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European Milk Board
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Tel: 0049/2381/4360495
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E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org
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EMB - European Milk Board asbl
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Tel.: +32 - 2808 - 1935
Fax: +32 - 2808 - 8265
Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,
in den Niederlanden errichten Bauern weiter Ställe, in denen nach 2015 Kühe stehen sollen. Drei Milliarden Liter Milch zusätzlich (ausgehend von einer durchschnittlichen Menge von 8000 kg Milch pro Kuh) können gemolken werden, wenn diese noch leeren Ställe bezogen werden. Ein von der Rabobank in Auftrag gegebener Bericht zeigt die Überkapazität an Kuhplätzen auf.
Bei der Pressekonferenz, wo dieser Bericht vorgestellt wurde, der sich überwiegend mit den Profiten der einzelnen Akteure der Lebensmittelkette beschäftigt, war viel über die schlechte Lage der Milchbauern zu hören und es wurden Stimmen laut, dass dringend etwas geschehen müsse. Aussagen wie „die Bauern stehen wieder schlecht da“, „die Einkünfte bleiben gleich null“, „die Lage der Bauern hat sich nicht verbessert, „so kann es nicht weitergehen“, „der primäre Sektor stößt an seine Grenzen“ und vor allem „wir sollten gemeinsam die Eigenkapitalrendite wieder auf 17% heben“ (Quelle: Zuivelzicht) klangen sehr vielversprechend.
Auch in ihrer Öffentlichkeitsarbeit weist die Rabobank immer darauf hin, dass sie eine Genossenschaft ist, die von Landwirten gegründet wurde. Doch auf die Nachfrage, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn die genossenschaftliche Milchindustrie einen Teil der benötigten Eigenkapitalprozente mit ihren Mitgliedern / Eigentümern teilen würde, ist nur Ablehnung zu hören: „Das könnte dem Fortschritt der genossenschaftlichen Molkereien schaden“, so Herr Thus, Leiter der Abteilung Milch der Rabobank. Stattdessen: „Wir werden den einzelnen Landwirt unterstützen, so dass er zu den besten 20% aufsteigt“. Es gibt nämlich Erzeuger, die eine Eigenkapitalrendite erzielen. Der LEI-Bericht stellt auch fest, wie hoch die Eigenkapitalrendite für die oberen 20% ist: genau 1.9%, und damit weit entfernt von 17%. Eine weitere Effiziensteigerung wird also nicht reichen, die Einkommen der Milcherzeuger auf ein gesellschaftlich vergleichbares Niveau zu heben.
Wir brauchen eine gute Mengenregelung und faire Preise, damit möglichst viele Milcherzeuger in Europa eine Zukunft haben und nachhaltig gute Milch erzeugen können. Dazu müssen wir, die europäischen Milcherzeuger, uns im EMB einsetzen und so auch gemeinsam mit Vertretern anderer gesellschaftlicher Gruppen dieses Ziel erreichen.
Sieta van Keimpema, Vize-Präsidentin des EMB, Vorsitzende des Dutch Dairymen Board
EU-Rat schaltet auf STUR(M)
Auch wenn in großen Teilen der EU ein goldener Herbst und milde Temperaturen die letzten Wochen bestimmt haben - für die EU-Milchpolitik trifft das leider nicht zu. Der starke Wind, der hier insbesondere vom EU-Rat her bläst, rüttelt heftig an den kleinen Fortschritten, die vor dem Sommer im Parlament erreicht wurden. Bei Verhandlungen zur Milchmarktreform in Rahmen des Trilogs stellt der EU-Rat sich stur gegen wichtige Vorschläge wie eine Monitoringstelle und EU-weit verpflichtende Verträge für Molkereien. Werden nun alle bisherigen Bemühungen der Milcherzeuger für eine intelligente Mengenregulierung einfach so weggeweht?
Fünf EU-Staaten überlieferten ihre Quote in 2010 / 2011
Bauern in Dänemark, Luxemburg, Österreich, Zypern und in den Niederlanden haben im Wirtschaftsjahr 2010/11 fast 0,2 Mio. Tonnen Milch zu viel produziert. Die betroffenen Landwirte müssen deshalb Superabgaben in Höhe von 55,57 Mio. Euro leisten. Insgesamt belief sich die Milchanlieferung auf 137,98 Mio. Tonnen, womit das europäische Gesamtquotenvolumen um sechs Prozent unterschritten wurde. In 14 EU-Staaten sind die Quoten höchstens zu 90 Prozent ausgeschöpft worden. Schon vor Abschaffung der Quote findet somit faktisch eine Verlagerung der Milchmengen innerhalb von Europa statt. Während sich die Milchproduktion in Ländern mit einer hohen Milchdichte weiter konzentriert, ist sie im Gegenzug in Gebieten mit schwierigen Produktionsbedingungen auf dem Rückzug. Die EU hat es bisher versäumt, hier Sicherungsmaßnahmen vorzusehen, um eine flächendeckende Milcherzeugung und damit Wertschöpfung zu erhalten.
