MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

zunächst einmal möchte ich Ihnen und euch noch alles Gute und Gesundheit für 2022 wünschen.

Für die dänischen Landwirtinnen und -wirte verspricht dieses Jahr in vielerlei Hinsicht spannend zu werden. Da ist zunächst das Coronavirus mit seinen unvorhersehbaren Auswirkungen auf unser Leben und unsere gesamte Wirtschaft. Dann hat unsere Regierung sechs Eco-Schemes im Rahmen der neuen GAP beschlossen: Es gibt je eine Agrarumweltmaßnahme zur Unterstützung der Biolandwirtschaft, für umwelt- und klimafreundliches Weideland, für die Extensivierung der Bodennutzung in Niederungen, Pflanzenanbau, für Artenvielfalt und Nachhaltigkeit sowie ein neues Regulierungsmodell, das bis 2026 in Kraft treten soll.

Drittens hat die Neuverteilung der Mittel zwischen der ersten und zweiten Säule weitreichende Folgen für die Höhe unseres Einkommens und den gesamten Agrarsektor, da sie für den durchschnittlichen dänischen Milchviehbetrieb Einnahmenverluste von bis zu 23.597 Euro bedeutet. Die Regierung versucht, den Ausfall durch kleine Fördertöpfe mit Schlachtprämien für Jungtiere abzufedern.

Und schließlich wird auch noch an einer CO2-Steuer gearbeitet. Der Vorschlag läuft auf 160 bis 200 Euro pro Tonne ausgestoßenem CO2 hinaus. Da jede Kuh im Schnitt 4 Tonnen CO2-Äquivalent ausstößt, schlägt die Steuer mit 6 bis 7,3 Cent pro Liter erzeugter Milch zu Buche. Wir erwarten, dass die Politik es auch als Teil ihrer Aufgabe sieht, dem Einzelhandel und den VerbraucherInnen zu erklären, warum die Bauern und Bäuerinnen dann höhere Preise für ihre Produkte erhalten müssen.

Ich hoffe, dass am Ende die Vernunft siegt und die zuständigen PolitikerInnen in der Kommission oder den Regierungsstellen in ganz Europa einsehen, dass man nicht wie selbstverständlich davon ausgehen darf, dass Landwirtinnen und -wirte weiter Nahrungsmittel mit Verlusten erzeugen und dabei auch noch als Umweltverschmutzer angeprangert werden, die angeblich die Natur, die Luft und den Planeten zerstören.

Wie unsere KollegInnen vom französischen Milcherzeugerverband APLI in diesem Newsletter beschreiben, ist das System mehr als nur in Gefahr: Das ländliche Gefüge bricht auseinander und selbst Biolandwirte kommen nicht mehr zurecht. Es fehlen junge Menschen, die die Betriebe übernehmen. Die Aussichten sind düster und die finanziellen Hürden oft unüberwindbar. In dieser Ausgabe wird anhand eines konkreten Beispiels aufgezeigt, wie viel Kapital ein junger Mensch in Dänemark aufbringen muss, um einen Betrieb zu gründen, und wie hoch diese Hürden tatsächlich sind.

In Deutschland wie auch in vielen anderen Ländern beteiligen sich Bauern und Bäuerinnen aktiv an der Debatte, wie man die Lage im Agrarsektor dauerhaft verbessern kann. Dank der Dialogplattformen, wie dem Agrardialog und Milchdialog, können Landwirtinnen und -wirte an realistischen Lösungsansätzen arbeiten, um ihren BerufskollegInnen neue Zukunftsaussichten zu geben. In dieser Ausgabe bieten unsere KollegInnen von AbL und BDM einen Einblick in den aktuellen Stand dieser wichtigen Arbeit.

In Italien greift seit Januar eine Notzulage, die die Einzelhändler anhalten soll, ihren Mitgliedern gegenüber italienische Milch zu bewerben, wohingegen im Nachbarland Schweiz die ErzeugerInnen aufgefordert sind, ihre Produktion zu steigern. Die Molkereien hingegen sind nicht bereit, ihre Preise zu erhöhen. Wir berichten außerdem über weitere interessante Entwicklungen in Irland und Portugal.

