MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Mitstreiter,

1. Juni war Weltmilchtag und ein guter Anlass, die Milch zu feiern. Milch ist unser Leben. Wir Milcherzeuger in den Ländern und innerhalb des European Milk Board (EMB) tun alles, um mit unserer Arbeit ein gesundes Produkt herzustellen und erbringen darüberhinaus zahlreiche Leistungen für die Gesellschaft.

Die letzten Wochen waren politisch spannend: Die Europa-Wahlen haben ein politisch vielfältiges Parlament hervorgebracht. In den kommenden Monaten werden wir die neuen Mitglieder des Agrarausschusses kennenlernen, die die europäische Agrarpolitik während der nächsten 5 Jahre maßgeblich steuern. Wir brauchen umsichtige Köpfe, die uns Erzeugern effiziente Instrumente bei Marktstörungen an die Hand geben und den Milchmarkt auf einen stabilen Sockel stellen.

Der Newsletter bringt wieder Artikel aus den einzelnen Ländern – es gibt diesmal Berichte von Deutschland über Frankreich bis nach Lettland. Ich möchte auch aus meiner dänischen Heimat über die aktuellen Probleme mit der Genossenschaft Arla Foods berichten. In einer Genossenschaft haben alle Mitglieder die gleichen Rechte und Pflichten. Alle Mitglieder haben das Recht auf Gleichbehandlung. Alle Mitglieder haben das Recht, den gleichen Preis für die gleiche Milchqualität zu erhalten und alle Mitglieder haben das Recht, die gewünschte Qualität und Menge zu liefern. Die Preise müssen transparent sein, ohne geheime oder versteckte Vereinbarungen und die Bedingungen müssen für alle Mitglieder gleich sein.

In einer Genossenschaft können zusätzliche individuelle Vereinbarungen eingeführt werden, aber in Dänemark werden so die Regeln der Kooperative außer Kraft gesetzt. Der neue Vertrag, den Arla Foods kürzlich seinen Mitgliedern geschickt hatte, ist eine individuelle Vereinbarung. Ein Vertrag, der ein hohes Maß an Verschwiegenheit vorsieht und die Macht von der Vertreterversammlung auf den Aufsichtsrat überträgt.

Genossenschaften haben Vor- und Nachteile wie alle anderen Unternehmensstrukturen. Aber solange Arla Foods als Kooperative gedacht ist, werden wir für die Genossenschaftsrechte einstehen. Die Mitglieder haben das Eigenkapital im Laufe der Jahre bereitgestellt und sind die wahren Eigentümer der Genossenschaft. Es geht um unser Geld und unsere Rechte!

Kjartan Poulsen, EMB-Vorstandsmitglied und Vorsitzender des LDM Dänemark

1. Juni: Weltmilchtag – Milch ist unser Leben

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© EMB

Milch ernährt die Menschheit seit Anbeginn und hat unsere Hochkulturen vorangebracht. Sie ist pur und unverfälscht, unverzichtbar und nicht mehr wegzudenken. Milch ist eine Mischung aus hochwertigen Proteinen, Fettsäuren und Laktose, Folsäure und zahlreichen Vitaminen und Mineralstoffen. Eigentlich ist Milch einfach nur Genuss.

 

Milch ernährt die Menschheit seit Anbeginn und hat unsere Hochkulturen vorangebracht. Sie ist pur und unverfälscht, unverzichtbar und nicht mehr wegzudenken. Milch ist eine Mischung aus hochwertigen Proteinen, Fettsäuren und Laktose, Folsäure und zahlreichen Vitaminen und Mineralstoffen. Eigentlich ist Milch einfach nur Genuss.

Milch ist gesund. Milch ist Vielfalt. Milch ist für Hundertausende Produzentinnen und Produzenten darüber hinaus auch das „tägliche Brot“, Erwerbsgrundlage, Beruf und Berufung.

Milch ist universell. Die Probleme rundherum sind es auch. Weltweit haben die Milchbauern zwar mit unterschiedlichen Bedingungen, aber sehr ähnlichen Schwierigkeiten zu tun. Milchbauern auf der ganzen Welt wollen einfach nur von ihrer Arbeit leben.

