MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll bis 2020 reformiert werden, um stärker den gesellschaftlichen Vorstellungen zu entsprechen. Da das Thema für die Landwirte von großer Bedeutung ist, nehme ich im Namen des EMB an den Sitzungen der Gruppe für den zivilen Dialog über die Gemeinsame Agrarpolitik teil.

Um die Wirksamkeit der im Rahmen der aktuellen GAP durchgeführten Maßnahmen zu beurteilen, hat die Europäische Kommission eine Studie zur Bestandsaufnahme und Bewertung bei drei Instituten in Auftrag gegeben: Ecorys, dem Institute for European Environmental Policy (Institut für europäische Umweltpolitik, IEEP) und der Universität Wageningen. Die Ergebnisse dieser Studie wurden am 3. Mai 2017 vorgestellt. Gleichzeitig erarbeitet die Europäische Kommission eine Vision, wie die neue GAP 2020 aussehen soll. Die hehren "Zauberformeln" sind diesmal "vereinfachen" und "mit weniger mehr machen".

Die Analysen der drei oben genannten Institute liefern wichtige Einsichten: "historische Faktoren sind den Mitgliedstaaten wichtiger als die drei Ziele der GAP" oder "es fanden sich nur wenige konkrete Hinweise, dass die Mitgliedstaaten für die erste Säule sorgfältige Strategien mit langfristigen Zielen ausgearbeitet hätten (...)".

Eine weitere Studie eines deutschen Bundeslands, die bei der Sitzung erwähnte wurde, hat gezeigt, dass der Großteil der Mittel der GAP auch weiterhin in die Umsetzung und Kontrollen fließt: Weit mehr als die Hälfte des GAP-Haushalts kommt gar nicht bei den Landwirten an.

Für mich waren sowohl die Ergebnisse der von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie wie auch die des deutschen Bundeslands schockierend. Muss ich den Schluss ziehen, dass jeder Mitgliedstaat mit dem "Brüsseler" Geld aus der GAP macht, was ihm am besten passt? Dass Regierungen sich ohne mit der Wimper zu zucken von dem verabschieden können, zu dem sie sich im Gründungsvertrag der EU und im aktuellen Vertrag von Lissabon verpflichtet haben?

Wenn das der Fall ist, sollte die Vereinfachung der GAP in nächster Zeit nicht das vorrangige Ziel sein, sondern es muss vielmehr eine Antwort auf die Frage herbei, wie man gewährleisten kann, dass der Haushalt der GAP im Einklang mit deren Zielen ausgegeben wird und bei den Landwirten ankommt. Sind diese Vorbedingungen nicht erfüllt, sind alle anderen Reformen von vornherein wirkungslos.

Das Motto, das für die neue GAP gewählt wurde, offenbart, dass der "Tunnelblick" für die europäische Politik insgesamt ein Problem zu sein scheint: mehr mit weniger machen, aber was bedeutet … weniger? Weniger Landwirte, weniger Boden, weniger Ressourcen? Noch immer wird versucht, über die GAP die Nahrungsmittelproduktion zu steigern, obwohl seit langer Zeit bewiesen ist, dass heute nicht "mehr", sondern "besser" angezeigt ist.

Eine bedarfsgerechte Nahrungsmittelerzeugung, die Überproduktion vermeidet, die nur negative Nebenwirkungen hat: für das Einkommen der Landwirte, die Umwelt und den Exportwert. Das sind genug Gründe für einen Kurswechsel, für ein Umdenken, bevor die neue GAP in Stein gemeißelt wird – damit die Agrarpolitik der Gesellschaft insgesamt dient und nicht nur den Status quo zementiert.

Das EMB arbeitet an einer Stellungnahme zur GAP-Reform und kehrt dabei zu den ursprünglichen Zielen zurück, die die Landwirte unterstützen. Die Gemeinsame Agrarpolitik erhöht die Produktionsstandards und verursacht damit höhere Produktionskosten. Diese Last sollte nicht einseitig den Landwirten aufgebürdet werden, während sich die Beamten und Kontrollstellen bei den Mitteln bedienen. Das EMB wird im Interesse seiner Mitglieder / Milcherzeuger arbeiten, wie es auch die GAP tun sollte!

Sieta van Keimpema, Vizepräsidentin des EMB und Vorsitzende des DDB Niederlande

Aktion in der Schweiz: „Stoppt den Milchfilz!“

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© wikimedia

Der bäuerliche Verband Uniterre hat Ende April mit „Geistervertreibern“ eine symbolische Aktion vor dem Sitz der Schweizer Milchproduzentenorganisation (SMP) durchgeführt.

