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Newsletter November 2009

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Lässt man Revue passieren, was in den letzen Wochen und Monaten in Europa bei den Milchbauern geschieht, reihen sich unzählige Bilder vor den eigenen Augen auf.  Bilder von protestierenden Menschen, in großer Zahl Transparente schwenkend vor politischen Amtsgebäuden, auf Straßen und Plätzen - europaweit. Man muss nicht unbedingt in Paris, Berlin, Rom, Amsterdam, Brüssel,  Bern, Luxemburg Stadt oder Wien vor Ort sein, um mitzuerleben, wie sich auf dem Kontinent eine wichtige Bewegung ihren Weg bahnt.  Ganz Europa ist Protestschauplatz. An die achtzigtausend Milchbäuerinnen und Milchbauern aus den unterschiedlichsten Teilen Frankreichs, Deutschlands, Italiens, der Niederlande, Belgiens, der Schweiz, Luxemburgs und Österreichs, aber auch Spaniens protestieren seit dem 10. September vehement gegen eine EU-Politik, die ihre wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzt. Ob durch das Zurückhalten ihrer Milch, die Teilnahme bei Demonstrationen, Schlepperfahrten, Autobahn- und Molkereiblockaden oder Mahnfeuern – sie setzen sich in ihrer Region und oft hunderte Kilometer davon entfernt für Rahmenbedingungen ein, die kostendeckende Preise für ihre Milch überhaupt erst ermöglichen. Jeder von ihnen tut es gemeinsam mit zehntausenden europäischen Berufskollegen aus dem European Milk Board.

Als ein Resultat dieser Proteste sind über 500 Millionen Liter Milch in acht Ländern nicht an die Molkereien geliefert worden. Die Marktbereinigung, die die Milcherzeuger damit vorgenommen haben, hat die Spotmärkte und auch die ersten Produktmärkte positiv beeinflusst. Hier sind die Preise schon angezogen. Auch die Politik hat auf die starken Aktionen reagieren müssen. In den verschiedenen Ländern wurde von Ministern und Regierungschefs den Milchproduzenten Unterstützung zugesagt und auf  mehreren Sondertreffen auf nationaler und europäischer Ebene die für die Milcherzeuger katastrophale Lage diskutiert. Eine High Level Gruppe wurde eingerichtet, in der die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zur Entspannung ausloten sollen und bei der EU-Agrarratssitzung am 19. Oktober in Luxemburg verkündete eine Mehrheit der Agrarminister, dass die Menge am Milchmarkt tatsächlich ein Problem darstellt.  Der EU-Rechnungshof hat zudem Mitte Oktober in einem Bericht die Defizite der bisherigen EU-Kommissionsstrategie aufgezeigt und die EMB-Position dabei gestärkt.

Es muss sich nun unter anderem bei der Sitzung des EU-Agrarrates am 19. und 20. November zeigen, ob man in der Politik auch wirklich „verstanden“ hat, warum es geht. Es steht auf der einen Seite eine flexible Mengenregulierung als effektive Maßnahme. Dem gegenüber und auch dem entgegen steht eine Subventions-, Interventions- und Exportdumpingpolitik, die die Probleme nicht lösen kann, sondern sie im Gegenteil noch verstärkt. Das Resultat solch einer Politik ist bekannt und lässt sich mit den Stichworten EU-Butterberge und Milchseen sehr bildhaft beschreiben. 

Der katastrophalen Milchsituation muss man mit effektiven Mitteln begegnen. Daher treten die protestierenden Milcherzeuger in ganz Europa für eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage - für die flexible Mengenregulierung - ein. Entscheidet man sich in der EU-Politik dagegen und bedient damit allein andere als die Milcherzeugerinteressen, dann ist das eine falsche Entscheidung. Aber damit ist die Auseinandersetzung nicht zu Ende. Die starken Proteste werden unvermindert weitergehen. Vor allem aber werden die europäischen Milcherzeuger ihre Aktivitäten verbreitern und den notwendigen Systemwechsel praktisch einleiten.

