MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Mitstreiter,

Was kostet die Erzeugung von Milch?

In unserem Sektor haben viele, die sich über die Situation im Milchmarkt auslassen, die unangenehme Angewohnheit, den Milchpreis als Ausgangspunkt zu nehmen. Eine kurzsichtige Betrachtungsweise, denn für die Milchbauern sind die Milcherzeugungskosten genauso wichtig wie der gezahlte Erzeugerpreis. Wirtschaftlich gesehen, ist es unmöglich, den Milchmarkt zu analysieren, ohne die Kostenentwicklung der Milcherzeugung zu kennen.

Da gute, zeitnahe und repräsentative Informationen zur Kostenentwicklung fehlten, haben daher eine Reihe von EMB-Mitgliedern seit 2013 vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) die Milcherzeugungskosten inklusive eines fairen Einkommens berechnen lassen. Als Berechnungsgrundlage für die Produktionskosten ziehen sie die einzige repräsentative Datenbank in der EU heran: das InformationsNetz Landwirtschaftlicher Buchführungsdaten (INLB) der EU. Die Berechnungen liefern viele Erkenntnisse zu den Erzeugungskosten, geben aber auch Aufschluss über die Defizite der sogenannten „Kostenberechnungen“.

Seit dem letzten Jahr haben sechs EMB-Mitgliedsorganisationen aus mehreren großen Milcherzeugungsländern der EU (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Niederlande) ihre Ergebnisse in einem Bericht zusammengeführt. Dieser Bericht zur Entwicklung der Produktionskosten wurde kürzlich mit den Zahlen für 2017 aktualisiert.

Eine Kostenposition, die in der Kostenberechnung der EU nicht einmal ansatzweise ernsthaft berücksichtigt wird, ist der Lohnansatz für den Milcherzeuger und die mithelfenden Familienangehörigen. So kann es sein, dass selbst auf der höchsten politischen und landwirtschaftlichen Ebene unrealistische und wirtschaftlich sogar unverantwortliche Aussagen über den angeblichen „Verdienst“  in der Milchwirtschaft gemacht werden können. Obwohl die Kostenberechnungen über einen Zeitraum von fünf Jahren zeigen, dass man nur von „Unterdeckung“ sprechen kann. Der Milchpreis hat seit 2013 in keinem einzigen Jahr die Produktionskosten gedeckt!

Die Milcherzeugungskosten stiegen 2013 und 2014 stark an und konnten auch durch die kurzzeitig höheren Milchpreise von 2014 nicht vollständig gedeckt werden. Die Milchpreiskrisen von 2015 und 2016 zwangen die Milchbauern, notwendige Investitionen zu verschieben, die für die Zukunft und den Erhalt gesunder Betriebe wichtig gewesen wären. Die Kostenberechnung zeigt dies überdeutlich durch einen beträchtlichen Rückgang der Abschreibungen und Zinsen sowie durch einen Lohneinbruch. Die Situation verbesserte sich auch 2017 nicht.

Die Kostenstudie verdeutlicht darüber hinaus auch, wie der Milchpreis über fünf Jahre zu bewerten ist. Trotz der rechtlichen Auflagen, die die Molkereien den Erzeugern mit Begriffen wie „Nachhaltigkeit“  oder „Image“ auferlegt haben, hat sich der Milchpreis nicht deutlich erhöht und blieb dauerhaft unter den Milcherzeugungskosten. „Mehrwert“ – ein weiteres Modewort der Molkereigeschäftsführer – gilt sicher nicht für die Milcherzeuger.

