirt national"

„Eine faire Aufteilung der Erlöse muss kontrolliert werden“

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© LPGA

Interview mit Jonas Vilionis, Präsident des litauischen Milcherzeugerverbands LPGA, erschienen in der Juni Ausgabe der Unabhängigen Bauernstimme

 

Unabhängige Bauernstimme: Herr Vilionis, wie ist die Situation am Milchmarkt in Litauen?

Jonas Vilionis: Wir haben sehr ungünstige Bedingungen als Milcherzeuger. Wir bekommen aktuell acht, für größere Mengen gestaffelt bis zu 15 Cent pro Liter. Vor Auslaufen der Milchquote hatten wir durchschnittliche Auszahlungspreise zwischen 27 und 30 Cent bis zu 35 Cent. Der errechnete Selbstkostenpreis liegt bei 34 Cent bzw. 32 für mittlere und große Betriebe. Letztes Jahr haben die litauischen Milcherzeuger insgesamt 75 Mio. Euro Verluste gemacht, in 2016 sind es bisher schon 40 Mio. Euro.

 

Was zählt in Litauen als kleiner, mittlerer oder großer Milchviehbetrieb? Kleine Betriebe haben ein oder zwei Kühe, mittlere bis 20 Kühe und als groß gelten alle mit mehr als 20 Kühen. Insgesamt gibt es rund 53.000 Milchviehbetriebe, davon etwa 1.500 kleine, 49.000 mittlere und 2.500 große.

 

Und wie ist die Wertschöpfungskette organisiert? Wir haben ein oligopolistisches System. Es gibt in Litauen fünf private Milchverarbeiter. Die haben einen harten Konkurrenzkampf gegen die lettischen und estnischen Unternehmen gewonnen. Jetzt wird die Milch auch von dort zu uns gefahren. 60 Prozent der hergestellten Produkte gehen in den Export. Und es gibt nach einem ähnlichen Verdrängungswettbewerb fünf litauische Handelsunternehmen, die Supermärkte in allen drei Ländern betreiben. Aktuell interessiert sich Lidl für unseren Markt. Wenn dieses Unternehmen einsteigt, wird der Preiskampf nochmal befeuert.

 

Mit welchen Aktivitäten reagieren die Milchbäuerinnen und -bauern auf den Milchpreisverfall? Als Verband sind wir mit der LPGA seit einem Jahr Mitglied im European Milk Board (EMB), um uns europaweit zu vernetzen. Hier in Litauen gab es Demonstrationen in der Hauptstadt Vilnius, bei denen mit Traktoren einige Straßen blockiert wurden. Den ganzen April über hatten wir ein Protestzelt vor dem Landwirtschaftsministerium, in dem jeden Tag, 24 Stunden lang, abwechselnd Vertreter aus den Regionen vor Ort waren. Vieles ist Öffentlichkeitsarbeit, Interviews, Fernsehbeiträge. Zuletzt haben sich Anfang Mai mehrere Milchliefergenossenschaften an einem dreitägigen Boykott der Handelsketten beteiligt, den Verbraucher wegen der extrem gestiegenen Lebensmittelpreise organisiert hatten. Da wurde u. a. vor dem Landwirtschaftsministerium kostenlos Milch verteilt und darauf hingewiesen, dass die Milcherzeuger nur 21 Prozent des Ladenpreises für Milch bekommen.

 

Was sind Ihre politischen Forderungen? Wir stehen ständig in Kontakt mit der Regierung und fordern Regulierungsinstrumente für den Milchmarkt. Und dass sie sich bei ihren Verhandlungen mit Verarbeitern und Handel zur Höhe der Lebensmittelpreise für eine Stärkung der Position der Milcherzeuger einsetzen. 2015 trat ein Gesetz für faire Handelspraktiken in der Milchwertschöpfungskette in Kraft, das diese Abstimmungen möglich macht. Für Mai und Juni hat die Regierung nun bekannt gegeben, dass die Ladenpreise um 14 Prozent reduziert werden. Aber die Mehrwertsteuer ist hoch und die Verarbeiter- und Handelsunternehmen wollen ihre Margen nicht verlieren. Reduziert wird also auf Kosten der Milcherzeuger. Das Gesetz sieht eigentlich vor, die faire Aufteilung der Produkterlöse zu kontrollieren. Da erwarten wir Lösungen, sonst werden wir auch auf Bezirks- und Kreisebene Treckerblockaden beginnen.

