MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Die Situation auf dem europäischen Milchmarkt verschlechtert sich weiter und die von der Kommission im März verabschiedeten Entscheidungen und Maßnahmen haben sich – wie leicht vorherzusehen war – als ineffektiv und ungeeignet erwiesen, die aktuelle Krise zu lösen.

Die Lage in Europa ist dramatisch: Die Erzeugermilchpreise liegen weit unter den Produktionskosten und es besteht in den nächsten Monaten auch keine Hoffnung auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation.

Die Situation in Italien gleicht der im Rest Europa: Infolge der Mengensteigerung bei der Milch (ca. 2%) und beim Käse ohne geschützte Ursprungsbezeichnung (die angesichts des rückläufigen Konsums lediglich zu einer stärkeren Einlagerung geführt hat) sind die Preise eingebrochen. Die Betriebe, die noch durchhalten, sind die, die im Dezember 2015 und Januar 2016 Produktionsverträge über 31-33 Cent abgeschlossen haben. Derweil befindet sich der Milchspotpreis im freien Fall und vereinzelt werden Preise unterhalb der 20-Cent-Marke verzeichnet. Wir sehen einen deutlichen Abwärtstrend und es kündigen sich ab Juni noch härtere Zeiten an, wenn die im Dezember und Januar unterzeichneten Verträge auslaufen.

Gute Nachrichten aus Luxemburg: Die 3. Europäische Faire Milch Konferenz findet dieses Jahr in Ettelbrück statt. Nach dem Erfolg der Konferenz vor einem Jahr während der EXPO in Italien, werden vom 30. Juni bis 1. Juli die bisher erzielten Ergebnisse diskutiert und die Richtung für die Zukunft festgelegt. Wie immer werden auch Produkte und Projekte aus den Faire Milch Ländern vorgestellt. Auch dieses Jahr wird wieder die „Goldene Faironika“ an Politiker, Organisationen und Landwirte verliehen, die sich für eine Verbesserung im Milchsektor einsetzen.

Das EMB wird seinen Kampf für einen fairen Milchpreis und eine europäische Mengenregulierung für die Erzeuger fortsetzen.

Roberto Cavaliere, EMB Vorstand und Präsident APL Italien

Die Milchmenge muss runter!

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© European Union

Ungewöhnliche Einigkeit herrschte bei der außerordentlichen Experten-Anhörung über die neuen Marktmaßnahmen zur Reduzierung der Milchmenge im Agrarausschuss des EU-Parlaments (25/05)

 

Die geladenen Vertreter der Erzeugerverbände von European Milk Board und Via Campesina sowie der Genossenschaftsverband COGECA und sprachen sich – ebenso wie zahlreiche Vertreter des Agrarausschusses – für eine rasche Reduzierung der Milchmenge auf europäischer Ebene aus.

Gegenüber Rat und Kommission wurde scharfe Kritik geübt: Das 500-Millionen-Hilfspaket sei vollkommen wirkungslos verpufft. Anstatt diese Gelder zielgerichtet zur Mengenreduzierung einzusetzen habe man planlos Geld in den Sektor gesteckt. „Däumchendrehen und auf ein Wunder hoffen“ reiche aber nicht aus, um den Sektor zu stabilisieren, so der Abgeordnete James Nicholson. Ebenso scheinen die im März vom Rat für Landwirtschaft verabschiedeten Maßnahmen offenbar nicht dazu geeignet, die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung einer Mengenreduzierung zu ermutigen.

 

Europäische Lösung und finanzieller Ausgleich für die Erzeuger gefordert

Was fehle sei eine gemeinsame europäische Lösung, so der Tenor der Versammlung. „Wir vom European Milk Board setzen auf einen freiwilligen Lieferverzicht, der die Wenigerproduktion aus EU-Geldern mit 30 Ct/kg kompensiert.“ So EMB-Präsident Romuald Schaber. Derart flankiert könne die Maßnahme auf freiwilliger Basis funktionieren und würde schnell greifen. Die Finanzierung sei kein Problem, denn wenn man die Milchmenge wie von der EU-Kommission berechnet um 3% reduzieren wolle, entsprächen die benötigten Gelder in etwa der Summe der Superabgabe der beiden letzten Quotenjahre. Via Campesina forderte hingegen eine verpflichtende Mengenreduzierung, betonte aber ebenfalls die Notwendigkeit eines finanziellen Ausgleichs für die Erzeuger.