Das EMB und seine Mitgliedsorganisationen werden sich auch 2022 weiter für unsere Lebensgrundlage und unsere Höfe einsetzen. Wir stehen für faire Preise – also Preise, die die Produktionskosten einschließlich Nachhaltigkeitskosten und ein wirklich gerechtes Einkommen für alle Landwirte in Europa berücksichtigen!

Wir wünschen allen eine spannende Lektüre!

 

Kjartan Poulsen, EMB-Vizevorsitzender und Vorsitzender von Landsforeningen af Danske Mælkeproducenter (LDM)

Marktindikatoren (Stand 18.01.)

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Seit Mitte August letzten Jahres steigt der Global Dairy Trade Index fast kontinuierlich an. Eine nennenswerte Ausnahme bildet der Handelstag vom 21.12.2021, an dem der Index um 1,5% fiel. Anfang Januar ging es dann aber wieder um 0,3% nach oben, und zum 18. Januar 2022 legte der Index um weitere 4,6 Prozentpunkte zu.

 

Der Durchschnittspreis für italienische Spotmilch, der im Dezember 2021 bei 47,63 Cent pro kg Milch gelegen hatte, fällt Mitte Januar 2022 um ca. 5% auf 45,17 Cent. Dieser Betrag entspricht einem Plus von ca. 32% im Vergleich zu Januar 2021. Im April letzten Jahres lag der Spotmilchpreis auf seinem Jahrestiefpunkt von 32,13 Cent und war seitdem bis Dezember 2021 fast stetig gestiegen.

Der EU-27-Milchpreis steigt für Dezember 2021 im Monatsvergleich um 1,7% und wird mit 40,70 Cent pro kg angegeben. Er befindet sich damit auf dem Jahreshöchstwert. Im Dezember 2020 hatte er bei 35,39 Cent pro kg gelegen.

Der EU-Butterpreis lag Mitte Dezember bei 550 Euro pro 100 kg und ist seitdem um ca. 4% auf 573 Euro gestiegen. Im Vergleich zur Vorwoche (09.01.2022) kletterte der Preis um 0,4% nach oben. Vor einem Jahr bewegte sich der EU-Butterpreis mit 342 Euro (17.01.2021) noch auf einem deutlich niedrigeren Niveau.

Der Preis für EU-Magermilchpulver beträgt aktuell 339 Euro pro 100 kg, womit er im Vergleich zur Vorwoche um 0,9% und im Vierwochenvergleich um 4,6% gestiegen ist. Vor einem Jahr hatte er sich bei 226 Euro befunden (17.01.2021) und war dann bis Anfang Juni fast kontinuierlich bis auf 260 Euro gestiegen. Nach leichten Rückgängen im Juni/Juli setzte er seinen Aufwärtstrend ab August fort, überschritt im November 2021 die 300-Euro-Marke und ist seitdem um weitere 39 Euro geklettert.

Die Kurse für Futures auf Milcherzeugnisse an der European Energy Exchange (EEX): Die Magermilchpulver-Kontrakte für März 2022 stiegen von 3.367 Euro am 14.12.2021 um 4,7% auf 3.525 Euro pro Tonne zum 14. Januar 2022. Für Butter fielen die Kontrakte für März im selben Zeitraum um 0,85% von 5.850 Euro (14.12.2021) auf 5.800 Euro pro Tonne (14.01.2022).

 

European Milk Board, Januar 2022

Lösungen statt Spiel auf Zeit

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In der „Wertschöpfungskette“ der Lebensmittelerzeugung in Deutschland ist etwas gewaltig faul. Während gerade in der Pandemie der Lebensmitteleinzelhandel ein großes Umsatzplus und Milliardengewinne einfährt und die Verarbeiter im Bereich Milch und Schweinefleisch gute Geschäfte machen, stehen die ErzeugerInnen der Nahrungsmittel, die Bäuerinnen und Bauern, seit Jahren mit dem Rücken zur Wand.

 

Obwohl die Milchpreise zuletzt etwas angezogen haben, beträgt die Kostenunterdeckung zurzeit immer noch ca. 25%. Bei den Schweinemästern herrscht die nackte Not und bei vielen Sauenhaltern gehen gerade für immer die Lichter aus. Zu stark ist das Machtgefälle zwischen den Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Lebensmitteleinzelhandels (LEH), zu monopolartig sind die Strukturen der abnehmenden Hand, sodass die Landwirte aus der Rolle der Restgeldempfänger einfach nicht herauskommen.