Milch kennt keine Landesgrenzen. Milch wird verarbeitet, veredelt und manchmal auch nur „verpulvert“. Zu viel Milch schafft Pulverberge. Neuerdings wird Milch auch mit billigem Pflanzenfett gepanscht. Die EU sucht dann neue Absatzmärkte.

Milch ist aber noch so viel mehr. Solidarität zum Beispiel. Die europäischen Milcherzeuger des European Milk Board (EMB) haben kürzlich gemeinsam mit ihren westafrikanischen Kollegen auf die desaströsen Konsequenzen einer liberalisierten Agrar- und Handelspolitik der EU hingewiesen. Die afrikanischen Landwirte sind extra nach Brüssel gereist, um den Verantwortlichen die Auswirkungen der Export- und Dumpingpolitik vor Augen zu führen. Die Botschaft war klar: „Unsere lokale Milch hat ein Potenzial, aber die Konkurrenz mit europäischen Billig-Importpulver macht unsere Märkte kaputt!“

Verstimmt hat Agrarkommissar Phil Hogan auf die Berichte über den lokalen Milchsektor in Westafrika reagiert. Das seien "Fake News“, „Fehlinformationen“ und die „Befürwortung einer Politik des Hungers". Gegen diese Kritik setzen sich die westafrikanischen Vertreter allerdings vehement zur Wehr. In einem offenen Brief richten sie nun deutliche Worte an den Agrarkommissar und untermauern Punkt für Punkt die Faktenlage:

  • Die Konkurrenz durch Milchpulver und Pflanzenfettmischungen ist Realität auf unseren Märkten und untergräbt die Entwicklung des lokalen Sektors.
  • Der westafrikanische Markt ist von strategischem Interesse für die EU-Agrarpolitik und die europäischen Konzerne. Europäische Molkereiunternehmen investieren stark in einem wachsenden westafrikanischen Markt. Verlierer ist die lokale Milch.
  • Wir möchten in Würde von unserer Arbeit leben. Die europäische Agrarpolitik mit dem Fokus, immer mehr zu niedrigsten Preisen zu produzieren, zerstört die Erzeuger in Europa gleichermaßen wie bei uns. Wir werden nicht von unseren europäischen Kollegen instrumentalisiert. Wir sprechen für uns.

Milch reist nicht gern. Kommissare schon?

In ihrem offenen Brief an Phil Hogan laden die westafrikanischen Vertreter den europäischen Agrarkommissar ein, sich ein Bild vor Ort zu machen. Hogan solle sich der Realität auf den landwirtschaftlichen Betrieben, den Mini-Molkereien und lokalen Märkten Westafrikas stellen. Die Milchwirtschaft in Westafrika verdient ihre Chance!

Und auch in Brüssel tut sich was am Weltmilchtag. Das pinkelnde Wahrzeichen der Stadt – das Manneken Pis – wird wieder als afrikanischer Viehhirte verkleidet das Brunnenwasser milchweiß färben. Mit dieser Aktion wollen der belgische Milcherzeugerverband MIG und Tierärzte ohne Grenzen auf die Notwendigkeit von fairen Milchpreisen weltweit aufmerksam machen.

Milch braucht kluge Köpfe. Eine vernünftige Ausgestaltung der Agrarpolitik hilft den Bauern hier und dort. Dazu braucht es aber dringend gesetzliche Rahmenbedingungen auf EU-Ebene, um Überschüsse zu vermeiden und die Milchproduktion auf die Marktverhältnisse auszurichten. Das European Milk Board setzt sich seit Jahren für ein effizientes Kriseninstrument bei drohenden Marktstörungen ein. Mit dem Marktverantwortungsprogramm haben wir ein Instrument erarbeitet, das bei drohenden Krisen die Produktion flexibel anpasst und dadurch Milchpreise stabil zu halten vermag. Unsere Milcherzeuger haben in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen, um sich bei Politikern in den Ländern und in Brüssel für unser Kriseninstrument stark zu machen. Mit Erfolg! Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben sich kürzlich bei der Agrarreform klar für Maßnahmen bei Marktstörungen ausgesprochen und u.a. für eine freiwillige Produktionsverringerung bei instabilen Marktbedingungen gestimmt. Umso wichtiger ist es jetzt, dass das neue EU-Parlament diese positive Forderung weiterbringt und fest in der Gemeinsamen Marktorganisation installiert.

