MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

In wenigen Wochen ist es nun endgültig soweit. Die seit 1984 bestehende Milchmengenbegrenzung wird abgeschafft. Mit der Einführung der Quotenregelung vor über 30 Jahren wurden zwei Ziele verfolgt:

Zum einen sollte die Marktordnung wieder finanzierbar werden. Dazu war es unumgänglich, die EU- Milchseen und Butterberge abzubauen. Dieses Ziel wurde in kurzer Zeit erreicht. Die Marktordnungskosten für den Milchsektor reduzierten sich innerhalb weniger Jahre von 7,5 Mrd. Euro auf unter 2 Mrd. Euro.

Zum zweiten sollten die Erzeugerpreise stabilisiert und so Strukturbrüche vermieden werden. Auch dieses Ziel wurde erreicht, wenngleich die Milchpreise für die Bauern mit einer  konsequenteren Anwendung noch besser hätten gestaltet werden können. Allein dies war politisch gar nicht erwünscht, galt es doch auch in der Vergangenheit, „Exportchancen“ zu nutzen. Alles in allem war die Milchgarantiemengenregelung für den Staat ein kostengünstiges und wirksames Instrument, um den Markt zu stabilisieren. Für die Milchviehhalter bedeutete die Quote einigermaßen verlässliche Rahmenbedingungen. Zu den Lamenti einiger Verbände, die Quotenregelung habe nicht funktioniert, ist zu sagen: sie hat genau so funktioniert, wie es von den Anwendern beabsichtigt war.

Die schweren Marktkrisen der Jahre 2009 und 2012 indes können nicht der Quotenregelung angelastet werden, sondern sind einzig und allein der Liberalisierung des Milchmarktes mit dem unheilvollen Softlanding geschuldet. Eine flexibel angewendete Mengenregulierung hätte ohne weiteres den Markt stabilisieren und so diese Krisen mit Milliardenverlusten für die Milchviehhalter verhindern können.   

Und aktuell? Die drohende, historisch hohe Superabgabe von rd. 20 Cent/kg Überlieferung hat ab November 2014 zu einer deutlichen Reduzierung der Milchanlieferung geführt.  So schmerzlich die Superabgabe für jene Betriebe sein mag, welche in der ersten Hälfte des Milchwirtschaftsjahres auf Teufel komm raus gemolken haben, so wirksam hat sie den Preisrückgang gestoppt. Die Notierungen für die Leitprodukte Butter und MMP ziehen an und der Markt ist vorübergehend stabilisiert.

Doch was kommt nach dem 1. April? Mit größter Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass die Milchviehhalter in vielen EU-Ländern ihre Produktion erheblich steigern werden. Ohne Rücksicht darauf, wie sich die Situation auf dem Milchmarkt darstellt. Ein weiterer dramatischer Preisverfall scheint vorprogrammiert und die nächste Marktkrise absehbar.

Um diesen, sich ständig wiederholenden Marktversagen entgegen zu wirken, fordert das EMB von der europäischen Politik die Umsetzung eines Marktverantwortungsprogramms. Die derzeitige Situation bzw. die Entwicklung der vergangenen 3-4 Monate zeigt eindrucksvoll, dass es mit klaren Vorgaben und politischem Willen durchaus möglich ist, Marktverwerfungen gezielt entgegen zu wirken. Mit einem solchen Programm kann auch in einer Zeit ohne Quoten ein Anreiz für ein marktkonformes Verhalten der Milchbauern gesetzt werden. Wer trotz gesättigter Märkte mehr produziert, soll dafür auch die Verantwortung übernehmen und eine Marktverantwortungsabgabe entrichten. Wer hingegen in einer solchen Situation weniger produziert, soll einen Bonus erhalten. So kann ein verlässliches Umfeld geschaffen und die flächendeckende Milchproduktion in der EU gesichert werden.       

Romuald Schaber, EMB Präsident

Aufruf: Mahnwache und symbolische Aktion am 31. März in Brüssel

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Am 31. März läuft nach 31 Jahren die Milchquote aus. Was kommt nach dem 1. April? Man kann davon ausgehen, dass die Milchviehhalter in vielen EU-Ländern ihre Produktion erheblich steigern werden, ohne Rücksicht auf die Milchmarktsituation. Ein weiterer dramatischer Preisverfall scheint vorprogrammiert und die nächste Marktkrise absehbar.