Nur durch den massiven Druck der Straße, die Proteste und Blockaden von Bäuerinnen und Bauern bei Verarbeitern und LEH-Lagern kam Anfang 2021 der Agrardialog als Gesprächsplattform zwischen Landwirtschaftsverbänden, Verarbeitern und LEH zustande. Unsere Forderung, der die Verhandlungspartner nie widersprochen haben, war glasklar: Die Erzeugungskosten der Landwirte müssen sich im Einkaufspreis des Handels wiederfinden. Wir Landwirte müssen unsere gerade in letzter Zeit ständig steigenden Kosten an die Geschäftspartner weitergeben können. Dafür haben die Arbeitsgruppen des Agrardialogs gangbare Konzepte entwickelt. Kluge Kolleginnen und Kollegen haben viel Zeit, Energie und Kreativität investiert. Dass der Lebensmitteleinzelhandel dann – gefühlt kurz vor greif- und umsetzbaren Ergebnissen – den Agrardialog für beendet erklärt und uns auffordert, in der ZKHL (Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft), dem Gegenkonstrukt von Bauern- und Raiffeisenverband und LEH weiterzuarbeiten, ist bitter.

Der Handel bleibt aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und die Konzepte jetzt zügig abzuschließen und umzusetzen, wenn er es mit den Bekenntnissen zur Landwirtschaft denn ernst meint. Auch der Bauernverband könnte sich jetzt als echte Interessenvertretung der Bäuerinnen und Bauern erweisen und gemeinsam Lösungen im bereits vorhandenen Format des Agrardialogs erarbeiten, statt auf Formalitäten zu pochen. Die Verbände des Agrardialogs stehen jedenfalls für konstruktive Lösungen bereit und haben sich über die Gespräche mit dem LEH hinaus bereits als neue Interessenvertretung gegenüber Gesellschaft und Politik aufgestellt. Gern würden wir gemeinsam mit der Branche, dem Handel und den Verarbeitern zu Ergebnissen kommen, aber nicht von ungefähr heißt es im gemeinsamen Forderungskatalog an die Verhandlungsführer der Ampelkoalition: „Strukturen in Verarbeitung und Handel, die dem fairen Wettbewerb im Wege stehen, sollen entflochten werden.“

 

Aus „Unabhängige Bauernstimme“ von Ottmar Illchmann, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)

Wie hoch sind die Einstiegskosten für Jungbäuerinnen und Jungbauern in Dänemark?

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© LDM

MilcherzeugerIn ist ein abwechslungsreicher und anspruchsvoller Beruf und kann – wie man immer wieder von alten Hasen hört – sehr erfüllend sein.  Doch wer in die Milchproduktion einsteigen will, steht in allen EU-Ländern vor nicht geringen Herausforderungen. Neben dem starken Preisdruck und dem geringen bzw. teilweise fehlenden Einkommen für die Betriebsleiter und mitarbeitenden Familienmitglieder – ein Problem, mit dem alle MilcherzeugerInnen konfrontiert sind – stellt sich bei Junglandwirten insbesondere die Frage nach dem nötigen Einstiegskapital.

 

Wie viel Kapital müssen JunglandwirtInnen aufbringen, um mit der Milcherzeugung starten zu können? Diese Frage haben uns die KollegInnen vom LDM aus Dänemark für ihr Land einmal präzise und exemplarisch für einen Hof mit 210 Kühen und 150 Hektar Land beantwortet.

Für den Einstieg sind bei dieser Hofgröße in Dänemark ca. 3,87 Millionen Euro notwendig, die sich wie folgt aufteilen:

  • 2,3 Millionen für unbewegliche Vermögenswerte

  • 1,2 Millionen Euro für die Finanzierung der Herde, Anlagen und beweglichen Güter

  • Handelskosten in Höhe von 70.000 Euro

  • Startkosten für Futter, Betriebskosten usw. von 300.000 Euro.

Finanziert werden können diese 3,87 Millionen über:

  • Eigenkapital in Höhe von 200.000 Euro

  • Eigenkapitaldarlehen von 500.000 Euro (zu 9% Zinsen)

  • Hypothekenkredit von 1,9 Millionen Euro über 30 Jahre

  • Bankdarlehen über 1 Million Euro mit 15 Jahren Laufzeit

  • Betriebsmittelkredit von 300.000 Euro.