Die engagierte Diskussion im gut besuchten Sitzungssaal machte sehr deutlich, dass angesichts der desaströsen Marktsituation nun keine Zeit mehr verloren werden dürfe, sondern endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden müssen.

Auch Joost Korte von der EU-Kommission und Minister Van Dam als Vertreter des Rats mussten bei aller Kritik in ihre Richtung zugeben, dass sich nun schnell etwas bewegen müsse. Van Dam kündigte bereits für den nächsten Gipfel der Agrarminister neue Maßnahmen an, die möglicherweise mit weiteren Geldern aus dem Krisenfonds finanziert werden könnten.

„Rat und Kommission sind jetzt gefordert auf Basis von Artikel 222 Maßnahmen zur Mengenreduzierung zu ergreifen und diese finanziell zu flankieren“ fasste Adam Siekierski, Vorsitzender des Agrarausschusses die Forderungen der Anhörung zusammen. Diese wolle er bereits bei der nächsten Plenarsitzung gegenüber Agrarkommissar Hogan vortragen und einfordern.

Video zur Anhörung (Stellungnahme Romuald Schaber 0:50, Antworten: 2:20)

EMB Pressemitteilung

Gemeinsam für eine verantwortungsvolle Milchpolitik!

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© EMB

Dringender Appell von europäischen und afrikanischen Produzenten an die Politik

Mit einer gemeinsamen Erklärung haben europäische und afrikanische Landwirte am Dienstag an Politiker beider Kontinente appelliert, sich für faire und verantwortungsvolle Konzepte zur Lösung der Krise am Milchmarkt einzusetzen.

„Die EU-Politik muss ein Kriseninstrument installieren, das an der Produktionsmenge ansetzt und für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gilt“, heißt es in einem Aufruf, der vom Dachverband europäischer Milcherzeuger „European Milk Board“, der Initiative zur Unterstützung von Milchviehhirten in Burkina Faso (PASMEP), der Nationalen Vereinigung der Kleinmolkereien in Burkina Faso (UMPL/B) sowie dem Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR und Germanwatch unterzeichnet wurde.

Weiter wird in dem Aufruf gefordert: „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Westafrika sollten aktuell nicht abgeschlossen werden, da sie sich negativ auf den westafrikanischen Partner, insbesondere seine lokalen Strukturen, auswirken würden.“
Anlass der Erklärung ist neben dem UN-Welttag der Milch am 1. Juni eine aktuell laufende Reise von europäischen Milchbauern nach Burkina Faso, die in Begleitung von MISEREOR und German Watch stattfindet, und bei der sich alle Beteiligten ein Bild machen von den Bedingungen, unter denen in Afrika Milch erzeugt wird.

 

Burkina Faso: „Wir können uns selbst versorgen“

Marianne Diallo, Milchbäuerin aus Tambolo, einem kleinen Dorf etwa 170 Kilometer von der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou entfernt, erklärte den Besuchern: „Wir können uns selbst mit Milch versorgen. Wir haben eine kleine Molkerei aufgebaut und produzieren hier Milch und Joghurt.“ Die Bauern aus Tambolo bauen unter anderem Soja, Ackerbohnen und Mais an. Mit dem Einkommen aus dem Milchverkauf ernähren sie ihre Familien und finanzieren den Schulbesuch ihrer Kinder. Ein Drittel der Bevölkerung Burkina Fasos hält Vieh. Durch den starken Import von Milchpulver aus Europa geraten sie jedoch zunehmend in Existenznöte, weil die EU-Produkte im Schnitt um die Hälfte billiger sind als heimische Milcherzeugnisse.
 

Bauern auf beiden Kontenten geht es schlecht

Die Unterzeichner des genannten Appells rufen daher Deutschland und Europa dringend dazu auf, die hohe Überschussproduktion von Milch in der EU zu stoppen, da diese die Preise weltweit drückten und kontinuierlich bäuerliche Existenzen vernichteten. „Durch die gegenwärtige Politik geht es den Milcherzeugern in Europa und in Afrika schlecht“, kritisiert Wilhelm Thees, Fachreferent für ländliche Entwicklung bei MISEREOR. „In Burkina Faso sind es die Frauen, die Milch produzieren. Wenn diese Einkommensquelle zerstört wird, fällt eine ganze Sozialstruktur zusammen, da die Frauen keine Alternative und somit dann kein Einkommen haben.“ Johannes Pfaller, Milcherzeuger aus Süddeutschland und einer der Vertreter des European Milk Board beim Besuch in Burkina Faso, erklärte: „Wir dürfen unsere selbstgemachten Probleme nicht nach Afrika verschieben. Wer die Entwicklung anderer Länder hemmt, beeinträchtigt seine eigene Entwicklung.“ Christoph Lutze, Milchbauer aus Nord-Deutschland, ergänzte: „Seit ich in Afrika bin, ist mir bewusst geworden, wie gefährlich eine auf Exporte fokussierte Politik für die Milcherzeuger hier ist.“

Gemeinsame Pressemitteilung von EMB, Germanwatch, Misereor, PASMEP und UMPL/B

Erklärung: Gemeinsam für eine verantwortungsvolle Milchpolitik!