 

 

Die Situation auf dem Milchmarkt ist unhaltbar! Der Dachverband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) ist zu einem Sterbebegleiter geworden. Die anhaltend tiefen Milchpreise ruinieren die Milchproduktion. Die Milchbäuerinnen und Milchbauern brauchen dringend eine legitime demokratische Interessensvertretung. Der Verband der Schweizer Milchproduzenten gehört in Bauernhand! Wir sind stolz und selbstbewusst weil wir auf unseren Höfen ein wertvolles Qualitätsnahrungsmittel herstellen! Wir müssen keinen Kniefall vor den Käufern machen, welche unsere Milch brauchen!

Die Produzentenorganisation SMP ist in ihrer jetzigen Zusammensetzung unfähig auf dem Milchmarkt ihre Rolle als Vertreterin der Milchproduzenten wahrzunehmen. Sie integriert in ihrer Arbeit die Forderung von Milchhandel und Verarbeitung. Das funktioniert nicht. Wir fordern deshalb, dass die SMP-Vorstände, welche gleichzeitig in Vorständen von Milchhandelsorganisationen oder gar Molkereien, sitzen sofort zurücktreten. Es ist unmöglich die Interessen der Produzenten und des Milchhandels unter den gleichen Hut zu bringen. Deshalb braucht es hier eine strikte Trennung. Zwei Drittel des Vorstandes des SMP sitzen oder saßen in Verwaltungsgremien des Milchhandels und gar der Milchverarbeitung.

Die Produzentenorganisation soll sich endlich für Milchverträge einsetzen, welche mindestens Menge, Qualität und Preis für ein Jahr festsetzt, so wie es das Gesetz vorschreibt. Milchpreise müssen die Kosten decken (reine Sachkosten von 0,67 Franken bzw. 0,62 € /kg Milch) und die bäuerliche Arbeit fair bezahlen. Wir wollen keinen politischen Dumping-Milchrichtpreis! Wer würde vom europäischen Minimallohn ausgehen, 10% Swissness (Herkunftssiegel Schweiz) dazurechnen und so den Schweizer Richtlohn bestimmen ?

Wir brauchen jetzt endlich eine bäuerliche Organisation, welche für bäuerliche Solidarität einsteht, die wirkliche Interessensvertretung verfolgt, die eine Mengensteuerung und faire Preise (1 Fr. bzw. 0,92 €/kg) für die Milchbäuerinnen und -bauern einfordert und durchsetzt!

Rudi Berli, Uniterre Schweiz

 

Erklärung anlässlich der Aktion vor dem Sitz der Schweizer MilchproduzentenorganisationAndreas Volkart, Die Neue Bauern Koordination Schweiz (27.4.2017)

Kanada: Neue Preisstrategie für Milchinhaltsstoffe

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© NFU Canada

Kanada hat für seine eigenen Milcherzeuger Produktionskontrollen, um zu gewährleisten, dass das Land ausreichend Milch zur Deckung der Binnennachfrage hat, aber nicht zu viel. Unter Einhaltung der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) hat Kanada für die meisten Milchprodukte hohe Zollschranken, wobei sich die Zölle für Milch auf bis zu 270 Prozent belaufen, um ein Überangebot auf dem Binnenmarkt zu verhindern.

 

Eine Ausnahme sind ultrafiltrierte Milch und andere eiweißreiche Milchinhaltsstoffe für die Herstellung von Molkereiprodukten wie Käse. Die Diafiltration wurde von amerikanischen Molkereien erfunden, die eine Möglichkeit suchten, die kanadischen Zollhemmnisse zu umgehen und Milchüberschüsse nach Kanada zu exportieren. Die Einfuhr diagefilterter Milch hat drastisch zugenommen und verursacht den kanadischen Milcherzeugern jährlich Einnahmenausfälle in Höhe von 231 Millionen Dollar.

Die Milcherzeuger haben die Regierung aufgerufen, den Widerspruch zwischen Milch und Inhaltsstoffen über die Durchsetzung von Rezepturnormen für Käse zu lösen, denn diese hätten die Nutzung diagefilterter Milch verbieten sollen. Dies ist nicht geschehen; stattdessen hat man reagiert, indem der Verkauf von Magermilchfeststoffen zu Weltmarktpreisen in Kanada zugelassen wurde. Am 1. April 2017 hat Kanada eine neue Milchklasse und ein weltmarktbasiertes Preissystem für alle Magermilchfeststoffe umgesetzt, das nach Meinung der Milchindustrie den WTO-Verpflichtungen Kanadas genügt. Die neue Milchklasse macht es möglich, kanadische Milcheiweißinhaltsstoffe in Konkurrenz zu amerikanischen diagefilterten Milchimporten zu setzen.