Mit der Kenntnis der Kosten- und Erzeugerpreisentwicklung über fünf Jahre und angesichts der bevorstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist es dringend erforderlich, Marktinstrumente umzusetzen, die den Erzeugern die Gewissheit geben, dass der Verkaufspreis im Schnitt die Kosten deckt. Nur so kann man unseren Sektor für Nachfolger wieder attraktiv machen und den auch von den Bürgerinnen und Bürgern der EU gewünschten Erhalt bäuerlicher Familienbetriebe gewährleisten. Wer keine industrielle Nahrungsmittelerzeugung will, muss das aktuelle – für die Milcherzeuger verheerende – System reformieren. Mit unserer Forderung, dass die Produktionskosten gedeckt sein müssen, finden wir bei immer mehr gesellschaftlichen Gruppen Unterstützung. Denn wenn die Milcherzeugung nicht schnell wirtschaftlich nachhaltig wird, kann es gewiss keine soziale Nachhaltigkeit geben.

Ein erster Schritt, sich wirklich über die Kosten der Milcherzeugung zu informieren, ist diese Studie.

Sieta van Keimpema, Vizepräsidentin des EMB und Vorsitzende des DDB Niederlande

Kostenstudie für Milch zeigt: Herstellungskosten und Erzeugerpreise kommen nicht zusammen

Newsletterbild
© EMB

Übersicht mit aktuellen Zahlen zu Frankreich, Deutschland, Dänemark, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden veröffentlicht

 

 

 

Die Ergebnisse der aktuellen Berechnung der Milchproduktionskosten in sechs europäischen Ländern zeigen die wirtschaftlichen Fakten, die für die Milcherzeuger bitteres Tagesgeschäft sind, schwarz auf weiß: Milcherzeugungskosten und Milchauszahlungspreise bewegen sich auseinander! Auch in den sogenannten „guten Jahren“ – zwischen den Milchkrisen – liegen die Preise permanent unter den Produktionskosten.

Laut der aktuellen Studie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) – Was kostet die Erzeugung von Milch? – lagen die Milcherzeugungskosten im 5-Jahres Schnitt in sechs europäischen Mitgliedsstaaten zwischen 41 und 46 Cent pro Kilogramm Milch. Die Preise betrugen im gleichen Zeitraum durchschnittlich allerdings nur ca. 32 bis höchstens 35 Cent pro Kilogramm Milch. „Die europäischen Milcherzeuger haben jeden Monat ein dickes Minus auf dem Konto“, bringt es die Studienautorin, Dr. Karin Jürgens, auf den Punkt. „Wird dieses Dilemma nicht gelöst, wird es für die Milchbetriebe – sowohl große als auch kleine – immer schwieriger, die Milchproduktion in Europa aufrecht zu erhalten“.

Die Produktionskosten inklusive Entlohnung und durchschnittlichen Nettoinvestitionen liegen im Jahr 2017 in allen sechs Ländern deutlich über den Milchpreisen und belaufen sich auf zwischen 43,39 ct/kg (Deutschland) und 48,89 ct/kg (Luxemburg). Und selbst ohne Beachtung der notwendigen Nettoinvestitionen ist die Kostenunterdeckung im 5-Jahres-Durchschnitt beträchtlich und beträgt zwischen 14 % (Dänemark) und 27% (Belgien und Frankreich).

 

Milchproduktionskosten (in blau) und Nettoinvestitionen (in grau) im Vergleich zum durchschnittlichen Milchpreis (in rot): Die Kosten liegen weit über den ausgezahlten Preisen

 

Für Erwin Schöpges, Milcherzeuger im ostbelgischen Amel und Präsident des European Milk Board (EMB), bestätigen die Zahlen die chronisch angespannte Situation auf den Höfen. „Wir Milcherzeuger bekommen nicht einmal unsere reinen Produktionskosten gedeckt – geschweige denn die Arbeitskosten.“ Ausbezahlt werde im Prinzip das, was der Molkerei unterm Strich übrigbleibt, führt Schöpges weiter aus. „Nur dank der Zuverdienste außerhalb der Landwirtschaft können wir unsere Betriebe am Leben erhalten“ Die europäischen Milcherzeuger erwarten zudem steigende Kosten im kommenden Winter aufgrund der dürrebedingten Futterausfälle. „Uns stehen harte Zeiten bevor, da die Milchpreise weiterhin auf zu niedrigem Niveau verharren“, skizziert der Vorsitzende des europäischen Milcherzeugerverbandes die Perspektiven für die Milchproduzenten.