Aktuelle Projekte: Unterstützung für lokale Milchbauern in Burkina Faso und Sambia

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© Oxfam

Die europäische Überproduktion wirft ihre Schatten auf Afrika: Milchpulver-Exporte zu Dumpingpreisen setzen die lokale Produktion stark unter Druck, da die Konsumenten vermehrt nach den billigen Importprodukten greifen. Die einheimischen Milcherzeuger können nicht mehr von ihrer Arbeit leben.

 

Zwei unserer Mitgliedsorganisationen sind zur Zeit sehr aktiv, die afrikanischen Milchbauern zu unterstützen.

Burkina Faso: ein faires Label für lokale Milch

Die belgischen Milcherzeuger (MIG) engagieren sich bereits seit mehreren Jahren für die westafrikanischen Milchbauern in Burkina Faso. Aktuell unterstützt die MIG gemeinsam mit Oxfam eine Kleinmolkerei in Ouahigouya (Bericht dazu vom Februar 2016). Die belgischen und afrikanischen Milcherzeuger arbeiten auch zusammen, um ein faires Label für Milch aus Burkina Faso zu schaffen. Mit „Fairefaso“ soll eine Qualitätsmarke auf den Markt kommen - als Symbol für faire Milchpreise für die Produzenten.

Reiseberichte aus Burkina Faso von Erwin Schöpges, MIG Belgien (24.5.-2.6.2016)

 

Kleinmolkereien in Bittou und Fada: Unterstützung von Milchbäuerinnen

Oxfam-Solidarität unterstützt weitere Kleinmolkereien Burkina Fasos, so z.B. in Bittou im Süd-Osten des Landes. Ziel ist es, die lokalen Milchproduzentinnen nachhaltig zu stärken, die mit dem importieren Billig-Milchpulver konkurrieren müssen. Über Crowdfunding wurde innerhalb von 2 Wochen so viel Geld gesammelt, um die kleine Molkerei in Bittou zu modernisieren, u.a. durch Ankauf von Maschinen für eine schnelle und hygienische Verarbeitung und Verpackung der Milch. Die Milchbäuerinnen wollen auch das „Fairefaso“ Label erhalten, damit ihre Milch bessere Chancen am lokalen Markt hat.

Das Crowdfunding läuft noch bis Ende Juni. Die zusätzlichen Spenden werden für eine zweite Kleinstmolkerei in Fada verwendet, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Sie können die Molkerei finanziell noch bis Ende Juni unterstützen - Danke!

Projektbeschreibung Molkerei Fada (in Französisch).

 

Sambia: Eine Molkerei für Kasisi

Der Schweizer Verband BIG-M hat sich finanziell am Aufbau einer Kleinmolkerei in Sambia über Crowdfunding beteiligt. Initiator ist ein Schweizer Mitarbeiter eines Ausbildungszentrum für KleinbäuerInnen in Kasisi, der eine Hofmolkerei aufbauen möchte. Ein Betrag von 15.000 Schweizer Franken (rund 13.500 €) wird für die Erstellung eines Milchverarbeitungsraums sowie für den Kauf einer Zentrifuge, eines Pasteurs, eines Generators, eines Wasserspeichertanks, eines Boilers und weiterer Utensilien für die Milchverarbeitung benötigt.

Aktuell sind rund 13.600 Franken eingelangt. Das Projekt kann noch bis Mitte Juli unterstützt werden.

Vorstellung des Projektes "Eine Molkerei für Kasisi"

 

Regina Reiterer, EMB

Die Milchkrise in Frankreich - Analyse und Schlaglicht auf die denkbaren Lösungen

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© wikimedia commons

Für Regulierung: ein noch nie dagewesener Konsens

Heute plädieren alle französischen Bauernverbände für eine Mengenregulierung: Das ist die einzige vernünftige Lösung, um die Krise zu überwinden.

