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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

wie jedes Jahr nutzen wir diese Zeit, um die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen. 2020 kann man sicher ohne Übertreibung sagen: welches Jahr neigt sich da dem Ende zu! Die meisten von uns werden sich in kleinerem Kreis als sonst unter dem duftenden Baum oder am köstlich gedeckten Tisch versammeln. So wie die kommenden Feiertage stand gefühlt ganz 2020 im Zeichen von Corona. Aber das Jahr war nicht nur aufgrund der Pandemie sehr ereignisreich, wie die Auswahl der Artikel in diesem Rückblick zeigt.

Auf der Straße, auf Feldern und sogar zu Wasser waren die MilcherzeugerInnen des EMB trotz der Einschränkungen dieses Jahr wieder präsent. So demonstrierten baltische LandwirtInnen im Februar in Brüssel, im Frühjahr gab es beeindruckende Pulveraktionen in vielen Ländern und Ende August „begleiteten“ wir die europäischen Agrar-ministerInnen in Koblenz – natürlich mit unseren schicken neuen EMB-Masken. Und auch ganz praktisch bleiben die ErzeugerInnen aktiv, wie der Artikel zur Schokomilch der Fairebel und das Interview mit Adrien Lefèvre von FaireFrance zeigen.

Im Oktober fand unsere verschobene Mitgliederversammlung statt, bei der wir vor Ort und per Video die Vorstandswahlen abhielten und zum Europäischen Green Deal diskutierten. Bereits im Januar bei der Grünen Woche und zum Weltmilchtag im Juni hatten die ErzeugerInnen die Vereinbarkeit ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit erörtert. Einen Nachholbedarf in puncto ökonomischer Nachhaltigkeit von mindestens 17 Cent pro kg zeigt unsere Biokostenstudie vom November.

Eine weitere europapolitische Priorität war und ist die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, wo wir uns auf die Gemeinsame Marktordnung (GMO) fokussierten. Auch dank der Arbeit der ErzeugerInnen beinhaltet die Position des europäischen Parlaments einige gute, neue Kriseninstrumente wie den freiwilligen Lieferverzicht und die Deckelung der Produktion im Krisenfall. Die Europaabgeordneten sind sich zunehmend bewusst, wie es in der Landwirtschaft aussieht und was Milch-produzentInnen benötigen. Allerdings mangelt es bei den beiden Institutionen, mit den sich das EU-Parlament in den Trilogverhandlungen noch einigen muss – Rat und Kommission der EU – weiter an diesem Bewusstsein.

Bereits zum vorläufigen Höhepunkt der ersten Pandemiewelle hatten wir darauf hingewiesen, dass freiwilliger Lieferverzicht ein deutlich effektiveres Instrument ist als die damals aktivierte private Lagerhaltung. Sogar Molkereien sprechen sich für Mengenreduktion aus, wie das Interview mit Helmut Petschar von der Kärntnermilch zeigt.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen Bauern und Bäuerinnen für ihr unermüdliches Engagement bedanken, bei allen PolitikerInnen, die sich für eine krisenfeste Landwirtschaft einsetzen, und bei allen SympathisantInnen und KonsumentInnen, die uns unterstützen! Obwohl die Situation schwierig bleibt – in Dänemark zum Beispiel wurden wir 2020 wieder 100 KollegInnen weniger – habe ich mit Blick auf das Engagement der aktiven ErzeugerInnen, die auch durch eine Pandemie nicht zu stoppen sind, viel Hoffnung.

Jetzt aber möchte ich im Namen des EMB-Vorstands allen LeserInnen frohe Weihnachten und ein erfolgreiches und glückliches neues Jahr wünschen.

Bleiben Sie gesund!

 

Kjartan Poulsen, stellvertretender EMB-Vorsitzender und Vorsitzender von Landsforeningen af Danske Mælkeproducenter (LDM, Dänemark)

Marktindikatoren (Stand: 07.12.2020)

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© EU-Kommission, MMO

Nach einem kurzen Einbruch von 2,0% Anfang November steigt der Global Dairy Trade Index seit 17. November wieder, am 1. Dezember um 4,3% (davor +1,8%). Der Durchschnittspreis für italienische Spotmilch stieg im November im Vergleich zum Vormonat um 1,65% auf 35,45 Cent pro kg (-19,43% gegenüber November 2019).

 

Der EU-27-Milchpreis fällt für November leicht um 0,17% und wird mit 34,96 Cent pro kg angegeben, nachdem er im Oktober um 3,15% gestiegen war. Die EU-Butterpreise lagen am 29. November bei 347 EUR pro 100 kg, was einen Rückgang um 0,3% im Vergleich zur Vorwoche und eine Stagnation in den letzten vier Wochen bedeutet. Auf die letzten drei Monate geblickt, bewegten sich die Butterpreise kaum und liegen auch weiterhin relativ stabil um knapp 350 EUR pro 100 kg. Die Preise für EU-Magermilchpulver betragen aktuell 216 EUR pro 100 kg, womit sie im Vergleich zur Vorwoche sowie im Vierwochenvergleich um 0,5% gefallen sind. Im letzten Vierteljahr lagen sie aber ebenfalls relativ stabil bei 214 bis 217 EUR pro 100 kg.

Die Kurse für Futures auf Milcherzeugnisse an der European Energy Exchange (EEX) bewegen sich aufwärts. Die Kontrakte für Magermilchpulver für Februar 2021 stiegen zum 4. Dezember beispielsweise im Monatsvergleichum 4,1% auf 2.230 EUR pro Tonne. Für Butter stiegen sie im selben Zeitraum um 1,3% und stehen nun bei 3.330 EUR pro Tonne.

 

European Milk Board

Biomilch auf dem Prüfstand: Wie nachhaltig ist sie?

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© EMB

Studie zeigt Fakten zum Biomilchsektor, November 2020

Laut dem „Ökobarometer 2019“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) kaufen VerbraucherInnen in Deutschland immer häufiger Bioprodukte. Soziale Standards und ein faires Einkommen für die ErzeugerInnen werden dabei unter anderem als Gründe für den Kauf ökologischer Erzeugnisse genannt. Doch sind diese Produkte auch wirklich wirtschaftlich und sozial nachhaltig?

 

Wie aktuelle Kalkulationen zeigen, erhielten ErzeugerInnen in Deutschland für das Wirtschaftsjahr 2019/20 im Schnitt 47,17 Cent pro Kilogramm erzeugter Biomilch. Den Berechnungen zufolge betragen die Kosten unter Voraussetzung einer fairen Vergütung allerdings 64,63 Cent pro kg. Deshalb fehlten den ErzeugerInnen 17,46 Cent pro kg zur Kostendeckung.

Im Schnitt der fünf Jahre von 2014/15 bis 2018/19 zahlten die Bio-Milchbauern und -bäuerinnen allein für die Betriebsmittel und den allgemeinen Betriebsaufwand ohne Arbeitskosten durchschnittlich 51,70 Cent. Damit verblieben lediglich 8,41 Cent pro Kilogramm Milch für die eingesetzte Arbeitszeit von BetriebsleiterIn und Familienkräften. Dies entspricht einem Stundensatz von rund 7,62 Euro und reicht nicht einmal an den in Deutschland üblichen Mindestlohn heran. Nach der Kostenprognose für 2019/20 läge der Stundenlohn in diesem Jahr sogar nur bei rund sieben Euro pro Stunde. Als wirklich sozial und wirtschaftlich nachhaltig kann man Biomilch demnach nicht bezeichnen.

Die Ergebnisse zu den Milcherzeugungskosten im deutschen Biomilchsektor stammen vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) und werden jährlich aktualisiert.

Die fehlende Kostendeckung ist jedoch nicht nur für die ErzeugerInnen in Deutschland ein Problem, wie Kjartan Poulsen, EMB-Vizevorsitzender und Bio-Milcherzeuger in Outrup, Dänemark, erläutert: “Wie auch im konventionellen Sektor gibt es bei der Biomilch in vielen europäischen Ländern ein steigendes Defizit zwischen den ausgezahlten Preisen und den Produktionskosten. Unter diesen Bedingungen kann das "Green Deal"-Ziel der Europäischen Kommission – 25% ökologischer Landbau bis 2030 – nicht umgesetzt werden. Ein merklicher Anstieg von nachhaltigen Bioerzeugnissen in der EU kann damit also nur ein unerfüllter Traum bleiben.“

Kostenentwicklung und Biomilchpreise

Der Bio-Milch-Marker-Index (Bio-MMI) zeigt die Entwicklung der ökologischen Milcherzeugungskosten auf. Für das Wirtschaftsjahr 2019/20 hat der Bio-MMI einen Wert von 97, d. h. die Produktionskosten für deutsche BiomilcherzeugerInnen sind im Vergleich zum Basisjahr 2015/16 (2015/16 = 100) um 3% zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr (2018/19) sind sie allerdings um 2% gestiegen.

Sehen Sie hier die Kostenentwicklung, die Biomilchpreise und den Bio-MMI im zeitlichen Verlauf.

Preis-Kosten-Ratio (Unterdeckung)

Die Preis-Kosten-Ratio verdeutlicht, inwieweit die gezahlten Erzeugerpreise die Milchproduktionskosten auf biologischen Milchviehbetrieben decken. Für das Wirtschaftsjahr 2019/20 haben die ErzeugerInnen nur 73% ihrer Produktionskosten über den Milchpreis erwirtschaftet; die Unterdeckung der Kosten betrug somit 27% bzw. 17,46 Cent pro Kilogramm erzeugter Biomilch.

Sehen Sie hier die Kostenunterdeckung seit dem Wirtschaftsjahr 2012/13.