Die Quotenregelung hat den Markt stabilisiert und den Milchviehhaltern einigermaßen verlässliche Rahmenbedingungen garantiert. Ab April wird die Milchindustrie das Ruder übernehmen! In einer Mahnwache und symbolischen Aktion vor dem Europäischen Parlament in Brüssel wollen wir am 31. März auf diesen Paradigmenwechsel aufmerksam machen.

Das Programm startet um 7 Uhr.

Wir freuen uns über Eure Unterstützung!

Vorstellung der Ergebnisse der Studie zu den Milchproduktionskosten in Belgien

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Anbei finden Sie die aktuelle Pressemitteilung von MIG und EMB (04.03.2015)

Heute am 4. März stellten die MIG und der EMB in Brüssel vor dem Kabinett des föderalen Ministeriums, das für die Landwirtschaft zuständig ist, die Lage der Milcherzeuger und die Ergebnisse einer unabhängigen Studie zu den Milchproduktionskosten in Belgien vor.

Diese Studie folgt auf ähnliche Studien in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, die von den europäischen Instanzen anerkannt wurden. Die Studien beziehen sich auf die gleichen Quellen (INLB und nationale statistische Ämter) und arbeiten nach den gleichen Berechnungsmethoden.

Die Ergebnisse der Studien für Deutschland, Frankreich und die Niederlande sorgten bei ihrer Veröffentlichung bereits für großes Aufsehen. Die Zahlen zeigen deutlich die Kluft, die zwischen den Produktionskosten und den Preisen klafft, die die Erzeuger für ihr Produkt erhalten.

Auch bei uns besteht eine große Diskrepanz zwischen den Erzeugerpreisen und den realen Milchproduktionskosten. Das erschwert es, den Milcherzeugern einen angemessenen Lebensstandard zu sichern – was jedoch ein erklärtes Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik ist.1

Die Studie zeigt deutlich: Um die Kosten der Milchproduktion einschließlich eines angemessenen Einkommens für den Landwirt zu decken2, muss der Erzeugerpreis bei 46 Cents pro kg Milch liegen.

Im Dezember 2014 erhielten die belgischen Milcherzeuger jedoch im Schnitt nur 31,15 Cents pro Liter Milch3, was eine Unterdeckung von 14,85 Cents pro kg bedeutet. Die Milchproduktion ist eine Arbeit, die den belgischen Milcherzeugern kein angemessenes Einkommen sichert.

Wie den deutschen, französischen, niederländischen und belgischen Erzeugern ergeht es auch den Erzeugern in anderen europäischen Ländern, die auch keinen kostendeckenden Milchpreis erhalten – mit der Folge, dass immer mehr Milchviehbetriebe aufgeben und viele Arbeitsplätze in der Landwirtschaft verlorengehen. Es ist von kritischer Bedeutung, dass die Landwirte auf dem Markt einen kostendeckenden Preis erzielen können.

Die Beihilfen können die bestehenden Marktverzerrungen nicht ausgleichen. Es ist die gemeinsame Verantwortung der Erzeuger, Politiker und Verbraucher, einen angemessenen Rahmen zu fordern und auszuarbeiten, der ein gutes Funktionieren des Markts und einen fairen Preis für die Erzeuger gewährleistet.

Studie zu den Milchproduktionskosten in Belgien

Video zur Pressekonferenz

 

1 Siehe Artikel 39 des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, geändert 2009

2 Tariflich festgelegter Lohn der in der Landwirtschaft Beschäftigten (CP144.00 - Agriculture)

3 Milchmarkt-Beobachtungsstelle der EK (Verordnung Nr. 479/2010 Artikel 2)

Molkereien in Frankreich: Vertragslandwirtschaft – Lage und Risiken

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Am 31. März 2015 endet nach 30 Jahren das Quotensystem. Von da an bestimmt das staatlich beschlossene und im europäischen Milchpaket abgesegnete Vertragssystem die Produktion. Die Genossenschaften sind nicht betroffen, da ihre Mitglieder rechtlich verpflichtet sind, ihre gesamte Milcherzeugung an sie abzugeben.

 

Wären die Verträge ausgewogen, könnte man die Vertragslandwirtschaft akzeptieren. Angesichts der Verpflichtungen und Sachzwänge, aber ohne garantieren Mindestpreis, ist die Situation aber leider untragbar.