 

 

Die OPL ist der Ansicht, dass die COPA-COGECA auf dem Holzweg ist. Auch sie sollte eine echte Regulierung zur Beseitigung der Risiken fordern. Stattdessen setzt sie sich für Finanzinstrumente ein, um die Risiken abzudecken und fordert eine Stärkung der Genossenschaften. Was hat COPA-COGECA zu bieten? Das EMB hat mit dem Marktverantwortungsprogramm (MVP) hingegen einen konkreten Vorschlag.

 

Die französischen Abgeordneten hören zu

Die tiefe Krise der Landwirtschaft und des Milchsektors löst bei den nationalen Verantwortlichen große Sorge aus, was sie veranlasst, unseren Standpunkt anzuhören. Die Zeit der Bestandsaufnahme ist vorbei und die Verfehlungen der Politik sind deutlich erkennbar.

Wie kann man Lösungen für die Dinge finden, die nicht oder schlecht funktionieren? Die Erzeugerorganisationen, die eigentlich die Verhandlungsmacht der Erzeuger stärken sollten, ihre Rolle und Aufgaben. Auch stellt sich die Frage nach der Rolle der Genossenschaften und ihrer tatsächlichen Rentabilität. So interessiert sich die Genossenschaft Sodiaal beispielsweise für das Zahlungssystem von Friesland Campina und geht sogar so weit, einen Vertreter von Friesland Campina in den eigenen Vorstand zu nehmen. Sodiaal denkt darüber nach, den Milchpreis in Frankreich in Abhängigkeit von Tiergesundheit, Weidehaltung, Langlebigkeit der Kühe etc. zu fixieren. 

 

Banken losgelöst von der Realität

Die Banken stellen die Lage des Agrarsektors sehr zuversichtlich dar! 2015 war ein gutes Jahr für sie und die Investitionen waren sogar noch höher als 2013 und 2014!!! Kennen sie wirklich den Unterschied zwischen Investitionen und Liquiditätsdarlehen? Man kann zunehmend ihr Bestreben erkennen, den Finanzsektor in unsere Betriebe zu bringen – mit der Billigung einiger Landwirtschaftskammern unter Leitung der FNSEA und der APCA (Ständige Versammlung der französischen Landwirtschaftskammern).

Véronique Le Floc’h, Vorsitzende der OPL

 

Eine Analyse der französischen Lage und die Vorschläge der OPL zu den erwähnten Lösungen (Artikel 222, andere Regulierungsmaßnahmen, Vertragslandwirtschaft, Rolle der Erzeugerorganisationen) sind in der Vollversion (in Französisch) nachzulesen.

TTIP und CETA: Angriff auf den Milchmarkt

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Das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) ist seit September 2014 fertig verhandelt, hat bis vor wenigen Wochen die Rechtsprüfung sowohl in Kanada als auch in der EU durchlaufen und steht nun vor der Ratifizierung.

Ab Juni diesen Jahres wird sich der EU-Rat mit CETA befassen, eine Abstimmung ist frühestens September zu erwarten. Danach folgt die Abstimmung im EU-Parlament. Obwohl es als wahrscheinlich gilt, ist noch nicht abschließend geklärt, ob die EU-Kommission dem Rat CETA als gemischtes Abkommen vorschlagen wird. Dann würde über CETA auch in den EU-Mitgliedstaaten abgestimmt. Tritt das ein, wird von Experten erwartet, dass die EU-Kommission eine sogenannte vorläufige Anwendung vorschlagen wird.

Nicht nur als undemokratisch, sondern auch als höchst delikat ist eine vorläufige Anwendung einzuschätzen. Das zeigen aktuell die Niederlande, in denen mittels eines Referendums die Wähler gegen das vorläufig angewendete Handelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine gestimmt haben. In Wallonien, eine von drei Regionen in Belgien, hat die Regierung angekündigt, CETA nicht zustimmen zu wollen und zuletzt kamen aus Rumänien ablehnende Worte vom Außenminister. Allein schon die Abstimmung solcher umstrittenen Handelsabkommen bietet viel Zündstoff. Noch mehr aber die Inhalte. Von einem europäisch-kanadischen Agrarhandel, wie CETA ihn vorsieht, wird in Kanada der Milchmarkt sensibel getroffen und in der EU kommt der Fleischmarkt unter Beschuss.

