MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

der EMB-Vorstand hat auf seiner Pressekonferenz im Rahmen der Grünen Woche Lösungen für eine klimagerechte sowie sozial und ökonomisch nachhaltige EU-Milchproduktion vorgestellt.

Fakt ist, dass immer mehr zusätzliche Leistungen an die Milchbauern und -bäuerinnen herangetragen werden, die wirtschaftlich von den Milchviehaltern nicht zu stemmen sind. Fakt ist auch, dass die Milchbauern und -bäuerinnen heute mit dem Rücken zur Wand stehen – also genau dort, wo sie die Politik hingetrieben hat. Und nun erwarten die PolitikerInnen, dass die Landwirte sich doch bitte „anpassen“. Die Proteste der Bäuerinnen und Bauern, die ja bereits seit mehreren Jahren auf die wirtschaftliche Schieflage hinweisen, sind eine logische Konsequenz einer falschen Agrarpolitik.

Wie ist dieser Schlamassel zu lösen? Ganz klar ist die Agrarpolitik auf EU-Ebene am Zug. Es braucht eine Marktpolitik mit entsprechenden Rahmenbedingungen, um gerechte Preise durchzusetzen. Der Milchmarkt muss auf stabilen wirtschaftlichen Beinen stehen. Danach können wir uns auch auf neue ökologische und soziale Auflagen konzentrieren. Nur um eines klarzustellen: Wir MilchviehhalterInnen machen uns bereits seit vielen Jahren Gedanken zum Thema Umweltschutz und leisten aktuell unseren ökologischen Beitrag. Die Kosten für zusätzliche Umweltauflagen können aber nicht auf die Bäuerinnen und Bauern abgewälzt werden!

Das EMB hat zu diesem Thema auch ein Papier entwickelt, das sowohl sozioökonomische als auch ökologische Kriterien für eine nachhaltige EU-Milchproduktion berücksichtigt. Unumgänglich ist die Installation eines Kriseninstruments, das eine Überproduktion gar nicht erst entstehen lässt.

In dieser Newsletter-Ausgabe finden Sie eine Nachlese zu einigen Veranstaltungen auf der Grünen Woche und zu aktuellen Ereignissen. Des Weiteren stellt sich unser neuer Mitgliedsverband APROLEP vor, der sich seit 2010 für die portugiesischen MilcherzeugerInnen stark macht. Ein Interview mit dem niederländischen Europaabgeordneten Ruissen beleuchtet den Blick auf den Milchsektor aus der Sicht der Europäischen Konservativen und Reformer.

In unserer Serie „Die faire Milch“ stellen unsere KollegInnen aus Luxemburg ihre Marke vor, die eine faire Vergütung für die MilcherzeugerInnen ermöglicht. Ein Erfolgsprojekt – mittlerweile vertreibt die Genossenschaft bereits 13 verschiedene Milchprodukte.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre!

 

Johannes Pfaller, Vorstandsmitglied des European Milk Board und Sprecher des BDM-Bundesbeirats

Wie kann die EU-Milchproduktion klimagerecht sowie sozial und ökonomisch nachhaltig werden?

Newsletterbild
© EMB

Es ist kein Geheimnis, dass die Situation für ErzeugerInnen in der Landwirtschaft schon seit Jahren sehr schwierig ist. So wird das, was an Kosten in die Produktion von beispielsweise Milch fließt, durch den Preis an die ProduzentInnen kontinuierlich nicht gedeckt. Im Fünfjahresdurchschnitt belief sich für die deutschen ErzeugerInnen die Unterdeckung auf 20 Prozent; das entspricht knapp 9 Cent, die die Kosten je Kilogramm Milch über dem Preis lagen. Ähnlich verhält es sich bei der Biomilch mit einer Unterdeckung von 21 Prozent im Jahr 2018/2019.

