MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Je länger die Durststrecke für uns Erzeuger anhält, desto dramatischer die Situation für den einzelnen Betrieb. Aus allen Ländern wird uns berichtet, dass tagtäglich Höfe zusperren müssen. Längst sind es nicht nur die kleinen Betriebe, sondern verstärkt die herbeigeredeten „Wachstumsbetriebe“, die im Vorfeld des Quotenendes kräftig investiert haben. Betroffen sind auch viele junge Landwirte, die ihre Betriebe vergrößert haben und nun ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.

Bei den aktuellen Milchpreisen können die europäischen Milchbauern nicht mehr lange durchhalten. Wir Milcherzeuger haben den Eindruck, dass die EU ihre Milcherzeuger bewusst sterben lässt oder warum gibt es keine strukturellen Maßnahmen für den Milchsektor? Wann versteht auch Agrarkommissar Hogan, wie ernst die Lage ist?

Bei unserer letzten Mitgliederversammlung in Montichiari, war deutlich der Groll der Mitgliedsverbände gegenüber der untätigen Politik zu spüren. Am 12. November finden daher in zahlreichen europäischen Ländern Aktionen und Veranstaltungen der Milcherzeuger statt, um den Verantwortlichen klar zu machen, dass wir kein lasches Hilfspaket brauchen, sondern echte Lösungen !

Die italienischen Milcherzeuger werden am Aktionstag mit Traktoren gegen die  Milchpolitik mobilisieren. Unsere Mitgliedsverbände haben ihrerseits starke Aktionen in ihren Ländern angekündigt. Wir Milchbauern wollen am 12. November europaweit ein Zeichen setzen !

In Italien befinden sich die Milchpreise seit Monaten im Keller und wir arbeiten - so wie unsere Kollegen aus anderen Ländern auch - unterhalb der Kostendeckung. Eine aktuelle Studie weist für Italien Kosten von  durchschnittlich 42,61 Cent/ Kilogramm Milch für das Jahr 2014 aus. Zieht man davon die EU-Beihilfen ab, ergibt sich ein Betrag von 38,92 Cent. Details zur Kostenstudie können Sie in diesem Newsletter nachlesen, darüber hinaus finden Sie wie immer Berichte zur Situation in den Ländern.

Gute Nachrichten gibt es von der Weltausstellung in Mailand zu berichten. Der Verband der italienischen Milcherzeuger (APL) war 6 Monate von Mai bis Oktober 2015 mit dem Projekt „Buono e Onesto” (wie die Faire Milch in Italien heißt) auf der EXPO vertreten. Wir konnten unsere Marke einem großen Publikum vorstellen und haben wichtige Kontakte für den zukünftigen Vertrieb und damit für die Zukunft unserer Milcherzeuger geknüpft.

Roberto Cavaliere, EMB Vorstandsmitglied und Präsident von APL Italien

12. November: Großer Protesttag mit starken Aktionen gegen ignorante EU-Milchpolitik

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Wie ein Flächenbrand hat sich die Krise am Milchmarkt ausbreiten können, weil es kein Kriseninstrument zum Gegensteuern gibt. Alle Länder in Europa sind betroffen – alle Milcherzeuger kämpfen ums Überleben und um den Erhalt der Milchproduktionsregionen.

 

 

 

In ganz Europa werden daher am 12. November Protestaktionen der Milchbäuerinnen und -bauern stattfinden. Mit starken Bildern werden die Landwirte deutlich machen, dass sie die aktuelle ignorante Milchpolitik nicht akzeptieren. Die europäischen Milcherzeuger senden damit im Vorfeld der Agrarministertagung in Brüssel (16./17.11.) ein unmissverständliches Signal an die Politik:

„Setzt das Marktverantwortungsprogramm (MVP) als Kriseninstrument am Milchmarkt ein! “

 

Die Aktionen der Milchbäuerinnen und Milchbauern am 12. 11. in Europa:

Hier finden Sie erste Informationen zu den geplanten Aktionen in den Ländern. Genauere Infos sowie Aktionen in weiteren Ländern folgen in Kürze.