Derzeit schützt ein Zoll von 245,6 Prozent den kanadischen Milchmarkt vor billigen Importen. Kanada verfügt über eine aktiv gestaltete Mengensteuerung im Milchmarkt. Für jeden Liter überschüssige Milch zahlen die Erzeuger eine Strafabgabe. Während der kanadische Auszahlungspreis an die Erzeuger sich an den Produktionskosten der Milch orientiert und in den vergangenen zehn Monaten fast 48 Cent/kg betrug, ist der europäische Milchpreis im weltweiten Wettbewerb drastisch abgeschmiert auf 29,3 Cent/kg im Februar diesen Jahres. Die politisch gewollte Exportorientierung, die Vorarbeit für solche Art von Handelspolitik, hat den Milchpreis für europäische Erzeuger gänzlich zerstört. Würde CETA ratifiziert, kommt auch der kanadische Markt mächtig unter Druck. Derzeit gelangen nur mittels zollfreien Quoten EU-Käseexporte nach Kanada. Die sollen durch CETA verdoppelt werden von 13.472 Tonnen auf 31.072 Tonnen plus zusätzliche 1.700 Tonnen Industriekäse. Dann würde fast 8 Prozent das nationalen Käsemarktes (425.400 t) von der europäischen Molkereiindustrie beliefert. Der billige EU-Preis schlägt den höheren und existenzsichernden kanadischen Milchpreis. Es ist zu erwarten, dass die zollfreie Quote ohne Probleme von der EU-Industrie ausgeschöpft werden kann.

Terry Boehm, kanadischer Getreidebauer und ehemaliger Präsident der National Farmers Union sagt: „Unser System der Mengensteuerung ist Verhandlungsobjekt jeglicher Handelsabkommen. Die kanadische Regierung verfolgt die Liberalisierung, schützt aber immer noch die Mengensteuerung, weil in Quebec viele Milchbauern leben und Quebecs Stimmen wichtig sind für die Wahlen in Kanada. Trotzdem wird mit jeder Verhandlung die Mengensteuerung ein Stück weit ausgehöhlt.“

CETA bietet nur einen Vorgeschmack, was auf die Landwirtschaft erst durch TTIP zukommen würde. Diese Verhandlungen haben im Juni 2013 begonnen. Aber es zeichnet sich bereits ab, im Milchmarkt wird es keine einseitigen Exporte seitens der EU geben, sondern es ist mit einem Schlagabtausch zu rechnen, der die Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks mächtig aufwirbeln wird. Laut der jüngsten Studie des US-Landwirtschaftsministeriums vom November 2015 sollen nach Wegfall der Zölle die EU-Importe aus den USA von Butter um 150,78 Millionen US$ und von Käse um 76,31 Millionen US$ steigen. Die Exportwerte aus der EU für Käse sollen um 325,35 Millionen US$ steigen. Eine wesentliche Voraussetzung für steigende Exporte ist jeweils, dass der Rohstoff Milch entsprechend niedrig ist, ganz im Sinne der Exportindustrie.

Berit Thomsen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)

Werden unsere Landwirte auf dem Altar des Freihandels geopfert?

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Friends of the Earth Europe hat im April einen Bericht veröffentlicht, der zeigt, dass TTIP große Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelerzeugung in Europa haben könnte. Der Bericht erörtert, wie das Freihandelsabkommen TTIP die industrielle über die bäuerliche Landwirtschaft stellen und die Konzentration der Betriebe im Agrarsektor fördern wird.

 

Auswirkungen auf die Milcherzeugung

Die EU ist der weltweit größte Hersteller von Milcherzeugnissen und exportiert im Schnitt jedes Jahr Milcherzeugnisse mit einem Wert von 1,1 Milliarden Dollar in die USA. Im Gegenzug exportieren die USA gerade einmal Milcherzeugnisse im Wert von 87 Millionen Dollar in die EU. Sowohl die USA wie auch die EU verwenden Quoten und hohe Zölle, um die Einfuhr von Milcherzeugnissen zu beschränken; nach Aussage des europäischen Milchhandelsverband Eucolait sind die meisten US-amerikanischen Zölle auf Milcherzeugnisse so hoch, dass sie „Importe nahezu unmöglich machen“, während die EU-Zölle keine regelmäßigen Importe ermöglichen. Darüber hinaus wenden sowohl die USA wie auch die EU Rechtsvorschriften und Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit an, die die jeweils andere Partei als Handelshemmnisse betrachtet, wie zum Beispiel:

• Die Gebühr für die Importbewertung in den USA

• Die „Verordnung über die pasteurisierte Milch“ und die Gütestufe-A-Regelung in den USA

