MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Im Frühjahr 2016 stand der Nahrungsmittelsektor in Irland – vor allem die Milchwirtschaft – vor vielen Herausforderungen, aber eine Bedrohung unseres größten Exportmarkts gehörte nicht dazu. Ein Jahr später ist diese Bedrohung Realität geworden und ein Großteil der Planungen und politischen Entscheidungen unserer Regierung werden vom "Brexit" überschattet.

Am 29. März leitete die britische Premierministerin Theresa May das Austrittsverfahren nach Artikel 50 ein, das den offiziellen Startschuss für die Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union gibt. Irland ist der Mitgliedstaat, der von der Austrittsentscheidung des Vereinigten Königreichs am unmittelbarsten betroffen ist und innerhalb dieses besorgniserregenden Kontexts trifft es die irische Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung am härtesten. Das Vereinigte Königreich ist Irlands wichtigster Handelspartner für Nahrungsmittel, auf den 30% der Molkerei- und 60% der Käseexporte entfallen.

Es ist wichtig festzustellen, dass Irland mit dieser Exportsituation innerhalb der EU nicht allein dasteht. Einige der großen EU-Mitgliedstaaten exportieren beträchtliche Mengen an Lebensmitteln in das Vereinigte Königreich. Die 64 Millionen Einwohner des Vereinigten Königreichs hängen von Nahrungsmittelimporten ab und unsere Regierungen müssen sicherstellen, dass wir diesen Markt weiter beliefern können.

Dieser Newsletter enthält einen Artikel zum Brexit und der irischen Sichtweise, der einige der Hauptprobleme für den Nahrungsmittelsektor sowie verschiedene Forderungen erläutert, um die irische Landwirtschaft zu schützen. Wir müssen auf EU-Ebene Bündnisse schmieden und einen gemeinsamen Ansatz zum künftigen Markt mit dem Vereinigten Königreich verfolgen. Der Brexit ist eine große Herausforderung und es ist von kritischer Bedeutung, dass die Verhandlungen möglichst früh realistisch geführt und lange bestehende Handelsbeziehungen im Sinne beider Parteien geschützt werden.

Zum Abschluss noch ein paar gute Nachrichten, die das Hilfsprogramm der EU zur Mengenreduktion betreffen: Im letzten Quartal 2016 haben sich fast 44.000 Landwirte am EU-Programm zur freiwilligen Mengenreduktion beteiligt und ihre Milchlieferungen um fast 852.000t verringert. Die starke Beteiligung der Erzeuger, vor allem aus den produktionsintensiven Ländern zeigt, dass die Bauern bereit sind, ihre Milchmenge zu senken.

Der freiwillige Lieferverzicht hatte unmittelbare Wirkung auf den Milchmarkt, denn aktuell liegen die Preise in der EU im Schnitt bei über 33 Cent. Das EU-Programm hat eindeutig gegriffen! Milcherzeuger aus ganz Europa sehen den freiwilligen Lieferverzicht als wichtiges Instrument für die Zukunft und fordern dessen Integration in einen regulären Krisenmechanismus.

John Comer, Vorstandsmitglied des EMB und Vorsitzender der Irish Creamery Milk Suppliers Association (ICMSA)

EU-Mengenreduzierung: hohe Beteiligung am EU-Programm

Newsletterbild

Die Ergebnisse aus dem EU-Mengenreduzierungsprogramm liegen vor: Knapp 44.000 Landwirte haben sich am Reduktionsprogramm der EU beteiligt und ihre Milchproduktion im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2016 um 851.700 t gesenkt.

 

Der sich erholende Milchmarkt ist ein klares Indiz, dass die EU-Kommission mit dieser Maßnahme nun endlich am richtigen Hebel – an der Produktion – angesetzt hat. Die durchschnittlichen Milchpreise sind gegenüber letztem Sommer um 31% auf 33,7 ct/kg im Februar angestiegen.

 

Hohe Beteiligung am EU-Programm

Die europäischen Milcherzeuger haben sich klar für Mengenreduzierung ausgesprochen. Der zur Verfügung stehende EU-Topf von 150 Millionen Euro war bereits bei der ersten Anmeldungsrunde zu knapp 99% ausgeschöpft. Im EU-Durchschnitt wurden 80% der angemeldeten Menge auch tatsächlich reduziert. Die EU-Hilfen von 14 ct/kg Milch wurden nur für die tatsächlich reduzierten und nachgewiesenen Mengen ausbezahlt. Im Durchschnitt hat jeder Antragsteller seine Produktion um 19 t verringert.