Die Studie zu den Produktionskosten wurde kürzlich auch den Experten der Milchmarktbeobachtungsstelle (MMO) der Europäischen Kommission vorgestellt. „Die roten Zahlen auf unseren Milchabrechnungen wurden zwar zur Kenntnis genommen, aber es gab keinen Aufschrei angesichts des Ungleichgewichts innerhalb der Lebensmittelkette “, zeigt sich der EMB-Präsident von den Reaktionen der Teilnehmer enttäuscht. „Dabei braucht es gerade jetzt den Willen seitens der EU-Politik, um die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik mit einem funktionierenden Krisenmechanismus auszustatten!“

Kalkulation auf Basis von EU-Daten und Ansatz für gerechte Arbeitsentlohnung

Die aktuelle Studie des BAL basiert auf anerkannten und EU-weit vergleichbaren repräsentativen Daten der Europäischen Kommission (Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen – INLB sowie Preisindices Landwirtschaft).
Für die Arbeitskosten werden Tarifstandards des jeweiligen Landes genutzt. Diese berücksichtigen den Ausbildungs- und Qualifikationsgrad der Arbeiter sowie länderbezogene Lohnstandards für landwirtschaftliche Betriebsleiter.
In der Kostenkalkulation werden zudem Beihilfen von den Gesamtkosten abgezogen sowie die Nettoinvestitionen (10-Jahres-Durchschnitt) ausgewiesen. 

Sehen Sie hier unsere Kostenstudie (EN)

Sehen Sie hier ein kurzes Video mit den aktuellen Zahlen auf einen Blick

 

EMB Pressemitteilung vom 10.10.2018

Milcherzeugungskosten in Deutschland nach wie vor nicht gedeckt

Newsletterbild

Aus den vierteljährlichen Kostenzahlen für Deutschland geht hervor, dass im Juli 2018 die Produktionskosten nur zu 80% gedeckt waren, während die Kostendeckung im April bei 78% bzw. im Januar 2018 noch bei 88% gelegen hatte. Die Kosten der Erzeugung betrugen im Juli 43,28 Cent, dem gegenüber erhielten die Erzeuger für ihr Produkt allerdings nur 34,56 Cent Erlöse.


Milchpreise und Produktionskosten liegen nach wie vor weit auseinander. Die Zahlen entstammen der vierteljährlichen deutschen Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL).


Johannes Pfaller, Milcherzeuger in Süddeutschland und Vorstandsmitglied des European Milk Board (EMB) sieht auch mittelfristig keine Schnittstelle von Auszahlungspreisen und Erzeugungskosten. „Die Milchpreise sind weit davon entfernt, unsere Produktionskosten abzudecken. Zudem werden die Kosten für Futtermittel aufgrund der dürrebedingten Ernteausfälle im kommenden Winter steigen.“ Umso wichtiger sei es jetzt, die Voraussetzungen für einen stabilen Milchmarkt im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in die Wege zu leiten, so Pfaller.


Entwicklung der Milcherzeugungskosten in Deutschland
Hier finden Sie die Entwicklung der Kostensituation für die Milchproduktion in Deutschland von 2009 bis Juli 2018.

 

Preis-Kosten-Ratio (Unterdeckung)
Die Preis-Kosten-Ratio verdeutlicht, inwieweit das Milchgeld die Produktionskosten abdeckt. Im Juli 2018 haben die Erzeuger nur 80% ihrer Produktionskosten über den Milchpreis erwirtschaftet; die Unterdeckung betrug somit 20%.
Sehen Sie hier die Kostenunterdeckung seit 2009.

