MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Vor knapp einem Jahr hat die EU das Milchquotensystem abgeschafft. Es stellte sich heraus, dass die rosigen Prognosen der Milchindustrie, des Bauernverbands COPA und der Politiker der GD Landwirtschaft der Europäischen Kommission – wie wir es ihnen vorausgesagt hatten – auf reiner Gier und Wunschdenken basierten. Wie üblich, brachte der 1. April nicht den Befreiungsschlag, sondern war ein schlechter Aprilscherz.

Um abzuschätzen, wie weit die Europäische Kommission mit ihren Prognosen daneben lag, habe ich ein paar ‚alte’ Berichte und Prognosen nachgeschlagen, die ihr als Grundlage für ihre Politik zur Vorbereitung der Abschaffung des Quotensystems (‚weiche Landung’) und die Reform der GAP gedient haben. Eine Studie von GIRA (Beratungs- und Forschungsfirma), die vom Europäischen Kommissar für Landwirtschaft in Auftrag gegeben und am 12. Dezember 2012 vorgestellt wurde, sah einen Anstieg der Milchproduktion von 6,8 Milliarden kg Milch von 2011 bis 2016 vor. Am 5. Dezember 2014 präsentierte GIRA erneut eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, die unter anderem die Milchproduktion hochrechnet und nun für den Zeitraum von 2013 bis 2018 den Anstieg der Milchproduktion auf 12,4 Milliarden kg schätzt. Schaut man sich jedoch Zahlen von Eurostat an, stellt man fest, dass wir in der EU bereits Ende 2015 über 12 Milliarden kg Milch mehr als 2011 produziert haben. Außerdem arbeitet die Kommission immer noch mit Studien von OESO und der FAO über Marktentwicklungen, obwohl sich die Welt aufgrund der geopolitischen Ereignisse radikal verändert hat.

Des Weiteren behauptet der Präsident der Europäischen Kommission, Jean Claude Juncker, in seinem Antwortschreiben an das European Milk Board, das Herrn Juncker aufgefordert hatte, das Marktverantwortungsprogramm umzusetzen, um den Milchmarkt zu stabilisieren, dass dies „den Entscheidungen des Gesetzgebers im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik von 2013 zuwiderlaufe“. Das ist noch nicht einmal eine Halbwahrheit. Es gibt Möglichkeiten und Bedingungen, die ein Eingreifen ermöglichen: Das Initiativrecht des Europäischen Kommissars für Landwirtschaft (in Extremsituationen) wurde in der jüngsten GAP umgesetzt, denn der Vertrag von Lissabon legt eindeutig die Zielsetzungen der GAP fest.

Ich kann nur zu dem Schluss kommen, dass es dieser Europäischen Kommission an der Flexibilität und Bereitschaft fehlt, bei Bedarf den Kurs zu wechseln, und sie stattdessen an veralteten und überholten Studien festhält, ungeachtet aller Folgen für die Milcherzeuger und mit obskuren Beweggründen. Denn auch das letzte Argument der exportorientierten EU-Mitgliedstaaten zugunsten der Liberalisierung des Milchmarkts – zusätzliche Einnahmen durch die zusätzlichen Exporte von Milchprodukten – scheint nicht mehr aktuell zu sein. Das niederländische Zentralamt für Statistik (CBS) hat Daten zu den Veränderungen im Wert der Exporte niederländischer Milchprodukte in den ersten neun Monaten von 2015 (im Vergleich zu den ersten neun Monaten 2014) erhoben. Die Daten zeigen ein verheerendes Bild: Die niederländische Milchindustrie hat insgesamt 175,3 Millionen Euro an Exportwert gewonnen, teilweise außerhalb der EU. Aber die niederländische Milchindustrie hat – größtenteils in der EU – 725,3 Millionen Euro an Exportwert und Marktanteil verloren.