 

Regina Reiterer, EMB

Italienische Produktionskosten inklusive fairer Arbeitsentlohnung berechnet

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Aktuelle Pressemitteilung vom 14.10.2015

Für 2014 betrugen die italienischen Produktionskosten  42,61 Cent/ Kilogramm Milch

 

(Montichiari, 14.10.2015) Anhand von Daten aus dem Milchsektor lässt sich leicht nachvollziehen, wie problematisch die Situation ist. Im Rahmen der Mitgliederversammlung des EMB wurde dazu heute eine aktuelle Studie des Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft zu den Produktionskosten in Italien veröffentlicht. Für 2014 weist diese Studie, die gemeinsam mit der italienischen Erzeugerorganisation Associazione Produttori Latte della Pianura Padana (APL) in Auftrag gegeben wurde und die auf der Basis öffentlicher EU-Daten arbeitet, Kosten von durchschnittlich 42,61 Cent/ Kilogramm Milch aus. Zieht man davon die EU-Beihilfen ab, ergibt sich ein Betrag von 38,92 Cent. Dem stand zwar im Preisrekordjahr 2014 noch ein Milchpreis von 39,64 Cent gegenüber – seit Monaten aber sinkt der Preis kontinuierlich und befindet sich aktuell bei 34,49 Cent.  Damit arbeiten die italienischen Betriebe, ähnlich wie ihre Kollegen aus anderen Ländern, unterhalb der Kostendeckung mit allen negativen Konsequenzen für eine Weiterführung der Produktion.

Den Verlauf der Kostenentwicklung zeigt ein sogenannter Milk Marker Index (MMI), bei dem die Kosten im Basisjahr 2010 auf 100 gesetzt sind. Für das Jahr 2014 weist der MMI einen Wert von 125 – d.h. einen Anstieg der Kosten um 25 Prozent seit dem Jahr 2010 aus.

 

 

Nach Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark ist mit Italien nun ein weiteres Land in den Fokus der Kostenstudien-Serie gerückt. Diese bezieht in ihren Kalkulationen ein Einkommen für Betriebsleiter und Familienarbeitskräfte ein, das sich an gängigen tariflichen Regelungen orientiert. Damit arbeitet sie ganz im Sinn von Artikel 39 AEUV. Denn dieser Artikel sieht in der Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung für die landwirtschaftliche Bevölkerung ein wichtiges Ziel der gemeinsamen EU-Agrarpolitik.

Hintergrund:

Die gemeinsam von European Milk Board (EMB) und Associazione Produttori Latte della Pianura Padana (APL) beim Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) in Auftrag gegebene Kostenstudie berechnet die deutschlandweiten Erzeugungskosten der Milch. Sie basiert zum einen auf Daten des InformationsNetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB), nutzt zu deren Aktualisierung zudem Preisindizes für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Futter, Dünger, Saatgut und Energie von Eurostat und greift auf einen Einkommensansatz zurück, der die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und Familienangehörigen kalkuliert.

Datenblatt zu den Produktionskosten Milch in Italien

EMB Pressemitteilung

Spanien: Bereit für weitere Proteste

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Die Situation am Milchsektor in Spanien kann als völliges Marktversagen beschrieben werden: Die Milcherzeuger haben keinerlei Garantie, dass ihre gesamte Milchmenge abgeholt wird und sie müssen außerdem mit den Preisen industrieller Überschüsse konkurrieren. 

 

Diese Situation hat ihre Ursache in der fehlenden Effektivität der Industrie, die sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen scheint und sich nur auf Trinkmilch spezialisiert, ohne zu versuchen, Produkte mit höherem Mehrwert zu erzeugen.

Auch die Verwaltung ist ohne Quoten wirkungslos. Sie ist immer noch nicht in der Lage, Mechanismen zu schaffen, die es der Industrie ermöglichen würden, ihre Produkte zu diversifizieren und sich auf ihr Hauptgeschäft zu konzentrieren – die Senkung der Produktionskosten und die Gewährleistung, dass der Sektor auf dem europäischen Markt konkurrieren kann. Für die Landwirte in Spanien ist die Umsetzung der GAP eine Katastrophe.

Die aktuelle Lage kann man als ruhig, aber angespannt beschreiben. In diesem Sommer gab es massive Proteste. Mit einer Reihe von Traktordemonstrationen in Galizien konnten wir die gesamte Industrie fünf Tage lang lahmlegen. Es wurde außerdem ein „weißer Marsch“ (#MarchaBlanca) von León nach Madrid organisiert, um den Druck zu erhöhen. Nach diesen Kundgebungen haben die Milcherzeuger eingeräumt, dass sowohl die Verwaltung (nationale und Regionalregierungen) als auch die Industrie und der Einzelhandel einige Anstrengungen unternommen haben, um stabile Bedingungen zu erreichen, die es uns ermöglichen, von unserer Arbeit in Würde zu leben.