Milch-Marker-Index (MMI)
Der Milch-Marker-Index zeigt die Entwicklung der Kosten der Milchproduktion auf. Der MMI hatte im Juli 2018 einen Wert von 104, d.h. die Produktionskosten für deutsche Milcherzeuger sind im Vergleich zum Basisjahr 2010 (2010=100) um 4% gestiegen.
Sehen Sie hier den Milch-Marker-Index im zeitlichen Verlauf.


Ganz aktuell: Die Berechnungen der Milchproduktionskosten in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Niederlande für das Jahr 2017 sind jetzt verfügbar. Hier finden Sie die komplette Studie (in Englisch) sowie ein kurzes Video mit den Zahlen auf einen Blick.


Die Kosten der Milchproduktion sind chronisch unterdeckt – was schafft Abhilfe?
Das European Milk Board schlägt die gesetzliche Verankerung eines Kriseninstruments vor, um der chronischen Unterdeckung entgegenzuwirken. Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) beobachtet und reagiert auf Marktsignale durch eine Anpassung der Produktion.
Sehen Sie hier eine kurze Beschreibung des Marktverantwortungsprogramms des EMB.

 

Hintergrund:
Für die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ hat das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) 2012 im Auftrag des European Milk Board und der MEG Milch Board erstmals die Milcherzeugungskosten in Deutschland flächendeckend berechnet. Die Kalkulation basiert auf Daten des Informationsnetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der EU (INLB) sowie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und wird seit 2014 vierteljährlich aktualisiert.

Datenblatt herunterladen

EMB-Pressemitteilung vom 15.10.2018

 

 

„So kann es nicht weitergehen“

Newsletterbild
© Fairkoperativ Letzebuerg

Die Milcherzeuger verkaufen ihre Milch unter dem Selbstkostenpreis. Am 28. September haben sie versucht, sich in Luxemburg-Stadt durch lautes Hupen mit ihren Traktoren Gehör zu verschaffen. Sie waren mit zwölf Traktoren und ihren Forderungen im Gepäck angerückt, um auf die Situation der Landwirte in Luxemburg und dem Rest Europas aufmerksam zu machen und eine Lösung herbeizuführen, damit nicht ein ganzer Berufsstand stirbt.

 

„Wir sind hier, um dem Landwirtschaftsminister und der Regierung die Ergebnisse unserer Studie zu den Milchproduktionskosten vorzulegen. Außerdem möchten wir mögliche Lösungsansätze für die Probleme der Milchwirtschaft aufzeigen“, erklärt Guy Didderich, Vorsitzender des Luxembourg Dairy Board (LDB).

Die Studie zeigt, dass die Produktionskosten der Milcherzeuger 2017 wie auch in den Vorjahren nicht gedeckt wurden. „So kann es nicht weitergehen“, warnt der Vorsitzende des Milcherzeugerverbands. Es fließen immer mehr externe Mittel, wie Beihilfen, in die Betriebe, damit sie weitermachen können. Die Situation besteht seit dem Wegfall der Quotenregelung unverändert.

Die Kosten der Produktionsmittel steigen unaufhörlich und die Landwirte können die Preiserhöhungen nicht auf die Preise ihrer Erzeugnisse aufschlagen, wenn sie weiter verkaufen möchten. „Dieses Jahr war aufgrund der Dürre besonders und wir haben noch keine Zahlen, aber davon ungeachtet sind die Preise für Futtermittel seit einigen Jahren explodiert“, erklärt Guy Didderich. „Der Milchpreis bleibt hingegen konstant. Zu niedrig, aber das dauerhaft. Uns fehlen zehn Cent pro Liter, um unsere Kosten zu decken.“

Nach Abzug der Beihilfen von 7,31 Cent kostet die Produktion eines Kilogramms Milch den Landwirt 42,62 Cent. Verkauft wird es zu 31 oder 32 Cent. Ein Viertel des Preises wird damit nach Aussage der luxemburgischen Erzeuger nicht gedeckt. Noch schlimmer ist, dass die Erzeuger den Rest aus eigener Tasche drauflegen. Die Futterpreise haben seit 2010 um 20% zugelegt. Die Preise für Getreide, Dünger, Energie oder die Wartung landwirtschaftlicher Maschinen steigen durch die Bank weg konstant.