 

Worum geht es bei der diagefilterten Milch?

Diagefilterte Milch wird hergestellt, indem Magermilch durch eine Membran passiert wird, um die Milcheiweiße herauszutrennen. Dabei entsteht eine dicke, eiweißhaltige Flüssigkeit. Um das Eiweiß weiter zu konzentrieren, wird sie verdünnt, damit sie nochmals gefiltert werden kann, wobei weitere nicht eiweißhaltige Inhaltsstoffe entfernt werden. Wegen des so entstehenden sehr hohen Eiweißgehalts wird die Flüssigkeit nicht mehr als Milchprodukt im Sinne internationaler Handelsdefinitionen eingestuft, sondern kann als „Eiweißinhaltsstoff“ deklariert die US-kanadische Grenze zollfrei passieren. Ist das billige Produkt erst einmal in Kanada, wird es von Milchverarbeitungsfirmen gekauft, die es in der Käseherstellung als „Milch“ einsetzen und so die auf kanadischen Höfen erzeugte Milch ersetzen.

 

Der US-kanadische Milchstreit

Die kanadischen Milchverarbeitungsfirmen steigen allmählich auf inländische Quellen günstiger Milcheiweißinhaltstoffe um, was den Unmut der amerikanischen Verarbeiter erregt, die diagefilterte Milch nach Kanada verkaufen. Obwohl ihm die bevorstehende Veränderung mit einem Jahr Vorlauf angekündigt wurde, hat ein großer US-amerikanischer Verarbeiter und Exporteur diagefilterter Milch aus Wisconsin seinen Bauern mit nur 30 Tagen Kündigungsfrist mitgeteilt, dass er ihre Milch nicht länger abzunehmen gedenkt, womit er 75 bäuerliche Familien in die Krise gestürzt hat.

Der US-amerikanische Präsident Donald Trump hielt am 18. April eine Rede vor Landwirten in Wisconsin, in der er die kanadische Angebotssteuerung bzw. das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA als „typischen, einseitigen Deal zu Ungunsten der Vereinigten Staaten“ anprangerte.

Als Reaktion auf die Rede von Donald Trump hat Jan Slomp – Vorsitzender des nationalen Bauernverbands National Farmers Union (NFU) – über Twitter einen Brief an den US-Präsidenten geschickt, der ihn auffordert, eine Lösung umzusetzen, die die amerikanischen Landwirten wieder „stark macht“. „Diese Lösung, die wir als Mengensteuerung bezeichnen, wurde Ende der 1960er Jahren von den kanadischen Landwirten und Regierungen geschaffen. Anstatt Milch zu exportieren, wäre es uns eine große Freude, diese einzigartige und erfolgreiche Innovation der Milchpolitik zu exportieren.“

Cathy Holtslander, NFU Kanada

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Einblicke in die Handelsmission nach Kanada

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© Erwin Schöpges

Vom 30. April bis 3. Mai durfte ich EU-Agrarkommissar Hogan als Vertreter der Faircoop Belgien auf seiner Handelsmission nach Kanada begleiten. Insgesamt nahmen 60 Vertreter europäischer Unternehmen und Produzentenorganisationen der verschiedenen Sektoren (Milch, Fleisch, Wein- und Spirituosen, Getreide, Obst- und Gemüseerzeugung) an der Handelsreise teil.

 

Nach Abschluss des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) erhofften sich die Teilnehmer vor allem eine gute Gelegenheit, um Märkte für ihre Produkte zu erschließen. Auf dem Programm standen zahlreiche Treffen mit kanadischen Ministern sowie Handels- und Landwirtschaftsvertretern. Die Ernüchterung war dann groß, als bei den angesetzten Geschäftstreffen keine kanadischen Käufer präsent waren. Die 60 Unternehmer, von denen jeder einen eigenen Tisch für die Produktpräsentation zur Verfügung hatte, waren entsprechend enttäuscht. Ein zweites Geschäftstreffen für den folgenden Tag wurde abgesagt.

