MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Newsletter als PDF

PDF-Version hier herunterladen

Kontakt

EMB - European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles

Tel.: +32 - 2808 - 1935
Fax: +32 - 2808 - 8265

office@europeanmilkboard.org
www.europeanmilkboard.org

Newsletter September

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte, 

mit der Einführung eines Zweipreis- und Zweimengensystems gegenüber einer großen Erzeugergemeinschaft in der Bretagne hat der französische Molkereikonzern Danone als erste Molkerei in der EU einen großen Schritt in Richtung Molkereiquote gemacht. Dies ist umso bemerkenswerter, als die staatliche Milchgarantiemengenregelung noch über vier Jahre läuft. 

Damit bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen des EMB, das immer vor einer Übernahme der Mengensteuerung durch die Molkereiwirtschaft gewarnt hat. Mit diesem Coup ist die Verarbeiterseite in der Lage, ihre ohnehin starke Position am Markt gegenüber den Erzeugern weiter auszubauen. Die Bemühungen der EU-Kommission und des EU-Rates mit dem erklärten Ziel, die Erzeugerseite zu stärken, werden durch diesen Schritt ad absurdum geführt. 

Sollten gar weitere Molkereien folgen - dies ist durchaus zu befürchten - ist für die Milcherzeuger in Europa der Weg in die abhängige Vertragsproduktion analog zur Geflügelwirtschaft sicher. Das EMB und die darin organisierten Milchviehhalter müssen alles daran setzen, die Frage der Mengensteuerung in die Hand der Erzeuger zu bringen. Dazu braucht es in erster Linie den Willen der Erzeuger, sich zu bündeln. Zudem ist auch eine entschiedene Unterstützung der Milchviehhalter durch die Politik notwendig. Mit bloßen Lippenbekenntnissen wie bisher wird dies nicht gelingen.  Gruppenfreistellung für Milcherzeugergemeinschaften im europäischen Wettbewerbsrecht und Monitoringstelle sind zwei der Maßnahmen, die die Politik begleitend ergreifen sollte.

Ende Oktober wird Ciolos seine Vorschläge für die zukünftige Gestaltung des Milchmarktes der Öffentlichkeit präsentieren, am 17. November 2010 kommen die Reformvorschläge für die EU-Agrarpolitik nach 2013. In den kommenden Wochen werden der Vorstand des EMB und die Mitglieder an der Basis deshalb noch viele politische Gespräche führen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Mengensteuerung in Erzeugerhand deutlich zu machen.

Ganz sicher werden wir uns auch mit den Schleppern auf den Weg machen, um die Stärke der Milcherzeuger und ihre weiter zunehmende Bündelung sicht- und spürbar zu machen. 

Ich wünsche Euch / Ihnen eine gute Lektüre, 

Mit den besten Wünschen, 

Romuald Schaber, Präsident des EMB

 

INHALT

Milchstreik 2009 – ein Jahr ist vergangen

Niederlande: Der Referenzrahmen des Vertrags von Lissabon

Neues Milchpreisabkommen in Frankreich

Danone führt Zwei-Preissystem ein 

Schweizer Branchenorganisation gescheitert  

EMB: Mindestkriterien Verträge im Milchsektor 

Le Maire und Aigner 

Frankreich:  APLI gibt sich eine neue Struktur

EU-Parlament nimmt Bové-Bericht an

 

Milchstreik 2009 – ein Jahr ist vergangen

Aktionen in Belgien, Frankreich und der Schweiz 

Drei Mitgliedsverbände des EMB planen anknüpfend an die europaweiten Aktionen vor einem Jahr Aktionen bzw. ein großes Fest. 

Die belgische MIG beginnt am 16.9.2010 mit einer noch nicht genau definierten Aktion in Ciney. Alle erinnern sich sicher noch an die Bilder von dem riesigen Feld voller Trecker und fast 3 Millionen ausfließender Milch, die den Startschuss für den Milchstreik in 2009 gaben. ECVC-Mitglied FUGEA und die MIG laden alle Interessierten herzlich ein, mit einer Milchkanne mit 20 Liter Milch vom eigenen Hof zu kommen. Europäische und belgische Politiker werden im Vorfeld der informellen EU-Agrarministerkonferenz ebenfalls in Ciney anwesend sein, um die Ausrichtung der zukünftigen Milchpolitik und der GAP vor Ort mit den Milcherzeugern zu debattieren. Informationen bei Erwin Schöpges  0032/497904547.