„All diese Faktoren führen im Zusammenspiel mit dem Preisverfall dazu, dass wir keine ausreichenden Gewinne erzielen, um in unsere Betriebe investieren zu können, damit sie den Auflagen an die Nahrungsmittelqualität, Umweltstandards oder Tierwohlvorschriften entsprechen“, ergänzt der Vorsitzende.

Die Erzeuger möchten einen stabilen Preis, der die Produktionskosten deckt. „Wir fordern ein Kriseninstrument, das den luxemburgischen und europäischen Erzeugern ein Einkommen garantiert. Dies sollte in die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union integriert werden“, erklärt Guy Didderich.

Den Zahlen für 2016 zufolge zählt Luxemburg 530 Milchviehbetriebe. Jeder Betrieb hat im Schnitt 69 Milchkühe und wird von 1,75 Personen betrieben. Der Agrarminister Fernand Etgen hat die Forderungen der Milcherzeuger gehört. Sie hätten gern die Butter auf dem Brot, die sie herstellen…

Auszug aus dem Artikel „Nous ne pouvons continuer ainsi“ ("So kann es nicht weitergehen") von Sophie Kieffer in der Tageszeitung „Le Quotidien“ vom 29.9.2018.

Das Schweizer Milchsystem bleibt sinnentleert!

Newsletterbild
© wikimedia

Nach der Dürre in diesem Sommer und dem resultierenden Futtermangel für die Milchkühe wäre eine Erhöhung des Milchpreises für das A-Segment höchstwillkommen gewesen. Aber nein! Die Branchenorganisation Milch (BO Milch) hat es bei ihrer Sitzung am 22. August vorgezogen, den Richtpreis des A-Segments nicht zu ändern: Der Preis bleibt für das vierte Quartal 2018 bei 68 Rappen pro kg.

 

Die Milchbäuerinnen und -bauern haben diese Entscheidung keinesfalls akzeptiert und ein neues Treffen der BO Milch gefordert, das auch ergebnislos blieb. Die BO Milch hat bekundet, man wolle „Angebot und Nachfrage wirken lassen“ und „wenn die Milchmenge und der Fettgehalt in diesem Herbst sinken sollten und eine Verknappung festgestellt würde, die Preise von allein steigen werden“. Anfang August hat der Schweizer Bauernverband (SBV) übrigens den Lebensmitteleinzelhandel aufgerufen, aus Solidarität bis zum 30. April 2019 pro Liter Milch 5 Rappen mehr zu zahlen.

Diese Entscheidung ist angesichts der besonderen Lage, die die Schweizer Bäuerinnen und Bauern in diesem Sommer erlebt haben, beschämend – eine Situation, die übrigens alle Erzeuger/innen in Europa getroffen hat!

Um diese Linie der echten Verachtung der Milcherzeuger/innen im Land fortzusetzen, hat die BO Milch für den 1. Juli 2019 die Einführung eines neuen Branchenstandards für „nachhaltige Milch“ angekündigt. Was hat es damit auf sich?

Zusätzlich zu den ohnehin schon bestehenden, strengen rechtlichen Auflagen kommen noch weitere Anforderungen an die Fütterung, das Tierwohl und andere Bereiche hinzu. Hier einige Beispiele für zusätzliche Anforderungen:

  • Die Mindesthaltedauer auf dem Geburtsbetrieb beträgt bei allen Kälbern 21 Tage.
  • Falls Sojaschrot in der Fütterung verwendet wird, muss dieses nachweislich aus nachhaltigen Quellen stammen.
  • Jede Kuh hat ab Geburt einen Namen, welcher in der Tierverkehrsdatenbank (TVD) eingetragen ist.