Auffällig ist, dass die Milcherzeuger aus den starken Produktionsländern ihre Mengen reduziert haben. Die deutschen Milchbauern haben insgesamt 233.511 Tonnen Milch reduziert, gefolgt von Frankreich (150.388), Vereinigtes Königreich (89.957), Irland (60.114), Niederlande (53.171) und Polen (47.300).

Von den zulässigen Teilnehmern führt Frankreich die Liste mit 11.299 Landwirten an, gefolgt von Deutschland (8.749), Irland (3.514), Österreich (3.214), die Niederlande (3.125) und Polen (3.055).

Die endgültigen Zahlen aus der zweiten Reduktionsperiode (November 2016 – Januar 2017) werden für Anfang April erwartet.

 

Bewertung EMB: Die hohe Beteiligung am Programm und die Wirksamkeit auf die Preissituation zeigen, dass ein freiwilliger Lieferverzicht EU-weit relativ einfach und unbürokratisch umgesetzt werden kann. Als großen Nachteil sehen wir, dass die Mengen EU-weit nicht gedeckelt sind, d.h. Reduktionen werden durch die Mehrproduktion anderer Länder ausgehebelt. Kritisch sehen wir auch die sehr späte Schaltung des Programms, den kurzen Zeitraum (3 Monate) sowie die geringe Menge, die zur Reduktion ausgeschrieben war (1,07 Mio Tonnen). Die EU-Kommission hat stolz verkündet, dass das Reduktionsprogramm funktioniert hat. Als logische Konsequenz muss umgehend der gesetzliche Rahmen für ein Kriseninstrument nach Vorbild des EMB-Marktverantwortungsprogramms in der GAP installiert werden!

Regina Reiterer, EMB

 

Überblick Mengenreduktion Oktober bis Dezember 2016 in den einzelnen Mitgliedstaaten (Aktuelle Reduktion und Teilnehmerzahl)

EMB Pressemitteilung: "EU-Mengenreduktionsprogramm hat sich bewährt"

 


Der BREXIT und die irische Landwirtschaft

Newsletterbild

Irland ist der Mitgliedstaat, der von der britischen Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen, am unmittelbarsten betroffen ist. Die irische Landwirtschaft und der Nahrungsmittelsektor trifft es am härtesten.

 

Die Hauptprobleme für den Nahrungsmittelsektor

Nach dem Brexit könnte der Zugang zum britischen Markt durch Zölle, Grenzkontrollen und Unterschiede bei den Normen deutlich erschwert werden. Der Transit von Nahrungsmitteln durch das Vereinigte Königreich nach Kontinentaleuropa ist von großer Bedeutung und bedarf künftiger Regelungen für die Zeit nach dem Brexit. Außerdem müssen bestehende Handelsabkommen geprüft und mit verringerten zollfreien Zugangsquoten geändert werden, um dem Ausstieg des Vereinigten Königreichs Rechnung zu tragen. Außerdem wird die EU-27 nach dem Brexit 64 Millionen Verbraucher weniger zählen und Handelsabkommen müssen diese Verringerung auch berücksichtigen. ICMSA fordert, dass künftige Handelsabkommen Bestimmungen enthalten müssen, die dem Brexit Rechnung tragen und so gestaltet werden, dass sie den Interessen der EU-27 dienen.

 

Folgen der irisch/nordirischen Grenze für Verarbeiter und Erzeuger

Jedes Jahr passieren 32.000 Milchtankwagen die Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland mit Rohstoffeinkäufen. Der Brexit könnte zu Grenzkontrollen zwischen dem Norden und Süden der Insel führen, was Kosten und höheren bürokratischen Aufwand verursachen würde. Für Landwirte, die beiderseits der Grenze Land besitzen, wirft der Brexit gravierende Herausforderungen bei Fragen der GAP, Nitratregulierungen und Herdenbewegungen auf. Die Landwirte in der Republik Irland können künftig keine günstigen Produktionsmittel mehr im Norden einkaufen bzw. Produktionsmittel, die in Nordirland nicht länger gültige EU-Registrierungen aufweisen.