Im Namen aller Milchproduzenten feiern wir die Milch als ein wichtiges Nahrungsmittel und plädieren am Weltmilchtag für eine faire und verantwortungsvolle Milchpolitik!

EMB Pressemitteilung vom 1. Juni

Arla kapert die dänische Genossenschaftstradition

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© Pixabay

Arla Foods hat einen Vertrag vorgelegt, der ursprünglich bis zum 1. Mai unterzeichnet werden sollte. Die Frist wurde nach Widerstand des dänischen Milchbauernverbands LDM bis zum 1. Juni verlängert. Dänische und schwedische Mitglieder, die Anteile halten, müssten den Vertrag nicht (mehr) unterzeichnen, da sie als Teil ihrer ursprünglichen Mitgliedsvereinbarung bereits erfasst seien.

 

Dieser Fall umfasst sowohl offizielle wie auch inoffizielle Aspekte. Offiziell möchte Arla Foods (AF) einen unterzeichneten Vertrag haben, wie er im Vereinigten Königreich üblich ist. Anscheinend geschieht dies auf Wunsch der britischen Mitglieder. Außerdem behauptet AF, dass die deutschen Landwirte einen Vertrag bräuchten, den sie Behörden und Banken vorlegen müssen, um Darlehen bekommen zu können. Des Weiteren möchte AF anstatt reinen Papierakten die digitale Erfassung aller Genossenschaftsmitglieder.

So weit, so gut. Das erste Problem besteht darin, dass der Vertrag viele Neuerungen einführt. Zuerst hatte AF gedroht, alle Mitglieder auszuschließen, die den Vertrag nicht unterzeichnen. Diese Drohung wurde jetzt zurückgenommen, da sie gegen das Gesetz verstößt. Der Vertrag enthält außerdem strenge Regeln zur Vertraulichkeit und verschiebt die Macht von der Vertreterversammlung zum Vorstand. Das Schlimmste ist, dass es sich um Einzelverträge handelt, der normale Genossenschaftsregeln untergräbt.

In den meisten Ländern gibt es schriftliche Vorschriften zu Genossenschaftsunternehmen, aber Dänemark hat nur ungeschriebene Genossenschaftsregeln. Die ungeschriebenen Regeln sind dennoch rechtsverbindlich und werden vor dänischen Gerichten angewandt. Sie sind auch gegenüber der EU verbindlich. Aber es scheint, dass dies im Vereinigten Königreich und in Deutschland schwer zu vermitteln und zu verstehen ist. Dennoch haben die Einzelverträge Vorrang vor den Genossenschaftsregeln, seien sie schriftlich oder nicht. So hebelt dieser Vertrag die Transparenz in der Genossenschaft Arla Foods aus. Er ermöglicht es AF, ggf. verschiedene Preise für verschiedene Qualitäten zu zahlen. Des Weiteren muss AF nicht mehr allen Mitgliedern gleiche Möglichkeiten bieten, wie es die normalen Genossenschaftsbedingungen vorschreiben.

Arla Foods akzeptiert die Einwände der von LDM beauftragten Anwälte  nicht. Abgesehen von kleinen Änderungen sei der Vertrag „mehr oder weniger unverändert geblieben“. Das Thema hat schon vor einem Jahr angefangen, als AF die Satzung änderte, um die Einführung des Vertrags vorzubereiten. Aber damals kannte niemand den Zweck der Änderungen.

Ein weiteres Problem in Dänemark ist, dass die dänischen Milcherzeuger keine Alternative zur Molkerei Arla haben. Auch wenn man nicht einverstanden ist, muss man bei Arla bleiben oder aus der Milcherzeugung aussteigen. Die Landwirte im Vereinigten Königreich und in Deutschland und in gewissem Umfang auch in Schweden haben Alternativen, aber in Dänemark deckt Arla 90 bis 95 Prozent der dänischen Lieferanten ab.