Zusammenfassung der rechtlichen Lage:

Die Molkereien sind verpflichtet, ihren Erzeugern einen Vertrag vorzulegen. Die Erzeuger müssen diesen jedoch nicht annehmen und unterschreiben, denn die vorherige Geschäftsbeziehung entspricht einem (mündlichen) Vertrag. Bindet man sich durch einen neuen Vertrag, wird der vorherige dadurch automatisch ungültig. „Wir werden unter Druck gesetzt, ungerechte Verträge zu unterschreiben, die dem Erzeuger keinerlei Rechte geben. Wer sich widersetzt, dem wird mit der mehr oder weniger kurzfristigen Einstellung der Abholung gedroht. Die Beziehungen zu den Molkereien verbessern sich nicht... Wir haben uns beim Ministerium und beim Vertragsschlichter über diesen Druck beschwert, aber ohne große Reaktion“, stellt Olivier Chemin fest, Erzeuger aus dem Departement Mayenne.

Was wird aus den Erzeugern, die keinen Vertrag unterzeichnen?

Bei einer stillschweigenden Beendigung des Vertrags, der sie an ihre Molkerei bindet, muss eine Kündigungsfrist eingehalten werden. Das ist ein Rechtsanspruch, und auch wenn die Rechtssprechung hier ziemlich vage ist, darf man doch annehmen, dass die Kündigungsfrist mindestens einen Monat pro Lieferjahr beträgt. Ein Beispiel: 15 Monate für 15 Lieferjahre ab Erhalt eines eingeschriebenen Kündigungsschreibens. Damit bleibt Zeit zum Nachdenken und Diskutieren. Angst führt zur Versklavung, akzeptiert nicht alles, was man euch vorsetzt.

Kann man aus einer Genossenschaft aussteigen?

Nicht während der Bindungsfrist, sofern keine höhere Gewalt vorliegt. In jedem Fall muss man sich auf die Satzung der Genossenschaft und/oder ihre Geschäftsordnung beziehen, wo zwingend die Modalitäten und Strafen für den Fall des vorzeitigen Ausstiegs geregelt sein müssen. Mitglieder können außerdem aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden, wenn sie ihre Pflichten nicht erfüllen. Am Ende der Bindungsfrist kann man austreten, sofern man die Genossenschaft über die Austrittsentscheidung benachrichtigt. Die Rückerstattung der Genossenschaftsanteile kann jedoch in einem Zeitraum von bis zu fünf Jahren erfolgen. Gehört eine Genossenschaft einer Vertriebserzeugergemeinschaft an, können ihre Mitglieder keiner weiteren Erzeugerorganisation angehören, wie z. B. einer Branchenorganisation. Dies ist erst möglich, wenn das Mitglied von den Verpflichtungen der Genossenschaft gegenüber befreit ist. Dazu muss der Erzeuger natürlich erst einen Abnehmer für die Milch haben.

Vorsicht vor der Integration!

Die Betriebe vergrößern sich und erfordern heute hohe Investitionen für die Fortführung. Angesichts der Konjunktur sind die Banken ängstlich und verlangen mehr Garantien, wenn jemand einen Betrieb übernehmen oder gründen möchte. Wir stellen fest, dass sich private Investoren für landwirtschaftliche Betriebe interessieren und Finanzierungen in Verbindung mit den Genossenschaften anbieten. Das ist der Beginn einer vertikalen Integration, wie man sie bereits in der Schweine- oder Geflügelzucht beobachtet hat, wo der Erzeuger die Kontrolle an die Industrie verliert. Das Eigentum und der Zugang zu Grund und Boden sind Trümpfe, die wir bewahren müssen, um weiterhin als Betriebsleiter existieren zu können und nicht auf der Lohnliste einer Genossenschaft zu stehen.

Véronique Le Floc'h, OPL Frankreich

Italien: Runder Tisch zum Thema Milch

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Am 11. Februar hatte Maurizio Martina, italienischer Minister für Landwirtschaft, Nahrungsmittel und Forstwirtschaft, ein Rundtischgespräch zum Thema Milch mit den regionalen Agrarministern sowie Abordnungen der wichtigsten Erzeugerorganisationen und der Industrie anberaumt, um die Situation im Milchsektor zu verbessern und Lösungen auszuarbeiten.

Mithilfe des Forschungsinstituts Ismea untersucht das italienische Ministerium für Landwirtschaft, Nahrungsmittel und Forstwirtschaft (MIPAAF) regelmäßig die Trends bei den durchschnittlichen Produktionskosten, den Erzeugerpreisen und den Verbraucherpreisen für die Hauptklassen von Agrarerzeugnissen. Werden dabei unlautere Praktiken festgestellt, übermittelt das Ministerium die notwendigen Berichte an die Marktaufsichts- und Wettbewerbsbehörden.