Interessant waren für mich vor allem Informationen zum kanadisch-europäischen Freihandelsabkommen. Kanada hat sich im Rahmen von CETA dazu verpflichtet, künftig 18.500 t Käse zollfrei zu importieren. Über dieses Zollkontingent hinaus, werden für Importkäse weiterhin Zölle von über 245% auferlegt. Die Kanadier haben hingegen für alle Milchprodukte unbegrenzten Zugang zum EU-Binnenmarkt. Da der Milchpreis in Kanada mit 50 bis 60 Cent sehr hoch ist, rechnet die EU aber nicht damit, dass Milch von Kanada nach Europe exportiert wird.

Ich hatte an allen Tagen die Gelegenheit Hogan zu begegnen und bekam auch die Möglichkeit, ihm bei einem längeren Gespräch unter vier Augen die Position des EMB zu erklären. Kommissar Hogan war ein sehr interessierter und aufmerksamer Gesprächspartner.

Noch eine Anmerkung: Das kanadische Milchmengen-Management passt die produzierte Menge effizient an die Nachfrage auf dem kanadischen Markt an. Neben Milch und Milchprodukten gibt es sogar eine Quote auf Eier und Geflügel. Jeder Landwirt, der mehr als 100 Eier pro Tag produziert, muss im Besitz einer Quote sein. Das Wort Quote bzw. Regulierung habe ich noch nie so oft gehört wie während dieser 4 Tage!

Für mich war es wichtig, dabei zu sein und einen Einblick in die Handelsmissionen des Agrarkommissars zu bekommen. Ich bin überzeugt, dass wir unserem Ziel nach kostendeckenden Preisen und gerechter Entlohnung so einen kleinen Schritt näher kommen.

Erwin Schöpges, Präsident der Faircoop Belgien und EMB Vorstandsmitglied

Aktuelle Entwicklungen in Deutschland

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Auswahl der wichtigsten aktuellen politischen Aktivitäten des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM)

 

 

 

Berlin: Deutscher Bauernverband (DBV) will Mengensteuerung über Molkereilieferverträge

Der Landesbauernverband Brandenburg (LBV) und DBV-Milchpräsident Karsten Schmal sprachen sich in einer Mitteilung des LBV dafür aus, dass eine marktgerechte Abstimmung über die Liefermenge zu einem festen Bestandteil zukünftiger Lieferbeziehungen zwischen Molkereien und Milcherzeugern werden solle.

Eine Veränderung der Lieferbeziehungen sei laut LBV dringend notwendig, ansonsten besitze man keine hinreichenden Instrumente, um Milchpreiskrisen effektiv entgegenzuwirken. Damit weicht der Bauernverband von seiner bisherigen Argumentation ab, dass eine Reduktion des Milchangebots in offenen Märkten keinen Rückgang des Marktdrucks bewirken könne.

 

Berlin: Bringen die neuen Kontraktabschlüsse für die Weiße Linie ein leichtes Preisplus?

Die Ende April 2017 auslaufenden Kontrakte über die Weiße Linie (Trinkmilch, Quark etc.) sollen nach bisher unbestätigten Aussagen mit einem leichten Plus in die nächste Kontraktlaufzeit abgeschlossen werden können. Man hört von 2,5 Cent je Liter Trinkmilch. Dazu passt, dass das Deutsche Milchkontor (DMK) bei den kürzlich abgeschlossenen Verhandlungen mit dem deutschen Einzelhandel im Produktbereich „Weiße Linie“ Preiserhöhungen realisieren konnte. Deshalb rechnet auch die größte deutsche Molkereigenossenschaft mit positiven Effekten für den Milchpreis.

 

Mengenreduzierungsmaßnahmen führen zu steigenden Milchpreisen

Die aktuellen leichten Preissteigerungen bei Trinkmilch um bis zu 3 Cent sind nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V.  Folge der noch verhaltenen Milchanlieferung. Die mit dem 2. EU-Hilfspaket verknüpfte zeitlich befristete Mengendisziplin – auf europäischer wie nationaler Ebene -  habe wesentlich dazu beigetragen, dass sich die ab dem 2. Halbjahr abzeichnende Markterholung stabilisieren konnte.

 

Berlin: Forsa-Umfrage beschäftigt sich mit der Milchwirtschaft

Im Auftrag der Landesvereinigungen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wurden die Verbraucher zu ihrer Einstellung zur Milchwirtschaft befragt. Dabei ging es auch um deren Einschätzung, wer die Interessen der Bauern gut vertritt. Mit 19 % landete die Politik im Ranking auf dem letzten Platz, den Milchviehhaltern selbst haben die Befragten mit 66 % die besten Qualitäten zugesprochen.