Für den Hof fallen bei dieser Finanzierung jährlich Zins- und Tilgungsraten von 270.000 Euro an. Bricht man diese und weitere Kosten für den Hof herunter, zeigt sich, dass die Einnahmen pro Kuh bei 1.560 Euro liegen müssen, damit alle Ausgaben für Zinsen, Raten und Löhne gedeckt sind. Berücksichtigt man dabei auch die Entlohnung des Betriebsleiters, kommt man letztlich auf erforderliche Einnahmen von 1.882 Euro je Kuh.

Wie der LDM Dänemark erklärt, ist es derzeit für einen jungen Menschen nahezu unmöglich, die Finanzierung für einen Milchviehbetrieb in Dänemark aus eigenen Mitteln zu leisten: „Man muss Eltern haben, die dem Sohn oder der Tochter einen Teil des Gelds leihen oder sich Kapital von Leuten mit Geld besorgen oder auf die eine oder andere Weise eine Zeit lang einen Hof mit dem früheren Eigentümer teilen“, so die dänische Organisation.

„Die Landwirte in Dänemark werden deshalb immer älter, weil sie ihre Höfe nicht für einen Preis verkaufen können, der ihre Kredite für den Hof abdeckt. In den letzten zwölf Monaten wurden 5% der Milchviehbetriebe geschlossen. Ackerland ist leicht an Fonds zu verkaufen, aber nicht der tierische Teil.“ Laut LDM befindet sich die Milcherzeugung in Dänemark daher in einer vertrackten Situation.

 

Christen Sievertsen, LDM Dänemark, und Silvia Däberitz, EMB

BDM live: „Markt, Politik und BDM in Bewegung“

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© Henrik Kramer

Am 22. Dezember fand mit der Videokonferenz „Markt, Politik und BDM in Bewegung“ die letzte Veranstaltung des BDM im Jahr 2021 statt. Teilgenommen haben fast 200 MilchviehhalterInnen aus ganz Deutschland. Unter Leitung des bayerischen BDM-Landesvorsitzenden Manfred Gilch diskutierten im Studio Bundesvorsitzender Stefan Mann und Vorstandssprecher Hans Foldenauer über den Milchmarkt und die aktuelle Politik kurz nach dem Regierungswechsel in Deutschland.

 

Eingeleitet wurde die Veranstaltung von einem Jahresrückblick, der sich auch auf dem Youtube-Kanal des BDM findet. Anschließend berichteten die Teilnehmenden sowohl über den Agrardialog wie auch über den Milchdialog und beleuchteten dabei die Chancen und Möglichkeiten dieser Verbandsplattformen.

BDM im virtuellen Gespräch mit dem neuen deutschen Agrarminister Cem Özdemir

Der neue Agrarminister Cem Özdemir lud den BDM-Vorstand im Januar zu einem ersten Gespräch ein. Die BDM-Vertreter konnten dabei die Position des BDM zu den Themen Export und Milchmarkt darlegen. Außerdem wurden weitere Gespräche in naher Zukunft vereinbart, um den Austausch voranzubringen.

Verschärfung der Tierschutztransportverordnung

Seit dem 1. Januar 2022 gilt die neue verschärfte Tierschutztransportverordnung. Der wichtigste Punkt ist eine Neuregelung beim Thema Außentemperatur: Bei über 30 °C darf ein innerstaatlicher Transport von Tieren zu einem Schlachthof nur maximal viereinhalb Stunden dauern. Damit wird das Recht deutlich verschärft, da in Deutschland bis dato die EU-Standards galten. Außerdem werden künftig Temperaturverstöße nach EU-Recht als Ordnungswidrigkeit betrachtet, wodurch es zu deutlich höheren Strafen kommen kann.

Ab kommendem Jahr ist der Transport von Kälbern erst ab dem 28. Lebenstag erlaubt; bis dahin gilt noch die 14-Tage-Regel.

Milchmarkt in Deutschland

Aktuell ist der Milchpreis in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren auf einem konstanten Hoch. So zahlt die Molkerei Friesland Campina im Januar einen Garantiepreis von 45 Cent pro Kilo Milch aus. Darüber hinaus liegt der Spotmilchpreis seit Oktober in Deutschland über 50 Cent.