Bei den Reformen zum Milchpaket sind zwei Hauptneuerungen zu nennen:

-   Höhere vertragliche Garantien für die Erzeuger

- Einrichtung einer Branchenkommission, die aus ausgewiesenen Experten des Milchsektors besteht und mit der Aufgabe befasst wird, gute Praxis sowie Trends bei den Preisen und Produktionskosten aufzuzeigen. Bei der Etikettierung sollen die Verbraucher klare Angaben zum Ursprungsort der Milch erhalten.

Copagri, der Dachverband der Erzeuger, hat an der Sitzung teilgenommen und dort Vorschläge zur nötigen Neuorganisation des Milchsektors und seiner Entwicklung vorgelegt.

Angesichts der Schwierigkeiten auf nationaler und europäischer Ebene, die sich im 30-prozentigen Preisverfall von 45 auf 35/36 Cent pro Liter Milch, in der Schließung von vier Höfen pro Tag und dem Ausstieg von 40% der Erzeuger über zehn Jahre äußern, unterbreitet APL Italien folgende Vorschläge:

1.     Zertifizierung des geschützten Ursprungs der Milch und nicht des verarbeiteten Produkts durch Aufbau des „Konsortiums italienischer Milch".

2.     Zuordnung der Koeffizienten verarbeiteter Erzeugnisse „geschützten Ursprungs“ an die Erzeuger und nicht die Verarbeiter (Käseanteile der Erzeuger) nach dem gleichen System wie bei geschützten Ursprungsbezeichnungen für Weine.

3.     Unterbindung von Finanzspekulationen mit Nahrungsmitteln, da der Sektor Stabilität braucht und nicht der Spekulation unterliegen darf.

4.     Bekämpfung von „Analogkäseprodukten“, die mit pflanzlichem Eiweiß und ohne Milch hergestellt, aber als Käse verkauft werden – ein Phänomen, das in Europa zunimmt und auf Tausende von Tonnen Umsatz pro Jahr geschätzt wird.

5.     Einrichtung eines Milchboards unter Beteiligung von Vertretern der Regionen, des Ministeriums (MIPAAF), der Organisationen, Verarbeiter und Einzelhändler mit der Aufgabe, die Kosten pro Liter Milch für die verschiedenen Verarbeitungsbereiche zu ermitteln und zu bescheinigen, die Produktionstrends zu ermitteln und gleichzeitig die Markttrends zu bewerten und dann geeignete Maßnahmen zu planen. Ein nationales Büro des Sektors, das die Beziehungen innerhalb der Lieferkette definiert.

6.     Nutzung des Regionalentwicklungsplans (PSR), um Forschungsprojekte zu fördern (die von universitären Forschungseinrichtungen unterstützt werden), mit dem Ziel, ein wissenschaftliches Patent zur Zertifizierung der Herkunft von Rohmilch zu erlangen.

7.     Verpflichtung für jeden Verarbeiter von Käse geschützten Ursprungs, die Herstellung und Reifung von g.U.-Käse räumlich von der Verarbeitung von Milch oder Molkereiprodukten aus Fremdquellen zu trennen, auch wenn diese nebenan erfolgen kann.

8.     Entwicklung der „Milchbank“ – ein Mehrzweckwerk, das auch für die Herstellung von Milchpulver verwendet werden kann.

9.     Eine ähnliche Marke wie „Albo – Made in Italy“ für die Erfassung und Zertifizierung von Milch einführen, die zu 100% aus Italien kommt.

10.  Institutionalisierung von Zertifizierungsstellen, um die Unabhängigkeit der Kontrollen zu gewährleisten.

11.  Nationale Ernährungskampagne in Schulen und im öffentlichen Sektor zur Förderung italienischer Milch.

12.  Keine Versicherungen gegen den Verfall der Milchpreise, da die Kosten für diese ohne weitere geeignete Tools voll zu Lasten der Milcherzeuger gehen würden.

Roberto Cavaliere, APL Italien

Plattform „Wir haben es satt!“ fordert Kehrtwende der österreichischen Agrarpolitik

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Jedes Jahr Ende Januar wird der Agrarpolitiktag der Wintertagung des Ökosozialen Forums von BefürworterInnen einer industrialisierten und chemieintensiven Landwirtschaft dazu genutzt, Österreichs Agrarpolitik schönzureden. Die diesjährigen Themen waren "Bioökonomie" und "Märkte im Wandel".