Die Anwälte sagen uns, dass eine Vereinbarung wie die, die AF vorgelegt hat, immer die Vorstufe zu etwas Größerem sei. Aber im Falle von Arla Food wird der eigentliche Zweck nicht offenbart. Es könnte eine künftige Fusion oder die Schaffung einer stiftungsartigen Struktur sein, um Eigenkapital zu übertragen (oder zu verstecken). Eine weitere Möglichkeit ist, dass AF Erzeuger mit bestimmten Qualitäten hervorheben möchte. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht – niemand weiß es.

Im Vereinigten Königreich und auch in Deutschland haben schon 100 Prozent der Landwirte unterzeichnet. In Schweden sind es etwa 90 Prozent und in Dänemark gut 75 Prozent.

LDM hat Mitte Mai einen Professor kontaktiert, der ein unabhängiges Rechtsgutachten erstellt, um mehr juristische Informationen zum Vertrag zu bekommen. Wenn unsere Anwälte recht haben, sollte dieses Gutachten größeren Druck auf Arla Foods ausüben, zu normalen Genossenschaftsregeln zurückzukehren.

Unter anderem sind Genossenschaften zu Transparenz gegenüber ihren Mitgliedern gehalten. Alle Mitglieder müssen die gleichen Möglichkeiten haben, die gewünschten Mengen zu produzieren, und haben Anspruch auf die gleichen Preise in gleicher Höhe. Es verstößt nicht gegen das Gesetz, wenn eine Genossenschaft Einzelverträge abschließt. Nur ist das Unternehmen dann vielleicht keine Genossenschaft mehr, was sich auf die Vergünstigungen auswirkt, die Genossenschaften im EU- und einzelstaatlichen Recht haben. 

Kjartan Poulsen, Landsforeningen af Danske Mælkeproducenter (LDM), Dänemark

EU-Parlament mit neuem Kräfteverhältnis

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© Europäisches Parlament

Gibt es eine Neuausrichtung in der zukünftigen Agrarpolitik des Europaparlaments? Fest steht, dass die bisherigen Kräfteverhältnisse nach den Ende Mai durchgeführten Wahlen neu gemischt werden. Die großen Parteien – die europäische Volkspartei (EVP) und die Sozialdemokraten (S&D) – haben Sitze verloren und können erstmals keine Mehrheit bilden.

 

Über deutliche Zugewinne freuen sich die Liberalen (ALDE) und die Grünen. Das zukünftige Parlament wird polarisierter und komplexer und braucht mindestens drei Fraktionen für die Mehrheitsbildung. Das gibt den kleineren Parteien mehr Einfluss und verschiebt das politische Gewicht der insgesamt 751 Abgeordneten weg von der Mitte. Nach Inkrafttreten des Brexits soll sich das Parlament auf 705 Abgeordnete verkleinern. 

Wiedergewählt als Europaabgeordnete wurden u.a. Paolo De Castro (S&D, Italien), Eric Andrieu (S&D, Frankreich), Clara Aguilera García (S&D, Spanien), Marc Tarabella (S&D, Belgien), Maria Noichl (S&D, Deutschland), Peter Jahr (EVP, Deutschland), Herbert Dorfmann (EVP, Italien), Norbert Lins (EVP, Deutschland), Martin Häusling (Grüne, Deutschland), die Liberalen Ulrike Müller (Deutschland) und Jan Huitema (Niederlande) sowie die irischen Abgeordneten Mairead McGuinness (EVP), Marco Zullo (EFD, Italien), Luke Flanagan und Matt Carthy (beide von den Linken).

Der polnische Ausschussvorsitzende Czesław Siekierski (EVP) und die rumänische Vize-Präsidentin Gabriela Zoana (S&D) haben den Wiedereinzug nicht geschafft. Einige Abgeordnete haben sich nicht mehr zur Wahl gestellt, u.a. der ehemalige Koordinator der Europäischen Volkspartei Albert Deß (EVP, Deutschland), Michel Dantin (EVP, Frankreich), der Nordire Jim Nicholson (EKR, UK) sowie Ricardo Serrão Santos (S&D, Portugal) und José Bové (Grüne). Ausgeschieden sind ebenfalls Esther Herranz García (EVP, Spanien), Marijana Petir (EVP, Kroatien), Nicola Caputo (S&D, Italien), Maria Heubuch (Deutschland) und Thomas Waitz (Österreich) von den Grünen sowie Jens Rohde (ALDE, Dänemark). 