 

Studie zu den Produktionskosten sechs wichtiger Milcherzeugungsländer

Nicht nur für die ökologischen, sondern auch für den Durchschnitt aller Milchviehbetriebe werden regelmäßig Kostenberechnungen durchgeführt. Auch dort wird deutlich, dass MilcherzeugerInnen keine kostendeckenden Milchpreise erhalten.

Die Berechnungen der Milchproduktionskosten für Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande für das Jahr 2017 finden Sie hier.

Kosten der Milchproduktion chronisch unterdeckt – was schafft Abhilfe?

Das European Milk Board (EMB) schlägt die gesetzliche Verankerung eines Kriseninstruments vor, um der chronischen Unterdeckung entgegenzuwirken. Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) beobachtet und reagiert auf Marktsignale beispielsweise durch eine temporäre Anpassung der Produktion in Krisenzeiten.

Sehen Sie hier eine kurze Beschreibung des Marktverantwortungsprogramms des EMB.

Datenblatt herunterladen

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 18. November 2020

Wichtiges Etappenziel erreicht: Daten zu fettangereichertem Milchpulver werden seit 2020 von der EU-Kommission gesammelt und veröffentlicht

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© EMB

Brüssel, Januar 2020

Als 2019 die Kampagne "Wir sollten unsere Probleme nicht exportieren" gestartet wurde, war das Problem von fettangereichertem Milchpulver, das zu Dumpingpreisen nach Afrika exportiert wird, in der Datenerfassung und damit auch den Köpfen der EU-Verantwortlichen überhaupt noch nicht angekommen.

 

Doch für die afrikanischen LandwirtInnen war der negative Einfluss dieser Exporte auf ihre lokale Produktion sehr deutlich spürbar. Gemeinsam mit ihren EMB-ErzeugerkollegInnen aus Europa und NGOs wie Oxfam, SOS Faim und Tierärzte ohne Grenzen sowie CFSI protestierten sie daher in Brüssel gegen dieses Dumping, trafen sich mit zahlreichen politisch Verantwortlichen und plädierten dabei für eine verantwortungsvolle EU-Exportstrategie.

Eine der Forderungen der Kampagne an die Politik war, dass die Milchmarktbeobachtungsstelle (MMO) in Zukunft die Informationen über die EU-Exporte dieser Pulvermischungen erfassen und veröffentlichen sollte. Denn ohne diese Transparenz würde die EU-Kommission weiter im Dunkeln tappen, mit verheerenden Folgen für die lokale Milchproduktion in Afrika.

Der lösungsorientierte Austausch der Kampagnenteilnehmer mit der EU-Kommission im vergangenen Jahr hatte Erfolg, denn die grundlegende Forderung nach einer angemessenen Datenerfassung wurde nun von den politisch Verantwortlichen umgesetzt: Es wird ab diesem Jahr ein Instrument geben, das die Exporte von Milchpulver, das mit pflanzlichen Fetten/Ölen angereichert ist, in der Europäischen Union überwacht. Mittels einer eigens geschaffenen Zolltarifnummer für fettangereichertes Magermilchpulver wird es möglich sein, die ausgeführten Mengen sowie die Exportländer monatlich zu erfassen. Die Milchmarktbeobachtungsstelle, die vor einigen Jahren auf Initiative der MilcherzeugerInnen des European Milk Board auf EU-Ebene installiert wurde, kann somit um wichtige Daten erweitert werden.

Für die Teilnehmer der Kampagne bedeutet das neue Instrument ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg hin zu einer EU-Exportstrategie, die lokalen Märkten in Afrika keinen Schaden mehr zufügt. Bis es letztlich soweit ist, dass mit Afrika eine gerechte Partnerschaft zwischen gleichwertigen Partnern existiert, müssen natürlich noch weitere wichtige Schritte umgesetzt werden. Sehen Sie dazu auch die gemeinsame Deklaration der Kampagne "Wir sollten unsere Probleme nicht exportieren" vom April 2019.

 

Silvia Däberitz, EMB

Der Deutsche Bauernverband sieht „extrem stabile“ Erzeugerpreise, die AbL die „Instabilität bäuerlicher Existenzen“

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© Bauernstimme

In seinen Marktdaten zum Jahreswechsel 2019/2020 bezeichnet der Deutsche Bauernverband (DBV) 2019 als „milchwirtschaftlich besonderes Jahr", Februar 2020

„Denn zum einen lagen die Produktionskosten für Rohmilch in vielen Regionen Deutschlands angesichts der Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 – und der damit einhergehenden mangelhaften Futterernte – deutlich über den Vorjahren. Zum anderen waren die Erzeugerpreise 2019 extrem stabil. Sie bewegten sich im Bundesschnitt im Jahresverlauf nur in einem schmalen Bereich von 32,6 bis 33,8 Cent pro kg“.

 

Für Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen, ist Stabilität im allgemeinen Sprachverständnis ein positiv besetzter Begriff. „Wenn allerdings der Bauernverband in einem Rückblick auf das abgelaufene Jahr von ‚extrem stabilen‘ Milchpreisen spricht, hat er damit bereits jetzt gute Aussichten im Wettbewerb um den ‚Euphemismus des Jahres‘“, erklärt Ilchmann, denn hier wird die Situation der Milchviehbetriebe beschönigt und über die wahre Situation hinweggetäuscht. Die Stabilität besteht nicht nur für Ilchmann nämlich darin, und das verschweigt der DBV, dass die Preise das ganze Jahr über in einem Bereich von ca. 10 Cent bzw. 25% unterhalb der Kostendeckung stagnierten. „Diese ‚stabilen‘ Preise führen zu einer extremen Instabilität bäuerlicher Existenzen, weitere Betriebsaufgaben sind absehbar“, sagt Ilchmann. Dabei hätte seiner Ansicht nach der Bauernverband im Rahmen der Entwicklung einer Sektorstrategie für den Milchmarkt durchaus die Möglichkeit, die Marktposition der Milchbauern zu verbessern, wenn er sich noch als Interessenvertretung der Milchbauern verstünde. „Anscheinend liegen ihm aber die Interessen der Genossenschaftsmolkereien mehr am Herzen, in deren Vorständen und Aufsichtsräten Bauernverbandsfunktionäre allzu häufig das Sagen haben“, kritisiert der AbL-Landesvorsitzende.

Die Milchbranche arbeitet seit geraumer Zeit an einer „Sektorstrategie 2030. Ein Ergebnis war bereits für Herbst 2019 angekündigt, liegt aber noch nicht vor. Die Federführung für die Strategie liegt in den Händen eines Lenkungsgremiums bestehend aus Vertretern des DBV, des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) und des Milchindustrie-Verbands (MIV).

 

FebL/Unabhängige Bauernstimme

Wie kann die EU-Milchproduktion klimagerecht sowie sozial und ökonomisch nachhaltig werden?

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Berlin, Januar 2020

Es ist kein Geheimnis, dass die Situation für ErzeugerInnen in der Landwirtschaft schon seit Jahren sehr schwierig ist. So wird das, was an Kosten in die Produktion von beispielsweise Milch fließt, durch den Erzeugerpreis kontinuierlich nicht gedeckt. Im Fünfjahresdurchschnitt belief sich für die deutschen ErzeugerInnen die Unterdeckung auf 20 Prozent; das entspricht knapp 9 Cent, die die Kosten je Kilogramm Milch über dem Preis lagen. Ähnlich verhält es sich bei der Biomilch mit einer Unterdeckung von 21 Prozent im Jahr 2018/2019.

 

„Unsere Bäuerinnen und Bauern werden wirtschaftlich und sozial mehr und mehr abgehängt“, fasst Erwin Schöpges, belgischer Milcherzeuger und Vorsitzender des Milcherzeugerverbands European Milk Board (EMB), die Situation der ProduzentInnen zusammen. „Grund ist die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik, die keine sozial nachhaltige Landwirtschaft fördert, sondern auf Billigproduktion für den globalen Wettbewerb aus ist. Das ist eine Entwicklung, die schon seit Jahren ihren Lauf nimmt und die uns auch schon seit Jahren zu Protesten auf die Straße treibt.“ Der EMB-Vorstandsvertreter Johannes Pfaller aus Deutschland ergänzt: „Wenn in so einer defizitären Lage dann weitere Auflagen an die Landwirte gestellt werden, braucht man sich über die aktuellen starken Proteste nicht zu wundern. Denn wie sollen es die ProduzentInnen schaffen, einerseits weiter billigste Rohstoffe zu liefern und andererseits zusätzliche Auflagen zu erfüllen, die kostenintensiv sind? Das können sie einfach nicht, in diesem Konflikt werden die ErzeugerInnen zerrieben.“ Wie Pfaller weiter anmerkt, würde hier sehr deutlich, dass die Position der ErzeugerInnen am Markt durch einen passenden Rahmen stark verbessert werden müsse. So könne den Landwirten die Möglichkeit gegeben werden, ihre ökonomischen Interessen angemessen zu vertreten.

Papier zu nachhaltiger EU-Produktion

Um den Konflikt zwischen dem Druck zur Billigproduktion einerseits und Anforderungen an Nachhaltigkeit andererseits zu lösen, muss die aktuelle Agrarpolitik auf EU-Ebene geändert werden. „Hier ist ein Umsteuern notwendig, hin zu einer verantwortungsvollen Produktion in der EU“, so Erwin Schöpges. „Das EMB hat dazu ein Papier entwickelt, das sowohl der sozioökonomischen als auch der ökologischen Nachhaltigkeit Rechnung trägt.“ Das Papier verweist auf die notwendige Installation eines Kriseninstruments, das die ständig auftretenden Krisen eindämmen kann. Dieses Instrument führt zu weniger Überproduktion, was neben der positiven Wirkung auf die Erzeugerpreise auch zur Schonung von Ressourcen beiträgt – ein wichtiger, positiver ökologischer Aspekt. In dem genannten Papier werden zudem Freihandelsabkommen bei Agrarprodukten abgelehnt, da diese gegen eine faire und nachhaltige Produktion steuern. 

Wie im Papier deutlich wird, müssen von den politisch Verantwortlichen wichtige Voraussetzungen erfüllt werden, damit eine größere Nachhaltigkeit – sowohl in ökologischer als auch sozialer Hinsicht – in der Landwirtschaft wirklich Chancen hat: 

  • Bevor die Landwirte überhaupt in der Lage sein werden, anspruchsvolle Auflagen zu erfüllen, muss zunächst ihre grundlegende Situation gesund sein. Das heißt, die Preise müssen stimmen, indem sie die Kosten der Produktion, inklusive einem fairen Einkommen für die ErzeugerInnen, decken. Dazu muss auf EU-Ebene das erwähnte Kriseninstrument installiert und ein Rahmen geschaffen werden, der die Position der ErzeugerInnen am Markt stärkt.

  • Die ökologischen Strategien und Möglichkeiten, auf denen die Auflagen basieren, müssen mit den ErzeugerInnen gemeinsam besprochen und abgestimmt werden. Dazu gehören auch die Anerkennung des positiven ökologischen Beitrags, den Landwirte aktuell schon leisten – Stichwort Kohlenstoffspeicherung oder auch Erosionsschutz – und zudem eine gerechte Absprache bezüglich der Deckung der Kosten für Umweltauflagen. Denn die Kosten können nicht auf die Bäuerinnen und Bauern abgewälzt werden.

Für eine sozial und ökonomisch nachhaltige sowie klimagerechte Landwirtschaft braucht es das faire Zusammenspiel aller Akteure. Der Politik kommt dabei die wichtige Rolle zu, den dafür richtigen Rahmen zu setzen, sodass die Bäuerinnen und Bauern nicht mehr abgehängt sind, sondern wieder als wichtiger Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Die ErzeugerInnen des EMB setzen neben der Politik aber auch auf die eigene Kraft und auf den direkten Kontakt mit den KonsumentInnen: So wird beispielsweise bei der Marke Die faire Milch, die von den MilcherzeugerInnen in mehreren europäischen Ländern selbst auf den Markt gebracht wurde, deutlich, dass kostendeckende Preise kein Ding der Unmöglichkeit sind. Damit sie aber nicht nur in einer Nische existieren, sondern auch auf dem allgemeinen Milchmarkt Fuß fassen können, braucht es – wie oben beschrieben – den richtigen politischen Rahmen.

 

EMB-Pressemitteilung vom 16. Januar 2020

Bäuerinnen und Bauern aus Litauen, Lettland und Estland demonstrieren in Brüssel für eine faire Agrarpolitik

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© EMB

Brüssel, Februar 2020

Baltische ErzeugerInnen fordern von der EU eine Angleichung der Direktzahlungen. Das European Milk Board ruft zudem alle EU-Institutionen auf, sich für die Aufnahme eines effizienten Kriseninstruments in die GAP stark zu machen.

 

Für den Verband der litauischen Milcherzeuger (LPGA) sowie zahlreiche weitere Organisationen aus Litauen, Lettland und Estland ist es höchste Zeit, dass die Angleichung der Direktzahlungen innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) endlich vorgenommen wird. Bei ihrer Demonstration, die von der Dachorganisation European Milk Board (EMB) unterstützt wird, fordern sie die EU auf, die baltischen ErzeugerInnen fair und gleich zu behandeln. Das European Milk Board sieht zudem die Landwirte in der ganzen EU insbesondere durch stetig auftretende Krisen sozial und ökonomisch von der Gesellschaft abgehängt. Seine Bitte um die Implementierung eines funktionierenden Krisenmechanismus richtet sich neben den heute in Brüssel versammelten Staats- und Regierungschefs auch an alle weiteren EU-Institutionen, die aktuell an der Reform der GAP arbeiten.

Gleiche Anforderungen, aber andere Direktzahlungen

Dass der Milchpreis in der EU die Kosten der Produktion nicht deckt, zeigen seit Langem verschiedene Studien. Solange diese Unterdeckung besteht, sind ErzeugerInnen auch auf Subventionen angewiesen. Diese werden jedoch in den EU-Mitgliedsländern uneinheitlich gezahlt, sodass beispielsweise baltische Landwirte 2017 nur 54 bis 60% des europäischen Durchschnitts der Direktzahlungen erhielten. Jonas Vilionis, der Präsident des litauischen Milcherzeugerverbands LPGA, sieht in dieser Ungleichbehandlung ein großes Problem: „Die Direktzahlungen sind geringer, die Anforderungen an die Produkte unterscheiden sich aber nicht. Unsere LandwirtInnen müssen genau die gleichen Umweltschutz-, Tierschutz- und Lebensmittelstandards einhalten wie die ProduzentInnen in anderen EU-Mitgliedstaaten, aber ohne entsprechende Entschädigung.“ Das führe zu einem Zweiklassensystem unter den ErzeugerInnen in der EU. Vilionis fordert daher, dass die Zahlungen angeglichen werden. Das sei aber nur mit einem entsprechenden GAP-Budget möglich. Daher dürfe es auch im EU-Agrarbudget keine Kürzungen geben.

Kostendeckende Milchpreise statt Subventionen

Auch das European Milk Board, die Dachorganisation der europäischen MilcherzeugerInnen, spricht sich gegen ein Zweiklassensystem aus. Gleichzeitig verweist es auf die Notwendigkeit, die Abhängigkeit der LandwirtInnen von Subventionen zu verringern. Für Erwin Schöpges, Vorsitzender des EMB, ist es daher sehr wichtig, dass landwirtschaftliche Einkommen mittelfristig über den Markt erwirtschaftet werden können. „Wir brauchen Milchpreise, die die Produktionskosten – inklusive eines gerechten Einkommens für die ErzeugerInnen – abdecken“, so Schöpges.

Stabilere Einkommen über Kriseninstrument in der Gemeinsamen Agrarpolitik

Insbesondere die stetig auftretenden Krisen im Milchsektor mit extrem hohen Defiziten für die ErzeugerInnen belasten den Sektor schwer. Für das EMB ist deshalb ein funktionierendes Kriseninstrument wie das Marktverantwortungsprogramm (MVP), das den Milchmarkt im Gleichgewicht hält und starke Milchpreiseinbußen verhindert, ein absolutes Muss für die zukünftige Agrargesetzgebung.

Die Vizevorsitzende des EMB, Sieta van Keimpema, appelliert daher an EU-Institutionen wie die Kommission, den Rat und das Parlament, sich dafür stark zu machen, dass die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik mit einem effizienten Kriseninstrument ausgestattet wird. „Viele EU-Politiker haben ja selbst gesehen, wie verheerend die Krisen in den vergangenen Jahren waren. Daher gibt es aktuell auch schon entscheidende Vorschläge und Impulse aus der Politik für ein solches Instrument. Es ist wichtig, dass diese Vorschläge wie z. B. eine freiwillige Mengenreduzierung mit Deckelung1 in Krisenzeiten sowie – für sehr starke Krisen – auch eine temporäre obligatorische Reduktion2 nun tatsächlich Eingang in die GAP finden. Dann hätte man die gesetzlichen Grundlagen, um schnell auf Marktstörungen reagieren zu können.“

Es darf kein Alltag mehr sein, dass LandwirtInnen in der EU unfair behandelt werden: So sollten weder die baltischen Bäuerinnen und Bauern von ihren restlichen EU-KollegInnen noch die gesamten EU-LandwirtInnen vom Rest der Gesellschaft abgehängt sein. Die heutige Demonstration setzt daher ein wichtiges Zeichen für Fairness und Gleichbehandlung in der EU. Die konstruktiven Vorschläge der MilcherzeugerInnen zeigen zudem, wie sich das auch tatsächlich umsetzen lässt.

 

Hintergrund: Wichtige Kriseninstrumente für die GAP

Ansetzen am Grundproblem der Krisen: Ansetzen an der Überproduktion

1  Freiwillige Mengenreduzierung mit Deckelung: Befindet sich der Markt aufgrund zu hoher Produktionsmengen in einer Krise, kann die EU-Kommission eine freiwillige Mengenreduzierung ausrufen. Dabei erhalten ErzeugerInnen, die weniger als in der Vorjahresperiode produzieren möchten und damit den Markt entlasten, eine Bonuszahlung. Damit diese Minderproduktion ausreichend Wirkung zeigt, sollte es für die anderen ErzeugerInnen eine Deckelung geben; das heißt, dass jene für einen gewissen Zeitraum nicht mehr Menge als in der Vorjahresperiode produzieren sollten.

2 Temporäre obligatorische Mengenreduktion: Sollten sehr schwere Marktverwerfungen vorliegen, die die freiwillige Mengenreduzierung nicht ausreichend ausgleichen konnte, sollte es die Möglichkeit einer obligatorischen Mengenreduzierung für alle ErzeugerInnen geben. Dabei wäre für eine gewisse Zeit eine Reduzierung von ca. 1 bis 2% im Vergleich zur Vorjahresperiode seitens aller ErzeugerInnen notwendig. Nach dieser Periode werden die Reduzierungen aufgehoben und ErzeugerInnen produzieren wieder nach eigenem Ermessen.

 

Sehen Sie hier Fotos der Aktion

 

EMB-Pressemitteilung vom 20. Februar 2020

Fairebel-Schokoladenmilch – ein Produkt zur Unterstützung der Kakaoerzeugerinnen

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© Sean Hawkey

Brüssel und Elfenbeinküste, März 2020

Seit Oktober 2019 enthält die Schokoladenmilch von Fairebel zertifizierten Fairtrade-Kakao, der den Kakaoerzeugern einen gerechteren Preis garantiert. Die VerbraucherInnen zeigen sich begeistert: Innerhalb von drei Monaten wurden 335.637 Einheiten verkauft. Mit diesem Geschäftserfolg kann die Genossenschaft Faircoop den Aufbau der Women’s School of Leadership in den Kakaoanbauregionen der Elfenbeinküste unterstützen.

 

Fairebel und Fairtrade verbinden gemeinsame Werte: gerechte Preise, gute Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Zukunft für die Landwirte. VerbraucherInnen und ErzeugerInnen sollen enger zusammengeführt und Kundenwünsche erfüllt werden, denn heute interessieren sich die KundInnen verstärkt für die Bedingungen, unter denen die von ihnen konsumierten Waren hergestellt werden. Die gemeinsamen Zielsetzungen führten Ende 2019 zu einem Partnerschaftsabkommen.

“Schon lange hegte man bei Fairebel den Wunsch, ein Projekt auf die Beine zu stellen, in dem Solidarität mit den Kakaoerzeugern Westafrikas großgeschrieben wird”, erklärt Erwin Schöpges, Präsident der Faircoop-Genossenschaft. Für ihre Schokoladen-Vollmilch setzt die Genossenschaft nunmehr auf von Fairtrade zertifizierten Kakao zu fairen Preisen und unterstützt ein Ausbildungsprojekt für Frauen in den Anbauregionen der Elfenbeinküste.

Starke Frauen als Führungspersönlichkeiten im Kakaogeschäft

Die „Women’s School of Leadership“ ist Teil der Strategie der Fairtrade-Organisation, die darauf abzielt, die Position der Frauen zu stärken und diese zu ermutigen, innerhalb ihrer landwirtschaftlichen Gemeinschaften Führungsrollen bzw. Verantwortung zu übernehmen.

Yadua Adingra ist eine von ihnen. Sie machte die Ausbildung und ist mittlerweile Vorsitzende des Frauenvereins der Kakaoerzeugergenossenschaft CAYAT. „Mit allem, was ich in der Women’s School of Leadership gelernt habe, konnte ich die Genossenschaft von meiner Eignung für den Posten überzeugen“, so Adingra.

Ein gemeinsamer Verkaufserfolg

Die Schokoladenvollmilch war schon immer ein Verkaufsschlager der Fairebel-Marke. In den vergangenen drei Monaten wurden 335.637 Packungen zum Frühstück, im Pausenhof oder als Zwischenmahlzeit konsumiert.

Für jede verkaufte Einheit überweist die Genossenschaft eine zusätzliche Prämie von einem Cent. „Wir möchten das Projekt Women‘s School of Leadership mit insgesamt 3.356,37 Euro unterstützen”, so Schöpges. „2020 wird die belgische Genossenschaft sicher über eine Million Tetra Paks absetzen. So werden wir mehr als 10.000 Euro in dieses wunderbare Projekt investieren können.“

 

Auszug aus der Pressemitteilung von Fairebel vom 5. März 2020

Starke europäische Milchpulver-Aktionen mit Appell an EU-Kommission: „Lassen Sie uns gemeinsam ein Mengenreduktionsprogramm durchführen!“

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© LPGA

JA zur Mengenreduktion und NEIN zur Lagerhaltung, Mai 2020

„Wir MilcherzeugerInnen sagen JA zu einer EU-weiten Milchreduktion und NEIN zur privaten Lagerhaltung von Butter, Milchpulver und Käse als Krisenmaßnahme.“

 

Während Milchbäuerinnen und Milchbauern aus ganz Europa sich mit dieser Botschaft an die Kommission und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wenden, zieht ein starker Nebel aus Magermilchpulver über die Felder in zahlreichen französischen Departements. In der deutschen Hauptstadt schraubt sich indessen ein hoher Milchpulverturm vor dem Bundeskanzleramt in den Himmel, und auch in Italien, Dänemark, Litauen, Luxemburg und Belgien fordern MilcherzeugerInnen bei Milchpulver-Aktionen vehement einen effizienten Krisenkurs für den Milchsektor.

Für Erwin Schöpges, belgischer Milchproduzent und Vorsitzender des European Milk Board (EMB), sind die zahlreichen Protestaktionen ein wichtiges Zeichen an die Politik: „Das Magermilchpulver heute ist EU-weit das Symbol für einen fehlgeleiteten Krisenkurs der Europäischen Union im Milchsektor. Dieser Kurs muss geändert werden, sodass er gegen die Krise wirklich greifen kann“, so Schöpges. 

Im Zuge der Coronakrise ist die Nachfrage nach Milchprodukten eingebrochen. Wie EMB-Vorstandsmitglied Roberto Cavaliere aus Italien erläutert, hat die Schließung von Schulen, Kindergärten und öffentlichen Einrichtungen sowie das fast vollständige Herunterfahren des Gastronomiesektors die Abnahme von Milchprodukten stark verringert. „Die Milchmenge, die produziert wird, ist aktuell also viel zu viel und müsste EU-weit reduziert werden. Wir MilcherzeugerInnen sind bereit, hier Verantwortung zu übernehmen und an einem von der EU-Kommission koordinierten Programm zur Mengenreduktion teilzunehmen“, so Cavaliere. Doch das hat die EU-Politik nicht in Aussicht gestellt. Sein Berufskollege Boris Gondouin, Milcherzeuger aus Frankreich und Vorstandsmitglied des EMB, ist daher wie so viele europäische MilcherzeugerInnen sehr verärgert, dass sich die EU-Kommission stattdessen für Beihilfen zur privaten Lagerhaltung entschieden hat. „Diese Beihilfen ändern absolut nichts an den Corona-Problemen der LandwirtInnen. Es sind ja insbesondere die Milchpreise bei den Produzenten, die fallen. Es gehen aber – wie vorläufig angekündigt – 30 Millionen Euro an Subventionen für verarbeitete Milchprodukte an die private Industrie. Das heißt, dass die aktuelle EU-Maßnahme für die verarbeitende Industrie getroffen wurde, nicht für die LandwirtInnen.“ Johannes Pfaller, Milcherzeuger aus Deutschland und EMB-Vorstandsmitglied, ergänzt: „Es ist doch eigentlich absolut abwegig, Ressourcen zu verschwenden, um Produkte zu erzeugen, für die es keine Nachfrage gibt. Nur, um diese Produkte dann mit Hilfe von Subventionen einzulagern.“

Um die Milchkrise einzudämmen:  

  1. muss eine Krisenmaßnahme die Milchmenge direkt adressieren;
  2. sollte die EU mit ihren MilcherzeugerInnen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Es müsste ein Programm gestartet werden, auf das in jedem EU-Land zugegriffen werden kann. MilcherzeugerInnen, die bereit sind, ihre Produktionsmenge zu reduzieren, bekommen über dieses EU-Programm eine Entschädigung je nicht produziertem Liter Milch*;
  3. dürfen in der EU keine Buttertürme und Milchpulverberge aufgebaut werden, indem man die Lagerung bereits verarbeiteter Produkte subventioniert. Eingelagerte Produkte sind immer noch Teil des existierenden Angebots und drücken die Milchpreise. Die angekündigten 30 Millionen Euro sollten daher besser in das Mengenreduktionsprogramm anstatt die private Lagerhaltung fließen;
  4. sollte es sich die EU gestatten, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Beihilfen zur privaten Lagerhaltung und die Erlaubnis u. a. an Erzeugerorganisationen und Branchenverbände, die Produktion regional (nicht EU-weit) zu planen, haben als Instrumente in der Krise 2015-2017 komplett versagt. Das EU-Mengenreduktionsprogramm jedoch hatte Erfolg (siehe Studie auf Englisch dazu hier).

 
* Details siehe auch Marktverantwortungsprogramm

 

Wie der dänische Milcherzeuger und EMB-Vorstandsvertreter Kjartan Poulsen betont, ist es nicht das erste Mal, dass sich die EU in der Kiste für Kriseninstrumente vergreift. „Bereits im Jahr 2017 hatten die MilcherzeugerInnen des EMB und anderer Verbände mit einer großen Milchpulver-Aktion in Brüssel auf die Problematik des Aufbaus zu hoher Lagerbestände in der Krise aufmerksam gemacht. Unser eindringlicher Appell an die EU lautet daher, nicht auf dieses Instrument der Lagerhaltung zu setzen, sondern mit den MilcherzeugerInnen zusammenzuarbeiten und gemeinsam ein Mengenreduktionsprogramm durchzuführen“, so Poulsen.

Die heutigen europäischen Aktionen werden nicht die letzten politischen Milchpulver-Veranstaltungen sein. Zahlreiche deutsche MilchproduzentInnen haben bereits angekündigt, weitere Aktionen in den kommenden Tagen zu fahren.


Fotos und Videos der europäischen Milchpulver-Aktionen

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 7. Mai 2020

Freiwilliger Lieferverzicht: Ja – Lagerhaltung: Nein

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Europäische MilcherzeugerInnen kündigen Aktionen am 7. Mai FÜR das richtige Kriseninstrument und GEGEN die Fehlmaßnahmen der EU-Kommission an

„Die Entscheidung, der Milchkrise mit dem Instrument der privaten Lagerhaltung zu begegnen und keinen Lieferverzicht auf EU-Ebene zu koordinieren, ist falsch“, erteilt Erwin Schöpges, Vorsitzender des European Milk Board (EMB), den am 4. Mai veröffentlichten EU-Agrarmaßnahmen eine klare Absage.

 

Während die Milch den EU-Markt aktuell wieder überschwemmt und die Preise auf Talfahrt schickt, könne nur eine EU-weite Reduktion der produzierten Milchmenge Entspannung bringen. Das Einlagern bereits verarbeiteter Produkte wie Milchpulver, Butter und Käse würde den Preisdruck für die ErzeugerInnen nicht verringern, da diese Produkte weiter Bestandteil des Überangebots an Milcherzeugnissen sind.

„Der Enttäuschung über die aktuelle fehlerhafte Entscheidung werden wir jetzt am 7. Mai mit Milchaktionen in vielen europäischen Ländern starken Ausdruck verleihen“, so Schöpges. Verbunden werden diese Aktionen mit einem konstruktiven Appell an die EU-Kommission, JETZT ein EU-weites freiwilliges Mengenreduktionsprogramm zu aktivieren.

Wie die Vizevorsitzende des EMB, Sieta van Keimpema, erklärt, müsse solch eine Mengenreduktion aber von der EU koordiniert werden, damit sie flächendeckend wirken kann. „Eine ebenfalls aktuell von der EU erteilte temporäre Erlaubnis, dass u. a. Erzeugerorganisationen oder Branchenverbände Produktionskürzungen planen können (nach Artikel 222 der GMO-Verordnung), bringt in der aktuellen Krisensituation nichts“, so van Keimpema weiter.

Planung der Erzeugung durch u. a. Erzeugerorganisationen oder Branchenverbände nicht wirksam! – Warum muss der freiwillige Lieferverzicht auf EU-Ebene von der Kommission koordiniert werden?

  • Nur mit einem freiwilligen von der EU koordiniertem Lieferverzicht ist eine flächendeckende Reduktion möglich

Es existiert EU-weit keine starke Struktur von Erzeugerorganisationen bzw. Branchenverbänden, die solch einen Lieferverzicht durchführen können. Daher kann es, wenn überhaupt, nur vereinzelt zu Reduktionen über diese Organisationen kommen. Der relevante EU-Milchmarkt wird davon kaum beeinflusst werden. Daher muss die EU-Kommission die Koordinierung der Reduktion in die Hand nehmen, damit flächendeckend positive Wirkungen erzielt werden können.

  • Krisengeschüttelte ErzeugerInnen können die Mittel für Reduktion nicht allein aufbringen

Bestehende Erzeugerorganisationen werden finanziell von den ErzeugerInnen selbst getragen. Um eine freiwillige Reduktion mit Entschädigung je nicht produziertem Liter durchführen zu können, müssen finanzielle Mittel aufgebracht werden. Über diese verfügen die ErzeugerInnen einfach nicht, vor allem nicht jetzt in der Krise. Die Gelder von der Kommission, die nun in die private Lagerhaltung fließen, sollten daher für einen von der EU koordinierten Lieferverzicht verwendet werden.

  • Planung der Erzeugung durch u.a. Erzeugerorganisationen bzw. Branchen-verbände ≠ EU-koordinierter Lieferverzicht

Die mögliche Produktionsplanung durch u. a. Erzeugerorganisationen oder Branchen-verbände ist nicht gleichzusetzen mit einem von der EU koordinierten Reduktionsprogramm. Beide Maßnahmen wurden 2016 bereits eingesetzt. Mit dem großen Unterschied, dass die mögliche Planung der Erzeugung keinerlei Einfluss auf die Milchpreise in der EU hatte, die EU-koordinierte Mengenreduktion die Preise jedoch wieder aus dem Krisentief holen konnte.

„Wir haben die EU-Kommission, das Parlament und nationale MinisterInnen über die aktuell für die ErzeugerInnen sehr schwierige Lage informiert und sie gewarnt, dass der Milchmarkt abstürzen wird, wenn keine wirksamen Maßnahmen geschaltet werden. Nun aber werden durch die aktuelle Entscheidung wieder Milchpulverberge und Buttertürme in den Lagern aufgebaut und die ErzeugerInnen einmal mehr in eine starke Krise gerissen“, so Schöpges. „Warum will man aus den Fehlern der Vergangenheit einfach nicht lernen?“ Diese Frage vieler Milchbäuerinnen und -bauern wird auch am 7. Mai bei den kommenden europäischen Milchaktionen eine große Rolle spielen.

 

Details zu Milchaktionen am 7. Mai 2020 in verschiedenen europäischen Ländern

Belgien: Milch-Aktionen in Flandern und in der Wallonie
 
Deutschland: Aufbau einer großen Milchpulverpyramide in Berlin
 
Frankreich: Pulver-Feld-Aktionen in diversen französischen Regionen (Hauts-de-France, Grand Est, Normandie, Pays de la Loire und Sud-Ouest)
 
Italien: Milchpulveraktion in Cremona und auf dem Paulihof in Südtirol
 
Dänemark: Milchpulver-Sprühaktion in Outrup
 
Litauen: Milchpulveraktion in der Nähe von Kaunas
 
Luxemburg: Milchpulveraktion

 

EU-Beihilfen zur privaten Lagerhaltung sind keine angemessene Antwort auf die Krise!

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 4. Mai 2020

1. Juni 2020: Weltmilchtag – Blick nach vorn für einen sozial und ökologisch nachhaltigen Milchsektor

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Auch wenn für uns MilcherzeugerInnen und unsere Kühe der Alltag an 365 Tagen im Jahr um die Milch kreist, ist der 1. Juni – der Weltmilchtag – ein besonderes Datum. Es ist ein Tag, an dem wir den Blick nach vorn richten. An dem wir aufzeigen möchten, was einen guten, fairen sowie sozial und ökologisch nachhaltigen Milchsektor ausmacht. Und an dem wir noch einmal klarstellen, dass die dazu nötigen Rahmenbedingungen durch die Politik geschaffen werden müssen: Die Farm-to-Fork-Strategie sollte nachgebessert werden.

 

Der Sektor ist:

  • fair, wenn das Produkt Milch zu kostendeckenden Preisen verkauft wird und er ist fair zu den in der Landwirtschaft Beschäftigten, wenn die von ihnen geleistete Arbeit angemessen entlohnt wird;
  • sozial und ökologisch nachhaltig, wenn von den LandwirtInnen ökologisch sinnvolle Produktionsweisen angewendet werden, deren höhere Kosten über die Preise gedeckt sind – diese Kosten also nicht auf die ErzeugerInnen abgewälzt werden.

Für den Vorsitzenden des European Milk Board (EMB), Erwin Schöpges, sind die oben genannten Bedingungen keine Utopie, kein Ding der Unmöglichkeit. Sie können geschaffen werden, wenn der gesellschaftliche und politische Wille dafür groß genug ist: „Wir spüren überall in der Gesellschaft, dass der Wunsch nach Wandel, nach einer sinnvollen und fairen Lebensweise sehr stark geworden ist. Auch die COVID-19-Krise hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie sehr wir alle aufeinander angewiesen und wie wichtig die Menschen sind, die tagtäglich für unsere Versorgung arbeiten. Sie sind genauso bedeutend wie auch ein vernünftiger Umgang mit unseren ökologischen Ressourcen. Deshalb muss sich etwas ändern.“ Dieser Wunsch in der Gesellschaft nach einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Lebens- und Produktionsweise ist ein Motor, der letztlich auch konkrete Maßnahmen nach vorne bringen kann.

Für den Milchsektor wären das Maßnahmen, die insbesondere folgende Punkte umsetzen:

 

Die EU-Kommission versucht derzeit mit ihren Vorschlägen zum Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie den Forderungen aus der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit gerecht zu werden. „Dass die Kommission auf die Forderungen reagiert, ist sicherlich sehr wichtig. Für die nachhaltige Entwicklung der EU und nicht zuletzt auch für ihre eigene politische Rechtfertigung“, so Erwin Schöpges. „Um mehr Nachhaltigkeit zu schaffen, muss sie aber all jene Akteure mit ins Boot nehmen, die die Konzepte letztlich umsetzen müssen. Im Agrarsektor sind das insbesondere auch die LandwirtInnen.“

Doch jene brauchen zuerst einen Rahmen, der der derzeitigen Ausbeutung ein Ende setzt. Das heißt also kostendeckende Preise, faire Einkommen und eine tatsächlich verbesserte Position in der Wertschöpfungskette. Auch ist es extrem wichtig, dass die gestiegenen Kosten, die durch die höheren Auflagen entstehen werden, nicht an den ErzeugerInnen hängen bleiben. Denn das würde die aktuelle Ausbeutungssituation noch verschärfen.

Sieta van Keimpema, die Vizevorsitzende des EMB, weist in diesem Zusammenhang auf einen hohen Nachbesserungsbedarf der EU-Kommission bei ihren aktuellen Vorschlägen hin: „Diese notwendigen Aspekte kommen in der Farm-to-Fork-Strategie sowie der aktuellen GAP-Reform eindeutig noch zu kurz. Es ist nicht ersichtlich, wie die Erzeugersituation in der Praxis stabilisiert und nicht noch weiter verschlimmert werden soll.“ Sieta van Keimpema lädt die EU-Institutionen daher dazu ein, diesen Punkten in einem nachgebesserten Papier ausreichend Platz einzuräumen. „Erst dann haben wir für die EU ein erfolgreiches nachhaltiges Konzept“, so van Keimpema. Wie die EMB-Vizevorsitzende weiter betont, wollen die MilcherzeugerInnen des EMB zusammen mit der EU optimistisch nach vorn schauen und in gemeinsamer Verantwortung die Rahmenbedingungen für eine tatsächlich sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft gestalten. Vorschläge dazu hatten sie der EU-Kommission bereits in den vergangenen Wochen zukommen lassen.

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 29. Mai 2020

Alles in Butter oder Milch im Überfluss?

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Österreich, Mai 2020

Helmut Petschar, Präsident der Vereinigung Öster-reichischer Milchverarbeiter (VÖM) und Geschäftsführer der elftgrößten Molkerei Österreichs – der „Kärntnermilch“ – fordert eine Mengenreduzierung auf EU-Ebene. Diese Maßnahme soll die Milchpreise stabilisieren und ein Signal an den Handel, gegen den Preisdruck, senden.

 

Wie hat sich die Situation auf dem österreichischen Milchmarkt seit Corona verändert?

Das Wegbrechen der Gastronomie hat dazu geführt, dass Molkereien ihre Großgebinde von Schlagobers, Milch, Joghurt usw. nicht mehr absetzen konnten. Teilweise nimmt der Lebensmitteleinzelhandel größere Mengen ab, weil die Menschen zu Hause mehr verzehren. Allerdings sind April und Mai die milchstärksten Monate in Österreich. Folglich haben einige Molkereien noch zu viel Milch und mussten Einzelmaßnahmen treffen. Etwa wir als Kärntnermilch haben unsere Bauern aufgefordert, die Anlieferung im April und Mai um 10% zu reduzieren. Unser Ziel ist ganz klar, den Milchpreis so lange wie möglich stabil zu halten.

Welche Maßnahmen würden Sie sich auf EU-Ebene wünschen?

Ich fände auf EU-Ebene eine Mengenreduzierung wichtig - zur Preisstabilisierung und als Signal an unsere Handelspartner und die VerbraucherInnen. Als sich die Kärntnermilch zur Mengenreduktion entschlossen hat, kamen sofort sogenannte Hilfsangebote von unseren Handelspartnern, Aktionen zu machen. Das bringt aber nichts. Eine EU-weite Reduktionsmaßnahme mit entsprechender Hilfe durch die EU-Kommission wäre effektiver. Dabei sollten Bauern einen Ausgleich für die Milchmenge bekommen, die sie nicht liefern. Die private Lagerhaltung ist eine Unterstützung, aber irgendwann kommen diese Mengen ja doch auf den Markt.

In welchem Zeithorizont halten Sie eine EU-weite Mengenreduktion für realisierbar?

Das ist genau die Problematik, die wir alle miteinander haben. Wenn es solche Maßnahmen gibt, müssen sie rasch kommen, also nicht erst im Herbst, sondern möglichst schon für April, Mai, Juni, damit man schnell reagieren kann.

In Frankreich ist eine Hilfe in Höhe von 10 Millionen Euro über den Branchenverband geplant. Was halten Sie davon?

Ich glaube, im ersten Schritt wird es notwendig sein, eine Unterstützungsmaßnahme auf europäischer Ebene zu regeln, damit sie flächendeckend greift. Das ist meiner Ansicht nach sinnvoller.

Wie werten Sie das Verhalten des LEH in der Coronakrise?

Wir haben jüngst erlebt, dass der Handel medial als der große Retter auftritt. Tatsache ist: Wenn die Bäuerinnen und Bauern und die Molkereien nicht tagtäglich produzieren, ist die Versorgungssicherheit nicht gegeben. Und in dieser Phase hat man gemerkt, wie wichtig es ist, bäuerliche Strukturen und regionale Verarbeitungsbetriebe zu haben.

Welche Erwartungen orten Sie bei den KonsumentInnen?

Diese erwarten derzeit keine Preissenkungen, sondern sind froh, so hochwertige Produkte zu einem vernünftigen Preis zu bekommen. Sie greifen sogar verstärkt zu heimischen Produkten. Milch und Milchprodukte stellen ja auch keine Preistreiber dar. Und da muss ich schon an das Pflichtgefühl und die Vernunft des LEH appellieren, diese Phase jetzt nicht auszunutzen, um die Preise nach unten zu drücken und damit ganze Existenzen von bäuerlichen Betrieben zu gefährden und Strukturen zu zerschlagen. Diese Gefahr sehe ich momentan schon.

 

Auszug aus dem Interview „Milchbauern: Wir brauchen Handel und Konsumenten" von Claudia Jung-Leithner, Landwirtschaftskammer Österreich vom 12. Mai 2020

Adrien Lefèvre von FaireFrance im Interview

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Frankreich, Juli 2020

Die von der COVID-19-Pandemie ausgelöste Krise trifft auch den Milchsektor. Adrien Lefèvre, stellvertretender Vorsitzender von FaireFrance und Milcherzeuger aus den Ardennen, beantwortet unsere Fragen.

 

Wie wirkt sich die Pandemie auf die Vermarktung der fairen Milch von FaireFrance aus?

Bei Ankündigung der Lockdown-Maßnahmen haben die VerbraucherInnen die Geschäfte gestürmt. Wir hatten das Glück, dass unsere fairen Produkte in ausreichender Menge in den Geschäften vorhanden waren. Haltbare Produkte, wie H-Milch und H-Sahne, waren bei den Kunden sehr gefragt, die zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, wie lange diese Situation andauern würde. Die Produkte der Marke FaireFrance haben außerdem die Besonderheit, dass sie vollständig im Land entstehen, was bei BürgerInnen, die sich wieder stärker auf lokale Erzeugnisse besinnen, umso gefragter war.

Wie hat sich der Absatz von FaireFrance in dieser alles andere als normalen Zeit entwickelt?

Während der Zeit des Lockdowns haben wir den Absatz unserer fairen Produkte unter dem Siegel FaireFrance im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 80% steigern können. Halbfettmilch in Tüten war sehr nachgefragt. Bei der Biomilch schwankte die Nachfrage weniger. Um die größeren Produktionen zu begünstigen, haben wir strategische Entscheidungen getroffen, insbesondere eine Umstellung der Palettierung (Halb- statt Vollpaletten) und die vorübergehende Einstellung der Produktion von Halb-Liter-Packungen.

Wie gelingt es den LandwirtInnen, neben ihrer täglichen Arbeit in den Betrieben mit dieser außergewöhnlichen Situation umzugehen?

Die ErzeugerInnen der Marke, insbesondere die Vorstandsmitglieder, sowie die Beschäftigten hatten mehrere Online-Krisensitzungen, da wir alle aus unterschiedlichen Regionen kommen. Es ging um die Suche nach schnellen Lösungen, hauptsächlich für Lieferprobleme in den Geschäften.

Tatsächlich hatte die durch die Pandemie ausgelöste Krise einige Komplikationen zur Folge, insbesondere die Kurzarbeit im Transportsektor, wodurch sich die Lieferzeiten verdoppelt haben. Es gab außerdem Probleme mit einigen Palettierungsformen und verschiedenen Verpackungen, weshalb manche Artikel vorübergehend vergriffen waren.

Kann die faire Milch in einer Zeit, in der die Entwicklung des Milchpreises in allen europäischen Ländern sehr ungewiss ist, eine Lösung sein?

Ja, in dieser außergewöhnlichen Situation wird die faire Milch sogar zum echten Krisensteuerungsinstrument. Die an FaireFrance beteiligten ErzeugerInnen erhalten einen garantierten Preis von 45 Cent pro Liter verkaufter Milch. Wir erfüllen nicht nur die Erwartungen der VerbraucherInnen und BürgerInnen in vollem Maße, sondern erwirtschaften mit der deutlich gestiegenen Absatzmenge auch ein Zusatzeinkommen für unsere Mitglieder.

Glauben Sie, dass die bewussten VerbraucherInnen auch weiterhin die fairen Produkte von FaireFrance kaufen werden?

Wir sind seit der Vermarktung unserer ersten Milchtüten 2013 Vorreiter in diesem Bereich und stellen fest, dass die Zahl der KonsumentIinnen unserer Produkte stetig steigt. Unser Konzept ist ideal, um allen Gliedern der Kette eine gerechte Entlohnung zu gewährleisten. Nachhaltiger geht es also nicht. Außerdem entspricht unsere Initiative einem veränderten Konsumverhalten der BürgerInnen, die mehr lokale Erzeugnisse statt importierter Billigprodukte kaufen, was sinnvoll ist. Aus meiner Sicht wird die Krise diese Veränderung des Konsumverhaltens nur noch positiv beschleunigen.

Herr Lefèvre, vielen Dank für diese Einschätzung!

 

Vanessa Langer, EMB

Koblenz: EU-Milcherzeuger verwandeln mit starken Aktionen das Deutsche in ein Europäisches Eck

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Ihr Appell an die EU-AgrarministerInnen lautet: „Soziale Komponente der Nachhaltigkeit beachten!“, August 2020

„Wir Bäuerinnen und Bauern sind bereit, mehr in puncto Nachhaltigkeit zu leisten, wenn sichergestellt wird, dass in Zukunft unsere Produktionskosten – inklusive einem fairen Einkommen für die Erzeuger – gedeckt sind und EU-Standards durch Handelsverträge nicht untergraben werden!“

 

Unter diesem Motto fährt am Montag ein Schiff mit MilcherzeugerInnen des European Milk Board (EMB) und des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) vom Deutschen Eck aus den in Koblenz tagenden EU-AgrarministerInnen entgegen. Die Landwirte aus ganz Europa und die sich ebenso auf dem Schiff befindenden Faire-Milch-Kühe in den Farben vieler europäischer Länder machen den Ort an diesem Tag zum Europäischen Eck. Er ist Ausgangspunkt mehrerer starker Aktionen der MilcherzeugerInnen. Neben der symbolträchtigen Schiffsfahrt haben BDM und EMB auch bei einer Demonstration und Kundgebung vor Ort von den anwesenden EU-AgrarministerInnen eine ganzheitliche Sicht beim Thema Nachhaltigkeit eingefordert.

Für Erwin Schöpges, belgischer Milchproduzent und Vorsitzender des EMB, sind die Aktionen in Koblenz ein wichtiges Zeichen an die MinisterInnen: „Wir europäischen MilcherzeugerInnen sind bereit, unseren Teil zu mehr Umwelt- und Klimaschutz sowie zum Tierwohl beizutragen. Mehr ökologische Nachhaltigkeit können wir aber nur leisten, wenn ebenso die soziale und die ökonomische Komponente gleichberechtigt berücksichtigt werden. Nur so bleiben Betriebe erhalten und haben Junglandwirte eine Zukunft.“ Sieta van Keimpema, die EMB-Vizevorsitzende aus den Niederlanden, fügt während der Kundgebung am Tagungsort der Agrarminister an der Rhein-Mosel-Halle hinzu: „Auch dürfen die europäischen Standards nicht durch Importe aus Drittstaaten unterlaufen werden. Eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie muss Dumpingprodukte verhindern. Dazu gehört die Herausnahme von Agrarprodukten aus Freihandelsabkommen.“

Beim mittäglichen Auslöffeln der von den AgrarministerInnen eingebrockten Suppe, die symbolisch für eine fehlgeleitete Agrarpolitik steht, kommentiert Milcherzeuger und EMB-Vorstandsmitglied Boris Gondouin aus Frankreich: „Zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie gehört auch ein Milchpreis, von dem wir leben können. In Europa beobachten wir aber eine chronische Kostenunterdeckung durch viel zu niedrige Preise. Die Corona-Pandemie war nur eine weitere in einer ganzen Reihe von Krisen, die die Preise für uns ErzeugerInnen noch weiter in den Keller treiben.“ Sein Kollege Erwin Schöpges präzisiert: „Die jüngste Krise zeigt uns VertreterInnen einer Branche, für die Krisen nichts Neues sind: Instrumente wie die Lagerhaltung sind Scheinlösungen. Was wir brauchen, sind effektive Kriseninstrumente, die eine flexible, temporäre Angebotsanpassung erlauben. Als EMB leisten wir mit unserem Marktverantwortungsprogramm hier einen konstruktiven Lösungsbeitrag.“

„Nur mit wirksamen Kriseninstrumenten und einer Änderung der bisherigen EU-Agrarpolitik können wir dauerhaft die nachhaltige Produktion qualitativ hochwertiger Milchprodukte sichern. Wir müssen weg vom aktuellen billig und viel, bei dem die Erzeuger auf eigene Kosten zur Billigstproduktion von Agrarrohstoffen gezwungen sind, und hin zu einer wirklich sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Produktion“, fasst Johannes Pfaller, EMB-Vorstandsmitglied und Milcherzeuger aus Deutschland, es am Nachmittag noch einmal zusammen, als die MilchproduzentInnen den AgrarministerInnen mit dem Schiff auf der Mosel entgegenfahren. Sein deutlicher Appell an die EU-AgrarministerInnen: „Will man in Europa wirkliche Nachhaltigkeit erzielen und die aktuell angedachten Strategien wie den Green Deal bzw. „Farm to Fork" erfolgreich umsetzen, geht das nur mit und nicht gegen die Bäuerinnen und Bauern. Setzen Sie sich mit uns zusammen und lassen Sie uns gemeinsam für die Zukunft des Sektors arbeiten.“

Die ErzeugerInnen des EMB setzen neben der Politik aber auch auf die eigene Kraft und auf den direkten Kontakt mit den KonsumentInnen. So verdeutlicht beispielsweise die Marke Die faire Milch, die von den MilcherzeugerInnen in mehreren europäischen Ländern selbst auf den Markt gebracht wurde, dass kostendeckende Preise kein Ding der Unmöglichkeit sind. Damit sie aber nicht nur in einer Nische existieren, sondern auch auf dem allgemeinen Milchmarkt Fuß fassen können, braucht es – wie oben beschrieben – den richtigen politischen Rahmen. Und dieser sollte mittels eines ausführlichen Dialogs mit den LandwirtInnen in der EU geschaffen werden.

Einen Vorschlag, wie sich MilcherzeugerInnen konstruktiv für die EU-Nachhaltigkeitsstrategien gewinnen lassen, finden Sie hier.

Hier geht es zu den Videos der Aktionen.

Fotos der Aktionstage

Schilder der Aktionstage

 

EMB-Pressemitteilung vom 31. August 2020

Gembloux: Europäische MilcherzeugerInnen wählen Sieta van Keimpema zur neuen EMB-Vorsitzenden

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Gembloux, Oktober 2020

Das European Milk Board (EMB) hat auf seiner jüngsten Mitgliederversammlung die bisherige Vizevorsitzende Sieta van Keimpema aus den Niederlanden zur neuen Vorsitzenden gewählt. Ihr Appell lautet: „Der Green Deal kann nur bei Beachtung der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit erfolgreich umgesetzt werden!“

 

Zum Vizevorsitzenden bestimmten die Mitglieder Kjartan Poulsen aus Dänemark. Bestätigt wurden außerdem die bisherigen Vorstandsmitglieder Boris Gondouin aus Frankreich, sein irischer Kollege Pat McCormack sowie Roberto Cavaliere aus Italien. Als neue Vorstandsmitglieder begrüßt das EMB zudem Elmar Hannen aus Deutschland sowie den Belgier Guy Francq.

Der bisherige Vorsitzende Erwin Schöpges, der sich zukünftig noch stärker der Entwicklung der fairen Milch in Belgien sowie in einigen afrikanischen Ländern widmen wird, wurde von seinen Milcherzeugerkollegen herzlich verabschiedet. Sie würdigten insbesondere seine unermüdliche politische Arbeit und sein starkes Engagement  bei der Organisation beeindruckender Demonstrationen, die signifikant zur Entwicklung des EMB beigetragen haben. Einen großen Dank richtete die Versammlung auch an Johannes Pfaller aus Deutschland, der nach zweieinhalb Jahren aus dem Vorstand ausschied und sich im EMB über viele Jahre für faire Handelsbeziehungen und gegen das Dumping europäischer Überschüsse auf afrikanischen Märkten engagiert hat.

Wie sie den anwesenden EMB-Mitgliedern mitteilte, spielt für die neue Vorsitzende Sieta van Keimpema die Vertretung der europäischen MilcherzeugerInnen gegenüber den EU-Institutionen auch in Zukunft eine bedeutende Rolle. „Ich freue mich sehr über den erhaltenen Vertrauensvorschuss“, bedankte sie sich bei den Mitgliedern, während sie gleichzeitig auf die kommenden Schwerpunkte und Herausforderungen blickt: „Der Kampf für eine krisenfeste Agrarpolitik wird für das EMB weiter ganz oben auf der Agenda stehen. Beim Europäischen Green Deal und der ‚Farm to Fork’-Strategie (F2F) braucht es zudem eine starke Erzeugerperspektive, für die sich das EMB bei den politischen Verantwortlichen weiter vehement und konstruktiv einbringen wird.“

Für die Versammlung der LandwirtInnen des EMB stand beim intensiven Austausch zum Green Deal und zur F2F-Strategie fest, dass kostendeckende Preise und ein stabiles Einkommen für die LandwirtInnen innerhalb der grünen Strategien für die  EU-Politiker zur echten Priorität werden müssen. „Der ökologischen Nachhaltigkeit muss die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit unbedingt gleichgestellt werden“, so van Keimpema.  „Das heißt, dass ein Rahmen geschaffen werden muss, damit die Kosten für Anforderungen im Bereich Klima und Umwelt über den Preis gedeckt sind und nicht auf die ErzeugerInnen abgewälzt werden.“ Ihr Vorstandskollege Elmar Hannen ergänzt: „Wir müssen dahin, dass der Preis das deckt, was die Gesellschaft will. Nur dann gibt es auch eine Zukunft für die MilchviehhalterInnen“. Das bedeutet für den neuen Vizevorsitzenden Kjartan Poulsen auch, dass für das bisher eher vage formulierte Ziel einer verbesserten Stellung der ErzeugerInnen von der Europäischen Kommission eine konkrete Strategie geplant und mit Leben erfüllt werden muss. „Das EMB erwartet Klarheit, welche Schritte zur Erreichung dieses Ziels unternommen werden, sodass es nicht bei einer leeren Worthülse bleibt.“

Neben der politischen Arbeit für eine gleichwertige Berücksichtigung stabiler Einkommen liefern die EMB-ErzeugerInnen auch selbst Beispiele umfassender Nachhaltigkeit. Guy Francq, belgisches Vorstandsmitglied, führt aus: „Mit dem Projekt der fairen Milch haben wir bereits in mehreren europäischen Ländern ganz praktisch gezeigt, dass kostendeckende Preise und der Respekt der Umwelt Hand in Hand gehen können. Sie hilft zudem Brücken zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen sowie der Zivilgesellschaft zu schlagen.“ Das wiedergewählte EMB-Vorstandsmitglied Boris Gondouin sieht hier noch Potenzial zur Ausweitung: „Für uns im EMB ist es wichtig, dieses Projekt auch in andere Länder zu tragen“ und ergänzt: „Damit kostendeckende Preise aber auf dem gesamten Milchmarkt Fuß fassen können, braucht es – wie beschrieben – den richtigen politischen Rahmen."

Fotos der EMB-Mitgliederversammlung

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 8. Oktober 2020

EP-Abstimmung zur Gemeinsamen Marktorganisation der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)

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@ Europäisches Parlament

Die europäischen MilcherzeugerInnen begrüßen die Aufnahme neuer Kriseninstrumente als ersten Schritt, Oktober 2020

„Bei der Abstimmung zur Gemeinsamen Marktorganisation im EU-Parlament hat sich gezeigt, dass vielen Abgeordneten bewusst ist, dass der EU-Agrarsektor mit wirksamen Kriseninstrumenten ausgestattet werden muss”, fasst die niederländische Vorsitzende des European Milk Board (EMB), Sieta van Keimpema, die Sicht des europäischen Milcherzeugerverbands auf die Teilentscheidung des Parlaments speziell zur Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) innerhalb der GAP zusammen.

 

Die GMO regelt unter anderem die Beziehungen der Marktakteure sowie Maßnahmen für den Krisenfall. Ende letzter Woche hatten die MdEPs die Position des EU-Organs zur GAP-Reform, mit der es in Kürze in die anstehenden Trilog-Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem EU-Rat gehen wird, abgestimmt. Teil der GMO-Position ist nun auch der neue Artikel 219a (aus Änderungsantrag 149), der eine freiwillige Mengenreduzierung im Krisenfall vorsieht. “Kombiniert mit dem ebenfalls angenommenen Artikel 219b (aus Änderungsantrag 150) zur möglichen Deckelung der Produktion während der Anwendung des Reduktionsprogramms könnte damit bald ein Instrument in der GMO bereitstehen, mit dem man den chronischen Krisen wirksam begegnen kann”, so der dänische Vizevorsitzende des EMB, Kjartan Poulsen. Gleichzeitig ist es jedoch bedauerlich, dass eine obligatorische Mengenkürzung (aus Änderungsantrag 277), die essenziell für die Bekämpfung von tiefgreifenden und lang anhaltenden Krisen wäre, bei der Abstimmung nicht angenommen wurde. “Die hier sehr knappe Entscheidung bestätigt uns jedoch, dass einem großen Teil der MdEPs die Notwendigkeit, auch über das Instrument einer temporären obligatorischen Mengenreduktion verfügen zu können, durchaus bewusst ist”, führt Sieta van Keimpema aus. “Wir möchten uns bei diesen Abgeordneten, denen offensichtlich die Dynamik der Krisen und die Notwendigkeit effektiver Reaktionen bekannt sind, bedanken.”

Positiv heben die Milchproduzierenden außerdem hervor, dass durch den angenommenen Artikel 218b (aus Änderungsantrag 147) ein Frühwarnmechanismus in der GMO implementiert werden soll. Wie das EMB verlauten lässt, muss hier jedoch noch der Krisenfall adäquat definiert werden, damit angemessene Instrumente auch wirklich zeitnah geschaltet werden können.

Einschätzung der MilcherzeugerInnen zu weiteren GMO-Reformartikeln im Überblick

  • Mit Blick auf das Instrument der Intervention leistet der angenommene Änderungsantrag 232 einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz.
  • Der neu eingesetzte Artikel 172a (Änderungsantrag 244) der GMO zeigt durch seine Aufnahme von value-sharing-clauses und die Beachtung von Produktionskosten – auch wenn er keinen verpflichtenden Charakter besitzt –, dass diese zentralen Themen im Bewusstsein der MdEPs angekommen sind.
  • Die MilcherzeugerInnen wissen sehr gut, dass Marktstörungen im EU-Agrarsektor absolut keine Seltenheit sind. Mit der Etablierung eines Monitoring- und Managementsystems dieser Störungen (Artikel 222a, aus Änderungsantrag 248) besteht nun die Chance, in Zukunft mit Krisen besser umzugehen. 
  • Bezüglich der Vertragsbeziehungen im Milchsektor (Artikel 148) ist positiv zu erwähnen, dass das Europäische Parlament nun beim Preis, der in den Verträgen festgelegt wird, auf die Notwendigkeit verweist, sich an Produktionskosten zu orientieren. Da es den Mitgliedstaaten allerdings weiter offensteht, ob sie die Anwendung von Verträgen zur Pflicht machen oder nicht, sind für den EU-Milchsektor im Ganzen hier keine nennenswerten Verbesserungen zu erwarten.
  • Die ErzeugerInnen bedauern die Ablehnung des Änderungsantrags 270, da die damit bei Artikel 149 vorgeschlagene Erhöhung der Bündelungsgrenzen für Milchmengen in der EU von 3,5% auf 7,5% für Erzeugerorganisationen ein wichtiger Schritt gewesen wäre. So hätten die LandwirtInnen eher auf Augenhöhe mit den Verarbeitenden verhandeln können. Denn für Verarbeitende besteht solch eine geringe Bündelungsgrenze, wie sie aktuell noch die ErzeugerInnen einschränkt, nicht.
  • Positiv bewerten die Milchproduzierenden hingegen, dass die MdEPs in ihrer Position nun mehrfach das Ziel eines nachhaltigen Einkommens erwähnen (Änderungsantrag 3 zur Erwägung 2 und Änderungsantrag 47 zu Artikel 1a); dass Importe EU-Standards nicht unterschreiten dürfen (Änderungsantrag 138 bezüglich Artikel 188a) sowie dass eine Monitoringstelle für den gesamten EU-Agrarsektor geschaffen werden soll (Änderungsantrag 146 zu Artikel 218a).

Die Abgeordneten sind bei ihrer Position speziell zur Gemeinsamen Marktorganisation einen wichtigen Teilschritt gegangen – auch wenn durch die knappe Ablehnung der temporären obligatorischen Mengenreduzierung im Krisenfall ein zentrales Instrument noch keinen Eingang gefunden hat und die Bündelungsgrenzen nicht auf 7,5% angehoben werden sollen. Umso mehr ist es daher nun notwendig, dass die Verbesserungen, auf die sich das EU-Parlament geeinigt hat, in ihrer Gänze in der finalen GMO verankert und im nun anstehenden Trilog mit den beiden anderen EU-Institutionen nicht verwässert werden. “Wir appellieren an Rat und Kommission, diesen essenziellen Änderungen, die das EU-Parlament als gewählte Vertretung der EU-BürgerInnen in die Verhandlungen einbringt, zuzustimmen. Führen Sie als EU-Institutionen eine wirkliche Reform durch, indem Sie die EU-Landwirtschaft in der GMO mit angemessenen Kriseninstrumenten ausstatten”, so die EMB-Vorsitzende Sieta van Keimpema.

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 26. Oktober 2020

Europas Bauernfamilien fordern Stopp des EU-Mercosur-Abkommens

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Keine Korrekturen, sondern Neuausrichtung: Wir brauchen eine Handelspolitik, die faire und kostendeckende Preise ermöglicht, das Klima schützt und Menschenrechte sichert, September 2020

In einer gemeinsamen Europäischen Bauerndeklaration fordern 43 Bauernorganisationen in 14 Ländern – Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweiz und Spanien (inkl. Baskenland und Galizien) – sowie die Dachverbände Europäische Koordination Via Campesina (ECVC), das European Milk Board (EMB) und Demeter International ihre Regierungen auf, das EU-Mercosur-Abkommen abzulehnen.

 

Das Freihandelsabkommen ist in einigen Mitgliedsstaaten auf Regierungsebene umstritten. Deutlich kritische Stimmen äußern etwa Österreich, die Niederlande, Frankreich, Irland und Belgien. Deutschland, das aktuell den EU-Ratsvorsitz innehat, kündigte an, die Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens vorantreiben zu wollen, auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in diesen Tagen kritisch zum Abkommen äußert. Es ist zu befürchten, dass Deutschland mit kleinen Korrekturen die kritischen Mitgliedsstaaten einfangen und zur Unterzeichnung bewegen könnte.

Die europäischen Bäuerinnen und Bauern fordern ihre Regierungen auf, das EU-Mercosur-Abkommen zu stoppen. Erwin Schöpges, (Anm. d. Red.: damaliger) EMB-Vorsitzender sagt:

„Mit dem EU-Mercosur-Abkommen sollen die Importe von beispielsweise Fleisch, Zucker und Soja aus den Mercosur-Ländern steigen, deren Produktion im Zusammenhang mit der aggressiven Exportausrichtung immer industrieller wird. Der weltweit für Klima und Artenvielfalt zentrale Amazonas muss diesem System weichen. Auch Menschenrechtsverletzungen sind im Zusammenhang mit dieser Entwicklung an der Tagesordnung. Gleichzeitig stehen die Bauernfamilien in Europa vor großen Herausforderungen, klimaverträglicher und tiergerechter Lebensmittel zu erzeugen, was höhere Kosten auf den Betrieben mit sich bringt. Die steigenden und unqualifizierten Importe aus den Mercosur-Ländern führen zusätzlich zu steigendem Preisdruck bei den europäischen Bauernfamilien. Diese Handelspolitik und die ungleichen Produktions-, Umwelt- und Sozialstandards zugunsten der Agrarindustrie beschleunigen das Ende von bäuerlichen Betrieben auf beiden Seiten des Atlantiks.“

Die Bäuerinnen und Bauern fordern eine Handelspolitik für faire und kostendeckende Erzeugerpreise weltweit, für Klimaschutz, Artenvielfalt und Tierwohl, für Menschenrechte, für bäuerliche Strukturen, für regionale Lebensmittel, den Erhalt und die Weiterentwicklung europäischer Standards und für faire Arbeitsbedingungen.

 

Hier finden Sie die gemeinsame europäische Bauerndeklaration

 

European Milk Board, September 2020

Impressum

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Fax: +32 2808 8265
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