Die französische APLI lädt für den 25. September herzlich ein zu Picknick, Wattspaziergang und großer Feier am Abend. Genau vor einem Jahr ergoss sich am Mont St. Michel, der berühmten Klosterstadt im Meer, eine weiße Flut aus Milch. Am 25.9 wird symbolisch noch einmal Milch vergossen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Lage der Erzeuger weiterhin problematisch ist und es noch immer an den notwendigen, strukturellen Veränderungen fehlt. Es besteht außerdem die Möglichkeit, verschiedene Milchbetriebe anzuschauen und mit vielen Franzosen ins Gespräch zu kommen. Informationen bei Anton Sidler sidler.anton@neuf.fr. 

Uniterre in der Schweiz plant ebenfalls Aktionen in Lausanne und St. Gallen. Informationen bei Nicolas Bezencon n.bezencon@uniterre.ch.

Diese Aktionen erinnern daran, dass es auf der Ebene der Politik aber auch in Bezug auf die Bündelung der Milch in starken Erzeugerverbänden noch viel zu tun gibt. Und sie sind auch die Gelegenheit, sich mit Milcherzeugern aus anderen Ländern auszutauschen und gemeinsam Kraft zu schöpfen.

Sonja Korspeter, EMB

 

Niederlande: Der Referenzrahmen des Vertrags von Lissabon

Der Verband der Niederländischen Milchviehhalter (NMV) ist der Auffassung, dass Politik und Verwaltung die Ziele, die im Lissabonner Vertrag festgehalten wurden, zu wenig beachten. 

Artikel 39 des Lissabonner Vertrages besagt, dass die Sicherung eines fairen Lebensstandards der Menschen,  die im Agrarsektor arbeiten, sowie die Stabilisierung der Märkte Ziele der GAP (Gemeinsamen Agrarpolitik) sind. 

Das bedeutet, dass der EU-Agrarministerrat sich bei Umsetzung seiner Politik an diese Ziele halten muss. Organisationen und Bürger haben jedoch fast keine Möglichkeit, rechtliche Schritte zu ergreifen, wenn der Rat diese Ziele nicht verfolgt, da schwer entschieden werden kann, ob politische Entscheidungen für einen unfairen Lebensstandard und instabile Märkte verantwortlich sind.

Dennoch hat der NMV sich entschlossen, den Rat aufzufordern, seine Entscheidungsfindung mit Hinblick auf die Ziele, die im Artikel 39 1:b:c des Vertrags von Lissabon festgehalten wurden, zu überprüfen. Ein Exemplar dieser Anfrage wurde auch an EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos geschickt. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten. 

Eric Bals, NMV

 

Neues Milchpreisabkommen in Frankreich

Das neue Milchpreisabkommen in Frankreich wurde unterzeichnet. Es sieht eine Erhöhung des Milchpreises um 10 % im Vergleich zum Vorjahrespreis vor. Konkret bedeutet dies für den Monat September einen Basispreis bei 3,8% Fett und 3,2% Eiweiss von 32 Cent. Das ist für die französischen Milcherzeuger weiterhin zu wenig, insbesondere auch aufgrund der gestiegenen Futterpreise und der Rückzahlungen der Kredite, die viele Landwirte im letzten Jahr aufnehmen mussten. Wenn man außerdem auf die mageren Monate Anfang des Jahres schaut, ergibt sich ein durchschnittlicher Jahresbasismilchpreis von etwa 30 Cent pro Liter, der die Vollkosten der Milcherzeugung in Frankreich nicht deckt. 

Bindung an den deutschen Milchpreis 

Das Milchpreisabkommen beinhaltet außerdem eine Kopplung des französischen Milchpreises an den deutschen. Diese Regelung tritt rückwirkend ab Juli 2010 in Kraft. Beträgt die Differenz zwischen den Milchpreisen der beiden Länder mehr als 0,8 Cent / Liter wird eine Angleichung vorgenommen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Preise so gegenseitig nach unten ziehen. Denn da viele deutsche Milchprodukte innerhalb von Europa exportiert werden, sind die Molkereien darauf angewiesen, immer ein bißchen billiger als die lokalen Anbieter zu sein. Passen die französischen Anbieter dann ihre Preise an die niedrigeren Preise der deutschen Produkte an, so ist der Teufelskreis in vollem Gange.

Sonja Korspeter, EMB

 

Danone führt Zwei-Preissystem ein 

Das Molkereiunternehmen Danone hat in einem Anschreiben seine Zulieferer informiert, dass man mit Blick auf die Abschaffung der Quoten nun schon mit der schrittweisen Einführung eines A/B-Mengen/Preissystems beginnen werde.  Einer Erzeugergemeinschaft in der Normandie, die als einzigen Abnehmer der Milch ihrer Mitglieder Danone hat, blieb offenbar keine Wahl. Sie hat dem Zweipreissystem zugestimmt und es tritt nun für ihre Mitglieder ab dem 1. Juli 2010 in Kraft. Von Juli bis Oktober 2010 entspricht das Volumen A der gesamten Liefermenge eines Erzeugers. Von November bis Ende Januar werden monatlich 8,7% der Jahresmenge eines Erzeugers als A-Menge akzeptiert und wie gewohnt bezahlt, in Februar und März werden monatlich 8,5% der Jahresquotenmenge des Erzeugers als A-Menge angenommen. 

Die B-Mengen, also alles was über diesen Prozentsatz der A-Mengen hinausgeht, werden zu einem geringeren Preis abgenommen. Hierzu zählen auch die Saldierungsmengen. Der Preis der B-Mengen wird festgesetzt auf Basis der Entwicklung der Preise für Butter und Magermilchpulver abzüglich der  Transportkosten für die B-Mengen. Außerdem werden die besonderen Danonespezifischen Prämien für diese B-Mengen nicht gezahlt und auch die Angleichung des bezahlten Jahrespreises an den regional durchschnittlich gezahlten Milchpreis wird für diese nicht vorgenommen. 

Das oben bereits erwähnte Abgleichen mit dem durchschnittlichen deutschen Milchpreis findet nur für die „teureren“ A-Mengen statt. Nächstes Jahr soll dann über weitere Details verhandelt werden.

Marktwirtschaft?

Bei der Berechnung der Preise fließen weder die Produktionskosten der Milch ein noch die reellen Einnahmen der Molkerei für ihre verkauften Produkte. Auch eine Mengensteuerung entsprechend einer Nachfrage an hochpreisigen Märkten kann über das Zwei-Preissystem nicht stattfinden. Denn für die Molkerei sind die B-Mengen interessant, da sie für diese Mengen einen geringeren Preis zahlen muss. Sie wird die Milcherzeuger also ermutigen, die Produktion auszuweiten.  So hat Danone seinen Zulieferern der Erzeugergemeinschaft in der Normandie bereits mitgeteilt, dass bis zu 5% Extramenge entsprechend der diesjährigen französischen Saldierung möglich sei. Wenn in Zukunft dann ohne Quotensystem auch die Superabgabe wegfällt und die Erzeuger aufgrund zu niedriger Preise für die A-Mengen unter noch höheren Druck geraten, wächst die Bereitschaft unter ihnen die schlecht bezahlten B-Mengen auszuweiten. Dies ist der Versuch, niedrige Preise durch mehr Menge wettzumachen. Das Zweipreissystem bietet also nicht nur keine nachfrageorientierte Mengenregulierung, sondern fördert zugleich das Absinken der Milchpreise und der Milchproduktpreise. Zunächst wird nur der Inlandsmarkt betroffen sein, dann auch der Weltmarkt. Die Milchprodukte aus der B-Milch landen zu Dumpingpreisen auf anderen Märkten, auch in Entwicklungsländern und führen dort zu Marktverzerrungen, ziehen das gesamte Preisniveau nach unten, verdrängen lokale Milcherzeuger.  

Auch in der Schweiz kann man aktuell schon die Folgen eines solchen Zwei- bzw. dortigen Dreipreissystems bewundern bzw. stark bedauern. Denn es bedeutet immer ein Dünner-Werden des Erzeugerportemonnaies. Die Schweizer setzen sich deshalb stark dafür ein, über eine Allgemeinverbindlichkeit für den Milcherzeugerverband eine lineare Reduktion der Menge und eine zukünftig flexible Steuerung der Milchmengen zu erreichen. 

Sonja Korspeter, EMB

 

Schweizer Branchenorganisation gescheitert -

Verbände fordern die Übertragung der Allgemeinverbindlichkeit an Produzentenorganisation

Seit über einem Jahr besteht die Branchenorganisation Milch (BOM) in der Schweiz. Sie wurde im Sommer 2009 unter dem Druck des wachsenden Butterberges eingerichtet. In zahlreichen Sitzungen hat die BOM viele Beschlüsse gefällt mit dem erklärten Ziel, den Milchmarkt zu stabilisieren. Durch einen Entscheid der Schweizer Regierung hat die BOM die Allgemeinverbindlichkeit erhalten. Dies bedeutet, dass Beschlüsse, die der Vorstand dieser Organisation fällt, von allen Beteiligten des Milchmarktes umgesetzt werden müssen. Theoretisch. Doch die Realität sieht leider anders aus. Werner Locher von BIG-M kommentiert: „Es wurde kein einziger Beschluss der BOM bisher im Sinne einer nachfrageorientierten Milchmenge am Markt umgesetzt.“

Rote Karte für die BOM

EMB-Mitglied Uniterre hat deshalb am 12. Juli, als EMB die große Aktion in Brüssel veranstaltet hat, zeitglich eine Aktion vor den Büros der BOM  in Bern gemacht. „Die Branchenorganisation Milch drischt leeres Stroh“, so der Slogan der Aktion. Uniterrre stellte an diesem Tag drei Forderungen auf: Erstens die BOM müsse sich einen kostendeckenden Erzeugermilchpreis von einem Franken / Liter als Ziel setzen. Zweites: Die BOM müsse anerkennen, dass das aktuelle Regulierungssystem nicht funktioniert. Der Butterberg von über 10.000 Tonnen sei der beste Beweis. Und drittens fordert Uniterre genau wie BIG-M im deutschsprachigen Teil der Schweiz, die Mengensteuerung in die Hände des nationalen Verbandes, der Schweizerischen Milchproduzenten (SMP) zu legen. Dieser Verband müsse statt der BOM die Allgemeinverbindlichkeit für ein Milchsteuerungsmodell von der Schweizer Regierung zugesprochen bekommen.

Rote Karte für Migros

Nur zwei Wochen später war BIG-M mit über 300 Milcherzeugern in Zürich auf der Straße. Auch hier wurde deutlich gesagt, dass die Branchenorganisation zu keiner wirksamen Mengensteuerung fähig sei. Insbesondere stand auch die MIGROS, eine der beiden großen Supermarktketten im Visier der Kritik. BIG-M in ihrer Presseerklärung: Obwohl die BOM am 18. Juni 2010 entschieden habe, den Richtpreis für Milch um drei Rappen anzuheben, und die Vertreter der MIGROS im BOM-Vorstand diesen Entscheid mitgetragen hatten, weigerte sich die MIGROS-Molkerei ELSA diese zusätzlichen drei Rappen an die Erzeuger auszuzahlen. Zugleich berichtete die Supermarktkette in ihrer Kundenzeitung, dass sie netterweise den höheren Erzeugerpreis nicht auf die Verbraucherpreise aufschlage. Auch müssten die Milcherzeuger erstmal ihre Überschüsse in den Griff bekommmen. Hinterhältig und unfair nannte BIG-M dieses Verhalten des Großverteilers.  

Mannschaft muss ausgewechselt werden

In die BOM setzen inzwischen kaum noch Milcherzeuger ihre Hoffnung, auch in den Medien berichtet man sehr skeptisch über diese Organisation. Die Statistik zur Einkommensentwicklung der Schweizer Landwirte in 2009 hat deutliche Zahlen geliefert: innerhalb eines Jahres ist das Einkommen der Landwirte um 6% gesunken. Für die Milchbauern schätzt man die Zahl auf 10%. Da hilft auch der neu eingeführte Rauhfutterverzehr-Beitrag von 450CHF pro Kuh nicht.  In den Milchgeldabrechnungen vom Juli, liegen die Auszahlungspreise zwischen 52 und 61 Rappen, weit entfernt von dem durch die BOM fixierten Richtpreis von 65 Rappen. Die aktuelle Regierungschefin Frau Bundesrätin Leuthard hat am 30.8. eine Krisensitzung mit der BOM abgehalten. Nur drei Tage später verschwanden die Vorstandsmitglieder der BOM in einer zwei-tägigen Klausurtagung.

Das Ergebnis ist die Aussage, dass man keine verbindliche Begrenzung der Milchmenge einführen wolle. In Zukunft soll der Milchpreis in A-, B- und C-Milch segmentiert werden. Der Erzeuger kann sich nicht entscheiden, keine B oder C-Milch zu liefern, da der A-Milch-Preis nur noch für den „geschützten und gestützten Bereich“ gelten soll. Alle übrige Milch ist automatisch B oder C-Milch mit einer schlechteren Vergütung. Der Schweizer Milcherzeugerverband (SMP) hat sich daraufhin deutlich von den Beschlüssen der BOM distanziert. 

Selbst der Chef der großen Molkerei Emmi, Herr Riedener, äußerte in einem Interview, dass es in der Schweiz ein Mengenproblem am Milchmarkt gäbe. Es würden etwa 40.000 Milchkühe zu viel gemolken. Solche Worte aus dem Mund eines Molkerei-Direktors, der vor zwei Jahren noch davon sprach, dass man keine Regeln für den Milchmarkt brauche, sind ein starkes Stück. Die Lage ist ernst. 

Schweiz doch noch Musterspieler?

Ein Politiker der konservativen Partei SVP hat deshalb einen Antrag (Motion Aebi) eingereicht, der beispielsweise dem nationalen Verband Schweizer Milchproduzenten die Allgemeinverbindlichkeit für ein Milchsteuerungsmodell zugestehen soll. Wird ein Dringlichkeitsantrag angenommen, so muss die Motion noch bis Anfang Oktober diskutiert werden. Andernfalls bleibt den Abgeordneten ein halbes Jahr Zeit das Thema zu behandeln. BIG-M überlegt bereits, erneut eine Aktion, diesmal einen Alb-Abtrieb zu machen, um die Dringlichkeit einer solchen Entscheidung und die Notwendigkeit fairer Spielregeln am Milchmarkt deutlich zu machen. Steht man denn voll hinter dieser Motion? Werner Locher, BIG-M erläutert: „Wir machen jetzt eine Politik der kleinen Schritte. Wir brauchen eine Allgemeinverbindlichkeit und wir brauchen eine Mengenregulierung. Die Motion spricht von einer Mengenregulierung, die auf den Liefermengen in 2008 / 2009 beruht. Eine solche starre Regelung ist, wenn auch besser als nichts, problematisch. Doch für die Details ist auch nach Annahme einer solchen Motion noch Zeit.“ Die Kollegen von Uniterre im französisch sprachigen Teil der Schweiz sind ebenfalls skeptisch, sie betonen die Notwendigkeit einer flexiblen Mengensteuerung und schlagen außerdem vor, die Milchmenge linear zu senken. 

Es bleibt abzuwarten, ob die Motion Aebi durch die Schweizer Parlamentarier angenommen wird und wenn ja, wie die gesetzliche Regelung dann im Einzelnen aussehen wird.

Sonja Korspeter, EMB

 

Mindestkriterien Verträge im Milchsektor 

Das European Milk Board bevorzugt zur Lösung der bestehenden Marktungleichgewichte einzelbetriebliche Lieferrechte auf Produzentenebene eindeutig gegenüber einer Übertragung der Mengenfrage an die Molkereiwirtschaft. EMB hat immer wieder vor den Direktverträgen gewarnt und darauf hingewiesen, dass sie nicht geeignet sind, eine effektive Mengenregulierung gemäß der Marktnachfrage sowie kostendeckende Preise für die Erzeuger abzusichern. Doch sie sind in der Diskussion und werden immer wieder als Lösungsweg gehandelt. Auch eine von Le Maire und Aigner eingerichtete deutsch-französische Kommission zum Milchsektor soll insbesondere Direktverträge  als Element der Zukunft der Milchmarktgestaltung behandeln. Aus diesem Grunde hat der EMB-Vorstand Mindestkriterien formuliert, die erfüllt sein müssen, damit ein vertragsbasiertes System so ausgestaltet würde, dass die Erzeuger nicht der Willkür der Molkereien ausgesetzt sind. Diese zehn Punkte wurden dem deutschen und dem französischen Agrarministerium am 3.9. übergeben. (Den Begleitbrief sowie die Presseerklärung finden Sie unter www.europeanmilkboard.org/ im Pressebereich)

Unabdingbare Minimum-Kriterien zur Ausgestaltung von Verträgen zwischen Erzeugern und Verarbeitern:

EU-weite Verbindlichkeit von Minimum-Kriterien,  

gesamte vertraglich vereinbarte Menge zu einem definierten Preis je Abnehmer,

Vertragslaufzeiten sind festzulegen 

Preisvereinbarung muss mindestens die durchschnittlichen Vollkosten der Milcherzeugung in der EU berücksichtigen,

Sinkt die Preisvereinbarung um mehr als 10% unter die Vollkostenschwelle, erlischt die Andienungspflicht bzw. der Vertrag,

Verträge dürfen nur zwischen Verarbeitern und eindeutigen, nicht von einer Molkerei abhängigen Erzeugerorganisationen abgeschlossen werden, Genossenschaftsmolkereien gelten ebenfalls nicht als Erzeugerorganisationen, 

Vertragsmolkereien verpflichten sich, keine Milch aus außereuropäischen Drittstaaten zu beziehen,

Kontrakte müssen der europäischen Monitoringstelle unverzüglich nach Abschluss gemeldet werden, 

Gleiche europäische Standards bezüglich Basispreis (Fett, Eiweiß, Zellzahl u.ä.)

Die Kennzeichnung von Milchprodukten bzw. Imitaten  ist eindeutig zu definieren und bei Verstößen hart zu sanktionieren

Um die Produktionskosten kontinuierlich zu ermitteln sowie mehr Markttransparenz herzustellen, ist auf EU-Ebene eine Monitoringstelle einzurichten.

Le Maire und Aigner 

Das deutsch-französische Agrarministerpaar hat unterschiedliche Standpunkte. Während Aigner offenbar an der Fortführung sämtlicher Direktzahlungen so wie sie jetzt bestehen, festhält, will Le Maire durchaus darüber sprechen, wie man durch Umschichtungen von Geldern die Legitimität der GAP in der Gesellschaft erhöht und auch die Forderungen der neuen Mitgliedsstaaten nach gleich hohen Prämien berücksichtigen. Bei der Milch sprechen zwar beide von Regulierung und Konsolidierung, doch der sehr allgemein und unverbindlich gehaltene Text „Deutsch-französische Position für eine starke Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013“ vom 14.9.2010 zeigt, dass es im Detail noch keine Einigkeit gibt und auch dass noch viel Lobbyarbeit durch EMB und seine Partner geleistet werden muss. In Bezug auf die Milch sagt der Text: „Angesichts zunehmender Preisvolatilität auf Agrarmärkten benötigen wir in einigen Sektoren mehr Transparenz und mehr Marktmacht für die landwirtschaftlichen Erzeuger.  Europäische Instrumente zur Steigerung der Markttransparenz (z. B. Instrumente zur Beobachtung von Lebensmittelpreisen und -volumina: Beobachtung der Preisbildung durch Kostenanalyse, Prozesse und Mehrwert gemäß geltendem Wettbewerbsrecht und 

unter Wahrung des Geschäftsgeheimnisses) könnten ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbessert werden. Zur Stärkung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbände in den Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis sollte die Entwicklung von Instrumenten, darunter vor allem Standardverträge für die Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft gemäß den Regeln des Binnenmarktes, geprüft werden, die zu einem fairen Gleichgewicht der Partnern in der Wertschöpfungskette beitragen können. Wie in den anderen Wirtschaftsbereichen sollten sie dort, wo es sinnvoll ist, befähigt sein, 

ihr Angebot zu anzupassen und Indikatoren über Markttrends, darunter auch Preise, zu veröffentlichen.“

Sonja Korspeter, EMB

 

Frankreich:  APLI gibt sich eine neue Struktur

Der französische Verband der unabhängigen Milcherzeuger (APLI, Association des Producteurs de Lait Indépendant) hat seine Verbandsstrukturen weiterentwickelt. Die Milchkrise und die Dringlichkeit der Lage haben APLI vor knapp zwei Jahren dazu veranlasst, einen unkonventionellen Schritt zu gehen. Zuerst gab es Aktionen, nun folgt der Strukturaufbau des Verbandes. 

Um den Fortbestand von APLI sicherzustellen, seine Effizienz und Präsenz zu verbessern, hat APLI einen erweiterten Vorstand  (3 Mitglieder pro Region) und einen geschäftsführenden Vorstand eingerichtet (1 Mitglied pro Region und ein Vertreter der APLI beim EMB). Vier Arbeitsgruppen (Finanzen, Kommunikation, Faire Milch, Office du Lait) sind zusätzlich damit beauftragt, dem Vorstand  Vorschläge zu unterbreiten. Wie bereits bei der Gründung der APLI vorgesehen, wurden bei der Mitgliederversammlung alle ursprünglichen Mitglieder des Vorstandes neu besetzt, mit Ausnahme des Postens des Vorsitzenden Pascal Massol.

APLI ist fortan auch administrativ in der Lage, für die Interessen der Milcherzeuger in Frankreich und in Europa einzutreten.

Christian Manauthon, APLI

 

EU Parlament nimmt Bové-Bericht an

Die Kluft im Landwirtschaftssektor wird immer größer. Das wurde spätestens im Jahr 2009 während der Milchkrise deutlich. Während die Einkommen der Erzeuger seit Jahren sinken und immer mehr Bauern ihre Betriebe aufgeben müssen, steigen Gewinnmargen und Konzentration von Industrie und Handel. Dass dies nicht akzeptabel ist hat auch das Europäische Parlament erkannt und am 6. September 2010 für die Annahme des sogenannten Bové–Berichtes gestimmt.

In diesem Bericht mit dem Titel „Gerechte Einnahmen für Landwirte: Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“, den das Parlament unter der Federführung des französischen Abgeordneten der Grünen und stellvertretenden Vorsitzenden des Agrarausschusses des EU Parlaments José Bové erarbeitet hat, fordert das Parlament die EU-Kommission sowie die Mitgliedsstaaten auf, den Zielen der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) nachzukommen und die Interessen von Erzeugern und Verbrauchern gleichermaßen zu berücksichtigen.

Der Bericht formuliert klare Forderungen nach mehr Transparenz bei der Preisgestaltung, besseren Wettbewerbsbedingungen und Zugang aller Beteiligten zum Markt, eine Einschränkung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Handel und Industrie sowie das Beenden der Produktion von Überschüssen im Landwirtschaftssektor. Eine weitere zentrale Forderung ist die Schaffung einer Branchenorganisation und einer  Stelle zur Überwachung der Nahrungsmittelpreise. Das Parlament fordert die Kommission fernerhin auf, neue Gesetzesvorschläge zu entwickeln, um das Wettbewerbsrecht zu reformieren und so die Verhandlungsmacht der Erzeuger zu stärken und eine bessere Organisation von klein- und mittelständischen Betrieben, beispielsweise in Form von Erzeugerorganisationen, zu ermöglichen.  Darüber hinaus hebt der Bericht die Bedeutung kostendeckender Preise hervor. Bové dazu: „[Wir] müssen einen genauen Blick auf die Produktionskosten werfen. Es ist nicht akzeptabel, dass Landwirte unterhalb des Produktionskostenniveaus bezahlt werden. [Wir] müssen den Einfluss von Erzeugerorganisationen stärken, insbesondere in den Gesprächen zwischen Erzeugern, verarbeitender Industrie und Einzelhandel.“

Die Debatten vor Annahme des Berichtes waren heftig, insbesondere die Punkte Instanzen zur Kontrolle des Handels, die Verhinderung von Dumping-Praktiken sowie des Mißbrauchs der Marktmacht der Einkaufsseite waren Streitpunkte.  

Da es sich um einen Initiativbericht des EU-Parlaments handelt, ist nun die Kommission am Zug. Sie ist aufgefordert, den Bericht in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hat bereits angekündigt, dass er den Bericht des Parlaments in seine Überlegungen zur GAP-Reform miteinbeziehen möchte.

Andrea Beste, Milch-Board / Stephanie Heik

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org