Leider reichen diese Bemühungen nicht. Es wurde kein ausreichender politischer Impuls zur Umsetzung der Einigung gegeben. Es wurden keine verbindlichen Verpflichtungen, gestützt durch rechtsverbindliche Vorschriften, eingegangen – nur unterzeichnete Absichtserklärungen.

Der Milchauszahlungspreis hat sich immer noch nicht erholt. Es ist nur eine kleine Erhöhung von 0,01€ in Sicht und die Industrie hat wenigstens ihre Absicht begraben, den Milchpreis noch weiter zu senken. Die Einzelhandelspreise wurden hingegen um 0,03€ bis 0,05€ erhöht, aber der kleine Anstieg wurde nicht an die Bauern weitergegeben und die Vorschläge der Industrie lassen nicht darauf schließen, dass sie es bald vorhat.

Angesichts dieser Situation und der Tatsache, dass die Milcherzeuger, vor allem in einigen Regionen wie Galizien, Kastilien und León, schon lange keinen kostendeckenden Milchpreis mehr erhalten haben, bleibt uns keine andere Wahl als erneut über Proteste nachzudenken, um weiteren Druck auszuüben. Die Regierung hat gezeigt, dass es ihr an Mut fehlt, als sie nicht den Willen aufgebracht hat, die Einigung von Madrid zu verschriftlichen. Die Industrie schaut weiter weg und vergisst dabei ihre Verantwortung sicherzustellen, dass alle Ebenen der Lieferkette eine gerechte Entlohnung erhalten. Und der Einzelhandel hat das Wirtschaftsklima ausgenutzt und seine Milchpreise erhöht, dabei aber nichts unternommen, um sicherzustellen, dass die Erhöhung den Milchbauern zugutekommt, wie es zugesagt wurde.

Trotz allem sind wir hoffnungsvoll und glauben, dass die Vereinbarung gut sein kann, sofern die Regierung die notwendigen Maßnahmen ergreift, um sie mit Leben zu erfüllen, damit die guten Absichten verwirklicht werden. Die Milcherzeuger sind bereit, neue Aktionen gegen alle Glieder der Lieferkette zu organisieren, die nicht versuchen, die Madrider Einigung umzusetzen. Unsere Proteste werden sich vor allem gegen die Verwaltung richten, die versucht hat, die Vereinbarung als historische Einigung zu verkaufen. Wir waren damals schon skeptisch, weil wir der Meinung waren, dass sie keine positive Wirkung für die Milcherzeuger haben würde. Und die Zeit hat gezeigt, dass wir Recht hatten. 

Die Proteste in diesem Sommer haben gezeigt, dass wir unsere Interessen nur durch öffentlichen Druck verteidigen können. Wir müssen die Bürger auf unsere Seite bringen, indem wir ihnen erklären, dass es nicht nur um die künftige wirtschaftliche Existenz der Milcherzeuger geht, sondern um das gesamte wirtschaftliche und soziale Gefüge unserer ländlichen Räume.

Anxo Escariz, Koordinator von OPL

Niederlande: Angst vor Phosphatrechten

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Wie die meisten ihrer Kollegen sehen sich die niederländischen Milcherzeuger derzeit mit einem keineswegs kostendeckenden Milchpreis konfrontiert. Zusätzlich machen ihnen die angekündigten Maßnahmen in der Güllepolitik Sorgen, die ihren Geldbeutel empfindlich treffen werden.  

 

Im Jahr 2006 einigte sich die niederländische Regierung mit Brüssel auf eine Phosphatobergrenze von 172,9 Mio. Kilogramm pro Jahr – der niederländischen Phosphatproduktion des Jahres 2002. Solange die Quotenregelung galt, bestand nie die Gefahr einer Überschreitung dieser Grenze. Nach Auslaufen der Milchquoten haben die Niederlande die Obergrenze sehr schnell überschritten und gefährden damit die Verlängerung der Ausnahmeregelung. Keine Ausnahmeregelung bedeutet für die Niederlande, dass der Viehbestand um ein Drittel reduziert werden müsste. Die angekündigte Einführung sogenannter „Phosphatrechte“ und einer allgemeinen Einschränkung für alle Milchviehbetriebe sorgt für viel Aufruhr und gefährdet die Zukunft aller Milchviehbetriebe, auch die der extensiv bewirtschafteten, überwiegend familiär geführten Betriebe und der Höfe, die ihren Viehbestand nicht überschritten haben.  