Angesichts der aktuellen Situation ist ICMSA der Meinung, dass die irische Regierung eine Reihe von wichtigen Maßnahmen ergreifen muss, um den irischen Nahrungsmittelsektor zu schützen:

· Aufbau von Bündnissen auf EU-Ebene, um den irischen Standpunkt zu untermauern. Es ist klar, dass andere Mitgliedstaaten ähnliche Interessen wie Irland haben und ein gemeinsamer Ansatz verfolgt werden sollte.

· Erhalt des Binnenmarkts oder ein Freihandelsabkommen. Auch wenn das ideale Ergebnis die Fortführung des Binnenmarkts wäre, sollte – wenn dies nicht möglich ist – ein Freihandelsabkommen zeitgleich zum Brexit abgeschlossen werden bzw. eine Übergangsregelung getroffen werden, die gilt, bis das Freihandelsabkommen abgeschlossen ist.

· Maßnahmen zur Eindämmung von Wechselkursschwankungen: Die große Bedrohung in naher Zukunft sind Wechselkursschwankungen, die sich auf die Preise und damit Investitionen auswirken. ICMSA meint, dass die irische Regierung Maßnahmen ergreifen muss, die es betroffenen Sektoren wie der Nahrungsmittelindustrie ermöglichen, sich finanziell auf die Erschütterungen durch den Brexit vorzubereiten, der die ohnehin schon lange Liste von Druckfaktoren, die zu Schwankungen führen, um einen weiteren ergänzen. Es sollten insbesondere folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

-  Stabilitätsfonds für Unternehmen im Verarbeitungssektor

-  Betriebsführungs-Einlagenprogramm, das es den Landwirten ermöglicht, in guten Jahren Geld in einen Fonds zu zahlen, mit dem sie einnahmenschwache Jahre überbrücken können.

 

Brexit ist eine große, unvorhergesehene Herausforderung und es ist sehr wichtig, dass frühestmöglich Realitätssinn die Verhandlungen beherrscht und seit langem bestehende Handelsbeziehungen im Interesse beider Parteien geschützt werden.

John Comer, Vorsitzender der Irish Creamery Milk Suppliers Association (ICMSA)

 

Auszug aus dem englischsprachigen Dokument „BREXIT and Irish Farming – The most exposed sector in the most exposed Member State

Das Bundeskartellamt äußert sich zu den Lieferbedingungen für Rohmilch

Newsletterbild

Das deutsche Bundeskartellamt (BKartA) hat einen für das Genossenschaftssystem markanten Vorbericht veröffentlicht. Er hat hohe Wellen geschlagen und bestätigt die Auffassung der MEG Milch Board in nahezu vollem Umfang. Diese hat beim BKartA im Jahre 2014 ein Verfahren bei der Behörde beantragt und in diesem Zusammenhang insbesondere die unbedingte Andienungspflicht und die langen Kündigungsfristen in Genossenschaften gerügt. Gerichtet war der Antrag gegen das DMK (Deutsches Milch Kontor). Die vorläufigen Ergebnisse zu den zentralen Fragen liegen nun vor.

 

Das Amt befasste sich mit der Frage nach der Exklusivität und nach den Ausschließlichkeitsbindungen in den deutschen Genossenschaften. Erstere ist mit der Alleinbelieferungspflicht (Andienungspflicht) gemeint, der zweite Begriff umschreibt die Kündigungsfristen und die Frage der nachträglichen Preisfestsetzung. Beide, so das Amt, bewirken eine geringe Wettbewerbsintensität.

Insbesondere wurde erkannt, dass die Wechselquote bei den Milchviehbetrieben im Zeitraum von 2013 bis 2015 nur 2% betrug. Die wettbewerblich wenig ausreichende Quote ist deshalb bedeutsam, weil im genannten Zeitraum marktrelevante Molkereineugründungen nicht beobachtet wurden. Die großen Molkereien haben indessen Erweiterungen vorgenommen, denen die nicht bedeutsame Gründung von Hofmolkereien entgegenstand.

Die Ausschließlichkeitsbindungen wurden intensiv untersucht. Neben der praxisorientierten Betrachtung der Kündigungsfristen (im überwiegenden Falle 24 Monate) wird erwähnt, dass der Planungshorizont für die Erzeuger weitestgehend eingeschränkt ist und die Wettbewerbsbedingungen dadurch ungenügend ausgeprägt sind.