Ein Mitgliedstaat allein hat in den ersten neun Monaten von 2015 über eine halbe Milliarde Euro (550 Millionen) an Exportwert bei den Milchprodukten verloren.

Dies ist ein unmittelbares Ergebnis der Arbeit der niederländischen Milchindustrie, des größten Bauernverbands LTO Nederland und eines Großteils der niederländischen Politik, die auf die Abschaffung des Regulierungssystem für die Milchproduktion gedrängt haben.

Die oben genannten Maßnahmen haben die Milcherzeuger in der EU im Jahr 2015 etwa die Hälfte ihrer Einnahmen gekostet, ihre Liquidität im gleichen Zeitraum halbiert und die Margen auf unter null gedrückt.

Einige Politiker sehen jetzt ein, dass ein Kurswechsel erforderlich ist. Der französische Agrarminister Le Foll gehört dazu, der einige Vorschläge unterbreitet hat. Es ist zwingend erforderlich, dass das EMB an der Erarbeitung neuer Maßnahmen und Kriseninstrumente beteiligt ist, damit sie auch den Milcherzeugern nützen und nicht nur der Milchindustrie und dem Einzelhandel.

Denn wie Albert Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

 

Sieta van Keimpema,

Stellvertretende Vorsitzende des EMB

Lieferverzicht-Maßnahme von Friesland Campina kappt Spitze des Eisbergs

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Das Beispiel der niederländischen Molkerei FrieslandCampina hat gezeigt, dass die Rückführung der Menge über ein Bonus-System technisch machbar und kurzfristig umsetzbar ist.

 

Die zeitlich befristete Maßnahme von FrieslandCampina - durch einen Mangel an Verarbeitungskapazitäten der Molkerei initiiert - führte zu einer Reduktion der Milchmenge von rund 35 Millionen kg Milch. Der niederländische Konzern hatte seinen Mitgliedern einen Bonus von 2 Cent/kg Milch gezahlt bei einer Lieferbegrenzung im Zeitraum zwischen 1. Januar bis 11. Februar 2016.

Laut der Genossenschaft haben sich rund 60 Prozent der Mitglieder an der Maßnahme beteiligt. Insgesamt wurden 14,1 Millionen Euro im Rahmen der Bonusregelung an die teilnehmenden Mitglieder ausbezahlt.

 

Begrenzter Effekt auf Milchproduktion im Januar 2016

Die niederländischen Milcherzeuger haben ihre Produktion im Januar dieses Jahres deutlich gesteigert. Die Milchlieferungen stiegen um 15,5% auf 1,21 Mio. Tonnen gegenüber dem Vorjahresmonat. Laut RVO.nl (niederländisches Amt für Unternehmer) sei die Wirkung der Produktionsbeschränkung von FrieslandCampina auf die Milchproduktion im Januar 2016 nur begrenzt. Ohne Lieferverzicht hätte sich die Milchmenge um 17,5% erhöht.

Die Zahlen aus den Niederlanden sprechen eine deutliche Sprache. Mit dem Wegfall der Quote wird auf Teufel komm raus gemolken. Der milde Winter hat die hohen Milchanlieferungen im Januar noch verstärkt. Nur im Norden der Niederlande hat ein kurzer und intensiver Winter zu Problemen bei der Milchsammlung geführt. Im Januar 2015 hatten die niederländischen Milchbauern deutlich weniger produziert, um eine Abgabe im letzten Quotenjahr zu vermeiden.

Die Anreizprogramme zum Lieferverzicht zeigen Wirkung. Allerdings muss klar gesagt werden, dass die Interessen einer einzelnen Molkerei im Vordergrund stehen und die Wirkung nur regional begrenzt ist. Um eine nachhaltige Erholung des europäischen Milchmarktes zu ermöglichen, muss ein Rechtsrahmen auf EU-Ebene gesetzt werden.