 

Die Plattform "Wir haben es satt!" wendet sich gegen eine Agrarpolitik, die auf Exportförderung, Überschussproduktion, Import von gentechnisch manipulierten Futtermitteln und "Wachsen und Weichen" setzt und damit den Verlust der Biodiversität, die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Pestizideinsatz, Landgrabbing im Globalen Süden, Höfesterben etc. in Kauf nimmt. Die Plattform "Wir haben es satt!" ist eine Initiative von Umwelt-, entwicklungspolitischen, Menschenrechts- und bäuerlichen Organisationen sowie sozialen Bewegungen. Die österreichische IG-Milch ist Träger der Plattform.

Video zur Aktion "Wir haben es satt!"

Stefan Scheipl, IG-Milch Österreich

Wahlen im Vereinigten Königreich: Eine Chance, die man wahrnehmen muss!

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Nach der Lektüre der letzten Ausgabe von Farmers Weekly (der größten wöchentlich erscheinenden Bauernzeitung im Vereinigten Königreich) schrillten überall die Alarmglocken. Die Erzeugerpreise befinden sich aktuell bei fast allen Grundnahrungsmitteln im freien Fall.

Wir wissen, dass die Schuld dafür bei der Regierung, den großen Lebensmitteleinzelhändlern, dem Lebensmittel-großhandel, den Verarbeitungskonzernen und großen genossenschaftlichen Verarbeitern, die sich oft wie Großkonzerne verhalten, liegt.

In Vorbereitung auf die neue GAP nach 2015 erklärte die EU 2010, dass:

1.       Die Lebensmittelsicherheit künftig Chefsache sei

2.       Es um die Landwirtschaft gehe und nicht um irgendeine x-beliebige Branche

3.       Landwirte ein Sicherheitsnetz bräuchten

Aber hat die EU gehandelt, als sie mit dem Vorschlag von Fairness for Farmers in Europe (FFE), in der EU über 100 Milliarden Euro zu sparen und über Nacht 5,5 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen und noch einmal ein Vielfaches dessen innerhalb kurzer Zeit, Gelegenheit dazu bekam? Nein! Und warum nicht? Der Einfluss der Konzerne!

Wir können es jedoch im Vereinigten Königreich umsetzen und über Nacht im ganzen Land 220.000 Arbeitsplätze schaffen, innerhalb kurzer Zeit noch einmal ein Vielfaches davon und den ländlichen Räumen im Vereinigten Königreich und damit der gesamten Wirtschaft neues finanzielles Leben einhauchen, so wie es Roosevelt tat, um die USA aus der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre zu holen. Die britische Regierung muss sofort ein Gesetz über die Auszahlungspreise verabschieden, das den von der Landwirtschaft lebenden Familien als Mindestmaß die Produktionskosten zuzüglich einer Marge und des Inflationsausgleichs für alle Grundnahrungsmittel gewährleistet und so das Sicherheitsnetz bildet, das bis jetzt nicht umgesetzt wurde, obwohl es in Artikel 39b des Lissabonner Vertrags vorgesehen ist. Lassen Sie sich nicht einreden, dass ein solches Gesetz am EU-Recht scheitern würde. Das ist falsch, denn es wäre als sozialstaatlicher Belang zulässig, und um einen solchen handelt es sich, da mittlerweile mehr als 25% der Bauernfamilien im Vereinigten Königreich unterhalb der Armutsgrenze liegen und ähnliche Berichte aus der gesamten EU kommen.

David Handley, Vorsitzender von Farmers for Action im Vereinigten Königreich, und andere haben ihr Bestes gegeben, um die Aufmerksamkeit der Medien darauf zu lenken, wie ernst die Lage auf den Höfen ist. Deshalb sage ich abschließend, dass nichts Landwirte und ihre Verwandten veranlassen sollte, für noch mehr finanzielle Prügel für die ländlichen Räume aus der Hand der Konservativen, der Labour-Partei oder der Liberaldemokraten (die drei britischen Volksparteien) mit ihrer Politik der Konzernbegünstigung zu stimmen. Geben Sie Ihre Stimme der ersten Partei (oder den Parteien), die ankündigt und es auch so meint, dass sie ein Gesetz über Erzeugerpreise verabschieden wird, wenn sie im Mai bei den Parlamentswahlen gewählt wird!