In diesem Newsletter möchten wir Ihnen die Kraft der Milchbäuerinnen und Milchbauern in Europa näherbringen und ihren unermüdlichen Einsatz würdigen.  Lesen Sie in Artikeln von Milcherzeugern aus Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien, Österreich, der Schweiz, Irland und Großbritannien Beispiele zu den Protesten und informieren Sie sich über die derzeitige Situation in den Ländern.

Die bisherige Politik der EU ist auf der einen Seite nicht geeignet die Krise auf dem europäischen Milchmarkt zu lösen. Auf der anderen Seite schadet sie Milcherzeugern außerhalb Europas, wie ein Interview mit dem Vizepräsident des Ost- und Südafrikanischen Milchverbands (ESADA), Koos Pienaar, verdeutlicht. Er hat während eines Besuchs im September in Brüssel beim Austausch mit europäischen Milcherzeugern aber auch festgestellt, wie problematisch die Situation für die Berufskollegen in Europa  selbst ist. Sein Fazit: Allein hat man wenig Chancen.  Weltweit sollten die Milchproduzenten zusammenwachsen und gemeinsam aktiv werden. 

Dass besonders auf europäischer Ebene in Punkto gemeinsam agieren schon sehr viel geschehen ist,  davon können Sie sich jetzt auf den folgenden Seiten unseres Newsletters überzeugen.


Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.


Viele Grüße


Silvia Däberitz,

European Milk Board

 

Frankreich

In Paris wurde am 10. September von den Milcherzeugern der Organisationen OPL (Organisation des Producteurs de Lait) und der APLI (Association des Producteurs de Lait Indépendants) angekündigt, keine Milch mehr an die Molkereien zu liefern. Damit hat die große Protestwelle begonnen, der sich in den folgenden Tagen und Wochen Milchproduzenten aus ganz Europa angeschlossen haben und auf die die europäische Politik mit angemessenen Maßnahmen der Mengenregulierung reagieren muss.  Beispiele für französische Aktionen im Oktober sind:

Am Freitag, den 2. Oktober, kam es in Mésanger in der Region Loire Atlantique zu einer starken gemeinsamen Aktion, bei der sich zahlreiche Bauern der APLI und Confédération Paysanne anschlossen, um mit 1.000 Traktoren eine Sternfahrt zu machen und so die ungeminderte Mobilisierung der Milcherzeuger zu symbolisieren und ihrer Erwartung Ausdruck zu verleihen, dass sich Europa klar für eine Regulierung entscheidet.

Am Montag, den 5. Oktober, haben sich die Milcherzeuger der OPL zeitgleich zur Kundgebung in Brüssel überall in Frankreich mobilisiert, um den Druck aufrecht zu erhalten: In den verschiedenen Departements wurden Picknicks und Konvois zu den Präfekturen organisiert, außerdem haben sich die Bauern in mehreren Departements mit ihren Schleppern auf den Weg zu Molkereien gemacht, um eine Botschaft abzugeben. In Caen haben die Bauern mit ihren Schleppern den Verkehr ausgebremst und eine gemeinsame Sternfahrt gemacht.

Am Montag, den 19. Oktober, hat der EMB anlässlich der Tagung des Ministerrats in Luxemburg demonstriert. Dem Konvoi schlossen sich etwa 50 Schlepper an. Fast alle Departements im Pays de la Loire sind an diesem Tag nach Paris gefahren, um dort an einer gemeinsamen Demo teilzunehmen, bei der etwa 1.000 Demonstranten zusammenkamen und vor dem Eifelturm Ballons in den Himmel stiegen ließen. Die gleiche Art gemeinsamer Aktion mit einem Konvoi und dem Aufsteigen von Ballons wurde auch in Rennes und in Epinal organisiert.