 

Agrarausschuss mit neuen Gesichtern

Rund zwei Drittel der Abgeordneten sind neu im EU-Parlament. Bei der ersten Plenarsitzung am 2. Juli erfolgt die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, danach werden die Ausschüsse zusammengestellt und die jeweiligen Vorsitzenden ernannt. Wie die Zusammensetzung des neuen Agrarausschusses aussehen wird und welche altbekannten Gesichter in der nächsten Periode wieder vertreten sind, ist derzeit noch offen. Zwei neu gewählte Europaabgeordnete, die eine Rolle im neuen Landwirtschaftsausschuss spielen könnten, sind der ehemalige Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos (Rumänien) und der frühere Präsident des Verbandes der Junglandwirte in Frankreich, Jérémy Decerle.

 

Zukunft der GAP-Reform

Die aus den Wahlen gestärkten Liberalen und Grünen werden die Ausrichtung der Agrarpolitik spürbar mitgestalten. Klimaschutz wird mit Sicherheit mehr Gewicht im EU-Parlament bekommen. Ein Thema, das mit der Landwirtschaft eng verwoben ist und auf das mittlerweile neben den Grünen auch andere Parteien aufspringen. Die Zukunft der Berichte zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die im Agrarausschuss noch kurz vor Mandatsende abgestimmt wurden, ist offen. Sehr wahrscheinlich wird der umstrittene Bericht zu den GAP Strategieplänen neu aufgerollt. Nach wie vor offen ist der Zeitplan für den Bericht zur Gemeinsamen Marktorganisation, der im April mit großer Mehrheit angenommen wurde. Die Abgeordneten haben sich darin klar für einen freiwilligen Lieferverzicht für alle Sektoren im Falle eines schweren Marktungleichgewichts, inklusive einer Möglichkeit zur Produktionsdeckelung ausgesprochen. Es wäre zu wünschen, dass diese positiven Artikel Eingang in die GAP-Gesetzgebung finden und so den Milchmarkt krisenfester machen.

Regina Reiterer, EMB

Kampagne zur Förderung der lokalen Milch in Lettland

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© Arta Upmale

Jahr für Jahr beobachten wir einen Rückgang im Konsum der lokalen, in Lettland produzierten Milch. Dies liegt zum einem an den steigenden Mengen der Importprodukte und zum anderen am geänderten Essverhalten der Menschen.

 

Die lettische Agrarorganisation LAOCC (Latvian Agricultural Organization Cooperation Council) hat eine Kampagne unter dem Titel „Ehrliche Milch“ gestartet. Das Hauptanliegen besteht darin, den Konsum lokaler Milchprodukte zu fördern. Im Zuge dieser Kampagne werden wir die Verbraucher darüber aufklären, wie sie einheimische Milchprodukte in den Supermarktregalen erkennen können, und die Menschen ermutigen, lokalen Produkten den Vorzug zu geben.

Die Landwirtschaft ist die Grundlage unserer Wirtschaft. Getreide und Milch haben den größten Anteil am Wert der landwirtschaftlichen Produktion in Lettland. Heute werden bereits etwa die Hälfte der in Lettland produzierten Rohmilchprodukte in Länder wie Litauen, Deutschland und Estland exportiert.  

Handlungsbedarf besteht angesichts der Lage im Binnenmarkt, wo wir sehen, dass der Anteil der importierten Milchprodukte in den Supermarktregalen stetig zunimmt, mitsamt Eigenmarken des Lebensmitteleinzelhandels, deren Herkunft nicht eindeutig gekennzeichnet wird. Das Problem ist, dass sich die Verbraucher im Einzelhandelslabyrinth der verschiedenen Milchprodukte nicht zurechtfinden und nicht zwischen lokal hergestellten Käse- oder Quarkprodukten und importierten unterscheiden können. 