 

Welche Reaktionen gibt es auf die Aktionen und auf die dramatische Lage der Milchviehhalter? Es gibt einige, die meinen, Betriebe mit ein bis zehn Kühen sollten überhaupt verschwinden. Das halten wir nicht für die richtige Politik, dann leeren sich die Dörfer. Wir haben jetzt schon 4.000 Orte, die nur noch dem Namen nach existieren.

 

Gibt es Möglichkeiten für die litauischen Milcherzeuger, eine eigenständige Marktposition zu beziehen? Es gibt einige Liefergenossenschaften, in denen sich Milchviehbetriebe zusammengeschlossen haben. Sie bündeln meist etwa 200 Tonnen Milch pro Tag, haben aber keine eigene Verarbeitungsmöglichkeit. Und die Molkereien zahlen diesen Gruppen niedrigere Preise als den Einzellieferanten. Sie wollen die Bäuerinnen und Bauern auseinander bringen. Zur Zeit baut nun eine größere Genossenschaft eine Fabrik, die noch in diesem Jahr in Betrieb gehen wird und 800 Tonnen Milch pro Tag zu Proteinkonzentrat verarbeiten kann. Wir erhoffen uns dadurch eine Konkurrenz. Wir müssen die Menge beherrschen und regeln können.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Christine Weißenberg, AbL Deutschland

Die Bretagne sucht ihre Strategie

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Noch vor wenigen Monaten brüstete sich der bretonische Mehrheitsverband damit, bis 2020 +20% mehr Milch erzeugen zu können, d.h. 1 Milliarde Liter zusätzlich! Schöne Utopie und falsche Analyse!

 

 

Auf Einladung des bretonischen Regionalrats kamen am Mittwoch, den 22. Juni 2016, in Rennes Vertreter der Bauernverbände (Confédération paysanne, Coordination rurale, OPL und APLI für das European Milk Board, Fédération des syndicats d'exploitants agricole) zusammen.

Angesichts der Schwere der Milchkrise hatte der Regionalrat der Bretagne um eine Vorstellung des Marktverantwortungsprogramms (MVP) vor allen anwesenden Organisationen gebeten. Auch wenn die Idee vom EMB stammt und nicht vom Mehrheitsverband, verständigte man sich darauf, Dringlichkeitsmaßnahmen zu fordern, um die Milchmenge zu senken und so die Auszahlungspreise der Erzeuger zu steigern. Die Anwesenden forderten die sofortige Aktivierung der in der aktuellen Gesetzgebung bestehenden Rechtsvorschriften: Es wurden vor allem die Artikel 221 und 222 der europäischen Verordnung Nr. 1308/2013 über die GMO diskutiert.

Alle appellieren an die Agrarminister der Europäischen Union, die am 18. Juli erneut tagen, diese Bestimmungen unverzüglich umzusetzen.

Es herrscht jedoch keine vollkommene Einigkeit unter den Bauernverbänden. Der Verband der Jungbauern nahm zwar die Einladung zu diesem Treffen an, weigerte sich aber, eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen. Während sich die Anzahl der Milchverarbeiter im freien Fall befinden (100 weniger in diesem Jahr gegenüber 200 im Jahr 2000) und immer mehr Höfe gehen (Ruhestand und Stilllegung) (etwa 700/Jahr) und die Anzahl der Gerichtsverfahren exponentiell steigt, ist es kaum vorstellbar, dass wir junge Leute unter diesen wirtschaftlich nicht tragbaren Bedingungen für diesen Beruf gewinnen können. Das haben die Jungen jedenfalls begriffen; was sie jedoch noch nicht verstanden haben ist, dass das MVP auch für sie ist!

Véronique le Floc’h, Vorsitzende der OPL, und Boris Gondouin, Vorsitzender der APLI, Frankreich

Milchmarkt: Große Betriebe in Dänemark und den Niederlanden können auch nicht kostendeckend arbeiten

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Aktuelle Kostenzahlen widerlegen Behauptung, große Betriebsstrukturen seien Lösung für Milchdilemma

Brüssel, 04.07.2016: Es wird viel von Dänemark und den Niederlanden als produktionsstarken Ländern mit großen Betriebsstrukturen geredet. In diesem Zusammenhang wird behauptet, die großen, sogenannten effektiven Betriebe stünden im freien Wettbewerb sehr gut da. Sie könnten durch große Produktionsmengen kostendeckend arbeiten und auch außereuropäischen Wettbewerbern spielend die Stirn bieten.