Die Milchmenge in Deutschland ist seit August unter der Vorjahreslinie. Die gestiegenen Auszahlungspreise zeigen wieder einmal, dass bereits wenige Prozentpunkte in der Milchmenge einen großen Einfluss haben.

 

Henrik Kramer, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM)

Grüne Milch? Sehr gern, aber …

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© Vanessa Langer

Wer sich ein Bild von der aktuellen Schieflage im Milchsektor machen möchte, braucht sich nur die große Differenz zwischen Produktionskosten und Milchauszahlungspreisen anzuschauen: 52,54 Cent kostet in Frankreich die Produktion eines Kilogramms Milch, für das der Erzeuger aber nur einen Milchpreis von 33,33 Cent bekommt (Zahlen von 2019 aus der Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?").

 

Gleichzeitig spricht die Europäische Union in ihrem Programm von der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und einem „Green Deal“. Die Bäuerinnen und Bauern der APLI sind für diesen Green Deal und sind sich seiner Bedeutung bewusst… Denn das Klima ist das wichtigste der Elemente, mit denen wir arbeiten, und es wirkt sich unmittelbar und in allen Bereichen unserer Arbeit auf uns aus, wenn man dies überhaupt erwähnen muss. Von unseren Tieren über deren Futtermittel bis zu unseren Böden: Es betrifft uns in jeder Hinsicht.

Wir sind also für den Green Deal, aber ohne die ErzeugerInnen wird er schwer umzusetzen sein! Und wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wohl nur wenig ErzeugerInnen übrigbleiben, auch bei den Biolandwirten… Die aktuellen Produktionskosten für Biomilch sind deutlich höher als die der konventionellen Milch. Wir haben Überproduktion bei den Biomilchprodukten bei gleichzeitig rückläufigem Konsum, was die Lage nicht verbessern wird. Diese Situation, die sich zwangsläufig auf den Milchauszahlungspreis der Bio-ErzeugerInnen auswirkt, hat Biolait veranlasst, in einer Mitteilung jeden französischen Haushalt aufzurufen, ein Paket Biomilch zu kaufen, um einen Markt zu bereinigen, der in eine gefährliche Schieflage geraten ist.

Wir sagen also JA zum grünen Umbau, aber wie ist das zu schaffen, wenn alle Warnleuchten auf Rot stehen? Und hier gilt wieder, dass die Produktionskosten einzurechnen sind, die diese Veränderungen mit sich bringen werden!

Wenn die Warnleuchten auf Rot stehen, muss man anhalten

Das System funktioniert nicht mehr: Das ländliche Gefüge zerbricht. Entgegen der landläufigen Meinung kommen selbst Bio-ErzeugerInnen nicht mehr zurecht. Und für sie gilt das Gleiche wie für die konventionelle Landwirtschaft: Es gibt nicht genug Junge, die die Höfe übernehmen, während andere Konkurs anmelden müssen… Die Diagnose ist klar, gestellt von den ErzeugerInnen selbst sowie von ÖkonomInnen und den wenigen PolitikerInnen, die sich die Mühe gemacht haben, sich ernsthaft mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Lösungen? Die gibt es! Lösungen sind vorhanden und wir kämpfen seit zwölf Jahren dafür, und sei es nur, um sie wenigstens vorstellen und vielleicht erproben zu können! Mengensteuerung mit Einstellung der Exporte, wenn kein Mehrwert mehr erzielt wird, die Gründung sektoren- und länderübergreifender Erzeugerorganisationen in Europa, um den Bauern in den Verhandlungen mit den Verarbeitern und dem Handel mehr Macht zu geben, Unterstützung der Staaten bei der Entwicklung einer wirklich fairen Milch überall in Europa … Wir wiederholen es gebetsmühlenartig.