An die Politik: Während Putin sein Unwesen treibt und ehemals stabile Regierungen im Nahen Osten sich im Zustand der Auflösung befinden, müssen Ihre Prioritäten wie folgt lauten: Nahrungsmittel- und nationale Sicherheit, Gesundheit und Bildung – in dieser Reihenfolge und keiner anderen. Nur dann kann es Wohlstand geben!

William Taylor, Farmers For Action, Koordinator für Nordirland

Mitgliedsverbände: Wechsel an der Spitze

Unsere Mitgliedsverbände in Deutschland, Frankreich und Spanien haben seit kurzem neue Gesichter an ihrer Spitze. Wir haben die neuen Vorsitzenden zu ihrem Hintergrund und Plänen für die Zukunft gefragt.

 

Porträt Gertraud Gafus – AbL Deutschland

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat Ende November 2014 Frau Gertraud Gafus und Herrn Martin Schulz als neue Vorsitzende auf Bundesebene gewählt. Frau Gafus (48) führt zusammen mit ihrer Familie einen biologischen Mutterkuhbetrieb in Oberbayern.

Mein Hof:

Zusammen mit meiner Familie bewirtschafte ich einen Bio-Bergbauernhof auf 900 m Höhe. Weil es bei diesen Milchpreisen nicht rentabel ist, die Milch ins Tal zu bringen, mussten wir auf Mutterkuhhaltung umstellen. Neben unseren zehn Pinzgauer Kühen samt Nachzucht halten wir noch zwischen 30 und 40 Hühner, je nachdem, was uns der Habicht übrig lässt.  Pinzgauer sind eine vom Aussterben bedrohte Rinderrasse, die in unserer Gegend bis in die 50 er Jahre weit verbreitet war und bekannt ist für ihr ausgezeichnetes Fleisch. Sie sehen wunderschön aus und sind sehr robust und geländegängig. Ca. die Hälfte unserer 20 ha, die wir bewirtschaften, sind Steilhänge. Die Gelder aus der ersten und zweiten Säule spielen für unseren Betrieb eine große Rolle. Als zweites Einkommen betreiben wir eine kleine Gastwirtschaft, in der wir vor allem Produkte aus ökologischem Landbau, aus fairem Handel und der eigenen Landwirtschaft anbieten. Ich bin glücklich, Bäuerin sein zu können!

Meine Motivation für das Amt:

Zum einen liegt mir der Erhalt der Bauernhöfe, der Landschaft, der bäuerlichen Kultur sehr am Herzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine bäuerliche naturnahe Wirtschaftsweise mit möglichst vielen Bauernhöfen eine der Grundsäulen einer demokratischen Gesellschaft ist. Aber mir geht es nicht nur um unsere Höfe, sondern auch um Gerechtigkeit und Würde für alle Menschen auf dieser Welt. Die Abl vereint diese Aspekte zusammen mit dem Kampf gegen Agrogentechnik, für freies Saatgut, für eine sinnvollere Verteilung der Gelder aus Brüssel, etc. Wenn wir genau hinschauen, sind diese Bereiche auch nicht voneinander zu trennen. Deshalb fühle ich mich in der AbL wohl und freue mich, dass mir die Mitgliederversammlung im vergangenem Herbst ihr Vertrauen ausgesprochen hat.

Meine Ziele/Pläne für das Mandat:

Mein Wunsch ist es, dem Konkurrenzkampf zwischen den Bauern entgegen zu wirken und der Gesellschaft aufzuzeigen, dass die Forderung nach Wachsen oder Weichen unwiederbringliche Verluste zur Folge hat. Die Politik muss endlich verstehen, dass Agrarpolitik Gesellschaftspolitik ist. Eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik würde positive Wirkungen in so viele Bereiche hinein haben, wie beispielsweise Entwicklungs-, Umwelt- oder  Sozialpolitik. Ein wichtiges Instrument dieser nachhaltigen Landwirtschaftspolitik sind die Direktzahlungen aus Brüssel. Sie müssen dringend nach einem anderen Schlüssel verteilt werden. Es kann nicht angehen, dass die Betriebe mit viel Fläche und wenig Arbeit weiterhin die großen Gewinner sind, denn gerade diese Betriebe geben der Gesellschaft am wenigsten zurück.