Interessanterweise kommen die meisten Milchproduktimporte aus Litauen, gefolgt von Estland und Polen. Oft wird jedoch in Lettland abgeholte Milch nach Litauen transportiert, wo sie verarbeitet wird und dann in Form von Fertigprodukten ihren Weg zurück nach Lettland findet. 

Der LAOCC hat einige praktische Vorschläge unterbreitet, wie man lokale Milchprodukte und ihre Erzeuger schützen könnte. Tatsächlich ist der Protektionismus lokaler Erzeugnisse auch in anderen Teilen Europas ausgeprägt. So hat zum Beispiel Italien die Bereitschaft bekundet, seine Erzeuger zu schützen, und seine Vorschläge in Brüssel unterbreitet. Italien möchte verpflichtende Kennzeichnungssysteme für das Ursprungsland einführen und so seine eigene Milchwirtschaft im Wert von 20 Milliarden schützen und etwa 34.000 seiner Landwirte helfend unter die Arme greifen. 

Den lettischen Landwirten und Milcherzeugern sollte ebenso unter die Arme gegriffen werden, zum Beispiel durch die Anforderung, lokal hergestellte Milchprodukte in den Supermarktregalen von den importierten Waren zu trennen, da die Verbraucher nicht immer die Etiketten lesen, um die Herkunft des Produkts oder der Rohstoffe herauszufinden. Das ist eine Aufgabe, die wir intern leisten können. 

Im größeren Maßstab könnten wir jedoch auch unseren Binnenmarkt durch Einführung einer zusätzlichen Steuer oder eines höheren Umsatzsteuersatzes für importierte Produkte schützen. Derzeit werden die lettischen Landwirte innerhalb der Europäischen Union diskriminiert, da ihre Flächenprämien zu den niedrigsten innerhalb der EU gehören. Meiner Meinung nach könnte Lettland vorschlagen, dass die zusätzlichen Steuern auf importierte Produkte wieder aufgehoben werden, sobald die Flächenprämien für alle EU-Mitgliedstaaten gleich sind. 

Guntis Gutmanis, Vorstandsmitglied im Kooperationsrat der lettischen Agrarorganisation (LAOCC) und Leiter der Milchgruppe

Informationen aus Deutschland

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Mitarbeit Sektorstrategie 2030

Unter der Federführung eines Lenkungsausschusses (Deutscher Bauernverband, Milchindustrie-Verband, Deutscher Raiffeisenverband) soll bis zum Herbst 2019 eine gemeinsame Strategie 2030 des Milchsektors erarbeitet und Bundesministerin Julia Klöckner vorgelegt werden.

 

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) wurde gebeten, Vertreter für die Arbeitsgruppen zu benennen – ohne jedoch Teil des Lenkungsgremiums zu sein. Dieser legt die wesentlichen Bestandteile der Sektorstrategie fest. Angesichts dieser ungleichmäßigen Besetzung haben wir deutlich unser Unverständnis zum Ausdruck gebracht. Ergebnisse, die wirkliche Verbesserungen bringen im Sinne der Milchviehhalter bzw. deren Marktstellung, werden so nur schwer zu erreichen sein. Nichtsdestotrotz wird sich der BDM mit seinem fachlichen Input einbringen. Es ist wichtig, dass die Interessen der Milchviehhalter benannt und vertreten werden. 

 

Preisabschlüsse 

Stabile bis leicht nachgebende Butterpreise, bei den Preisen für Konsummilch eine Anhebung um 1 Cent pro Liter – das sind die Ergebnisse der letzten Kontraktabschlüsse der Molkereiwirtschaft mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Von nicht wenigen Vertretern der Molkereiwirtschaft und deren Verbänden hört man nun, dass ja aufgrund der Milchmengenentwicklung eine deutlichere Preisanhebung zu erwarten gewesen wäre. Mit diesen Abschlüssen wäre somit bewiesen, dass die Höhe der Milchanlieferung keinen Einfluss auf die Milchpreise hätte. Der BDM e.V. muss hier vehement widersprechen, denn die Milchanlieferungen sind zwar regional unterschiedlich, in der Summe aber auf EU-Ebene wieder deutlich über dem Vorjahresniveau (plus 1 %). Verschwiegen wird auch, dass selbst bei etwas verhaltener Milchanlieferung immer noch eine gesättigte Marktversorgung vorliegen kann. Fakt ist, dass in einem Verkäufermarkt (knappe Versorgungslage) deutliche Preisanhebungen möglich waren und auch heute noch sind.