Interview mit dem dänischen Milchbauern Flemming Jørgensen
S. Korspeter: Herr Jørgensen, einige Banken in Ihrem Land sind in großen Schwierigkeiten und die Bodenpreise haben sich in Dänemark mehr als halbiert… Was bedeutet das für Sie?
Flemming Jørgensen: Alle dänischen Betriebe zusammen haben etwa 50 Milliarden Euro Schulden, verteilt auf ca. 10.000-12.000 Höfe. Es besteht also eine ziemlich enge Verbindung zwischen den dänischen Landwirtschaftsbetrieben und den Banken. Die Banken verleihen fast kein Geld mehr. Die Sicherheiten in Form von Land haben enorm an Wert verloren. Als ich 2006, 2007 und 2008 meine Nachbarhöfe gekauft habe, musste ich 40.000€ pro Hektar bezahlen. Jetzt ist ein Hektar nicht mal mehr 20.000€ wert. Aber im Alltag denke ich nicht oft an diesen Wertverlust. Der Hof bedeutet mir viel. Deshalb versuche ich, meine Tiere gut zu versorgen, hochwertige Milch zu haben und einen höheren Milchpreis zu bekommen. Und gute Ernten sind natürlich auch wichtig.
Die vertrackten Verträge des französischen Agrarministers
Im Frühling 2010 hat die französische Regierung ein neues Agrarmarkt – Gesetz verabschiedet, die LMA (Loi de Modernisation Agricole). Private Molkereien wurden über dieses Gesetz verpflichtet, ihren Produzenten bis zum 31.03.2011 einen Vertrag vorzulegen. Sie benutzten diese neue Vertragspflicht, um ihre Macht gegenüber den Erzeugern auszubauen. Der Landwirt wird über verschiedenste neue Vertragsbedingungen stärker an seine Molkerei gebunden. Entsprechend wenige Milcherzeuger (nur etwa 5%) haben bisher einen solchen Vertrag unterschrieben.
APLI hat im Frühling 2011 gemeinsam mit der OPL (Organisation des Producteurs de Lait) und der Confederation Paysanne das FRANCE MILK BOARD (FMB) gegründet. Es ist eine molkerei- und verbandsübergreifende Erzeugerorganisation, die offen für alle Milcherzeuger ist, ganz unabhängig auch davon, ob sie an eine Genossenschafts- oder eine Privatmolkerei liefern. Ziel ist es, so viele Milcherzeuger wie möglich zu ermutigen, dem France Milk Board das Mandat für die Verhandlung mit ihrer Molkerei zu übertragen und so nach und nach eine wirtschaftliche Milcherzeugerorganisation aufzubauen, die ein echtes Gegengewicht zu den Molkereien darstellt.
Schlechte Milchpreise in Galizien
Der Mehrheit der galizischen Milcherzeuger steht das Wasser bis zum Hals, berichtet der Sender Antena3. „Fast 90% der Einnahmen werden wieder ausgegeben, um Rechnungen zu begleichen“, so José Antonio, Mitglied des „Gremio de ganadería“. Die Rentabilität der Betriebe sei gering oder gleich Null. „Der Milchpreis ist gleichbleibend niedrig, doch das Getreide wird immer teurer, der Treibstoff ebenfalls; für ein Kalb bekommt man so wenig, dass man es faktisch verschenkt“, führt José Antonio weiter aus. Der Milchpreis liegt bei 30 Cents / Liter, das ist genauso viel wie aktuell ein Kilo Futter kostet.
ARC ruft die europäischen Bürger/innen auf, ihren Beitrag zu leisten
Die Kerngruppe von ARC2020 traf sich am 6. und 7. Oktober in Brüssel, um die Reformvorschäge zur Gemeinsamen Agrarpolitik zu erörtern. Das EMB war auch vertreten. In einer anschließend veröffentlichten Pressemitteilung rief ARC die Bürger/innen in Europa auf, weiter für eine wirklich nachhaltige GAP zu kämpfen, die eine gerechte Verwendung der Mittel, faire Einkommen und die Gestaltung zukunftsfähiger ländlicher Räume gewährleistet.