Die Kombo aus Systemversagen – Diagnose – Lösung ist gesetzt und der Kostenvoranschlag liegt auch schon auf dem Tisch. Und dennoch geschieht nichts! Auf der anderen Seite, in den hohen Sphären, die „verstehen“ und „steuern“, ist man immer noch der Meinung, dass alles rundläuft, und denkt und handelt weiter anhand von Grundlagen, die schon lange nichts mehr mit der Realität zu tun haben, mit Ansprechpartnern, deren Interessen meilenweit von denen der MilcherzeugerInnen entfernt sind, die ihrerseits Monat für Monat feststellen, dass man ihnen ihren Milchpreis zahlt, nachdem man sich vorher auf ihre Kosten mächtig ins Fäustchen gelacht hat. Die Lösungen? Unser Agrarminister weigert sich sogar, unsere Vorschläge auch nur anzuhören, obwohl sie in seinem eigenen „Revier“ entstanden sind. Wir, die mit beiden Beinen wohl oder übel fest auf der Erde stehen, müssen im Angesicht dieser Hüter eines veralteten Systems, die jede Bodenhaftung verloren haben, in die Hände spucken und uns mit Zähnen und Klauen wehren. Alle sprechen von einer besseren Zukunft, aber niemand ist in der Lage, Kurs auf die 10 Cent zu nehmen, die uns weiterhin schlicht und ergreifend von dieser Zukunft trennen.

 

Adrien Lefèvre, Vorsitzender der Association des Producteurs de Lait Indépendants (APLI), Frankreich

Aktuelles aus Italien

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© APL

In den letzten Monaten des Jahres 2021 haben die Agrarorganisationen mit Zustimmung der Einzelhandels- und Molkereiverbände das „Absichtsprotokoll der Milchlieferkette zum Schutz italienischer Höfe“ vereinbart. Im Dezember 2021 gab die italienische Wettbewerbsbehörde grünes Licht zur Umsetzung dieser Absichtserklärung.

 

Mit dem Protokoll verpflichten sich die Einzelhandelsverbände sicherzustellen, dass ihre Mitglieder die italienische Milch fördern, indem sie mehr H-Milch, Joghurt, Frischkäse und mittelalte Käsesorten sowie süßen Gorgonzola einkaufen. Diese Produkte müssen mit italienischer Milch hergestellt werden und die Landwirtinnen und -wirte erhalten eine Notzulage von den Verarbeitern.

Die Verarbeiter zahlen den Landwirten die Notzulage nach folgender Tabelle und in Abhängigkeit des Anteils italienischer Milch, der für die Herstellung dieser Produkte verwendet wird.  

Erzeugerpreis (Cent/Liter)

Einzelhandelspreis (Cent/Liter)

Molkereipreis (Cent/Liter)

Endpreis (Cent/Liter)

36

3

1

40

37

3

1

41

38

3

0

41

39

2

0

41

40

1

0

41

 

Außerdem setzen sich die Agrarorganisationen dafür ein, dass mehr Molkereiprodukte zu 100% aus italienischer Milch bestehen, und bewerben diese mit Kampagnen gegenüber den VerbraucherInnen.

Das Absichtsprotokoll wurde Ende 2021 noch nicht umgesetzt, greift aber ab Januar 2022.

 

Roberto Cavaliere, EMB-Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Associazione Produttori di Latte Pianura Padana (APL), Italien

Die Milchviehhaltung verliert in zehn Jahren über ein Viertel ihrer Betriebe

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© Coordination rurale

Eine Agrarerhebung, die das Landwirtschaftsministerium alle zehn Jahre durchführt, bietet einen Überblick über die Lage der französischen Landwirtschaft und die Trends, die sich in den Entwicklungen im Laufe des vorangegangenen Jahrzehnts abzeichnen. Die letzte Auflage, die am 10. Dezember 2021 veröffentlicht wurde, zeigt einen Rückgang von etwa 21% in der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe über alle Produktionszweige hinweg.

 

Die Viehhaltung verzeichnet als Sektor einen drastischen Rückgang: Zwischen 2010 und 2020 sank die Anzahl der Viehbetriebe um 31%; das sind 64.000 Höfe weniger. Die Lage der Milchviehhaltung im Besonderen ist äußerst besorgniserregend: In zehn Jahren hat über ein Viertel der Betriebe aufgehört. Das sind etwa 13.000 französische Milchviehbetriebe weniger.