Der Verband Dutch Dairymen Board (DDB) und der Nederlandse Melkveehouders Vakbond (NMV) halten es für untragbar, dass die niederländische Regierung, die die Vereinbarungen mit Brüssel getroffen und als einzige Beteiligte Einblick in die verfügbaren Ausgleichsflächen für die Aufstockung der Milchviehbestände in den Niederlanden hatte, diese Kenntnisse bei den Entscheidungen zur Abschaffung der Milchquote und der Vergabe von Lizenzen an Bauern für die Erweiterung von Höfen und Viehbeständen nicht berücksichtigt hat. Die Aufsichtsbehörde hat wissentlich Genehmigungen erteilt, für die ab einem gewissen Punkt keine Ausgleichsflächen mehr zur Verfügung standen. Außerdem hat sie keine Maßnahmen gegen Anträge auf Erteilung einer Genehmigung getroffen, die in der Milchwirtschaft zur Überschreitung der Phosphatobergrenze führen würden.  Damit hat die niederländische Regierung die Probleme verschuldet, für die nun alle Milcherzeuger zur Kasse gebeten werden sollen.  

Nach Meinung des DDB und NMV dürfen vorhandene und lizensierte Flächen in keiner Weise reduziert werden; für den gesamten Schaden, der durch die unüberlegte Vorgehensweise der niederländischen Regierung entstanden ist, müssen die Betroffenen von der Regierung entschädigt werden, nicht von den Milcherzeugern, die für die Überschreitung der Phosphatausscheidungsmenge nicht verantwortlich sind, wie z.B. viele Familienbetriebe oder extensiv bewirtschaftete Höfe. Durch die Reduzierung werden alle Milcherzeuger plötzlich zu sogenannten „Härtefällen“, deren Existenz gefährdet ist.  

Die niederländische Regierung spricht oft vom Verursacherprinzip. Nachdem die niederländische Regierung erwiesenermaßen der Verursacher ist, sollte dies auch der Ansatzpunkt für die Lösung der Phosphatprobleme sein!

Am 22. September hatten der DDB und NMV eine Sitzung mit dem Nitratausschuss in Brüssel bezüglich der Bedingungen und Möglichkeiten für die Umsetzung der Nitratrichtlinie. Hier eine Pressemeldung zu dieser Sitzung in niederländischer Sprache.

Einen Artikel über die Ursachen des Phosphataufkommens in den Niederlanden  finden Sie hier in englischer Sprache oder auf Niederländisch.

 

Sieta van Keimpema, im Namen des DDB und NMV

Deutschland: Streit um Exportstrategie

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Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat am 14. Oktober Vertreter der Ernährungs- und Agrarindustrie zum Exportgipfel nach Berlin geladen, um Wege zur Absatzsteigerung deutscher Milchprodukte auf dem Weltmarkt zu weisen. Entwicklungsorganisationen und Milchbauern sprechen sich hingegen klar gegen eine Ausweitung der Exporte zur Lösung der Milchkrise aus.

 

 

 

In einem offenen Brief an Minister Schmidt warnten 20 deutsche Verbände, dass die Billig-Exportstrategie tausende Milchviehbetriebe gefährde. Der Minister wurde aufgefordert, sich auf EU Ebene aktiv für eine kurzfristige Mengenreduzierung einzusetzen.

Die Organisationen, u.a. die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Brot für die Welt, Germanwatch und MISEREOR sehen in der Ausweitung der Exporte keine Lösung der Milchkrise. Im Gegenteil: "Damit geht die Bundesregierung genau den Weg weiter, der erst zu dieser und den vorherigen Preiskrisen geführt hat", sagt Tobias Reichert von Germanwatch, Hauptautor der in Kürze erscheinenden Studie "Billiges Milchpulver für die Welt".

Die Organisationen kritisieren außerdem die zu erwartenden Marktstörungen in Entwicklungsländern wie Burkina Faso oder Nigeria. Im vergangenen Jahr machten Milch- und Molkepulver mehr als 60% der EU- Milchexporte aus. Vor allem Milchpulver ist ein standardisiertes Massenprodukt, Wettbewerb findet vor allem über den Preis statt. „Mit dem Ziel, auskömmliche Erzeugerpreise für Milch zu sichern, sind Milchpulverexporte daher kaum vereinbar“, so Reichert.