 

Berlin: BDM bei Fachgespräch im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

Mit einem Milchbericht möchte Bundesminister Christian Schmidt (CSU) die Situation am Milchmarkt und damit auch die Situation der Milchviehhalter beleuchten. Die Verbände der Milchbranche waren eingeladen, sich in die in den Milchbericht eingehenden Argumentationen direkt einzubringen. Der BDM hat sich daran sehr intensiv beteiligen können, vorgestellt werden soll der Bericht am 01. Juni im Rahmen des nächsten Milchstrukturgesprächs.

 

Aldi plant den Ausstieg aus der Anbindehaltung

Aldi Süd befragt derzeit seine Lieferanten über einen möglichen Ausstiegszeitpunkt aus der ganzjährigen und saisonalen Anbindehaltung. Das Unternehmen möchte mit allen beteiligten Akteuren einen vertretbaren Übergangszeitraum zum Ausstieg aus der Anbindehaltung definieren. Ziel sei, Erwartungen der Verbraucher aufzugreifen und Strukturbrüche zu vermeiden.

Florian Wagle, BDM Deutschland

„Gute Milchpreise und frei produzieren geht nicht zusammen“

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© Hans Geurts

Interview mit Hans Geurts, Milcherzeuger in den Niederlanden und ehemaliger Vorsitzender des Niederländischen Milchviehhalterverbandes NMV.

 

 

 

Wie ist die Situation zur Zeit für die Milchbauern- und bäuerinnen in den Niederlanden?

Die Diskussionen über die Phosphatüberschüsse aus der Landwirtschaft überlagern zur Zeit alle anderen Themen. Die Grenzwerte, die wir auf EU-Ebene zugesichert haben, sind überschritten. Nun müssen wir die Einträge reduzieren, sonst fällt die Derogation weg, d.h. die von der EU genehmigte Möglichkeit auf intensivem Grünland jährlich 250 kg Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern statt nur 170 kg ausbringen zu können. Nun sollte die Kuhzahl reduziert werden, um die Phosphatmenge zu begrenzen, was einen massiven Streit unter den Milchbauern ausgelöst hat. Die einen sagten: „Wir sind gar nicht gewachsen, warum sollten wir nun reduzieren?“, andere wiederum haben viel Land und argumentierten, sie können ihre Gülle auf der Fläche gut verwerten, es gebe keinen Grund die Tierzahl zurückzufahren. Und diejenigen, die groß gebaut haben, weil die Zeichen der Zeit auf Wachstum standen, stellt Abstocken vor Finanzierungsprobleme.

 

Was sind nun die Auswirkungen auf die Betriebe?

Soviel Kühe und Jungvieh wie zum Referenzdatum 2. Juli 2015 dürfen die Betriebe auch 2017 halten - ohne genug Fläche vier Prozent weniger. Das ist eigentlich etwas Gutes für die Milchbauern in ganz Europa, dass wir hier in den Niederlanden begrenzt werden. Seit März wird die Anzahl der Kühe schrittweise um 160.000 Tiere zurückgefahren. 2018 bekommen wir eine Phosphatquote. Sobald diese vergeben ist, kann sie gehandelt werden. Alle diejenigen, die gerade in größere Ställe investiert haben, wollen diese natürlich voll besetzen. Das gibt Druck auf die Phosphatrechte; die werden teuer. Andere Betriebe hören auf. Weiterer Stallneubau für große Wachstumssprünge wird fast unmöglich. Das ist völlig unrentabel wegen der Zusatzkosten durch den nötigen Flächennachweis für die Düngeverordnung und durch die Phosphatquote. Jetzt haben die wachstumsorientierten niederländischen Bauern das selbe Problem wie bei der Milchquote, aber zusätzlich haben alle noch ein Problem mit dem niedrigen Milchpreis – weil wir nur national die Phosphatmenge steuern statt europaweit die Milchmenge. Es ist eine Katastrophe.

 

Sie halten also eine Begrenzung für notwendig?

Das große Problem bei der Milcherzeugung ist, dass ein guter Milchpreis und frei zu produzieren nicht zusammen gehen. Wer Geld verdient, muss Steuern zahlen. Deswegen investieren die Bauern reinkommendes Geld lieber gleich wieder. Dadurch entsteht immer neues Wachstum und das verursacht eine Überproduktion, die dazu führt, dass durch schlechte Milchpreise viele Betriebe aufhören müssen. Das ist eine ganz verkehrte Entwicklung.