Die bei der Rohmilcherfassung gebräuchliche Kombination von Kündigung und Exklusivität verstößt nach Einschätzung des Amtes gegen das Wettbewerbsrecht. Die wurde im Bericht gesondert herausgehoben.

Eine wichtige Feststellung trifft das Amt mit der Aussage, dass die nachträgliche Preisfestsetzung (94% der Molkereien) auffällig mit einer Angleichung der Preise einhergeht. Das beschreibt noch nicht den vielfachen Verdacht von Preisabsprachen, dieser Verdacht wird aber mit diesem Hinweis nicht ausgeräumt.

Der Sachstandsbericht des BKartA ist weitestgehend konkret und rügt die Verfassung der Genossenschaften. Die Schlussfolgerungen nehmen direkt Bezug auf die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die Grundüberlegungen und die Grundüberzeugungen der MEG Milch Board vom BKartA nahezu vollständig aufgegriffen und umgesetzt wurden.

Der endgütige Bescheid wird nach Anhörung der Beigeladenen zum Sachstandsbericht erwartet.

Rainer v Hößlin, Geschäftsführer MEG Milch Board w. V.

 

Vorbericht: „Sachstand im Verfahren zu Lieferbedingungen für Rohmilch

Aktion in Bern am 2. März: Bundesrat Schneider-Ammann walzt das Gesetz platt!

Newsletterbild
© wikimedia

Die Schweizer EMB-Mitgliedsvereine Uniterre und BIG-M haben eine Protestaktion gegen die Nichteinhaltung des Agrargesetzes organisiert. Letzteres sieht vor, dass alle Erzeuger über einen Milchkaufvertrag verfügen müssen, der "mindestens Regelungen über die Mengen, die Preise und die Zahlungsmodalitäten enthält".

Die Schweizer EMB-Mitgliedsvereine Uniterre und BIG-M haben eine Protestaktion gegen die Nichteinhaltung des Agrargesetzes organisiert. Letzteres sieht vor, dass alle Erzeuger über einen Milchkaufvertrag verfügen müssen, der "mindestens Regelungen über die Mengen, die Preise und die Zahlungsmodalitäten enthält". In der Praxis ist davon jedoch nichts zu erkennen. Die Branchenorganisation Milch (BOM) duldet die Mengenfestlegung in Prozent und der Bundesrat ist sogar bereit, diesem Unsinn Allgemeinverbindlichkeit zu gewähren (siehe dazu weiter unten). Obwohl Bundesrat Schneider-Ammann als Agrarminister laut Gesetz eingreifen müsste, unternimmt er nichts. Und die BOM weigert sich ihrerseits, ihrer zentralen Verantwortung nachzukommen, sich für die Schaffung von Mehrwert für alle ihre Mitglieder einzusetzen, einschließlich der Erzeuger. Sie vertritt einzig und allein die Interessen der Milchkäufer und -verarbeiter.

 

Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit durch die BOM im Februar

Die Branchenorganisation Milch (BOM) hat den Bundesrat gebeten, als allgemeinverbindlich anzuerkennen, dass Milchkäufer, die bei der BOM Mitglied sind, ihren Lieferanten (u.a. Milcherzeugern) spätestens am 20. jeden Monats die Menge und den Kaufpreis des folgenden Monats mitteilen müssen. Betroffene konnten bis zum 20. März 2017 schriftlich Stellung beziehen. Für Uniterre ist diese Forderung absoluter Unsinn. Die Bauern arbeiten mit Tieren, die man nicht so einfach programmieren kann, damit sie einen Monat eine bestimmte Menge produzieren und diese im nächsten Monat entsprechend anpassen.

 

Freiburger Initiative über das Mengen- und Preismanagement in der Milchproduktion

Infolge einer von dem Abgeordneten Jean Bertschi (UDC) im April 2016 eingereichten Motion, hat der Freiburger Staatsrat im Rahmen des Rechts auf Standesinitiativen im Februar dem Grossen Rat einen Dekretsentwurf vorgelegt. Dieses Dekret beauftragte den Bundesrat, "einen Standardvertrag auf allen Stufen des Kaufs und des Verkaufs von Rohmilch verbindlich zu erklären, mit einer unwiderruflichen Verpflichtung von mindestens 12 Monaten über die Mengen und die Verteilung in den verschiedenen Segmenten und mit für mindestens 6 Monate festgelegten Preisen." Das Dekret sah ebenfalls vor, dass "der Vertrag zudem sicherstellen muss, dass es dem Produzenten freigestellt wird, die dem C-Segment zugeteilten Mengen zu liefern." In einer beschämenden Wende haben die Abgeordneten letztlich beschlossen, die Dauer der Zeiträume nach unten zu korrigieren und eine unwiderrufliche Verpflichtung von mindestens 6 Monaten über die Mengen und ihre Verteilung in den verschiedenen Segmenten sowie für mindestens 3 Monate festgelegte Preise zu beschließen. Diese Täuschung hat bei den Mitgliedern von Uniterre Empörung und Fassungslosigkeit ausgelöst. 

Uniterre Milchkommission

Bericht des Kartellamts empört Milchindustrie

Newsletterbild
© AbL

Mit Spannung und auf Seiten der Molkereien auch mit Angst erwartet wurde der Sachstandsbericht zu den Milchlieferbeziehungen, den das Bundeskartellamt Mitte März vorlegte. Diese Angst war berechtigt: Am Beispiel der größten deutschen Genossenschaftsmolkerei Deutsches Milchkontor (DMK) hat das Amt gründlich die Verhältnisse auf dem Markt für Rohmilch untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass hier ein starkes Ungleichgewicht der Marktmacht zulasten der Milcherzeuger (Lieferanten) besteht.

 

Im Einzelnen kritisiert werden extrem lange Kündigungsfristen, Andien- und Abnahmepflicht für die gesamte Milch, die Festsetzung des Auszahlungspreises erst Wochen nach der Lieferung und ein System von Referenzpreisen. All das führt im Zusammenspiel mit teilweise monopolartigen Strukturen in weiten Regionen Norddeutschlands dazu, dass es trotz großer Unzufriedenheit der Milcherzeuger kaum Molkereiwechsel gibt. Weniger als ein Prozent der Betriebe pro Jahr wechseln, hat das Kartellamt festgestellt. Die Erkenntnisse sind für betroffene Milcherzeuger nichts Neues, stärken aber ihre Position in der politischen Auseinandersetzung um Machtverhältnisse am Milchmarkt – und auch rechtlich hat das Kartellamt noch was im Köcher.

 

Empörte Milchindustrie

Bemerkenswert ist die Reaktion der Molkereibranche: In einer koordiniert wirkenden Welle der Empörung attackieren Milchindustrieverband, Raiffeisenverband und nicht zuletzt das DMK selbst den Sachstandsbericht. Von Destabilisierung des Milchsektors und Bevormundung ist da die Rede, und das DMK versteigt sich gar zu der Behauptung, seine Lieferbedingungen seien „für das Überleben der bäuerlichen Milchwirtschaft in Deutschland und für die Versorgung der Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel Milch unabdingbar. Das Kartellamt zerstört den deutschen Milchmarkt.“ Und das von einem Unternehmen, das in der Milchkrise durch seine erbarmungslose Preis- und Mengenpolitik selbst massiv bäuerliche Existenzen zerstört hat!

Entscheidend wird jetzt sein, wie sich die Politik und die Vertretungen der Bauern in dieser Frage positionieren. MEG Milch Board und die Bayern MeG als größte Produzentenorganisationen haben den Kartellamtsbericht bereits ausdrücklich begrüßt, ebenso wie der BDM und die AbL. Vom Deutschen Bauernverband kommen eher zurückhaltende Bewertungen, obwohl der neue Milchpräsident Karsten Schmal gegenüber den Genossenschaftsmolkereien zuletzt recht deutliche Kritik äußerte.

 

Gesetzgeber ist am Zug

Interessant ist, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium für Montag, den 27. März, zu einem „Milchstrukturgespräch“ erstmals nicht nur Vertreter der Molkereibranche und des Bauernverbands, sondern auch von AbL, BDM und BÖLW eingeladen hat. Das Kartellamt schreibt: „Die Kooperationsmöglichkeiten, die durch das Agrarrecht für die Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte geschaffen werden, können nicht nur zur Durchsetzung besserer Verkaufspreise, sondern genauso zur Vereinbarung besonders ungünstiger Konditionen für die Erzeuger genutzt werden. Es fehlt an einem wirksamen Mechanismus, der verhindert, dass die agrarrechtlichen Ausnahmen vom Kartellrecht gegen die Erzeuger eingesetzt werden.“ Das richtet sich besonders an den Gesetzgeber in Berlin.

Es geht, wie es die Pressemeldung des DMK so treffend formulierte, um das Überleben der bäuerlichen Milchwirtschaft. 

Ottmar Ilchmann, Milchbauer in Ostfriesland und Vorstand AbL Niedersachsen

Briefaktion der europäischen Milchbauern

Newsletterbild
© EMB

Suizide bei französischen Landwirten lösen Solidaritätswelle aus

(Brüssel/Paris, 16. März 2017) Dieser Tage landet „schwere Post“ auf den Schreibtischen der europäischen Landwirtschaftsminister und Agrarkommissar Hogan. Europas Milchbauern zeigen sich tief betroffen von der hohen Suizidrate unter ihren Berufskollegen und bekunden ihre Solidarität mit einem französischen Landwirt, der sich letzten Dezember das Leben genommen hat.

„Uns Bauern geht die Luft aus“, bringt Boris Gondouin das traurige Thema auf den Punkt. Für den Präsidenten des französischen Milcherzeugerverbandes APLI ist es vor allem der wachsende finanzielle Druck und die fehlenden Perspektiven, die die Landwirte in den Suizid treiben. „Wir arbeiten rund um die Uhr und können dennoch nicht von unserer Arbeit leben! Schuld ist ein System, das uns zwingt, immer mehr zu produzieren und am Ende des Tages bleibt uns doch nichts übrig.“

Laut der landwirtschaftlichen Sozialversicherung MSA France ist die Selbstmordrate unter französischen Landwirten besonders hoch - Milchbauern und Viehzüchter sind die am stärksten betroffenen Sektoren. Der Milcherzeugerverband APLI will das Verschwinden seiner Kollegen nicht länger hinnehmen und hat bereits Ende Januar eine Briefaktion an den französischen Agrarminister Stéphane Le Foll gestartet. In den von Landwirten und Bürgern unterzeichneten Briefen, wurden konkrete Maßnahmen für Frankreichs Milcherzeuger eingefordert.

Aus Solidarität schicken auch Milcherzeuger aus anderen europäischen Ländern dieser Tage Briefe an ihre nationalen Agrarminister. Briefe, die auf das Schicksal des freiwillig aus dem Leben geschiedenen französischen Milchbauern aufmerksam machen. Ein Schicksal, das jeder Landwirt mittlerweile auch aus den eigenen Reihen gut kennt. Die Unterzeichner der in dieser Woche verschickten Briefe fordern, dass die Verantwortlichen im Agrarsektor die hinlänglich bekannten Ursachen für die Milchkrise anpacken und den Milchmarkt nachhaltig stabilisieren. Das System der unkontrollierten Liberalisierung und Überproduktion muss ein Ende haben, bekräftigt Boris Gondouin. „Wir brauchen ein europäisches Regulierungssystem für den Milchmarkt, um die europäische Milchproduktion dauerhaft aus der Krise führen zu können“. Das EU-Programm mit dem freiwilligen Lieferverzicht habe eine Preiserholung gebracht, so Gondouin weiter. „Das Marktverantwortungsprogramm des EMB führt diesen Ansatz konsequent weiter und muss nun endlich gesetzlich verankert werden!“

EMB Pressemitteilung vom 16. März 2017

Herzlichen Glückwunsch: Preis für Unternehmerische Sozialverantwortung geht an burkinisch-belgisches Faire Milch Projekt

Newsletterbild

Belgische Milcherzeuger haben zusammen mit Oxfam ihre Kollegen in Burkina Faso dabei unterstützt, eine Faire Milch auf den Markt zu bringen. Für das konkrete Entwicklungsprojekt FaireFaso haben sie nun in diesem Monat den Preis Unternehmerische Sozialverantwortung in der Kategorie Fairtrade erhalten.

 

Ein guter Grund für uns, mit Erwin Schöpges von der belgischen Milcherzeuger Interessengemeinschaft (MIG-EMB) - einem der Initiatoren von FaireFaso –  über die Auszeichnung, Afrika und die EU zu sprechen.