• Die Normen der USA zur Kennzeichnung von Milcherzeugnissen, die nicht internationalen Normen entsprechen

• Das EU-Verbot rekombinanter Rinderwachstumshormone in der Milch

• Die Anforderungen an die Körperzellenanzahl in der EU (<400,000/ml), die strenger als die US-amerikanischen Normen sind (<750,000/ml)

Die Milchwirtschaft innerhalb der EU ist sehr heterogen, mit unterschiedlichen Interessen am TTIP. Die Milcherzeuger sehen dies als besondere Bedrohung und es scheint das Gefühl vorzuherrschen, dass die Interessen einiger Milchsektoren in den Verhandlungen geopfert werden. Im Gegensatz ist die Handelslobby in den USA sehr einflussreich und die dortige Regierung sehr protektionistisch, was ihren Sektor betrifft. Die von der Kommission verbreitete Hauptaussage – dass die EU ihren Handel mit Milcherzeugnissen steigern wird – verdeckt die Tatsache, dass die Landwirte selbst bei zunehmenden Exporten am Ende noch weniger für den Liter Milch erhalten könnten. Das würde die strukturellen Veränderungen verschärfen, die heute bereits zur Konzentration und Intensivierung der Milchviehhaltung führen. Die Wirtschaftsmodelle sagen eine Schrumpfung der Produktion in den Mitgliedstaaten voraus – vor allem in Österreich, den Benelux-Ländern und dem Vereinigten Königreich.

 

Vorhersagen über das TTIP

Obwohl die USA und die EU beide ihre Milcherzeugung durch relativ hohe Zölle schützen, gehen die Wirtschaftsmodellstudien davon aus, dass die Zölle abgeschafft und die Nichtzollmaßnahmen zu 25% abgebaut werden. Zwei Studien – das Modell CEPII (Fontaigne, Gourdon, & Jean, 2013) und das Modell des Europäischen Parlaments (Bureau et al., 2014), sagen voraus, dass die Ausfuhren von Milcherzeugnissen der USA sich bis 2015 um 5,2 bis 5,4 Milliarden US-Dollar erhöhen werden, obwohl die Autoren feststellen, dass diese Erkenntnisse mit Vorsicht zu behandeln sind, da die Folgen einer Aufhebung der Nichtzollmaßnahmen mit Unwägbarkeiten verbunden sind. Die Exporte der EU werden deutlich weniger stark steigen – 2,4 oder 3,7 Milliarden US-Dollar. Trotz der enormen Steigerung des Handelsaufkommens in beide Richtungen wird die Milchwirtschaft beiderseits den Atlantiks unter dem Aspekt des Mehrwerts wenig davon profitieren und in einigen EU-Mitgliedstaaten verliert die Industrie an Wert.

Die Europäische Kommission argumentiert, dass das TTIP die Ausfuhr von Milchprodukten aus der EU steigern wird, aber die größten Zugewinne werden den Käse betreffen. Die Kommission scheint außerdem großen Wert darauf zu legen, Schutz für eine Liste eingetragener geografischer Angaben zu gewährleisten, unter denen viele Käsesorten sind. Bauernverbände haben ihre Sorge geäußert, dass die Interessen der anderen Milchsektoren von der Kommission geopfert werden, um einen Abschluss zu erreichen.

Auszug aus dem Bericht von Friends of the Earth Europe "Trading away EU farmers"

Infoblatt "Trading away EU farmers"

Dritte Europäische Faire Milch Konferenz

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Am 30. Juni 2016 findet in Ettelbrück, Luxemburg die bereits dritte Europäische Faire Milch Konferenz statt.

Das European Milk Board macht seit mehreren Jahren mit dem Slogan "Faire Milch" auf die Notwendigkeit kostendeckender Milchpreise aufmerksam. Die Fairkoperativ Lëtzebuerg und das EMB wollen mit dieser Konferenz Milchbauern und Konsumenten, den Einzelhandel und Politiker zusammenbringen und auf die Bedeutung einer fair produzierten Milch hinweisen.

In 6 Ländern (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Italien, Österreich) sind aktuell Faire Milch Produkte im Handel. Auf dem Programm der Konferenz stehen u.a. Präsentationen der Fairen Milch Projekte in den verschiedenen Ländern. Auch dieses Jahr wird wieder die „Goldene Faironika“ verliehen für besonderes Engagement im Hinblick auf eine Verbesserung im Milchsektor.

Programm Faire Milch Konferenz

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