 

Was spricht dafür sich für den Erhalt der Betriebe einzusetzen?

Es gibt vielerlei Gründe, warum es besser ist, möglichst viele Familienbetriebe zu haben mit 60 bis 120 Kühen statt wenige Betriebe mit 1.000 Tieren: Zuerst für die Bauern und Höfe selbst. Immer mehr Wachstum zu wollen, heißt auch, eine Bedrohung für Kollegen zu sein. Die Betriebe sind aber auch wichtiger Bestandteil für die Lebendigkeit auf dem Land. Außerdem stehen die familiengeführten Milchviehbetriebe gut da bei den Bürgern. Erwünschte Qualitäten, wie z.B. Weidegang, können in diesen Strukturen noch umgesetzt werden. Was die Betriebe brauchen, ist ein vernünftiges Einkommen - erlöst aus dem Verkauf der am Markt nachgefragten Milch.

 

Wie kann eine marktangepasste Mengensteuerung aussehen?

Ich halte die Abschaffung der Quote für einen historischen Fehler. Überarbeitet und flexibilisiert hätten wir die Milchmengen damit je nach Marktsituation steuern können. Es bleiben zwei Möglichkeiten: Zum Einen eine neue politische Regelung. Aber jegliche Art Ersatz für die Quote wird immer für heftigen Streit sorgen, wie neue Mengenbegrenzungen auf die Betriebe verteilt werden sollen, weil die sich seit Quotenende schon unterschiedlich entwickelt haben. Das politisch auf EU-Ebene ansetzende Marktverantwortungsprogramm des EMB ist ein guter Krisenplan – aber es wird sehr schwierig, damit strukturell Erfolg zu haben. Denn wenn es immer, wenn der Milchpreis gut ist, anschließend mehr Milch gibt – dann befinden wir uns kontinuierlich in der Krise. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Molkereien ihre eigenen Mengen, zumindest vorübergehend, selbst regeln.

 

Welche Rolle spielen gesellschaftliche Diskussionen in den Niederlanden?

Bei uns ist der Weidegang ganz wichtig für die Bürger. Im Parlament wird sogar diskutiert, ob es Pflicht werden muss, die Kühe raus zu lassen. Die Molkereien zahlen alle mittlerweile eine Belohnung von ein bis zwei Cent pro kg Milch, wenn die Kühe gemäß einem ausgehandelten Standard an mindestens 120 Tagen jeweils mindestens 6 Stunden auf die Weide kommen. Mit der Weidemilchqualität machen sie viel Werbung, weil sie sich gut verkaufen lässt. Einige Bauern stellen sich darauf neu ein und lassen ihre Kühe wieder raus – gerade auch mit dem Ende der Wachstumsmöglichkeiten vor Augen. Aber für diejenigen mit sehr großen Ställen und wenig eigener Fläche ist dieser Weg ganz unmöglich. Das zeigt deutlich, wie unflexibel sie sind.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Auszug aus dem Interview mit Hans Geurts von Christine Weißenberg, erschienen in der Unabhängigen Bauernstimme 05/2017

Vierte Europäische Faire Milch Konferenz

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Am 14. Juni findet die Europäische Faire Milch Konferenz in Würzburg, Deutschland, statt. Das European Milk Board und seine Mitglieder machen mit dem Slogan "Die faire Milch" auf die Notwendigkeit gerechter Milchpreise aufmerksam.

 

 

Auf der mittlerweile vierten Europäischen Faire Milch Konferenz findet neben der Vorstellung der fairen Milch Projekte in den einzelnen Ländern, auch dieses Jahr wieder die Verleihung der „Goldenen Faironika“ statt. Mit diesem Preis werden Politiker und Landwirte geehrt, die sich um eine nachhaltige und faire Lebensmittelproduktion verdient gemacht haben.

Allen Faire Milch-Initiativen gemeinsam ist der faire Erzeugerpreis. Dieser Preis deckt die Kosten der Produktion und ermöglicht den Landwirten somit eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Betriebe. Nur durch eine gerechte Preispolitik können sich bäuerliche Familienbetriebe auf Dauer auf dem Markt halten, qualitativ hochwertige Milch produzieren und zum Erhalt der ländlichen Kulturlandschaften beitragen.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen, um Ihnen innovative Projekte der europäischen Milcherzeuger vorzustellen!

European Milk Board

 

Programm und Anmeldung Faire Milch Konferenz  (14. Juni 2017, Würzburg)

Die Faire Milch in 6 europäischen Ländern

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