Mit den aktuellen Zahlen zu den Produktionskosten und Milchpreisen in den beiden Ländern wird diese Argumentation jedoch ad absurdum geführt. Denn mit einer Unterdeckung der Produktionskosten von 26 bzw. über 30 Prozent durch den Preis setzt sich auch in Dänemark und den Niederlanden der aktuelle europäische Trend einer hohen Verlustproduktion fort.
 
Wie die aktuelle Studie des Büros für Agrarsoziologie (BAL) zeigt, beträgt das Defizit in den Niederlanden zwischen einem durchschnittlichen Preis von 30,75 Cent und den Kosten von 44,50 Cent/ Kilogramm Milch im Jahr 2015 knapp 14 Cent. Für Dänemark sind es bei Kosten von 41,70 Cent und einem Durchschnittspreis von 31,03 Cent für das Kilogramm Milch über 10 Cent Verlust.

Angesichts der fallenden Preise im Jahr 2016 hat sich diese Situation noch verschärft und verlangt nach einer Lösung, die die steigende Überproduktion der EU ins Visier nimmt.

 

Der freiwillige Lieferverzicht – ein smartes Instrument zur Stabilisierung  

Ein freiwilliger Lieferverzicht wäre ein gutes Instrument, um die Mengenverwerfungen in den Griff zu bekommen. Da hier auf eine freiwillige Mengensenkung gesetzt wird, für die der Erzeuger einen finanzieller Ausgleich erhält – also Niemand als Verlierer dastehen würde – kann mit einer großen Bereitschaft unter den europäischen Milcherzeugern gerechnet werden. Dies ist auch für stark bzw. geringer produzierende Länder, die sehr darauf bedacht sind, nicht zur Produktionssenkung verpflichtet zu werden, eine gute Alternative. Ist der finanzielle Ausgleich hoch genug, kann über die freiwillige Reduzierung genügend Menge zurückgehalten werden, um den Markt und damit die Milchpreise zu stabilisieren. Ein Ergebnis, das allen Milcherzeugern in der Europäischen Union in der jetzigen Situation große Erleichterungen bringen würde.

Es geht darum, den Schaden zu verhindern bevor er entsteht – also schädliche Milchmengen gar nicht erst zu produzieren. Damit würden man auch nicht mehr auf ineffektive Instrumente wie die Interventions- und private Lagerhaltung setzen, die in der aktuellen Krise wenig Wirkung zeigen.

Ob für die Niederlande und Dänemark als Länder mit größeren Betrieben oder die Mitgliedsstaaten mit kleineren oder gemischten  Strukturen – Milchproduktion spielt als Wirtschaftsfaktor in ganz Europa eine wichtige Rolle. Dabei kommt der Europäischen Kommission und den nationalen Regierungen im Rahmen der EU-Agrarpolitik eine hohe Verantwortung zu: Die Milcherzeugung muss flächendeckend erhalten und damit Arbeitsplätze in und außerhalb des Milchsektors gesichert sowie EU-Bürgern eine regionale und abwechslungsreiche Ernährung geboten werden. Wann werden die Verantwortlichen diese Aufgabe endlich ernsthaft wahrnehmen?  

Details zu den Zahlen der Studie finden Sie in den Datenblättern PRODUKTIONSKOSTEN MILCH jeweils für Dänemark und die Niederlande.

Die Studien zur Kostenkalkulation für die Niederlande und Dänemark wurden jeweils vom EMB gemeinsam mit seinem Mitgliedsverband – also dem niederländischen Dutch Dairymen Board bzw. dem LDM Dänemark – beim Büro für Agrarsoziologie in Auftrag gegeben.

EMB Pressemitteilung

Milchkrise: vorübergehende Begrenzung der Produktion unverzichtbar

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Pressemitteilung des Ausschusses der Regionen vom 27.06.2016 - in allen EU-Sprachen verfügbar

 

 

 

Die europäischen Landwirtschaftsminister müssen die Milchproduktion vorübergehend begrenzen, um den Markt zu sanieren und das Überleben der europäischen Milchwirtschaft zu sichern

Eine Regulierung der Milchproduktionsmengen würde sich rasch positiv auf das Einkommen aller Erzeuger auswirken. Das zeigt eine Studie, die gestern führenden Kommunal- und Regionalpolitikern in einer Sitzung der Fachkommission für natürliche Ressourcen (NAT) im Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) vorgelegt wurde. Auf der Grundlage dieser Studie, mit der die Mahnungen des AdR vom April 2015 bestätigt werden, fordert der AdR die EU-Landwirtschaftsminister auf, dringend Maßnahmen zur Sanierung des Marktes ergreifen.