 

„Unsere Bäuerinnen und Bauern werden wirtschaftlich und sozial mehr und mehr abgehängt“, fasst Erwin Schöpges, belgischer Milcherzeuger und Vorsitzender des Milcherzeugerverbands European Milk Board (EMB), die Situation der ProduzentInnen zusammen. „Grund ist die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik, die keine sozial nachhaltige Landwirtschaft fördert, sondern auf Billigproduktion für den globalen Wettbewerb aus ist. Das ist eine Entwicklung, die schon seit Jahren ihren Lauf nimmt und die uns auch schon seit Jahren auf die Straße zu Protesten treibt.“ Der EMB-Vorstandsvertreter Johannes Pfaller aus Deutschland ergänzt: „Wenn in so einer defizitären Lage dann weitere Auflagen an die Landwirte gestellt werden, braucht man sich über die aktuellen starken Proteste nicht zu wundern. Denn wie sollen es die ProduzentInnen schaffen, einerseits weiter billigste Rohstoffe zu liefern und andererseits zusätzliche Auflagen zu erfüllen, die kostenintensiv sind? Das können sie einfach nicht, in diesem Konflikt werden die ErzeugerInnen zerrieben.“ Wie Pfaller weiter anmerkt, würde hier sehr deutlich, dass die Position der ErzeugerInnen am Markt durch einen passenden Rahmen stark verbessert werden müsse. So könne den Landwirten die Möglichkeit gegeben werden, ihre ökonomischen Interessen angemessen zu vertreten.

Papier zu nachhaltiger EU-Produktion

Um den Konflikt zwischen einerseits dem Druck zur Billigproduktion und andererseits nachhaltigen Anforderungen zu lösen, muss die aktuelle Agrarpolitik auf EU-Ebene geändert werden. „Hier ist ein Umsteuern notwendig, hin zu einer verantwortungsvollen Produktion in der EU“, so Erwin Schöpges. „Das EMB hat dazu ein Papier entwickelt, das sowohl der sozioökonomischen als auch der ökologischen Nachhaltigkeit Rechnung trägt.“ Das Papier verweist auf die notwendige Installation eines Kriseninstruments, das die ständig auftretenden Krisen eindämmen kann. Dieses Instrument führt zu weniger Überproduktion, was neben der positiven Wirkung auf die Erzeugerpreise auch zur Schonung von Ressourcen beiträgt – ein wichtiger, positiver ökologischer Aspekt. In dem genannten Papier werden zudem Freihandelsvereinbarungen bei Agrarprodukten abgelehnt, da diese gegen eine faire und nachhaltige Produktion steuern. 

Wie im Papier deutlich wird, müssen von den politisch Verantwortlichen wichtige Voraussetzungen erfüllt werden, damit eine größere Nachhaltigkeit – sowohl in ökologischer als auch sozialer Hinsicht – in der Landwirtschaft wirklich Chancen hat: 

  • Bevor die Landwirte überhaupt in der Lage sein werden, anspruchsvolle Auflagen zu erfüllen, muss zunächst ihre grundlegende Situation gesund sein. Das heißt, die Preise müssen stimmen, indem sie die Kosten der Produktion, inklusive einem fairen Einkommen für die ErzeugerInnen, decken. Dazu muss auf EU-Ebene das erwähnte Kriseninstrument installiert und ein Rahmen geschaffen werden, der die Position der ErzeugerInnen am Markt stärkt.
  • Die ökologischen Strategien und Möglichkeiten, auf denen die Auflagen basieren, müssen mit den ErzeugerInnen gemeinsam besprochen und abgestimmt werden. Dazu gehören auch die Anerkennung des positiven ökologischen Beitrags, den Landwirte aktuell schon leisten – Stichwort Kohlenstoffspeicherung oder auch Erosionsschutz – und zudem eine gerechte Absprache bezüglich der Deckung der Kosten für Umweltauflagen. Denn die Kosten können nicht auf die Bäuerinnen und Bauern abgewälzt werden.

Für eine sozial und ökonomisch nachhaltige sowie klimagerechte Landwirtschaft braucht es das faire Zusammenspiel von allen Akteuren. Der Politik kommt dabei die wichtige Rolle zu, den dafür richtigen Rahmen zu setzen, sodass die Bäuerinnen und Bauern nicht mehr abgehängt sind, sondern wieder als wichtiger Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Die ErzeugerInnen des EMB setzen neben der Politik aber auch auf die eigene Kraft und auf den direkten Kontakt mit den KonsumentInnen: So wird beispielsweise bei der Marke Die faire Milch, die von den MilcherzeugerInnen in mehreren europäischen Ländern selbst auf den Markt gebracht wurde, deutlich, dass kostendeckende Preise kein Ding der Unmöglichkeit sind. Damit sie aber nicht nur in einer Nische existieren, sondern auch auf dem allgemeinen Milchmarkt Fuß fassen können, braucht es – wie oben beschrieben – den richtigen politischen Rahmen.

 

EMB-Pressemitteilung vom 16. Januar 2020

Neues vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM)

Newsletterbild
© BDM

Pressekonferenz auf der Grünen Woche

Der Überblick über die Marktsituation 2019 zeigte, dass die dauerhaft deutlich zu niedrigen Milcherzeugerpreise in Verbindung mit höheren Betriebsmittelkosten zu einem Rückgang der Gewinne auf den Milchviehbetrieben um 30 Prozent geführt hatten.

 

BDM-Vorstandsvorsitzender Stefan Mann erklärte vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die zahlreichen Bauernproteste seit dem Herbst vergangenen Jahres, dass „es kein Wunder ist, dass die Bauern rebellisch werden und sich gegen jede weitere Belastung wehren.“ Der Teufelskreis aus „Kostendruck ➔ Intensivierungsdruck ➔ negativen Umweltfolgen ➔ Auflagen ➔ noch mehr Kostendruck“ hat seine Ursache in der Ausrichtung der Agrarpolitik auf Niedrigpreise für die internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Wichtig für den BDM ist deshalb, dass die Marktposition gestärkt werden muss, damit am Markt Preise erzielt werden können, die eine wirtschaftlich nachhaltige, gesellschafts- und sozialverträgliche Milchviehhaltung ermöglichen.

 

Symposium 2020: Standards, Auflagen & mehr – als Vision für eine zukunftsfähige Landwirtschaft?

Auf dem Symposium des BDM, das am 18. Januar stattfand, diskutierte ein breit aufgestelltes Podium aus MilchviehhalterInnen, PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen Zukunftsfragen in der Milchviehhaltung. Dabei wurde auch beleuchtet, welche Verantwortung die Politik trägt und welche Möglichkeiten es in Zukunft gibt. Bundesbeirat Johannes Pfaller zeigte auf, dass der BDM Lösungsstrategien für die aktuellen Probleme in der Landwirtschaft hat.

 

Verleihung des Journalistenpreises „Faire Milch“

Der mit 5.000 Euro dotierte Journalistenpreis wurde in diesem Jahr in den vier Kategorien Print, Digitales, Nachwuchs und TV verliehen. Hierbei reichten die Themen vom Alltag auf dem Hof über Technisierung bis hin zu aktuellen politischen Fragen.

Der Journalistenpreis, der bereits zum siebten Mal im Rahmen des BDM-Symposiums vergeben wurde, stellt einen Höhepunkt der Veranstaltung dar.

 

Henrik Groeger, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

APROLEP - der portugiesische Milcherzeugerverband stellt sich vor

Newsletterbild
© APROLEP

Der Verband der portugiesischen MilcherzeugerInnen (APROLEP) wurde offiziell am 4. März 2010 von einer Gruppe MilchviehhalterInnen vor dem Hintergrund der schweren Krise gegründet, in der sich der Sektor seit 2008 befindet. Das Ziel von APROLEP war von Anfang an klar: „ein fairer Preis für portugiesische Milch“ und „klare Regeln, um die Produktion an die Bedürfnisse der KonsumentInnen anzupassen“.

 

Wir sind ein unparteiischer Verband im Dienste der MilcherzeugerInnen und unabhängig vom Handel, der Industrie und allen anderen Agrarorganisationen. Wir sind immer bereit zusammenzuarbeiten, um die Probleme der MilcherzeugerInnen zu lösen. Wir finanzieren uns durch Mitgliedsbeiträge sowie Werbeeinnahmen von Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen für MilcherzeugerInnen anbieten. Deren Anzeigen erscheinen in unserer Zeitschrift und bei unseren Kolloquien.

Der mittlere Milchauszahlungspreis der portugiesischen ErzeugerInnen (30,83€ pro 100kg im November 2019) liegt weiter unter dem EU-Durchschnitt. Wir brauchen wirksame Lösungsansätze für die Bedrohungen, die unseren Sektor, unseren Ruf und unsere Produkte belasten.

Die Öffentlichkeitsarbeit von APROLEP ist mit einer halbjährlich erscheinenden Zeitschrift, unserer Internetseite und unserem Twitter-Account sehr gut aufgestellt. Die Facebook-Seite von APROLEP zählt derzeit 8.850 AbonnentInnen. Außerdem haben wir über die Anwendung „Telegram“ das „Forum APROLEP“ ins Leben gerufen, um mit allen ErzeugerInnen unseres Lands in Echtzeit Debatten führen und Informationen austauschen zu können. Über diese Kommunikationsmittel stehen wir in ständigem Kontakt mit unseren Mitgliedern.

Wir freuen uns sehr über die Aufnahme von APROLEP im EMB, dessen Arbeit uns über die Jahre inspiriert hat. Zusammen sind wir stärker!

 

Carlos Neves, Stellvertretender Vorsitzender von APROLEP

Die belgischen ErzeugerInnen fordern Platz in den Regalen ein

Newsletterbild
© EMB

Gut fünfzig ErzeugerInnen aus dem Milch-, Fleisch- und Obstsektor zogen am 23. Januar mit etwa zwanzig Traktoren vor das Holiday Inn Hotel in der Nähe des Brüsseler Flughafens. Sie wollten ihre Beunruhigung gegenüber dem Handel anlässlich eines Events der Gondola Society zum Ausdruck bringen – eines nationalen Netzwerks, das sich an den Handel und die Nahrungsmittelindustrie richtet und das Hauptziel der Mehrwertschöpfung verfolgt. Diese Gesellschaft zeichnete bei der Veranstaltung drei Persönlichkeiten aus der Welt des Groß- und Einzelhandels aus.

 

Die ErzeugerInnen der verschiedenen Sektoren sind sich der wichtigen Rolle bewusst, die der Großhandel spielt – er sollte ein Verbündeter sein. Die ProduzentInnen, Landwirte und Obstbauern und -bäuerinnen beklagen jedoch, dass sich der Großhandel des Images der Landwirtschaft bedient, um auf dem Rücken der ErzeugerInnen möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Sie sorgen sich außerdem, dass die Gewinne nicht Belgien zugutekommen, sondern ins Ausland wandern. Die bei der Veranstaltung geehrten Gesellschaften sind keine rein belgischen Unternehmen mehr.

Wie hoch ist das Risiko für die ErzeugerInnen, künftig nicht mehr mit diesen ausländischen Unternehmen arbeiten zu können?

 

Die zahlreichen heute hier vertretenen Sektoren haben folgende Forderungen:

  • Erhöhung der Anzahl fairer belgischer Erzeugnisse, die den ErzeugerInnen ein kostendeckendes Einkommen sichern, einschließlich der Entlohnung ihrer Arbeit;
  • Für faire Genossenschaften und lokale ErzeugerInnen die Listung und Einführung von Erzeugnissen erleichtern;
  • Größere Sichtbarkeit für die verschiedenen Erzeugnisse, damit die VerbraucherInnen sie im Laden leichter finden und kaufen können;
  • Partnerschaftliche und respektvolle Zusammenarbeit mit den Bauern und Bäuerinnen, die tagtäglich um das Überleben ihrer Betriebe und unserer ländlichen Räume kämpfen.

 

Die Landwirte wollten heute weder die Veranstaltung von Gondola abriegeln noch waren sie auf Konfrontation aus, aber sie fordern den Großhandel entschlossen auf, wieder zu einem konstruktiven Dialog zurückzukehren. Sie erwarten folglich in den nächsten Wochen konkrete Ergebnisse.

 

Auszug aus der Presseerklärung der MIG Belgien vom 23. Januar 2020

Der Deutsche Bauernverband sieht „extrem stabile“ Erzeugerpreise, die AbL die „Instabilität bäuerlicher Existenzen“

Newsletterbild
© Bauernstimme

In seinen Marktdaten zum Jahreswechsel 2019/2020 bezeichnet der Deutsche Bauernverband (DBV) 2019 als „milchwirtschaftlich besonderes Jahr": Denn zum einen lagen die Produktionskosten für Rohmilch in vielen Regionen Deutschlands angesichts der Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 – und der damit einhergehenden mangelhaften Futterernte – deutlich über den vergangenen Jahren.

 

Zum anderen waren die Erzeugerpreise 2019 extrem stabil. Sie bewegten sich im Bundesschnitt im Jahresverlauf nur in einem schmalen Bereich zwischen 32,6 bis 33,8 Ct/kg“.

Für Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen, ist Stabilität im allgemeinen Sprachverständnis ein positiv besetzter Begriff. „Wenn allerdings der Bauernverband in einem Rückblick auf das abgelaufene Jahr von ‚extrem stabilen‘ Milchpreisen spricht, hat er damit bereits jetzt gute Aussichten im Wettbewerb um den ‚Euphemismus des Jahres‘“, erklärt Ilchmann, denn hier wird die Situation der Milchviehbetriebe beschönigt und über die wahre Situation hinweggetäuscht. Die Stabilität besteht nicht nur für Ilchmann nämlich darin, und das verschweigt der DBV, dass die Preise das ganze Jahr über in einem Bereich von ca. 10 Cent bzw. 25% unterhalb der Kostendeckung stagnierten. „Diese ‚stabilen‘ Preise führen zu einer extremen Instabilität bäuerlicher Existenzen, weitere Betriebsaufgaben sind absehbar“, sagt Ilchmann. Dabei hätte seiner Ansicht nach der Bauernverband im Rahmen der Entwicklung einer Sektorstrategie für den Milchmarkt durchaus die Möglichkeit, die Marktposition der Milchbauern zu verbessern, wenn er sich noch als Interessenvertretung der Milchbauern verstünde. „Anscheinend liegen ihm aber die Interessen der Genossenschaftsmolkereien mehr am Herzen, in deren Vorständen und Aufsichtsräten Bauernverbandsfunktionäre allzu häufig das Sagen haben“, kritisiert der AbL-Landesvorsitzende.

Die Milchbranche arbeitet seit geraumer Zeit an einer „Sektorstrategie 2030“. Ein Ergebnis war bereits für Herbst 2019 angekündigt, liegt aber noch nicht vor. Die Federführung für die Strategie liegt in den Händen eines Lenkungsgremiums bestehend aus Vertretern des DBV, des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) und des Milchindustrie-Verbands (MIV).

 

FebL/Unabhängige Bauernstimme

„Die Landwirtschaft stärken!” – Interview des EMB mit MdEP Bert-Jan Ruissen

Newsletterbild
© Europäische Union 2019

Bert-Jan Ruissen ist Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an. Der 47-jährige Niederländer sitzt seit Juli 2019 im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Im Rahmen unserer Interview-Reihe mit neuen Europaabgeordneten haben wir ihn zu seinen Ansichten über den Agrarsektor befragt.

 

Was sind Ihre obersten politischen Prioritäten für die nächsten fünf Jahre im Europäischen Parlament?

Mein Augenmerk wird darauf liegen, die Landwirtschaft wieder stark zu machen. Wir müssen einfach ausreichend hochwertige Nahrungsmittel für alle unsere BürgerInnen sicherstellen. Nahrungsmittel sollten nie knapp werden oder wir für unser täglich Brot von anderen Ländern oder Kontinenten abhängig sein. Es ist ohnehin schon sehr unglücklich, dass die EU in Energiefragen nicht autark ist – wir sehen welche Probleme die Abhängigkeit schafft. Wir sollten uns zusätzlich nicht auch noch bei etwas so Wichtigem wie Agrarerzeugnissen abhängig machen!

Ich habe die lange Wunschliste anderer Parteien für Veränderungen in der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik in den nächsten sieben Jahren zur Kenntnis genommen. Eine wichtige Frage ist, welche Haushaltsmittel verfügbar sein werden.

Wir müssen verhindern, dass die Bürokratie Unternehmertum in der europäischen Landwirtschaft erstickt. Als Verhandlungsführer der EKR-Fraktion werde ich mich für Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Nachhaltigkeit im Rahmen einer Zukunft für unsere Landwirte einsetzen.

 

Wir verlieren 1.000 Höfe pro Tag. Wie können wir die Bauern und Bäuerinnen auf ihrer Scholle halten?

Zunächst gilt es, den Verwaltungsaufwand in der Landwirtschaft zu reduzieren. UnternehmerInnen brauchen Freiheit und Instrumente, um neue Produkte und Prozesse erproben und innovativ sein zu können – damit die VerbraucherInnen die Produkte kaufen und genießen können, die sie mögen. Um das zu ermöglichen, müssen wir im Europäischen Parlament sicherstellen, dass die Landwirte über die Werkzeuge verfügen, die sie brauchen. Das bedeutet zum Beispiel effektiver Pflanzenschutz und Zugang zu den besten verfügbaren Methoden. Die Landwirte bleiben auf ihrem Land, wenn sie dort ihren Lebensunterhalt verdienen können. Die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors ist hier sehr wichtig. Der Handel sollte von unlauteren Praktiken absehen und die VerbraucherInnen verantwortungsvolle Preise zahlen, um die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu erhalten. Und schließlich sollte die EU dort unterstützen und eingreifen, wo es nötig ist.

 

Stellt das Handelsabkommen zwischen EU und Mercosur ein Risiko für die Landwirte auf beiden Kontinenten dar? Wie können wir sicherstellen, dass das Abkommen bei den Preisen, beim Sozial- und beim Umweltschutz keine Abwärtsspirale auslöst?

Ja, das Abkommen birgt aufgrund der zollfreien Importe aus den Mercosur-Ländern tatsächlich große Risiken für sensible Branchen, wie zum Beispiel den europäischen Geflügelsektor. Meine Partei, die SGP (Staatkundig Gereformeerde Partij) aus den Niederlanden, hegt große Zweifel, ob die ErzeugerInnen in den Mercosur-Ländern tatsächlich die gleichen Standards einhalten wie ihre BerufskollegInnen in den EU-Mitgliedstaaten. Wir müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten. Daher sind wir kritisch. Es ist unfair, von unseren Bauern und Bäuerinnen zu verlangen, nach hohen und strengen Standards zu produzieren, während wir gleichzeitig durch die Hintertür ihre Wettbewerbsfähigkeit mit Billigimporten unterwandern. Wir sollten bei jedem Handelsabkommen sorgfältig prüfen, ob es tatsächlich in beiderseitigem Interesse ist.

Herr Ruissen, vielen Dank für das Gespräch.

 

Nicolas de la Vega

Die faire Milch aus Luxemburg

Newsletterbild
© Fairkoperativ

In unserem Newsletter wurden bereits die Faire Milch-Projekte aus der Schweiz und Frankreich vorgestellt. In dieser Ausgabe geben die luxemburgischen MilcherzeugerInnen einen Einblick in ihr Erfolgsprojekt "D’fair Mëllech".

 

D’fair Mëllech Lëtzebuerg

48 Luxemburger Milchbäuerinnen und ­-bauern schlossen sich 2011 in der Genossenschaft Fairkoperativ Lëtzeburg (FKL) zusammen und gründeten mit der D’fair Mëllech ihre eigene Marke.

Seitdem haben die Luxemburger KonsumentInnen die Möglichkeit, uns Milchbauern auf direktem Wege zu unterstützen: 10 Cent pro verkauftem Liter Milch gehen an die teilnehmenden Bäuerinnen und Bauern. Damit wird der reguläre, zu geringe Milchpreis zu einem fairen Milchpreis aufgestockt.

Bei der Produktion der hochwertigen und fairen Milch achten wir ErzeugerInnen auf die Energie­ und Nährstoffbilanzen auf unseren Betrieben. Ziel ist es, die Energiebilanz zu optimieren, um die Abläufe auf den Höfen in Einklang mit der Umwelt zu bringen.

Unsere Genossenschaft FKL vertreibt mittlerweile 13 verschiedene Milchprodukte in den Kategorien Haltbar­- und Frischmilch, Schokoladenmilch, Butter, Sahne, Eis, Käse und Joghurt. Die Schokoladenmilch wie auch einige Eissorten werden in Zusammenarbeit mit Fairtrade hergestellt, d.h. es werden hier ausschließlich fair gehandelte Lebensmittel verwendet.

Die rasante positive Entwicklung der letzten Jahre zeigt deutlich, dass der Luxemburger Konsument unser Konzept massiv unterstützt. Aber auch der Handel steht voll hinter D’fair Mëllech. Der direkte Kontakt zwischen uns ProduzentInnen und KonsumentInnen ist der wichtigste Aspekt unseres Projekts. Unsere Mitglieder stellen unsere Produkte regelmäßig in den Geschäften und auf vielen Veranstaltungen vor. Schließlich macht es uns auch immer wieder große Freude zu sehen, wie gut den VerbraucherInnen D’fair Mëllech schmeckt.

Milchbäuerinnen und ­-bauern brauchen einen fairen Milchpreis, der die kompletten Kosten der Produktion deckt. Denn sie leisten die Arbeit und tragen ein großes ökonomisches Risiko. Sie pflegen die Kulturlandschaft und produzieren qualitativ hochwertige Produkte. Wer die Vermarktung von fairen lokalen Produkten und Projekte wie D’fair Mëllech unterstützt, kann in Luxemburg in Richtung Fairness bereits einiges bewirken.

Mehr unter www.fairmellech.lu

 

Danielle Warmerdam-Frantz (Luxemburg) und das EMB-Büro

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org