Die neue Studie zeigt, dass die Exportstrategie auch in vielen Entwicklungsländern für zunehmende Probleme sorgt. „Afrika ist der wichtigste Absatzmarkt für Milchpulver aus der EU. 2013 ging ein Fünftel der EU-Exporte nach Afrika südlich der Sahara, weitere 14% nach Nordafrika“, erklärt Kerstin Lanje, Expertin für Welthandel und Ernährung bei MISEREOR. „Vor allem in westafrikanischen Ländern wie Burkina Faso und Nigeria verhindern billige Importe, dass heimische Milchbauern Zugang zu den wachsenden städtischen Märkten in ihrem eigenen Land erhalten. Wir befürchten, dass sich in naher Zukunft die wirtschaftliche Lage der Hirtenfamilien, die etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, durch mehr Importe aus der EU weiter verschlechtert.“

Maria Heubuch, Milchbäuerin und Mitglied im Entwicklungs- und im Agrarausschuss, des Europaparlaments sieht die Exportstrategie des deutschen Agrarministers ebenfalls sehr kritisch: „Die von Landwirtschaftsminister Schmidt betriebene Weltmarktorientierung untergräbt entwicklungspolitische Ziele. Europäische Molkereien richten bereits jetzt genug Schaden in Afrika an. Einige haben dort in den letzten Jahren Tochtergesellschaften gegründet, die zu 100% europäisches Milchpulver verwenden, anstatt lokale Lieferketten aufzubauen. Durch ein EU-Handelsabkommen mit westafrikanischen Staaten sollen die Importzölle auf europäisches Milchpulver von ohnehin schon niedrigen fünf Prozent komplett gestrichen werden.“ Zwischen 2009 und 2014 hat sich der Export von Milchpulver aus der EU vervierfacht, und ein großer Teil davon geht nach Afrika.

Regina Reiterer, EMB

 

Weiterführende links zu Veröffentlichungen Milch/Exporte

Gemeinsame Pressemitteilung von AbL, Brot für die Welt, Germanwatch und Misereor

Das Milchpulver ist zu billig (Misereor)

Milch reist nicht gern, Milchbauern aus Burkina Faso schon - ein Interview (Misereor)

Studie: Wer ernährt die Welt? Die europäische Agrarpolitik und Hunger in Entwicklungsländern

Mehr Milch macht's nicht (Frankfurter Rundschau)

Right to food impact assessment of the EU-India trade agreement

Großbritannien: Genossenschaften verhalten sich wie Konzerne

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Die europäischen Bauern müssen stärkere Kontrolle über ihre Genossenschaften ausüben. Informationen von Farmers For Action (FFA) zufolge ist Finnland eines der wenigen Länder, wenn nicht das einzige in der EU, in dem die Geschäftsführer / Leiter von Genossenschaften ein Mindestgehalt plus Bonuszahlungen in Höhe der Prämien erhalten, die jährlich direkt an die Genossenschaftsmitglieder gezahlt werden.

Leider können wir für Großbritannien einschließlich Nordirland nur zu viele Beispiele nennen, wo überbezahlte Geschäftsführer / Leiter von Genossenschaften überhaupt keine oder bescheidene Dividenden auszahlen, für sich selbst bei der Einstellung jedoch sehr hohe Gehälter aushandeln, die hinter verschlossenen Türen von einem Vorstand, der den Mitgliedern bei der Jahresversammlung etwas vormacht, auch noch nach Belieben erhöht werden können.