 

Porträt Boris Gondouin - APLI Frankreich

Boris Gondouin (43) hat Ende November 2014 das Mandat von André Lefranc als Präsident der APLI (französische Milcherzeugerorganisation) übernommen. Er führt gemeinsam mit seinem Geschäftspartner im Department Meuse (Maas) – an der Grenze zu Belgien und Luxemburg – einen Betrieb, der Milch, Fleisch und Getreide produziert.

Mein Hof:

Ich habe einen Gemeinschaftsbetrieb mit einem gleichaltrigen Partner, den wir 1997 außerhalb des familiären Rahmens aufgebaut haben, weil wir keiner Bauernfamilie entstammen. Wir bearbeiten 200 ha: 45 ha Silomais, 10 ha Luzerne, 10 ha Kunstwiese, 10 ha Menggetreide (Erbsen/Triticale), 65 ha Weideland, 35 ha Weizen, 15 ha Raps, 10 ha Triticale). Wir erzeugen außerdem 650.000 Liter Milch mit 75 Holstein- und Montbéliard-Kühen und ziehen 180 Doppelnutzungs- oder Milchrasse-Jungbullen von acht Tage alten Kälbern.

Meine Motivation für das Amt:

Mein Hauptantrieb ist, möglichst vielen Milcherzeugern zu vermitteln, dass eine europäische Mengenregulierung nötig ist. Ich möchte zeigen, dass es nicht normal ist, zu einem Preis unterhalb der Produktionskosten zu produzieren. Unsere Arbeitsleistung muss natürlich in die Produktionskosten eingerechnet werden und wir können das erreichen, weil wir das erste Glied in der Nahrungskette sind und nicht nur eine Anpassungsgröße, wie es diejenigen so gern formulieren, die in allen europäischen Ländern die Richtung vorgeben: der Bauernverband.

Meine Ziele/Pläne für die Amtszeit:

Meine Absicht ist, unseren Verband, die APLI zu stärken, indem wir in Frankreich bei Demos und Kampagnen möglichst viele Erzeuger zusammenbringen und sie motivieren, damit wir noch mehr Druck auf unsere französischen und europäischen Entscheidungsträger ausüben können. APLI muss das Bindeglied zwischen den Landwirten und der Politik sein, damit wir sicher sein können, dass sie verstehen, was für uns und für die Verbraucher auf dem Spiel steht.

Mein langfristiges Ziel ist, in Europa ein System wie in Kanada aufzubauen. Wir müssen über den EMB die Landwirte in Europa bündeln, damit wir geschlossen die Preise und Mengen verhandeln können.

 

Manuel Iglesias, OPL Spanien

Manuel Iglesias hat bereits im Juli 2014 den Vorsitz unserer spanischen Mitgliedsverbands OPL übernommen. Er betreibt in Galizien einen Betrieb mit 90 Kühen und einer Jahresproduktion von einer Million Liter Milch.

Regina Reiterer, EMB

Kurznachrichten aus Brüssel

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Pläne der EU-Kommission für Superabgabenzahlung

Die EU-Kommission prüft einen Vorschlag, die Zahlungen für die Superabgabe über drei Jahre zu strecken. Die Mitgliedsstaaten würden dadurch die Möglichkeit erhalten, die Strafzahlungen des letzten Milchwirtschaftsjahres 2014/2015 in drei zinsenfreien Teilbeträgen einzufordern. Die erste Zahlung wäre vor Oktober 2015, die zweite vor Oktober 2016 und die dritte vor Oktober 2017 fällig. Die Staaten müssen die gesamte Superabgabe auch weiterhin bis zum 30. November 2015 an die EU zahlen. Ziel ist es, jene Milcherzeuger zu unterstützen, die mit Liquiditätsengpässen durch Quotenüberlieferung zu kämpfen haben - zusätzlich zu den niedrigen Milchpreisen. Der Vorschlag wird zur Zeit von der EU-Kommission geprüft, es wird erwartet, dass die Mitgliedstaaten danach rasch grünes Licht geben werden. Die Zahlungsstundung bringt vor allem den Milcherzeugern in Irland, Deutschland, Polen, den Niederlanden und Dänemark Erleichterung, die heuer hohe Strafzahlungen erwarten (27 Cent/Liter über Quote).