 

Die Einhaltung dieser Auflagen berechtigt zur Auszahlung eines Nachhaltigkeitszuschlags in Höhe von 2 Rappen/kg. Auch wenn einige der Anforderungen an sich betrachtet eine gute Sache sind, verlangt man hier de facto von den Bäuerinnen und Bauern, dass sie für einen lächerlichen Zuschlag weitere Auflagen erfüllen, während durchaus bekannt ist, was den Erzeuger/innen heute fehlt, um über die Runden zu kommen… Wir rufen in Erinnerung, dass die Produktion eines Liters Milch in der Schweiz 1 Franken kostet. Die Erzeuger/innen, die konventionelle Milch herstellen, erhalten aber leider im Schnitt nur 50 Rappen pro Liter, d. h. die Hälfte!! Sollen die Milcherzeuger/innen mit diesen mickrigen 2 Rappen Zuschlag allen Ernstes besser dastehen!?

Außerdem hat die folgende Vorgabe aus dem Lastenheft bei manchen Erzeuger/innen für Heiterkeitsausbrüche gesorgt hat: Jede Kuh hat ab Geburt einen Namen, welcher in der TVD eingetragen ist! Wollen Sie uns für dumm verkaufen?

Berthe Darras, Uniterre

 

* In der Schweiz untergliedert sich der Milchpreis in drei Segmente (Quelle: Milchpreisbericht SMP von März 2018):

  • A-Segment A = Milch für den Schweizer Markt = Richtpreis: 68 Rappen/l (aber de facto meist mit rund 60 Rappen/l vergütet)
  • B-Segment B = Milch für den europäischen Markt = 38,05 Rappen/l
  • C-Segment C = Milch für den Weltmarkt (hauptsächlich für die Herstellung von Milchpulver bestimmt) = 30,79 Rappen/l

Neue Produkte bei der Fairen Milch Luxemburg

Newsletterbild
© Fairkoperativ Letzebuerg

Infolge der Milchkrise von 2008 beschlossen 48 Luxemburger Milcherzeuger, ihre eigene Marke für den einheimischen Markt zu erschaffen. Das Ziel war, den Produzenten Einfluss zurückzugeben und ein angemessenes Einkommen für Erzeuger mit dem Verbrauchervertrauen zu verbinden. Bei einer Agrarmesse in Ettelbruck stellte nun Mett Roeder, Milcherzeuger und Vorsitzender von D’fair Mëllech, drei neue Produkte vor, die ab sofort in fast allen Supermärkten des Landes erhältlich sind.

 

 

Einheimischer Brie

Erstmals kommt ein Briekäse aus Luxemburg auf den Markt. Wir wissen, wie wichtig die Qualität der Rohstoffe für den Geschmack des Käses ist. Daher weiden die Kühe, aus deren Milch der Brie hergestellt wird, im Norden des Lands auf dem Hof Lamberty in Heinerscheid. Mett Roeder erklärt, dass „die Kühe auf den Weiden grasen, wo sie auch direkt gemolken werden“. Die Milch wird dann in einer kleinen Käserei in der Nähe von Batice in Belgien verarbeitet und anschließend in den Supermärkten des Großherzogtums vertrieben. „Die Käseherstellung ist sensibel und erfordert besondere Kenntnisse, die derzeit in Luxemburg fehlen“, fügt der Vorsitzende zur Begründung hinzu.

Viele Erzeuger bei D’fair Mëllech haben sich bereits vorgenommen, einen zweiten Käse herauszubringen, aber sie zögern noch zwischen mehreren Möglichkeiten. Wie bei jeder neuen Idee werden sie bei der Entscheidung auch diesmal nicht versäumen, den Verbrauchern und ihren Präferenzen auf den Zahn zu fühlen. Denn der direkte Kontakt ist das Erfolgsrezept der Genossenschaft.