In Nordirland erhielt vor nicht langer Zeit der aktuelle Geschäftsführer von United Dairy Farmers und deren Verarbeitungszweig Dale Farm seine Stellung einige Jahre nach Auflösung des Northern Ireland Milk Marketing Board (Milchwirtschaftsverband Nordirland), die durch das EU-Wettbewerbsrecht bedingt war und zur Gründung der Genossenschaft United Dairy Farmers Co-op führte. Die United Dairy Farmers und ihre äußerst erfolgreiche monatliche Milchauktion wurden einige Jahre lang von den Gründern geführt, darunter Bauern, die im ureigenen Interesse eine angemessene Rendite für ihre Mitglieder erwirtschaften wollten. Bis zur Pensionierung des ersten Geschäftsführers liefen die Auktionen gut, wobei United den Löwenanteil der nordirischen Milch vermarktete. Dann kam der neue, derzeitige Geschäftsführer, ohne dass ein Mitglied seine Einstellungs- und Vergütungsbedingungen kannte oder sich damit befasst hätte. Seine erste Amtshandlung war die Abschaffung des 13. Milchgelds – der jährlichen Dividendenzahlung der Genossenschaft – also der jährlichen Mitgliederprämie, die seitdem entfällt. Als nächstes beendete der heutige Geschäftsführer die hochgeschätzten monatlichen Milchauktionen in Nordirland. Daher hat Farmers For Action (FFA) ein mutiges United-Mitglied unterstützt, damit eine außerordentliche Generalversammlung einberufen werden konnte, um einen angemessenen Umgang mit der damals angeschlagenen Milchauktion seitens des Geschäftsführers zu erzwingen. Allerdings machte sich lediglich die Hälfte der 2200 Mitglieder überhaupt die Mühe abzustimmen und die Mehrzahl der übrigen stimmberechtigten Mitglieder hörte sich leere Phrasen der Genossenschaftsleitung an, was dazu führte, dass die Milchauktion schließlich vor einigen Jahren eingestellt wurde. Inzwischen verwendete der Geschäftsführer das Geld der Bauern, um weitere Molkereien aufzukaufen, unter anderem zwei in Großbritannien, und um die nordirischen Milchpulverwerke und Käsereien auf Kosten der Bauern zu modernisieren. Spekulationen zufolge bezieht dieser Geschäftsführer ein Gehalt von über 1.000 Pfund pro Tag neben Aufsichtsratsposten und bezahlten Positionen in zehn bis zwanzig anderen Firmen und Organisationen. Das nennt sich nun engagierte Wahrnehmung von Aufgaben im Sinne von Rentabilität und Dividenden für die Genossenschaftsmitglieder, deren Anzahl in den letzten Jahren rapide abgenommen hat, nachdem United durchgehend Tabellenschlusslicht in der Milchpreisliga gewesen ist.

Die vorläufig letzte Anekdote über den Geschäftsführer der nordirischen Genossenschaft betrifft die erst 2015 erfolgte Übernahme des von Bauern gehaltenen Verarbeitungszweigs der nordirischen Genossenschaft Fane Valley durch die irische Genossenschaftsmolkerei Lakeland Dairies. Ein Vorstandsmitglied von FFA belieferte Lakeland bis vor zwei Jahren und hatte Anteile an dieser Genossenschaft, ging danach zu Fane Valley und kaufte dort ebenfalls Anteile. Dieser Mann war gut aufgestellt, um den Geschäftsführer von Lakeland bei der Mitgliederversammlung vor Bekanntgabe der Fusion in der Presse zu befragen, wie er und andere Führungskräfte künftig bezahlt würden. Dieses Mitglied stand zum gegebenen Zeitpunkt auf und fragte, ob im Interesse der Genossenschaftsmitglieder vom Vorstand vereinbart worden sei, der neuen Genossenschaftsleitung ein Mindestgehalt plus Bonuszahlungen in gleicher Höhe wie die zu zahlen, die die Mitglieder der neuen Genossenschaft jährlich erhalten würden. Der langjährige Geschäftsführer von Lakeland Dairies erwiderte: „Ein Mindestgehalt ist nichts für mich“. Nicht ein Bauer stand auf, um das Prozedere zu stoppen und unser Vorstandsmitglied in diesem Kernpunkt zu unterstützen!

Wenn die Bauern bei ihren Genossenschaften weiterhin diese Art der Führung akzeptieren, müssen sie sich nicht wundern, wenn sie weiter solche Ergebnisse bekommen. Tatsächlich haben Geschäftsführer von Genossenschaften mehr „unternehmerische“ Freiheiten als echte Konzerne, denn die müssen zumindest ihren aktiven Anteilseignern Rechenschaft ablegen!

Kurzum, die Milchbauern müssen Flagge zeigen, sich selbst mit den Regeln ihrer Genossenschaft vertraut machen und auf juristischem Weg positive Veränderungen für Bauern durchsetzen, wie von den Genossenschaften ursprünglich beabsichtigt. Das wird nicht leicht!  Zwischenzeitlich drängen wir auf eine gesetzliche Regelung der Erzeugerpreise in Nordirland für alle Grundnahrungsmittel, damit den Bauern zumindest die Produktionskosten zuzüglich einer inflationsabhängigen Marge für ihre Erzeugnisse gesetzlich zustehen. Im nächsten Mai finden bei uns Kommunalwahlen statt: Das ist unsere Chance. Dafür haben sich die FFA und verschiedene andere gleichgesinnte Bauernverbände zusammengeschlossen, um diese nur alle fünf Jahre gebotene Gelegenheit zu nutzen!