Anne-Lise Montay, Coordination Rurale Haute Normandie

 

Deutschland

Aktive Milcherzeuger - In unzähligen Protestaktionen haben die deutschen Milchbäuerinnen und Milchbauern schon in den vergangenen Wochen die Politik mit ihren Forderungen nach einem fairen Milchpreis adressiert. Aktuell finden die bundesweit angelegten „Montagsschweigemärsche“ durch die Innenstädte immer größeren Zuspruch. Damit verbunden werden Gottesdienste sowie die Kontaktaufnahme mit anderen Interessensgruppen und den Verbrauchern. Schwerpunktmäßig in Süddeutschland wurden von Milcherzeugern verschiedenste Auslieferungslager des Lebensmitteleinzelhandels mit Traktoren angefahren und auf die prekäre Situation hingewiesen. Dabei entstanden Verzögerungen bei der Belieferung der Discounter.

Milchmarkt - Für den deutschen Milchmarkt hatte die Angebotsverknappung durch den europäischen Lieferstopp deutliche Auswirkungen. Die Preise für vertraglich nicht langfristig gebundene Milch (Tagesmilch) haben sich in den letzten drei Wochen auf 27 - 30 Cent/kg, vereinzelt auch 30 Cent/kg (Basis 3,7 % Fett/3,4 % Eiweiß) eingependelt. Die Preise für Deutsche Markenbutter sind von 2,40 €/kg auf 3,20 €/kg gestiegen. Bei den Milcherzeugern kommt diese positive Entwicklung bisher nicht an, die Auszahlungspreise, vor allem bei den Großmolkereien, verharren auf dem sehr niedrigen Niveau (z. B. Hochwald 20 Cent/Basispreis).

Bildung Bundesregierung - Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, FDP und CSU ist das Milchthema das Streitthema. Während CDU und FDP weitgehend auf einen Abbau der Milchmengensteuerung setzen, besteht die CSU bisher auf Festlegungen, die eine Angebotsanpassung an die Marktnachfrage ermöglichen würden. So soll die Quotenerhöhung in der Reserve belassen  und zum nächsten Wirtschaftsjahr auch das Thema Saldierung wieder angegangen werden.

Zum nahenden Ende der Koalitionsverhandlungen wird jetzt eine weitere Unterstützung der Bauern in Höhe von 800 Mio. € in 2010 vermeldet. Insgesamt wird für die nächsten drei Jahre von zusätzlichen Finanzhilfen in Höhe von rund 2 Mrd. € gesprochen. Ersten Erkenntnissen  nach werden da auch schon bisher gewährte Zuschüsse mit eingerechnet. Es wird also Augenwischerei betrieben. Inwiefern sich die CSU-Vorstellungen in der Regierungsvereinbarung zwischen Union und FDP wieder finden, ist bisher nicht durchgedrungen.

Hans Foldenauer, BDM

 

Belgien

In Belgien nehmen die Bäuerinnen und Bauern  sehr intensiv an den europäischen Protesten teil. Nach der Aktion am 16. September, bei der drei Millionen  Liter Milch auf ein Feld in Ciney gebracht wurden, war die Dringlichkeit der Milchproblematik mit einem Mal im europäischen Bewusstsein  angekommen.

Aktuell herrscht in Belgien Zufriedenheit unter den Bauern. Das bisher Erreichte, d.h. die Aktionen und Beschlüsse der Agrarministertreffen in Brüssel und Luxemburg, vor allem das Resultat aus Luxemburg am 19.10. zur Stilllegung der Milchmenge aus der nationalen Quote, gibt den Bauern Hoffnung. Sie merken, dass es Schritt für Schritt vorangeht. Das Einfrieren der nationalen Quote in Belgien scheint durchaus durchsetzbar. Die Bauern hoffen jedoch, dass auch die anderen EU-Mitgliedstaaten Quotenmengen vom Markt nehmen, denn es würde keinen Sinn machen, wenn nur in Belgien alleine die Quoten gekürzt würden.