Rückgang in der Anzahl der Viehhaltungsbetriebe und Herdenabbau

Nach Angaben des französischen Viehhaltungsinstituts IDELE zählte Frankreich 2020 etwa 3,6 Millionen Milchkühe und 736.000 Färsen. Das sind 8,2% bzw. 15,1% weniger als 2015. Dieser rasante Herdenabbau wird sich dem Institut zufolge weiter fortsetzen. Es sagt voraus, dass die Anzahl der Milchkühe bis 2030 um 441.000 Tiere zurückgehen könnte, wobei die Dynamik je nach Region sehr unterschiedlich aussieht. In einigen Regionen, wie zum Beispiel Nouvelle-Aquitaine, ist ein echter Einbruch der Milchviehhaltung zu beobachten: Zwischen 2000 und 2019 wurden hier 45% der Herde abgebaut, gegenüber 19% im gesamten Land. Die Anzahl der Milchlieferanten ist in dieser Region von 8.700 im Jahr 2001 auf 2.500 im Jahr 2019 geschrumpft.

Landesweit betrachtet, ist die Erhebung besorgniserregend: Der Anteil der MilcherzeugerInnen, die älter als 50 Jahre sind, lag 2010 bei 32%, ist inzwischen aber auf 48% gestiegen, wobei 28% älter als 55 Jahre sind. Nach Aussagen von IDELE liegt die Übernahmequote in der Milchviehhaltung bei nur 45% und damit weit unter dem Durchschnitt von 71% für alle landwirtschaftlichen Sektoren zusammen.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bestätigt diese Tendenz

Die vor kurzem veröffentlichte volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bestätigt, dass das Jahr 2020 für die MilchviehhalterInnen viele Schwierigkeiten bereithielt. Mit einem allgemeinen Kostenanstieg von 1,2% gegenüber 2019, vor allem durch die Erhöhung der Personalkosten (+12,1%), der Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen (+10,7%) und der Sozialabgaben für den Betriebsleiter (+12%), sinken die wirtschaftlichen Ergebnisse der Milchviehbetriebe weiter (-1,9% beim Mehrwert und -2,4% beim Bruttoüberschuss je selbständigem Landwirt). Die Milchviehbetriebe in den Bergen haben sich dank einer besseren Verwertung ihrer Produktion insgesamt etwas besser geschlagen.

Die laufenden Erträge vor Steuern je selbständigem Erzeuger weisen für 2020 einen Nettorückgang von –6,8% auf und belaufen sich im Schnitt auf 26.052 Euro pro Vollzeitäquivalent. Analysiert man die allgemeinen Merkmale der Milchviehbetriebe für 2020, stellt man eine verminderte Eigenfinanierzungsfähigkeit (–3,7%) fest, ein um 2,6% höheres, schuldenfinanziertes Anlagevermögen und eine ebenfalls um 1% gestiegene Schuldenbelastung.

Der beobachtete Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen gefährdet für das Jahr 2021 die Marge der MilcherzeugerInnen, denn die Mehrkosten werden nicht durch Preiserhöhungen kompensiert. So stellt der Kaufpreisindex landwirtschaftlicher Betriebsmittel (Ipampa) für Kuhmilch fest, dass innerhalb eines Jahres die Belastung um 11,9% gestiegen ist, vor allem durch Preissteigerungen bei zugekauftem Futtermittel und den Energiekosten.

 

Véronique Le Floc'h, Coordination Rurale (Frankreich)

Keine Milchpreiserhöhung in der Schweiz seit über 12 Monaten

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Die Versorgung der Molkereien in der Schweiz mit Milch ist angespannt. Die MilcherzeugerInnen werden von ihren Abnehmern aufgefordert, mehr Milch zu produzieren. Eigentlich wäre das jetzt der Moment, um den Milchpreis kräftig anzuheben.

 

Angesichts der steigenden Produktionskosten wäre das sowieso dringend nötig. Leider weigert sich die Branche, hier ein klares Zeichen zugunsten der Milchviehbetriebe zu setzen. Im Gegenteil: Um die Versorgung des Markts sicherzustellen, hat die Branchenorganisation Milch (gemäß Medienmitteilung) einstimmig beschlossen, weitere 1.000 Tonnen Butter zu importieren. Das heißt, dass auch die VertreterInnen der Milchbauern und -bäuerinnen zugestimmt haben!

Da stellt sich für BIG-M einmal mehr die Frage, ob die Interessen der ProduzentInnen wirklich durch die richtigen Personen vertreten werden. Diese Diskussionen sind nun schon so alt wie die Branchenorganisation selbst. Früher oder später wird diese Frage geklärt werden müssen. Denn so wie die ProduzentInnen heute vertreten werden, geht das Höfesterben bei den Milchviehbetrieben weiter. Eine Branchenorganisation, die in diesem Prozess ihre Aufgabe nur als Sterbebegleitung sieht, braucht es wirklich nicht.