William Taylor, Farmers For Action UK, Koordinator für Nordirland

Kurznachrichten aus Brüssel

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12 Mitgliedstaaten haben 2014/2015 Milchquote überliefert

12 Mitgliedsstaaten - Belgien, Dänemark Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Italien, Zypern, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Polen - haben ihre Milchquote für die Jahre 2014/2015 mit einer Gesamtmenge von 2 938 000 Tonnen überliefert. Die Strafzahlungen betragen insgesamt etwa 818 Mio €.

Diese Summe ist darauf zurückzuführen, dass die Anlieferung in Europa im Jahre 2014/15 um 2,7% - oder fast 3,9 Mio Tonnen – im Vergleich zu 2013/2014 zugenommen hat. Die stärksten Überlieferungen wurden in Deutschland (1,11 Mio. t), Polen (580.000 t) und in den Niederlanden (486.000 t) gemeldet.

Zusätzlich haben Belgien und die Niederlande ihre Quoten für Direktverkäufe um 529t (1,6%) bzw. 1 990t (2,6%) überschritten und müssen eine zusätzliche Strafabgabe von € 147 000 bzw. € 554 000 leisten.

16 Länder haben hingegen ihre Milchkontingente nicht ausgeschöpft.

Die von den Mitgliedsländern eingehobene Zusatzabgabe wird nach Brüssel überwiesen und wandert in den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL).

Übersicht Länder - vorläufige Zahlen für 2014/15 

 

 

Europabgeordneter Dantin: „Sehen Sie der Realität ins Auge, Herr Kommissar“

Der französische Abgeordnete Michel Dantin (Christdemokraten) hat Agrarkommissar Phil Hogan nach seinem umstrittenen Interview mit ViEUws einen Brief mit Zahlen und Fakten zum Milchsektor geschickt, welche die schwierige Situation in Frankreich belegen. Agrarkommissar Hogan hatte Ende September erklärt, dass er „nicht glaube, dass viele Landwirte unter den Produktionskosten erzeugen. Sie sagen, dass sie das tun, aber letztendlich produzieren sie weiter.“  (Interview Hogan mit ViEUws)

Laut den Zahlen des französischen Agrarministeriums und der Branchenorganisation produzieren die französischen Milcherzeuger seit März letzten Jahres unter den Produktionskosten. 10% der Betriebe – 40.000 Arbeitsplätze – befinden sich bereits jetzt im Konkurs, insgesamt 20% der Höfe werden die Krise nicht überstehen.

Pressemitteilung der Europäischen Volkspartei des Europaparlaments (in Französisch)

 

 

"Enjoy it's from Europe": 111 Mio. € Absatzförderung für europäische Agrarerzeugnisse im Jahr 2016

Die Europäische Kommission setzt weiterhin auf die Eroberung neuer Märkte. Am 13. Oktober wurde eine Verordnung zur Absatzförderungspolitik verabschiedet, um die Branche bei der Erschließung internationaler Märkte zu unterstützen. Im Jahr 2016 können die europäischen Erzeuger Programme in der Höhe von 111 Mio. EUR in Anspruch nehmen, um neue Märkte aufzubauen und den Verbrauch von Agrarprodukten innerhalb und außerhalb der EU zu steigern.

Der Großteil (68 Millionen Euro) ist jedoch für Absatzförderungsmaßnahmen in Drittländern vorgesehen. Für den EU-Binnenmarkt werden 26 Millionen bereitgestellt, davon sollen 9 Mio. an Informations- und Absatzförderungsprogrammen für Milch/Milcherzeugnisse, Schweinefleischerzeugnisse oder eine Kombination von beiden Sektoren gehen.

Agrarkommissar Hogan verfolgt – allen kritischen Stimmen zum Trotz – seinen Exportvorstoß: „In den kommenden Monaten werde ich eine diplomatische Offensive starten und Handelsdelegationen anführen, um den Erzeugern aus der EU weltweit neue Chancen zu eröffnen.“

Detaillierte Information zu den Programmen

 

Regina Reiterer, EMB

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