 

Empfehlungen des Europäischen Parlaments zu TTIP-Verhandlungen

Der Ausschuss für internationalen Handel (INTA) des Europäischen Parlaments gibt der Kommission in seinem Zwischenbericht Empfehlungen zu den TTIP-Verhandlungen. Berichterstatter ist der deutsche Abgeordnete Bernd Lange (S&D). Lange sieht in TTIP ein mögliches Instrument für nachhaltiges Wachstum. Der größte wirtschaftliche Nutzen sei die geplante Zusammenarbeit in Regulierungsfragen und die Beseitigung nicht tarifärer Handelshemmnisse (z.B. unterschiedliche technische Vorschriften bzw. Normen, Doppelzertifizierungen etc.). Der Abgeordnete äußerte Bedenken bezüglich der umstrittenen Investorschutzklauseln (ISDS). Lange wies darauf hin, dass das Europäische Parlament das letzte Wort bei der Ratifizierung von Handelsabkommen hat. Angesichts der zahlreichen kritischen Stimmen und der geringen öffentlichen Akzeptanz des derzeit ausgehandelten Abkommens würde das Parlament auf größtmögliche Transparenz drängen und gewährleisten, dass im Abkommen europäische Werte gewahrt werden, so der Berichterstatter.

Berichtsentwurf

 

TTIP - 8. Verhandlungsrunde

Die Gespräche über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA wurden vom 2. bis 6. Februar 2015 in Brüssel fortgesetzt. In der achten Verhandlungsrunde ging es vor allem um Regulierungen bei Energie und Rohstoffen sowie bei Dienstleistungen, Investitionen und dem Öffentlichen Beschaffungswesen. Über das Kapitel zum Investitionsschutz wurde nicht gesprochen Weitere Themen waren Regulierungen in Sachen Pflanzenschutz, für Lebensmittel und geografisch geschützte Angaben, Regeln zur Nachhaltigkeit, zum Abbau von Zöllen. Am 4. Februar kamen Interessensvertreter und Nichtregierungsorganisationen zu Wort. Sieta van Keimpema - Vizepräsidentin des EMB - hielt eine Präsentation im Namen des EMB.

 

Veranstaltung „Good Food Good Farming“ (10. und 11. Februar)

Bürger, Bauern- und Umweltorganisationen, Wissenschaftler und Politiker diskutierten im Rahmen der Arc2020 Konferenz in Brüssel über die Umsetzung der GAP-Reform 2014-2020 und die Aussichten für eine nachhaltige Landwirtschaft und agrarökologische Ansätze. In vier Workshops wurden Lösungsansätze diskutiert und die wichtigsten Pfeiler für eine Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft, gesunde Lebensmittel und ländlichen Raum erörtert. Sieta van Keimpema hat die Position der Milcherzeuger zum Thema Markt und Handel präsentiert.

 

EU-Parlament: Nicholson-Bericht über die Zukunft des EU-Milchmarkts (23.02.)

Der 11-seitige Entwurf des Initiativberichts des EU Parlaments wurde vergangene Woche veröffentlicht. Ziel war es, die Unterstützungsmaßnahmen des Milchpakets zu beurteilen sowie Empfehlungen für Lösungsansätze für das Problem der Marktvolatilität zu geben. Der Berichterstatter James Nicholson ruft die Kommission zur Umsetzung "effizienterer und realistischerer" Sicherheitsnetz-Maßnahmen auf.  Auch fordert er eine Anhebung des Interventionspreises, damit dieser "den aktuellen Produktionskosten und der veränderten Situation des Marktes besser entspricht". Nicholson wünscht sich für den Sektor "integrierte, längerfristige Lieferverträge" sowie Verträge mit einer festen Marge und "die Möglichkeit, den Milchpreis für eine bestimmt Zeit festzulegen". Er empfiehlt zudem weitere Anreize für "die Gründung von Erzeugergemeinschaften und dem Beitreten zu solchen Organisationen, als Instrument zur Verminderung von Ungleichgewichten in der Versorgungskette". Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments wird Anfang Mai über den Bericht abstimmen. Die Plenarabstimmung folgt voraussichtlich im Verlauf des Sommers.

Regina Reiterer, EMB

EMB Agenda

Die wichtigsten Termine des EMB-Vorstands im März 2015:

  • 02.03.:        Treffen Zivildialoggruppe “Milch”
  • 03.03.:        Treffen mit Europaabgeordneten
  • 04.03.:        Vorstellung der Kostenstudie Belgien
  • 04.03.:        Treffen Zivildialoggruppe „GAP“
  • 05.03.:        Debatte über Zukunft des Milchsektors, Ausschuss der Regionen
  • 18.03.:        Konferenz „Milchpolitik für das 21. Jahrhundert“, EDA
  • 31.03.:        Mahnwache und symbolische Aktion EMB

Impressum

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