Sieta van Keimpema, EMB

Angebotsreduzierung und Lieferverzicht in der Diskussion

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© European Union, 2016

Das Modell von FrieslandCampina macht Schule. Der niederländische Molkereikonzern hat mit der Bonuszahlung für freiwilligen Lieferverzicht Nachahmung in weiteren Ländern gefunden.

 

 

Schweiz: Molkerei Emmi honoriert Lieferverzicht

Die größte Schweizer Molkerei Emmi hat ihren Lieferanten Mitte Februar angekündigt, einen Lieferverzicht finanziell zu unterstützen. Für jedes Kilo Milch, dass gegenüber dem Vorjahresmonat weniger geliefert wird, sollen 10 Rappen (ca. 9 Cent) bezahlt werden. Die Maßnahme ist befristet für die Monate März und April und freiwillig für die Produzenten.

 

Österreich: Bonus/Malus-Modell der Gmunder Milch

Die drittgrößte österreichische Molkerei, die Gmundner Milch, hat ab 1. März ein Bonus/Malus-Modell beschlossen, um die Liefermengen zu reduzieren (vorerst ohne zeitliche Begrenzung). Als Basis soll entweder die 2015 gelieferte durchschnittliche Monatsmilchmenge bzw. die frühere Referenzmenge herangezogen werden.

Als Basispreis werden 27 Ct/kg netto bezahlt, ab 5 % Unterlieferung gibt es einen Zuschlag. Wenn ein Betrieb diese Menge ab März um mindestens 5 % unterliefert, erhält er für die Liefermenge 1 Ct/kg netto Zuschlag. Ab einer Unterlieferung von 10 % beträgt der Zuschlag für die Liefermenge 2 Ct/kg netto. Wenn hingegen ein Betrieb die Basismenge um mehr als 5% überliefert, gibt es für die gesamte Milchmenge einen Abzug von 2 Ct/kg netto. Betriebe, die mehr als 10 % überliefern, erhalten 4 Ct/kg netto Abzug.

 

Bonus für Mengenbegrenzung in der politischen Diskussion

Auch auf politischer Ebene werden nun endlich Anreize für Mengenbegrenzung diskutiert. Der französische Agrarminister Le Foll hat Ende Februar ein ausführliches Modell für Mengenreduzierung über einen freiwilligen Lieferverzicht eingereicht und 3 verschiedene Optionen ausgearbeitet (u.a. auch eine bindende Mengenreduzierung in den Mitgliedsstaaten). Vorschlag Agrarminister Le Foll in Englisch oder Französisch.

Auch der deutsche Agrarminister Christian Schmidt bewegt sich: Deutschland und Frankreich haben diese Woche einen gemeinsamen Forderungskatalog für den Milch- und Schweinemarkt aufgesetzt, der den europäischen Agrarministern am 14. März präsentiert werden soll. Darin ist u.a. die Einführung von Maßnahmen für eine freiwillige Mengenbeschränkung von Milcherzeugern und Molkereien vorgesehen, um einen wirksamen Preisanstieg über die Steuerung der Milchmenge zu ermöglichen, ergänzt durch eine finanzielle Unterstützung der EU.

EU Agrarkommissar Hogan ist nun auch bereit, sich mit einem freiwilligen Mengenmanagement im Milchmarkt in Zeiten von Preisstürzen zu beschäftigen (nach Artikel 222 der GMO). Er zeigt sich offen für den Ansatz, der Produzentenorganisationen und Genossenschaften bei diesem Mengenmanagement mit einbezieht.

 

Aus der Sicht des EMB ist es absolut wichtig, Mengenbegrenzung auf europäischer Ebene zu diskutieren und einen Rechtsrahmen auf EU-Ebene zu schaffen. Maßnahmen einzelner Marktakteure sind zu begrüßen, verpuffen aber im Gesamtmarkt! Die Eigeninteressen der Molkereien dürfen nicht einer Gesamtlösung im Wege stehen. Der Lieferverzicht wird auch nur dann die gewünschten Effekte zeigen, wenn gleichzeitig die Milchanlieferung auf europäischer Ebene gedeckelt wird (Bonus/Malus-Modell unseres Marktverantwortungsprogrammes).

Regina Reiterer, EMB

EU-Agrarpolitik darf europäische Erzeuger nicht weiter gegeneinander aufbringen

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Aktuelle EMB Pressemitteilung: Für ein Miteinander, für den sozialen Frieden in der EU!


 

Die Europäische Union ist längst nicht mehr die solidarische und friedenssichernde Institution, die sie für viele von uns für lange Zeit war. Ob beim Brexit, Grexit, in der Flüchtlings- oder der Finanzkrise: Es wirken momentan viele Kräfte, die die Länder der EU eher voneinander weg, als aufeinander zu bewegen.  Auch der Agrarsektor trägt heute zur Spaltung der Union bei. Hier die Forderung nach einer wirklichen GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK!

Brüssel, 24.02.2016: Wir brauchen eine Politik, die die Menschen wieder einander näherbringt. Das betrifft alle Sektoren, insbesondere aber auch den Agrarsektor. Die aktuelle Landwirtschaftspolitik hat eine Krise hervorgebracht, die die Agrarpreise zerstört und damit den Bäuerinnen und Bauern ihr Einkommen und ihre Lebensgrundlage entzieht. Die Reaktion der Erzeuger darauf ist sehr typisch für solche sozialen Missstände: Neben starken Protesten gegen die Politik gibt es auch viele Fälle, in denen Produzenten gegen ihre Kollegen aus anderen Ländern vorgehen.  So werden beispielsweise Milchtanks aus den Nachbarländern gestoppt und auf offener Straße geleert, um zu verhindern, dass ausländische Milch den schon übersättigten nationalen Markt noch weiter belastet. Panisch werden die eigenen Molkereien und Konsumenten aufgefordert, nur noch nationale Produkte zu verarbeiten bzw. zu kaufen. Die Notlage drängt die Bauern in einen Ressourcenkampf mit dem  Nachbarn, der aber selbst ums Überleben kämpfen muss. Denn auch sein Markt ist völlig übersättigt.

 

Gemeinsame Agrarpolitik wird nicht genutzt

Das alles ist umso schmerzlicher, da die Europäische Union ja eigentlich über eine gemeinsame Agrarpolitik verfügt, die die Krise auf EU-Ebene für alle Länder lösen könnte. Für den Milchsektor beispielsweise bräuchte es eine zentrale Mengenbremse in Krisenzeiten, die über einen freiwilligen Lieferverzicht und weitere Elemente des Marktverantwortungsprogramms umgesetzt werden kann. Damit könnte für alle Länder die Marktübersättigung fair beseitigt werden. Jedoch nutzt man diese Chance der gemeinsamen Agrarpolitik nicht, sondern treibt im Gegenteil den nationalen Egoismus, der aus Verzweiflung rührt, weiter an.

Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland, Niederlande und Irland halten an einer produktionssteigernden Politik fest und sind dabei blind gegenüber ihrer Verantwortung, den sozialen Frieden in der EU aufrecht zu erhalten.

 

Vorschläge der Mitgliedsstaaten müssen zum Einsatz von Mengenbremse führen

Bis morgen, den 25.02.2016, sollen die Mitgliedsstaaten bei der EU-Kommission Vorschläge zum Lösen der Krise eingereicht haben. Es wäre wichtig, dass dies letztlich zum Einsetzen einer Mengenbremse führt. Nun liegt das zum einen an der Ausgestaltung der Vorschläge selbst, zum anderen aber auch an deren Einschätzung durch die EU-Kommission. Wenn diese sich aus den eingereichten Konzepten wieder nur die Punkte herauspickt und voranbringt, die ihrer eigenen Strategie entsprechen – sprich Bereitstellung von Krediten zur Weiterproduktion, Ausfuhrförderung etc. – dann wird einmal mehr deutlich werden, wie sehr sie ihre Stellung missbraucht. Und es wird sich dann erneut ganz klar zeigen, wie wenig sie von ihrer Verantwortung für den sozialen Frieden in der EU versteht und wie schlecht sie dieser Verantwortung gerecht wird.

Halten wir fest: Es besteht in der EU die Chance, gemeinsam das Problem der Überproduktion auf dem Milchmarkt anzupacken und die Bäuerinnen und Bauern sowie die Verbraucher in den einzelnen Ländern nicht hängen zu lassen. Nutzen die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten – allen voran Deutschland – diese Chance nicht, dann werden die Rufe, die die Durchlässigkeit der eigenen Landesgrenzen gegenüber anderen EU-Staaten verfluchen, noch lauter werden. Die Gefahr ist groß, dass das die EU nicht nur brüchig macht, sondern dass es sie letztlich auseinander sprengt.

Das European Milk Board spricht sich für eine Europäische Union aus, in der gemeinsam und solidarisch für den Frieden und Wohlstand ihrer Bürger agiert wird. Die EU-Agrarpolitik darf die europäischen Erzeuger nicht weiter gegeneinander aufbringen!

Die Milchkrise: globale Auswirkungen von Exporten und lokale Lösungen

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© ECVC

Am 14. Januar 2016 fand in Brüssel eine öffentliche Debatte über die globalen Auswirkungen von Exporten statt. Der folgende Bericht bietet eine Zusammenfassung der Präsentationen und Diskussionen im Rahmen der Veranstaltung, die gemeinsam von der Europäischen Koordination Via Campesina (ECVC), FIAN Belgien, der Vereinigung Mouvement d’Action Paysanne (MAP) und der FUGEA organisiert worden war.

 

Kannayian Subramanian, Henri Lecloux und Yvon Deknudt, Milcherzeuger aus Indien und Belgien, äußerten sich während der Diskussion kritisch gegenüber der EU Politik der freien Marktwirtschaft. Als Alternative stellten sie konkrete  und nachhaltige Vorschläge zum Wohle der Gesellschaft, der Umwelt und der lokalen Bevölkerung vor.

Angesprochen haben sie in der Debatte unter anderem vorbildhafte, weitgehend auf ihrer eigenen Erfahrung aufbauende Beispiele, wie zum Beispiel die beeindruckenden Milchgenossenschaften in Indien sowie auf kurze Versorgungswege aufbauende Initiativen in Belgien. Die Redner sowie verschiedene Teilnehmer unterstrichen zudem die kritische Situation eines Großteils der europäischen Milcherbauern sowie die mit dem EU-Indien Freihandelsabkommen verbundenen Gefahren für 90 Millionen Milcherzeuger in Indien. In Bezug auf die enge Verbundenheit der EU mit der Unternehmenswelt, betonten die Teilnehmer die Notwendigkeit einer Regulierung der Milcherzeugung in der EU sowie einer Rückkehr zu kleineren, "menschlichen" Betrieben.

Den ungekürzten Bericht auf englischer oder französischer Sprache finden Sie hier.

Geneviève Savigny und Jose-Miguel Pacheco, ECVC

Nordirland: Bericht zum Erzeugerpreisgesetz

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© FFA

Farmers For Action (FFA) im Vereinigten Königreich und Nordirland und der nordirische Verband landwirtschaftlicher Erzeuger (Northern Ireland Agricultural Producers Association – NIAPA), die sich bei den großen Fragestellungen für Nordirland unter dem Banner der „Northern Ireland Farm Groups“ zusammentun, verfolgen ein Gesetzesvorhaben zu den Erzeugerpreisen, über das wir bereits berichtet haben.

Ziel dieses Vorhabens ist, den nordirischen Bauernfamilien ein Mindesteinkommen zu sichern, das sich aus den Produktionskosten zuzüglich einer inflationsgekoppelten Marge für alle Grundnahrungsmittel einschließlich Milch zusammensetzt.

Die Arbeit an dem Gesetzesvorhaben mit den Politikern im nordirischen Parlament und im Agrarausschuss läuft seit über zwei Jahren, als die Idee zuerst geboren wurde, und es war von Anfang an ein Lernprozess.

Uns wurde geraten, das Gesetzesvorhaben vor den nordirischen Wahlen im Mai 2016 unter Dach und Fach zu bringen. Der erste Teil des Pakets bestand darin, einen Sachverständigenbericht in Auftrag zu geben. Der Wirtschaftswissenschaftler Paul Gosling lieferte seinen Bericht im Januar dieses Jahres mit folgendem Titel: ‚On the Eve of Destruction: the Case for Stormont intervention to save Northern Ireland’s farming industry’ (Kurz vor der Zerstörung: Was für den Eingriff des Parlaments zur Rettung der nordirischen Landwirtschaft spricht). Der 13-seitige Bericht stellt zunächst fest, wie schlimm die Lage bis Ende 2015 für die bäuerliche Landwirtschaft in Nordirland war (neue Zahlen, die jüngst vom nordirischen Landwirtschaftsministerium bekanntgegeben wurden, zeigen einen weiteren Rückgang im Einkommen der nordirischen Betriebe von 41%). Der Bericht erläutert dann, wie gut die Situation sein könnte, würde die nordirische Regierung Rechtsvorschriften über die Erzeugerpreise beschließen: Prognostiziert wird die Entstehung von 10.000 – 20.000 neuen Arbeitsplätzen mit kurzfristigen Einsparungen in Höhe von 280 Millionen Pfund für Sozialleistungen und einer Steigerung des Wohlstands in Nordirland.

Diese Arbeitsplätze würden wie folgt entstehen: 60% der nordirischen Landwirte betreiben ihren Hof im Nebenerwerb und im Schnitt würde bei diesen 60% eine Person pro Betrieb ihren Arbeitsplatz in der Stadt, im Gesundheitswesen, als Lehrer, Architekt etc. aufgeben und wieder Vollzeit im Betrieb arbeiten, wenn dieser rentabel wäre, womit in den Städten und auf dem Land viele neue, hochwertige Arbeitsplätze frei würden. Die anderen 40%, die einen Haupterwerbsbetrieb haben, möchten neben ihren allgemeinen Landarbeitern dringend ausgebildete Fachkräfte einstellen. Daher behaupten wir – was wir auch nachweisen können – dass dies im Schnitt mindestens einem neuen Arbeitsplatz pro Betrieb entspricht. Laut University College Dublin schafft ein Arbeitsplatz in einem landwirtschaftlichen Betrieb vier weitere Arbeitsplätze in den nachgelagerten Bereichen der Nahrungsmittelindustrie, im Sektor der ländlichen Dienstleistungen, im verarbeitenden Gewerbe etc. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass Landwirte von etwa 123 unterschiedlichen Lieferanten kaufen und zwar alles von Computersystemen über Reifen bis hin zu Maschinen, Schuppen, Beton, Veterinärbedarf, Dienstleistungen etc.

Die zweite Empfehlung zum Gesetzesvorhaben lautete, dass Northern Ireland Farm Groups den Wortlaut des Gesetzesvorschlags verfassen und nach den Wahlen bereithalten soll, was derzeit von einem Experten durchgeführt wird, sodass wir die Kontrolle über den Inhalt behalten. Unsere größte Schwierigkeit besteht derzeit darin, den Massenmedien, der Politik und der breiten Öffentlichkeit den Zusammenhang zu vermitteln und ihr Verständnis dafür zu gewinnen, dass der Wohlstand eines Volks mit dem Land und Innovationen beginnt und die größte Branche in Nordirland sich derzeit im Niedergang befindet, weil es den Erzeugern aufgrund der Lebensmitteleinzelhandelskonzerne, der Großhandelskonzerne und in geringem Umfang der Verarbeitungskonzerne an Einnahmen fehlt. Diese nutzen ihre zunehmend dominante Position aus, um die Erzeuger bei der Abnahme ihrer Produkte finanziell auszubeuten, wie der Bericht von Gosling ebenfalls deutlich macht. Daher haben wir unsere Kampagne zur Öffentlichkeitsarbeit verstärkt, um die nordirischen Wähler zu überzeugen, nur für politische Parteien / unabhängige Kandidaten zu stimmen, die sich verpflichten, dieses Gesetz sofort nach den Wahlen zu verabschieden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir versuchen, in Nordirland mit unserem Gesetzesvorhaben bald das zu erreichen, was die EU schon vor Jahren für die bäuerliche Landwirtschaft in Europa hätte tun sollen, um von sich behaupten zu können, dass sie ihrer Pflicht den Menschen gegenüber gerecht wird, wie sie in den Verträgen festgelegt wird.

William Taylor, Koordinator der FFA für das Vereinigte Königreich und Nordirland und für die Northern Ireland Farm Groups

Kurznachrichten aus Brüssel

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Agrarrat - Vorschläge der Agrarminister

Die Agrarminister haben ihre Vorschläge zur Bekämpfung der Milchkrise eingereicht. Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden im Rahmen des Sonderausschusses für Landwirtschaft am 7. März diskutiert und dienen als Grundlage für den Agrarrat (14. März).

Einig sind sich die Minister darüber, dass etwas getan werden muss. Was konkrete Maßnahmen betrifft, gehen die Meinungen allerdings stark auseinander.

Frankreichs Agrarminister Le Foll hat ein detailliertes Modell für Mengenreduzierung über einen freiwilligen Lieferverzicht eingereicht und 3 verschiedene Optionen ausgearbeitet (u.a. auch eine bindende Mengenreduzierung in den Mitgliedsstaaten). Maßnahmen für Mengenreduzierung werden bereits von vielen Ländern gefordert. Irland und Großbritannien sprechen sich dezidiert gegen Mengenregulierung aus.

Einzelne Länder fordern mehr Unterstützung für den Markt, u.a. direkte finanzielle Hilfen für die Landwirte. Maßnahmen zum Interventionspreis und privaten Lagerhaltung werden ebenfalls von mehreren Mitgliedsstaaten gewünscht.

Die stärker liberal ausgerichteten Länder wie Irland, Großbritannien und Dänemark, wünschen sich mehr Marktorientierung. Gefordert werden Maßnahmen zur Aufhebung des russischen Embargos, Exportfördermaßnahmen und -kredite, Terminmärkte und das Aufheben von nicht-tarifären Handelshemmnissen. Die Kommission wird aufgefordert, nach neuen Märkten zu suchen.

Die Vorschläge der einzelnen Länder sind hier abrufbar (Document Number: 6484/16).

 

Das EU-Freihandelsabkommen Ceta ist fertig

EU und Kanada haben sich auf einen Rechtstext für den Freihandelsvertrag (CETA) geeinigt. Somit steht der finale Text des Abkommens fest, nachdem die Verhandlungen offiziell schon im Jahr 2014 beendet wurden. Kanada akzeptiert für das Freihandelsabkommen mit der EU das neue EU-Konzept für den Investitionsschutz mittels eines ständigen bilateralen Gerichts. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist zuversichtlich, dass CETA 2016 unterzeichnet wird und 2017 in Kraft tritt.

Kritikern gehen die Nachbesserungen nicht weit genug und sehen eine Gefahr für Konsumenten und Landwirtschaft. Der Text existiert zur Zeit nur auf Englisch, die Übersetzung des 1600-Seiten starken Vertrags wird folgen.

Pressemitteilung der EU-Kommission

Regina Reiterer, EMB

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