Am Rande dieser Tagung in Luxemburg hat die Fachkommission für natürliche Ressourcen des Europäischen Ausschusses der Regionen heute eine Diskussionsrunde über die Marktmaßnahmen zur Begrenzung der Milchproduktion veranstaltet, in der eine Studie über das „Marktverantwortungsprogramm“ vorgelegt wurde. Da der Milchsektor seine schwere Krise immer noch nicht überwunden hat und die Europäische Kommission nicht reagiert, zeigen sich die kommunalen und regionalen Spitzenpolitiker zur Rettung der Arbeitsplätze und der Milchwirtschaft als Ganzes entschlossen. Zu diesem Zweck möchten sie die Machbarkeit und die Auswirkungen dieses Programms des Europäischen Verbands der Milchwirtschaft (European Milk Board) prüfen, das zum Einsatz kommen soll, wenn der Milchmarkt aus dem Gleichgewicht zu kommen droht.

Einige Ergebnisse dieser Studie lauten:

- Eine Regulierung der Produktionsmengen auf europäischer Ebene würde sich rasch positiv auf die Milcherzeugerpreise auswirken. Diese Schlussfolgerung stellt die Theorie in Frage, derzufolge eine Drosselung der Produktionsmengen in der EU - angesichts eines globalisierten Marktes - keinen Einfluss auf die Preise in Europa haben könnte.

- Eine vorübergehende Begrenzung der Produktionsmengen würde sich äußerst positiv auf das Einkommen sämtlicher europäischer Erzeuger auswirken. Laut dem Basisszenario mit einer Reduzierung der jährlich produzierten Milchmenge um 6 % wird von einer Steigerung der Bruttogewinnspanne der Erzeuger in einer Größenordnung von 6 Mrd. EUR ausgegangen, da der Milchpreis um 14,6 % und die Bruttogewinnspanne um 38 % steigen würde.

- Die Kosten des Programms zur freiwilligen Reduzierung entsprächen in etwa den Mitteln, die die EU für die Finanzierung von Sofortmaßnahmen gegen die Krise im Agrarsektor bereitgestellt hat und die sich nur begrenzt auf das Einkommen der Erzeuger ausgewirkt haben.

 

Jacques Blanc (Frankreich) , Bürgermeister von La Canourgue und AdR-Berichterstatter für die Regulierung der Preisvolatilität bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, erklärt: „ Diese Studie hat den Standpunkt des Ausschusses bekräftigt – sofern dies überhaupt erforderlich war. Die Kommission scheint ihrerseits noch immer nicht das Ausmaß des Problems erkannt zu haben und begnügt sich damit, den Erzeugern lediglich geringfügige Beihilfen zu gewähren und die öffentliche Lagerhaltung auszuweiten, was ohne Wirkung auf die Überproduktion bleibt. Die EU-Landwirtschaftsminister müssen bei ihrem Treffen in Luxemburg dringend die Liquiditätshilfemaßnahmen durch Maßnahmen zur Sanierung des Marktes ergänzen, um rasch zu einem für die Erzeuger einträglichen Preis zurückzufinden und sowohl die Zukunft des Sektors als auch der Viehzuchtgebiete zu sichern. Davon hängt die Zukunft unserer Regionen ab “.

Bereits im April 2015 warnte der Ausschuss der Regionen die EU-Institutionen in seiner Stellungnahme zur Zukunft der Milchwirtschaft vor einer Verschlechterung der Lage auf dem Milchmarkt, während die Europäische Kommission weiterhin behauptete, dass sie auf kurze und lange Sicht gut sei. Daraufhin hatte der Ausschuss der Regionen die Kommission aufgefordert, Maßnahmen zur Sicherung der Erzeugereinkommen zu ergreifen und insbesondere das „Marktverantwortungsprogramm“ des European Milk Board zu prüfen.


- Die Studie des AdR zur Bewertung des vom Europäischen Verband der Milchwirtschaft vorgeschlagenen Marktverantwortungsprogramms auf der Grundlage des Testjahres 2014 kann hier abgerufen werden (nur auf Englisch verfügbar).

Pressemitteilung des AdR

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