 

Werner Locher, Sekretär BIG-M

Die irischen MilcherzeugerInnen schauen Anfang 2022 auf die Produktionskosten

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Die meisten irischen Milchviehbetriebe praktizieren die Frühjahrskalbung und nur etwa 10% der Herden kalben ganzjährig. So soll die Vegetationsphase des Grases bestmöglich genutzt werden und bedeutet, dass unsere Kühe über 300 Tage im Jahr auf der Weide sind. Die Frühjahrsherden bereiten sich derzeit auf die nächste Abkalbung vor, die für gewöhnlich Mitte Januar beginnt.

 

Im Frühjahr haben wir normalerweise geringere Kosten, da wir mit frischem Gras in Irland das günstigste Futtermittel haben. Um das Graswachstum zu maximieren, setzen wir jedoch chemische und organische Dünger als wichtige Betriebsmittel ein. Wie für alle Landwirte in Europa sind in der zweiten Jahreshälfte 2021 auch bei uns die Preise für chemische Düngemittel leider drastisch gestiegen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Verfügbarkeit knapp ist. Die MilcherzeugerInnen stellen sich für 2022 auf deutlich höhere Preise ein, da auch das Kraftfutter teurer geworden ist. Das Wetter ist ein Faktor, den wir nicht kontrollieren können, und so hoffen wir, dass ein milder Frühling für gute Wachstumsbedingungen sorgt und den Kostendruck bei den Betriebsmitteln etwas mindert.

Angesichts des vermutlich schwierigen Jahres, das vor uns liegt, war es positiv, dass sich die irischen MilcherzeugerInnen im letzten Herbst und zu Winterbeginn über ideale Wetterbedingungen freuen konnten. Die Kühe konnten länger auf der Weide bleiben, was uns Ende 2021 günstige Bedingungen bescherte.

Der Milchpreis liegt aktuell bei 41 bis 42 Cent pro Liter mit 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß, wobei alle Milchabnehmer ihre Preise für November erhöhen. Für Dezember werden weitere Preissteigerungen erwartet, die Mitte bis Ende Januar bekanntgegeben werden. Die aktuellsten Zahlen zu den Milchlieferungen zeigen, dass die Milchmenge in Irland im Oktober 2021 um 2,4% und im Ganzjahresvergleich gegenüber der Anlieferung von 2020 um 6% gestiegen ist.

 

Paul Smyth, Agrarreferent, Irish Creamery Milk Suppliers Association (ICMSA)

„Die Politik hat die Milcherzeuger aufgegeben!“

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Die Politik hat die MilcherzeugerInnen abgeschrieben! Das spüren wir tagein tagaus und haben deshalb eine Kuhherde auf der Praça Marquês de Pombal in Lissabon aufgestellt. Wir fühlen uns von der Politik in einer Zeit, in der wir eine Krise ungeahnten Ausmaßes durchleben, im Stich gelassen. Fernab der Hauptstadt überlässt man die Landwirtschaft sich selbst, weil sie nur wenig Wählerstimmen bringt. Dabei ist sie es, die die WählerInnen und Politikerinnen ernährt!

 

Wir haben in diesem Jahr infolge der plötzlichen Kostensteigerungen bei den Futtermitteln für unsere Kühe enorme Verluste erlitten, was durch einen leichten Milchpreisanstieg, der für eine Kostendeckung nicht ausreicht, keineswegs aufgefangen wurde. Wir starten mit erneuten Preisanstiegen für Futtermittel, Energie, Dünger und andere Betriebsmittel in das Jahr 2022. Die Kostensteigerung erreicht 30%, wobei sich die Kosten bestimmter Produkte, wie zum Beispiel Düngemittel, verdoppelt haben. Die Produktionskosten liegen zu Beginn des Jahres bei über 40 Cent pro Liter und wir wissen nicht, wie die weitere Entwicklung aussehen wird.

Der Premierminister, die Agrarministerin und die meisten PolitikerInnen schweigen sich aus, während die Milchproduktion, die Landwirtschaft und die ländlichen Regionen langsam aussterben. Der strategische Plan der GAP, der am 30. