MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Eine aktuelle Studie aus der Schweiz zum Ausstieg aus der Milchkontigentierung lässt erahnen, was auf die europäischen Milchbauern 2015 zukommt.

Das Ergebnis dieser Studie lässt sich kurz zusammenfassen: Auch fünf Jahre nach dem Ausstieg fehlen den Schweizer Produzenten langfristig stabile Marktbedingungen. Die Folge sind sinkende Erzeugerpreise, eine Verschlechterung der Marktposition der Milchproduzenten gegenüber den Verarbeitern sowie eine ungünstige Verteilung des Mengenwachstums hin zu Billigsegmenten.

Was können wir aus den Schweizer Verhältnissen lernen? Ohne zusätzliche Kriseninstrumente droht uns Milchbauern in der EU mit dem Milchquoten-Ende 2015 ein ähnliches Szenario wie in der Schweiz: Die Milchproduktion wird aus ganzen Regionen verschwinden und das Höfesterben geht weiter.

Die Schweizer Studie und eine vom EMB organisierte Pressekonferenz zum Quotenausstieg Schweiz und EU sind Inhalte dieses Newsletters.

Ein weiteres aktuelles Thema dieser Ausgabe sind Bündelungsorganisationen. Mit der Gründung von Bündelungsorganisationen, haben bereits zahlreiche Produzenten in Europa eine Möglichkeit gefunden, um ihre Marktstellung zu verbessern. Neben dem France Milk Board in Frankreich und der MEG Milch Board in Deutschland, haben sich Ende Juli auch die Belgier zu einer gemeinsamen Organisation, der WAFAB, gebündelt. Ziel ist es, den Produzenten mehr Gewicht zu geben und die Milchproduktion nachhaltig zu sichern.

Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Bauern diesen Bündelungsgruppen beitreten, um - getreu dem Motto der WAFAB - „gemeinsam stärker“ zu werden.

Paul de Montvalon, EMB Vorstandsmitglied

Studie zu Schweizer Milchmarkt zeigt: Quotenausstieg führte zu einschneidenden Entwicklungen

Newsletterbild
Quelle: EMB

Am 23. Juli hat das EMB gemeinsam mit dem Schweizer Mitgliedsverband BIG-M eine Pressekonferenz zum Ausstieg der Milchkontigentierung vor dem Europaparlament in Brüssel organisiert. Dabei wurde eine aktuelle Studie vorgestellt, welche die Entwicklungen am Schweizer Milchmarkt untersucht hat.

Die zentrale Aussage der Studie lautet: Auch fünf Jahre nach dem Ausstieg aus der Kontingentierung fehlen den Produzenten langfristig stabile Marktbedingungen.

Weitere Folgen des Schweizer Quotenausstiegs im Jahre 2009 sind der zunehmende Druck auf die Erzeugerpreise. Die Schweizer Industriemilch hat durch ausstiegsbedingte Mengenausdehnungen im Vergleich zum mittleren Erzeuger-Milchpreis der Jahre 2000/02 bis 2010/12 ca. 24 % ihres Werts verloren. Bei der Käsereimilch waren es 15 % und bei der Biomilch 19 % Werteverlust.

Eine weitere Konsequenz ist laut der Schweizer Studie eine höhere Marktkonzentration der Verarbeiter gegenüber den Produzenten, was die Marktposition der Bauern zusätzlich verschlechtert hat. Zwischen 2003 und 2012 haben die vier größten Milchverwerter ihre Verarbeitungsmenge um 38 % gesteigert und den Anteil am Schweizer Milchmarkt von 44% auf 56 % erhöht.

Auch die Verteilung des Mengenwachstums hat sich seit dem Ausstieg ungünstig für den gesamten Schweizer Milchmarkt entwickelt. Eine Konzentration ist v.a. im Bereich der Billigsegmente Butter und Milchpulver festzustellen, die oftmals nur mit Verlust exportiert werden können.

In der Praxis bedeutet diese Entwicklung für die Schweiz, dass durch die anhaltend schlechten Preise viele Bauern aus der Milchproduktion ausgestiegen sind - auch jene, die eigentlich über gute Betriebsstrukturen verfügen würden. Es fehlen Perspektiven für die Produzenten, das Höfesterben geht weiter und wirkt sich unmittelbar auf die Regionen und die Kulturlandschaft aus.

Rückschlüsse auf Entwicklungen in der EU für den Ausstieg 2015

Die Studie liefert für die EU wichtige Erkenntnisse über potenzielle Entwicklungen des Milchmarktes nach dem Quotenende 2015.

Parallelen zur Schweizer Situation sind eindeutig gegeben und es ist zu befürchten, dass die europäischen Produzenten sich selbst überlassen werden. Kostendeckende Preise und stabilisierende Kriseninstrumente sind daher unerlässlich, um die Milchproduktion nachhaltig zu sichern.

Die Politik ist aufgefordert, aus den Schweizer Entwicklungen zu lernen. Das EMB wird in den nächsten Wochen die Ergebnisse der Schweizer Studie mit den verantwortlichen Institutionen in Brüssel (EU-Kommission, Agrarausschuss EU Parlament) sowie auf nationaler Ebene diskutieren.

Die komplette Studie sowie eine Zusammenfassung finden Sie unter folgendem link: http://www.europeanmilkboard.org/de/emb/studien.html

Die Studie wurde von Frau Dr. Therese Haller von der Berner Fachhochschule und Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften und Agronomie verfasst.

Regina Reiterer, EMB

„Die Euphorie ist dann sehr schnell verflogen“ – Interview mit Anton Bucher

Newsletterbild
Quelle: BIG-M

2009 erfolgte der endgültige Ausstieg aus der Schweizer Milchkontingentierung. Anton Bucher, Milchbauer mit 40 Kühen aus Stüsslingen in der Schweiz, gibt einen Überblick dazu, wie sich die Situation der Milcherzeuger seitdem entwickelt hat.

Herr Bucher, wie war für Sie die Situation vor dem Ausstieg?

Die Quote vor dem Ausstieg bedeutete für uns eine zementierte Betriebssituation. Da waren natürlich die Möglichkeiten auch beschränkt. Daher gab es für uns im Vorfeld schon eine gewisse Euphorie. Denn nach dem Ausstieg würde ja die Möglichkeit bestehen, die Menge aufzustocken.

Wie hat sich dann alles weiterentwickelt?

Die Euphorie ist dann sehr schnell verflogen, weil der Preis aufgrund der hohen Mehrmengen zerfiel. Zu den besten Zeiten der Kontingentierung lag der Milchpreis über einen Franken für einen Liter Milch. Kurz vor dem endgültigen Ausstieg hatten wir ungefähr 70 Rappen und nun, nach dem Ausstieg, beispielsweise im Sommer 2012, bekam ich nicht mal mehr 50 Rappen ausbezahlt. Die Kosten können wir damit schon lange nicht mehr decken.

Es war in der Schweiz vor dem Ausstieg angedacht worden, dass man nach 2009 eine privatrechtliche Mengenregelung einsetzt. Was ist daraus geworden?

Jeder hatte eigentlich eine privatrechtliche Nachfolgeregelung nach dem Ausstieg erwartet, aber das hatte nicht funktioniert. Der Plan ist nie umgesetzt worden. Sicher auch, weil die Solidarität unter den Bauern  nicht wirklich da war. Die einen wollten viel melken, egal, ob es dem Markt schadet. Man hat da nur auf seinen eigenen Hof geschaut.

Wie sehen Sie Ihre eigene Zukunft in der Milchproduktion?

Ich habe vier Kinder und keines ist bereit, mit der Milchproduktion weiter zu machen. Und auch wenn ich selbst noch einmal am Anfang stehen würde, weiß ich nicht, ob ich wieder in die Milcherzeugung ginge. Als junger Bauer braucht man dafür in der heutigen Zeit schon viel Mut.

Wie sieht es bei Ihren Kollegen aus?

Das Quotenende hat den Wandel bei uns in der Gemeinde sehr beschleunigt. Wir waren bei dem Ausstieg noch 9-10 Milchbauern, heute sind wir noch drei und im kommenden Jahr wird es noch einer sein. Von den zweien, die aussteigen werden, geht einer, weil sein Hof nicht mehr den neuen Tierschutzanforderungen genügt, und ich werde aussteigen, weil meine Kinder, wie erwähnt, die Milchproduktion nicht weiterführen wollen.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Schweizer Milchproduktion allgemein in den nächsten Jahren?

Nur wenn es hier gelingt, hochwertige Produkte abzusetzen, also sich im Qualitätssegment zu etablieren, hat man eine Chance. Die 0815-Produktion ist austauschbar, die kann man irgendwo herstellen. Das bietet der Schweiz keine Zukunft.

Was würde den Markt stabilisieren?

Ich bin immer mehr der Meinung, dass es notwendig ist, die Menge der Nachfrage anzupassen. Das würde für alle Akteure das Beste sein.

Herr Bucher, wir bedanken uns für das Interview!

 

Mehr zur Situation der Schweiz nach dem Ausstieg aus der Milchkontingentierung  zeigt der Filmbericht Schweiz und EU: Quotenausstiege auf dem Prüfstand .

 

Silvia Däberitz, EMB

Neue Bündelungsorganisation in Belgien: WAllonia FArmers Board WAFAB

Newsletterbild
Quelle: WAFAB

Bei einer Pressekonferenz in Libramont, Belgien wurde am 25. Juli die Gründung des WAllonia FArmers Board (WAFAB) bekannt gegeben. Die Marktstellung der wallonischen Erzeuger, die wie in ganz Europa auch in der Wallonie chronisch schwach ist, soll mit diesem Schritt verbessert werden.

Die Milcherzeuger sind heute nicht in der Lage, ihre Interessen angemessen zu vertreten und verfügen über kein entsprechendes Gegengewicht am Markt. Für die wallonischen Erzeuger ist diese Bündelung sehr wichtig, um ihre Interessen gemeinsam zu verteidigen.

Die Aufgaben der WAFAB

Die Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht hat es sich zur Aufgabe gemacht, die landwirtschaftliche Produktion in der Wallonie nachhaltig zu sichern. Sie fungiert als Monitoringinstanz des Agrarmarktes und beobachtet dabei die Entwicklung von Mengen und Erzeugerpreisen. Gleichzeitig soll WAFAB die Interessen der Produzenten gegenüber den Käufern ihrer Produkte vertreten.

Die Organisation möchte auch die Produktionskosten optimieren, indem sie als Einkäufergemeinschaft für landwirtschaftliche Betriebsmittel fungiert. Des weiteren sollen Studien, unter anderem zu innovativen Produktionsmethoden und zur Marktentwicklung in Auftrag gegeben werden.

Das European Milk Board (EMB) sieht in der Gründung der WAFAB eine wichtige Voraussetzung, um die Position der Agrarerzeuger zu festigen. Auch in anderen Ländern, wie beispielsweise Frankreich und Deutschland, existieren mit dem France Milk Board und der MEG Milch Board bereits Bündelungsorganisationen, welche die Marktmacht der Milchproduzenten stärken.

Nun liegt es an den Erzeugern, die Möglichkeit der Bündelung auch zu nutzen und der WAFAB beizutreten. Je mehr Bauern und Bäuerinnen mitmachen, desto stärker kann die Organisation für sie eintreten.

Regina Reiterer, EMB

Neuer Agrarausschuss des Europäischen Parlaments

Newsletterbild
Quelle: Europäisches Parlament

Das Europaparlament hat Anfang Juli den Agrarausschuss für die nächste Legislaturperiode gewählt. Die großen politischen Fraktionen haben sich bei den Führungspositionen gegen die euroskeptischen Parteien durchgesetzt.

Als Vorsitzender wurde der polnische Christdemokrat Czeslaw Adam Siekierski gewählt Er wird gemeinsam mit 4 Vize-Präsidenten das Büro des Ausschusses für die kommenden 2,5 Jahre leiten.

Sehr viele bekannte Gesichter sind weiterhin im Ausschuss vertreten, einige aktive Mitglieder sind ausgeschieden (u.a. Elisabeth Jeggle, Britta Reimers, Alfred Rubiks, Sergio Silvestris).

Die politische Verteilung bei den 45 Vollmitgliedern sieht folgendermaßen aus: Christdemokraten EVP (13), Sozialdemokraten S&D (9), Europäische Konservative und Reformisten EKR (5), Allianz der Liberalen und Demokraten ALDE (4), Vereinte Europäische Linke GUE/NGL (4), Die Grünen (4), Europa der Freiheit und der direkten Demokratie EFDD (3), Fraktionslose (3).

Paolo de Castro (IT) wird für die Sozialdemokraten neuer agrarpolitischer Koordinator sein. Die deutschen Abgeordneten Albert Deß übernehmen diese Rolle jeweils für die EVP bzw. Martin Häusling für die Grünen. James Nicholson (UK) wird Koordinator für EKR, Lidia Senra aus Spanien für die Europäischen Linken (GUE/NGL) sowie Stuart Agnew (UK) für EFDD. Als agrarpolitischer Koordinator der Liberalen (ALDE) wurde Jens Rohde (DK) gewählt.

In den kommenden Wochen werden wir Kontakt zu den altbekannten und neuen Mitgliedern des Agrarausschusses aufnehmen und weiterhin einen intensiven Austausch pflegen.

Die vollständige Liste der Agrarausschussmitglieder und seiner Stellvertreter finden Sie unter diesem link:

http://www.europarl.europa.eu/committees/de/agri/members.html#menuzone

Regina Reiterer, EMB

Kurznachrichten aus Brüssel

Newsletterbild
Quelle: wikimedia commons

Die aktuellen Kurznachrichten aus Brüssel:

 

Italien hat den EU Vorsitz übernommen (1. Juli - 31. Dezember)

Italien hat mit 1. Juli den EU-Vorsitz von Griechenland übernommen und hat folgende Prioritäten bis Jahresende genannt: Reform Biolandbau, Durchführungsbestimmungen für Schulmilch und -obst, Reform Weinanbau, Überarbeitung der Gesetze zu Saatgut, Pflanzenschutz und Tiergesundheit.

 

EU Milchviehbetriebe Bericht 2013: Große Volatilität der Erzeugermargen

Die EU Kommission hat am 3. Juli den “EU Milchviehbetriebe Bericht 2013” veröffentlicht. Die letzten fünf Jahre seien demnach durch große Unterschiede bei den Margen der Milchproduzenten gekennzeichnet, sowohl von einem Jahr zum nächsten als auch quartalsweise.

Der Bericht bewertet die Jahre 2010 und 2011 als positiv für spezialisierte Milchbetriebe. Durchschnittlich erhielten die Produzenten auf Ebene der EU-27 eine höhere Nettowertschöpfung pro Jahresarbeitseinheit als im Vergleich zum Jahr 2007. Dies sei verbesserten Bruttomargen und einer deutlich erhöhten Produktion zu verdanken.

Der vollständige Bericht (in Englisch) findet sich unter: http://ec.europa.eu/agriculture/newsroom/167_en.htm

 

Agrarrat (14. Juli, Brüssel): Fettkorrektur gescheitert

Die Agrarminister konnten sich auf eine Anpassung der Fettkorrektur und die Einführung zusätzlicher Kriseninstrumente nicht einigen. Einige Staaten, darunter Österreich, Deutschland und die Niederlande wollten über die sogenannte Fettkorrektur erreichen, dass die Superabgabe nicht in voller Höhe zu entrichten ist. Auf diese Weise sollten Strafzahlungen durch Überlieferungen geschmälert werden.

11 Länder (Frankreich, Großbritannien, Portugal, Ungarn, Bulgarien, Cypern, Rumänien, Kroatien, Slowenien, Slowakei und Tschechien) haben eine qualifizierte Einigung verhindert.

 

6. Verhandlungsrunde TTIP (14. - 18. Juli)

Die EU und der USA verhandeln in Brüssel weiter über die Schaffung der weltweit größten Freihandelszone. Bei der 6. Gesprächsrunde für ein umfassendes Abkommen (TTIP) geht es unter anderem um den Marktzugang.

Zentrale Themen bei TTIP sind der Zollabbau sowie das Abbauen von anderen Handelshemmnissen. Das Thema Landwirtschaft ist in dieser Woche zur Sprache gekommen.

Verbraucher- und Umweltschützer befürchten, dass europäische Standards gesenkt werden könnten. Die EU-Kommission, die für die Mitgliedstaaten die Verhandlungen führt, hatte diese Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Die nächste Runde ist für September geplant.

 

EU-Agrarkommissar - Mandat Ciolos

Drei prominente Mitglieder des Agrarausschusses haben die Eignung von Dacian Ciolos als EU-Agrarkommissar und eine Verlängerung seiner Amtszeit in Frage gestellt. Albert Deß (EVP), Paolo de Castro (S&D) und James Nicholson (EKR) kritisieren in einem Brief an den neu gewählten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker die aktuelle Politik des Kommissars und sprechen von „einem großen Schritt rückwärts in der Agrarpolitik in den letzten fünf Jahren“. Dacian Ciolos gilt intern als Favorit für den Posten des EU Agrarkommissars, könnte aber noch Konkurrenz aus Italien (Paolo de Castro) bzw. Irland (Phil Hogan) bekommen.

Regina Reiterer, EMB

 

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org