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

Milcherzeugerdemo in Paris – Interview mit Sylvain Louis, Vorsitzender der APLI

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© APLI

Am 14. Mai 2019 zogen einige Dutzend französische Landwirte vom französischen Milcherzeugerverband APLI nach Paris, um vor dem Agrarministerium zu demonstrieren. Ihr Ziel: Die bisherige Umsetzung des neuen Agrargesetzes öffentlich anzuprangern. Sylvain Louis, Vorsitzender der APLI, berichtet uns von dieser Aktion.

 

Herr Louis, können Sie uns mehr zum Agrargesetz EGalim sagen?

Die französische Regierung wollte, dass die Produktionskosten bei der Preisbildung berücksichtigt werden. Im Oktober 2018 wurde das neue Agrargesetz „EGalim“ über das „Gleichgewicht der Handelsbeziehungen im Agrar- und Nahrungsmittelsektor und eine gesunde, nachhaltige und für alle zugängliche Ernährung“ – so der vollständige Name – verabschiedet. Das Gesetz hat zum Ziel, die Wertschöpfung der Produkte gerechter zwischen den Erzeugern und der Industrie aufzuteilen sowie ein angemessenes Einkommen für die Erzeuger zu sichern.

Heute liegt der Milchpreis bei 320 € pro 1.000 l und befindet sich weiter im Sinkflug. Dabei müssten die Erzeuger 450 € pro 1.000 l bekommen, um ihre Produktionskosten zu decken und ein faires Einkommen zu erzielen. Aus diesem Grund haben wir um Termine mit den politischen Entscheidungsträgern gebeten.

 

Wen haben Sie getroffen? Welche Themen haben Sie angesprochen?

Boris Gondouin, Vorstandsmitglied im EMB, und ich haben Nathalie Barbe getroffen, die Agrarminister Didier Guillaume berät. Im Gegensatz zu früheren Gesprächen kamen wir diesmal nicht mit leeren Händen und haben ihr unsere Rechnungen für März und April vorgelegt. Frau Barbe war angesichts der Zahlen auf unseren Abrechnungen sehr überrascht. Wir haben außerdem die Wirkung politischer Lippenbekenntnisse, die nicht umgesetzt werden, angeprangert. Es mag sein, dass einige Molkereien 370 € pro 1.000 l für ein Produkt bezahlt haben, aber nicht für die gesamte Menge!

Nach der Demo konnten wir mit Guillaume Garot, dem ehemaligen beigeordneten Minister für Landwirtschaft, sowie dem sozialistischen Abgeordneten Dominique Potier sprechen, der selbst Landwirt im Department Meurthe-et-Moselle ist. Die beiden sind auf einer Wellenlänge mit APLI und EMB und verfolgen unsere Arbeit aufmerksam. Leider sind sie in der Regierung in der Minderheit.

 

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus diesem Tag der Mobilisierung?

Die Demo verlief friedlich. Wir hatten Unterstützung von Abordnungen der Confédération paysanne und Coordination rurale. Als symbolische Aktion haben wir einige Liter Milch vergossen. Außerdem konnten die Passanten unsere "faire Milch" Fairefrance verkosten. Diese Marke beweist, dass es möglich ist, Milch für 45 Cent pro Liter zu verkaufen, d.h. zu einem fairen Erzeugerpreis. Wir sind zufrieden, dass zahlreiche Journalisten gekommen sind und wir mit unserem Aktionstag gute Medienresonanz hatten. Wir haben die Politik jedoch gewarnt, dass sich die Proteste verschärfen werden, wenn sich die Situation nicht verbessert.

 

Herr Louis, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Vanessa Langer, EMB

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