 

Wie sind Sie auf die Idee für dieses Projekt gekommen? Was hat Sie überzeugt, zusammen mit Erzeugern aus Burkina Faso etwas aufzubauen?

Wir haben 2009 Oxfam-Solidarité kennengelernt, als sie sich beim Milchstreik mit uns solidarisiert hatten. Seitdem sind wir in Kontakt und haben uns auch über die Situation der afrikanischen Milcherzeuger ausgetauscht. Bei einer gemeinsamen Reise nach Burkina Faso konnte ich dann vor Ort sehen, dass uns viel mit den burkinischen Kollegen verbindet und wir mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Besonders schockiert hatte mich bei dem Besuch, dass sich große europäische Konzerne in dem westafrikanischen Land sehr breit machen. Nach außen hin unterstützen sie zwar die Interessen der Erzeuger, aber es werden letztlich durch ihre Aktivitäten kleinbäuerliche Strukturen zerstört.

Wir wollten dann gemeinsam konkret etwas aufbauen, das die lokale Produktion unterstützt und auch die Vermarktungsfähigkeiten der Produzenten stärkt.  Es war uns wichtig, uns hier nicht lediglich auf ein Lippenbekenntnis für bessere Entwicklungsbedingungen in Burkina Faso zu beschränken. Und so haben wir als MIG-EMB zusammen mit dem Nationalen Verband der Minimolkereien und Erzeuger von lokaler Milch in Burkina Faso (UMPLB) und Oxfam Solidarité schließlich im Frühjahr 2016 die faire Marke FaireFaso auf den Markt gebracht.  

 

Was bedeutet es für Sie, den Preis für Unternehmerische Sozialverantwortung zu bekommen?

Wir freuen uns, denn er ist eine Bestätigung unserer Arbeit der letzten Jahre. Sowohl die belgischen als auch die burkinischen Kollegen haben auf die Nachricht mit Begeisterung reagiert. Wir sind stolz, dass solche kleinen Projekte Beachtung finden. Sonst sind es ja oft die größeren Unternehmen und Konzerne, die mit diesen Preisen bedacht werden und die Entwicklungshilfe oft nur als Teil einer Imagekampagne betreiben.

Die Faire Milch ist eine Marke, die auch in anderen europäischen Ländern von den einheimischen Milchbäuerinnen und -bauern auf den Markt gebracht wurde. Sie ist also auch für uns in Europa wichtig, da sie auf die Probleme und unfairen Preise im EU-Milchsektor aufmerksam macht. Und jetzt hilft sie als FaireFaso zudem, die Nord-Süd Problematik im Handel mit zu beleuchten.

 

Wie beurteilen Sie die Beziehungen zwischen der EU und afrikanischen Ländern?

Wir sehen das kritisch. Die politischen Aussagen der letzten Monate lobpreisen den afrikanischen Kontinent als großen Markt der Zukunft. Die EU-Kommission unterstützt auf Teufel komm raus europäische Konzerne, sich dort niederzulassen. Zwar versucht die EU sich nach außen hin als Unterstützer der Entwicklungsländer zu profilieren, aber parallel kann man sehen, dass ihre Aktivitäten vor Ort großen Schaden anrichten. Damit werden wir den Flüchtlingsstrom vergrößern. Denn wenn die kleinbäuerlichen Strukturen zerstört werden, verlassen immer mehr Bauern die ländlichen Gebiete in Richtung Stadt. Dort ist es unheimlich schwer, Arbeit zu finden. Die Menschen verlassen ihr Land und versuchen als Flüchtlinge nach Europa zu kommen.

 

Was sollte geschehen, damit soziale Verantwortung sich noch viel weiter verbreitet?

Wir sind dazu verpflichtet, diese Informationen in die öffentliche Diskussion zu bringen. Und auch wir Bauern müssen umdenken, denn wir haben nicht nur eine Verantwortung für unsere Höfe, sondern auch für das, was unsere Produkte außerhalb Europas anrichten können.

 

Herr Schöpges, wir bedanken uns für dieses Gespräch.

Silvia Däberitz, EMB

 

Einen Film zur Vorstellung des Projektes FaireFaso im Frühjahr 2016 sehen Sie hier: "Muss - Kann - Darf Europa Afrika ernähren?

Sie finden uns auch auf Facebook

Newsletterbild

 

 

 

                       

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org