GAP-Reform
Hier finden Sie die Legislativvorschläge der EU-Kommission zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU:
LANGTEXTE
EU-Rat schaltet auf STUR(M)
Auch wenn in großen Teilen der EU ein goldener Herbst und milde Temperaturen die letzten Wochen bestimmt haben - für die EU-Milchpolitik trifft das leider nicht zu. Der starke Wind, der hier insbesondere vom EU-Rat her bläst, rüttelt heftig an den kleinen Fortschritten, die vor dem Sommer im Parlament erreicht wurden. Bei Verhandlungen zur Milchmarktreform stellt der EU-Rat sich stur gegen wichtige Vorschläge wie eine Monitoringstelle und EU-weit verpflichtende Verträge für Molkereien. Werden nun alle bisherigen Bemühungen der Milcherzeuger für eine intelligente Mengenregulierung einfach so weggeweht?
Trilog nennt sich das Gespräch, das aktuell vom EU-Parlament, der Kommission und dem Rat bezüglich des Milchpakets - einer ersten Reform des Milchmarktes - geführt wird. Die Haltung des Rates ist dabei stur in Richtung Marktliberalisierung gerichtet und blendet alternative Lösungen aus. Wie aus einem ersten Arbeitspapier ersichtlich, ignoriert er die Vorschläge, die zuvor das EU-Parlament eingebracht hatte und die zumindest einige kleine Fortschritte zur Krisenüberwindung am Milchmarkt bringen könnten.
Das Parlament schlägt beispielsweise eine EU-weite Verpflichtung von Verträgen zwischen Erzeugern und Molkereien vor, gegen die sich der Rat querstellt. Durch diese Verträge, die sich laut EMB an den Produktionskosten orientieren und molkereiübergreifend von Erzeugerorganisationen ausgehandelt werden müssten, besteht für Erzeuger die Chance auf einen fairen Preis für ihre Milch. Dieser wird nicht erreicht, wenn – wie der Rat offensichtlich plant – jedes einzelne Land entscheidet, ob es Verträge verpflichtend einführt oder nicht.
Wie das Arbeitspapier des Rates weiter zeigt, soll auch die so genannte Monitoringstelle, die das Parlament nach Gesprächen mit dem EMB vorgeschlagen hatte, keinen Eingang in die endgültige Milchmarktverordnung finden. Dieses Instrument soll laut Parlament zunächst unter anderem Marktdaten zu Menge, Preis und Kosten erfassen. Auch wenn hier noch keine aktive Mengenregulierung geplant ist - die Monitoringstelle als Marktobservierer wäre zumindest schon mal ein Anfang. Nur über eine Monitoringstelle kann nach Auslaufen der staatlichen Quotenregelung verhindert werden, dass in der EU schädliche Übermengen produziert werden und der Markt noch tiefer in der Krise versinkt.
Problematisch ist auch, dass der Rat vorhat, Erzeugerorganisationen, die für Milchproduzenten Verträge mit Molkereien aushandeln, mengenmäßig sehr stark zu begrenzen. 33 Prozent nationaler Milchanteil und 3,5 Prozent EU-Anteil sind zu gering, um Erzeugerorganisationen die nötige Verhandlungskraft zu geben. Einzelne Molkereien erreichen einen Anteil von bis zu 95 Prozent des nationalen Marktes. Damit können sie einer Erzeugerorganisation, die diese Zahlen nie erreichen darf, die Vertragsbedingungen - und damit unangemessen niedrige Preise - einfach diktieren.
Haben in der EU bis dato EU-Rat und Kommission alles allein unter sich ausgemacht, ist nun das Parlament bei Entscheidungen zur neuen Milchmarktreform einbezogen. Es ist jedoch sehr fraglich, ob dieses Mehr an Demokratie auch tatsächlich realisiert wird. Wie man leider sehen kann, scheint das alte Zweiergespann - Rat und Kommission - weiterhin die parlamentarische Meinung nicht gelten lassen zu wollen. Das Parlament muss sich hier beweisen und standhaft seine Position verteidigen. Gegen den scharfen Wind, der insbesondere vom Rat her weht, müssen sich aber auch die Milcherzeuger in Europa weiter stemmen. Ohne eine vernünftige Mengenregulierung ist die nächste tiefe Krise vorprogrammiert. Die Schweiz macht es uns bereits vor. 2009 hatte die Politik hier die Quoten abgeschafft ohne eine vernünftige Nachregelung für den Milchmarkt zu treffen. Die Erzeugerpreise befinden sich seitdem in einer extremen Abwärtsspirale.
Die bisherigen Bemühungen der Milcherzeuger in der EU waren nicht umsonst. Das sieht man beispielsweise an der Haltungsänderung vieler Parlamentarier. Allerdings müssen die Aktionen der Milchproduzenten fortgesetzt werden und dürfen nicht im Sande verlaufen. Denn kleine Spuren im Sand kann ein kalter Wind aus Brüssel schnell wegwehen - gegen mehr als 100.000 entschlossene Milcherzeuger, die fest zusammen für eine vernünftige Mengenregulierung stehen, hat er es jedoch ungemein schwerer.
Silvia Däberitz, EMB