 

Kleinere Gebinde

Viele Eltern haben außerdem den Wunsch geäußert, kleinere Milchtrinkpäckchen zu haben, die sie ihren Kindern für die Pause in den Schulranzen packen können. Die Einzelportionen von 0,33 cl sind auch für Single-Haushalte und Kinderhorte ideal, die sich mit D’fair Mëllech eindecken. Daher gibt es in diesem Herbst noch zwei weitere Neuheiten: Eine fettarme H-Milch (1,5%) im 0,33-cl-Gebinde und eine haltbare Schokomilch, ebenfalls 0,33 cl und außerdem mit dem Etikett „transfair“, das lokalen Kakao- und Zuckerbauern wirtschaftlich faire Bedingungen garantiert.

 

Die Genossenschaft

D’fair Mëllech hat keinen einzigen Mitarbeiter, sondern die Milcherzeuger und ihre Familien besetzen die Stände bei den Agrarmessen, verhandeln mit den Einzelhändlern und diskutieren mit den politischen Entscheidungsträgern. Die Produkte der Luxemburger Milchbauern sollen auf dem lokalen Markt angeboten werden, und zwar so, dass es sowohl für den Erzeuger als auch für den Verbraucher gerecht ist. Das Ziel ist, wieder ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsum herzustellen.

Dieser Leitsatz steht bei den Milcherzeugern immer im Vordergrund, die die Preise und Margen mit den großen Einzelhändlern vernünftig verhandeln. Daher wird der Brie für einen Preis von 2,98 Euro angeboten, wovon 10 Cent direkt zurück an die Genossenschaft gehen. „Damit das Produkt für alle fair ist, liegt es nicht mehr bei den Erzeugern und Verbrauchern, sich den Bedingungen des Handels zu beugen, sondern sie müssen auch ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Das ist der einzige Weg, um Gerechtigkeit zu gewährleisten“, schließt der Landwirt.

Fairkoperativ Letzebuerg

Milchstreik 2009 – Es ist schon neun Jahre her!

Newsletterbild
© André Lefranc

Der Milchstreik war und ist bis heute die einzige radikale Lösung, um einen kostendeckenden Milchpreis (45 Cent pro Liter) zu erreichen. So konnten wir unseren Eliteschule-Absolventen und unseren Politikern, der Industrie und den Genossenschaften unsere Solidarität demonstrieren.

 

Es war eine Investition in eine bessere Zukunft für die Milcherzeuger. Es hat nicht geklappt, weil zu viele Landwirte darauf gesetzt haben, dass der Nachbar streikt oder gleich kaputtgeht. Ich habe den Milchstreik mit meinem Teilhaber von Anfang bis Ende mitgemacht und 27.500 Liter Milch vergossen. Ich bereue nichts – außer dem Umstand, dass ich Teil einer Agrarwelt bin, die nicht nachdenkt. Die meisten halten sich für die Eliten, die Besten der Besten. Die Bauern sind ein armer Berufsstand. Wir sollten wertgeschätzt werden, stattdessen sind wir Leibeigene!

Glücklicherweise haben wir seit nunmehr fast zehn Jahren viele gute Dinge geschaffen, die das widerliche System umstürzen könnten, in dem wir seit langen Jahren leben. Leider ist es auch hier wie beim Milchstreik: Es fehlt an Fußvolk, das bereit ist, in den Krieg zu ziehen.

Ich möchte in jedem Fall allen herzlich danken, die sich der Bewegung angeschlossen haben und noch dabei sind! Die traditionellen Verbände sollten sich schämen und das gilt auch für diejenigen, die nie aufgehört haben, uns Steine in den Weg zu werfen.

Boris Gondouin, Milcherzeuger, Vorstandsmitglied der APLI und des EMB

Sie finden uns auch auf Facebook

Newsletterbild

 

 

 

                       

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org