Wir erwarten, dass in den einzelnen Ländern alles unternommen wird, damit die Beschlüsse, die jetzt gefasst wurden, auch umgesetzt werden und dass der Erfolg auf unserer Seite sein wird. Falls nötig, sind wir jederzeit bereit neue Aktionen zu starten.

Erwin Schöpges, Milch Interessengemeinschaft (MIG)

 

Italien:

Wir waren beim Start des französischen Milchstreiks in Paris dabei und erklärten uns am 15.09.09 offiziell solidarisch mit den französischen Milchbauern. Damit begann die Nichtanlieferung von 50 % der in Italien erzeugten Milch. Wir luden die Konsumenten auf unsere Höfe ein und verteilten Gratismilch, so hatten wir die Möglichkeit sie über die Ereignisse zu informieren.

Als über 200.000 Liter Milch in der Nähe der großen Privatkäserei Ambrosi ausgebracht wurden, waren fünf Kamerateams anwesend, die die Aktion filmten und in den Abendnachrichten zeigten.

Ab dem 21.09. haben unsere Mitglieder ihre gesamte Milch weggeschüttet. Bis zum 26.09.09 fanden zahlreiche Aktionen in ganz Italien statt, darunter die Blockaden des Brenner, Frejus und Tarvisio. In den Städten wurde Gratismilch verteilt und vor dem Regierungspalast „Chigi“ ein Milchsee geschaffen. Es kam auch zu Gesprächen mit der Politik. Berlusconi und der Landwirtschaftsminister Zaia trafen sich mit uns, um die Situation am Milchmarkt zu diskutieren. Am Abend des 26.09. haben wir den italienischen Milchstreik offiziell beendet, wobei die Aktionen aber fortgeführt wurden – so haben wir in den Feldern bei Soncino unter großer Medienteilnahme über 3 Millionen Liter Milch  ausgebracht. Bei Beginn der Milchaktionen und des Europäischen Milchstreiks lag der Preis in Italien für einen Liter Milch mit einem Fettgehalt von 3,7 % und einem Eiweißgehalt von 3,25 % bei 28 Cent. Aktuell liegt er nun bei 33 Cent.        

Sara Abelini, APL della Pianura Padana

 

Österreich

Beim Einstellen der Milchanlieferungen waren viele Milcherzeuger Österreichs dabei und auch zahlreiche starke Protestaktionen fanden in dem Alpenland statt. Mit Bussen fuhr man zudem zu wichtigen Ereignissen außerhalb des Landes, um gemeinsam mit den europäischen Kollegen aktiv zu sein. Nach ihrer Teilnahme am großen Protest vom 5. Oktober in Brüssel zeigten die österreichischen Milchbäuerinnen und Milchbauern auch am 12. Oktober beim außerordentlichen Agrarministerrat in Wien, dass IG-Milch und EMB so lange nicht locker lassen werden, bis es zu einer dauerhaften Lösung der Milchmarktprobleme kommt. Hunderte Bauern machten mit ohrenbetäubendem Lärm auf sich aufmerksam und gaben so den tagenden Agrarministern Unterstützung gegen die sture Haltung von Kommissarin Fischer Boel und der EU-Kommission.

Um die nationalen Spielräume der Milchpolitik (Saldierung….) künftig besser auszuschöpfen, wird auch weiterhin der Druck auf die nationale Politik aufrecht gehalten. Mahnfeuer werden entzündet und zahlreiche politische Gespräche geführt.

Auch an den Demonstrationen in Luxemburg am 19. Oktober beteiligten sich die österreichischen Milchbauern. Die großartige Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus ganz Europa und deren unermüdlicher Einsatz führten zu einer umfassenden Berichterstattung von Radio, Fernsehen und Zeitungen über die Ereignisse von Luxemburg. Der Grundtenor in den Medien lautete meist: „Etappensieg für die Bauern“.

Walter Stadlober, IG-Milch

 

Schweiz

Der Bauernaufstand in der Schweiz und Europa in den letzten Wochen hat starke Unterstützung aus der Bevölkerung erfahren. Die große Mehrheit der Verbraucher hat demonstriert, dass sie bereit ist, etwas mehr für einen Liter Milch zu zahlen, wenn sie die Gewissheit haben, dass der Preisunterschied beim Erzeuger ankommt.

Die Schweizer Milcherzeuger erhalten derzeit einen Auszahlungspreis von 55 Rappen/Liter, ein kostendeckender Milchpreis liegt zwischen 98 Rappen und 1,17CHF/Liter. Innerhalb eines Jahres ist der Milcherzeugerpreis um über 20% gesunken. Die Schuld für die derzeitige Überproduktion trägt die Milchindustrie, die auf Produktion gedrängt hat, ohne die Absatzmärkte für die Produkte zu sichern, schlechtes Management und ein laxer Ansatz seitens des Bundesamts für Landwirtschaft beim Auslaufen der Milchkontingentierung sowie Erzeuger, die eng mit der Industrie verstrickt sind und dem Wahnsinn der Produktion erlegen sind. Diese haben es vorgezogen, um jeden Preis zu produzieren, ohne an die Folgen zu denken.

Diese Situation führt zu einem massiven Höfesterben und einer äußerst schlechten Verteilung der Milcherzeugung auf dem Staatsgebiet. Die Exportsubventionen sind nicht im Geringsten geeignet, das schwer wiegende strukturelle Problem der Schweizer Milcherzeuger zu lösen, da es sich hier nur um eine punktuelle und ansatzweise „Feuerwehrlösung“ handelt. Sie nutzt nur der Milchindustrie, die Milchpulver und Fettextrakt herstellt.

„Die Vorschläge der Interprofession lösen in keiner Weise die Probleme der Überproduktion“, meint Isolda Agazzi von der Alliance Sud. Sie verlangt, dass die Überschüsse auf Märkte außerhalb der Europäischen Union exportiert werden. Selbst bei einer Abdeckung des Unterschieds zwischen dem Schweizer und dem Weltmarktpreiss über private Mittel wären Exporte zu Dumpingpreisen die Folge. Es bleibt unsere Befürchtung, dass der Bundesrat früher oder später beschließen wird, trotzdem wieder Exportsubventionen einzuführen, wie er es bereits im Juni 2009 getan hat (14 Millionen Francs) und dabei dem schlechten Beispiel der Europäischen Union und der USA folgte. Die Exportsubventionen für Agrarprodukte sind für die Landwirtschaft in der Ländern der südlichen Erdhalbkugel ein verhängnisvolles Wirtschaftsinstrument.“

„Die bäuerliche Familie und ihre Arbeitsplätze müssen im Zentrum der Debatte stehen“, erklärte Werner Locher von BIG-M. Wenn wir die Beschäftigung und eine lokale Landwirtschaft in der Schweiz erhalten möchten, müssen die Bäuerinnen und Bauern mit fairen Preisen entlohnt werden, die ihre Kosten decken. Unsere Schweizer Organisationen sowie unsere europäischen Kollegen, die sich dem European Milk Board angeschlossen haben, sind davon überzeugt.“

PE BIG-M, Uniterre

 

Irland

Die ICMSA hat sich an einer laufende Kampagne beteiligt, um auf den großen Druck aufmerksam zu machen, unter dem die Bauern derzeit stehen. Am Freitag, den 4. September 2009, haben 300 Bauern vor Regierungsgebäuden demonstriert und dort Kühe gemolken. Es gab außerdem eine Unterredung mit dem Premierminister und dem Minister für Landwirtschaft, Fischereiwesen und Ernährung in dem Bestreben, eine Wende in der Regierungspolitik für den Milchsektor herbeizuführen. Unsere Mitglieder im ganzen Land leisten weiterhin Lobbyarbeit gegenüber Parlamentariern und Mitgliedern des europäischen Parlaments, um einen politischen Wandel zu bewirken. Angesichts der Marktverbesserungen in letzter Zeit haben einige Genossenschaften den Auszahlungspreis erhöht, aber nicht alle. Daher übt ICMSA Druck auf die Genossenschaften aus, die den Auszahlungspreis noch nicht erhöht haben. Zu diesem Zweck fand am Donnerstag, den 15. Oktober 2009, vor dem Hauptsitz von Glanbia, dem größten irischen Milchverarbeiter, eine Protestaktion statt.

John Enright, Irish Milk and Cream Suppliers Association (ICMSA)

 

Großbritannien

Die Mitglieder der Organisation Farmers for Action (FFA) und des schottischen Verbands DFOS drücken ihre Unterstützung für die EMB-Kollegen aus.

Vier Milchbauern aus Schottland, England und Nordirland haben als Zeichen ihrer Solidarität mit den Kollegen auf dem Kontinent ihre Milch auf ihren Feldern ausgebracht. Dadurch hat der Milchlieferboykott auf dem Kontinent im Vereinigten Königreich mehr Medienaufmerksamkeit erfahren und es wurde auf der Webseite des Fernsehsenders BBC und im Radio sowie in der Fachpresse darüber berichtet. In der Debatte wurde auch die Notwendigkeit einer künftigen Angebotssteuerung (Milchquoten) betont (die britische Regierung und der Bauernverband NFU vertreten vehement die Abschaffung der Milchquoten). Bei der englischen Landwirtschaftsmesse „Dairy Event“ sandte David Handley von Farmers for Action eine Botschaft, in der er die Mitglieder des EMB unterstützte.

Trotz steigender Preisindikatoren auf dem Weltmarkt, der Preisanstiege beim Rahm, steigender Tagespreise für Trinkmilch und dem sinkenden Kurs des britischen Pfunds versuchen viele Milchabnehmer noch immer, die Erzeugerpreise zu drücken. Den letzten offiziellen Zahlen zufolge lag der durchschnittliche Milcherzeugerpreis im Vereinigten Königreich (Stand August) bei 23,26 Penny pro Liter und in Großbritannien (Hauptinsel ohne Nordirland) bei 24,03 Penny pro Liter.

Doris Robertson, Dairy Farmers of Scotland (DFOS)

 

Wenn man keinen Staub aufwirbelt, wird man Staub schlucken

Interview: Koos Pienaar, Vizepräsident des Ost- und Südafrikanischen Milchverbandes (ESADA)

Herr Pienaar, Sie sind als Vertreter der afrikanischen Organisation ESADA nach Brüssel gereist, um sich einen Überblick über den europäischen Milchmarkt zu verschaffen. Wie ist Ihr Eindruck?

Ich bin sehr überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass die Situation der europäischen Milcherzeuger so ernst ist. Ich dachte, dass nur wir ausländischen Milchbauern unter der Politik der EU, unter den Exportsubventionen zu leiden haben. Aber den Milchbauern hier geht es auch sehr schlecht und sie erhalten nicht einmal selbst diese Unterstützungsgelder, die uns im Ausland so negativ zusetzen. Die europäische Politik unternimmt offenbar nichts wirkungsvolles, um die Situation für ihre Bauern zu entspannen. Aber die Milchbauern können auch nicht damit rechnen, dass das einfach so geschieht. Bei uns gibt es ein Sprichwort "If you don´t make dust - you will eat dust - Wenn man keinen Staub aufwirbelt, wird man Staub schlucken." Die Bauern müssen sich hier selbst führen und stark machen. Das gilt aber nicht nur für Europa.

Ich bin in den letzten Tagen viel herumgereist und habe mit vielen Menschen gesprochen. Wenn es bei Ihnen in Europa so weiter geht, dann wird es diese Landschaft, diese Kultur bald kaum noch geben. Die Bauern haben die Landschaft, die Kultur und Traditionen geprägt. Sie haben so viele wichtige Funktionen in der Gesellschaft. Wenn es sie nicht mehr gibt, wird die Gesellschaft sehr viel verloren haben.


Wie sieht die Situation bei Ihnen in Südafrika aus?

Uns setzen die Exportsubventionen der EU stark zu. Die Aussage der Kommissarin Mariann Fischer Boel, dass die doch gar nicht so hoch seien, um uns zu schaden, stimmen absolut nicht. Schauen Sie sich einmal die Wirtschaftsleistung Südafrikas an. Die kann man mit der in der EU oder den USA doch überhaupt nicht vergleichen. Für uns und für viele andere Länder sind die Exportsubventionen hoch genug, um die Preise kaputtzumachen.


Wie ist die Beziehung der Milchbauern in Ihrem Land zur Politik, zu den Molkereien und dem Handel?

In Südafrika ist die Politik wenig in den Milchmarkt involviert. Es existieren keine Subventionen etc. Es gibt lediglich ein paar Importzölle, die aber auch wichtig sind, um unsere einheimische Produktion zumindest etwas zu schützen. Wir selbst bemühen uns um ein positives Verhältnis mit den politischen Vertretern.

Unsere Beziehung mit den Molkereien ist durch schwindende Kontrollmöglichkeiten von Seiten der Bauern gekennzeichnet. Es gibt immer weniger genossenschaftlich geführte Molkereien. Die Milchbauern sind oft nur noch Shareholders. Es macht die Lage auch nicht einfach, dass vier große internationale Molkereien ca. 60 Prozent  des Marktes dominieren und durch Exklusivverträge mit dem Handel die Produkte der nationalen und vor allem regionalen, kleinen Molkereien in den Regalen der Supermärkte wenig oder keinen Platz bekommen.

Der Handel selbst möchte Milch so billig wie möglich anbieten und setzt uns damit unter einen starken Preisdruck.


Die Probleme  in Südafrika und in Europa sind also ähnlich. Welche Konsequenzen sollte man daraus ziehen?

Ganz klar: Zusammenarbeiten. Aber man muss noch viel weiter schauen, nicht nur nach Südafrika und Europa. Wir haben viel gemeinsam mit den Milchbauern weltweit. Der Einfluss der multinationalen Firmen ist sehr groß und gegen diesen Druck müssen wir gemeinsam vorgehen. Je stärker wir hier zusammenarbeiten, desto besser ist unsere Position diesen Firmen gegenüber. Ein runder Tisch mit den Milcherzeugerverbänden aus der ganzen Welt wäre ein guter Anfang. Es wäre das Beste, wenn es weltweit eine Angebotsregelung geben könnte. Aber man muss natürlich realistisch sein. Das lässt sich global erst einmal kaum umsetzen.

Aber wir können selbst so einiges tun. Wir machen noch viel zu wenig, um die Konsumenten mit einzubeziehen. Ihnen sollten wir stärker klarmachen, dass sie, wenn sie Importe bevorzugen,  nicht nur den einheimischen Bauern, sondern auch sich selbst keinen Gefallen tun. Zunächst gibt es dadurch  weniger Jobs im eigenen Land. Dann ist es auch problematisch, wenn es regional oder global zu Knappheiten kommt. Ist man stark vom Import abhängig, kann man so eine Nahrungsmittelknappheit im Land nicht ausgleichen, weil man zuvor dazu beigetragen hat,  die eigene Produktion einbrechen zu lassen. Der BDM, das EMB, alle Milcherzeugerorganisationen sollten die Konsumenten darüber noch viel stärker informieren.

Herr Pienaar, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Silvia Däberitz, European Milk Board

 

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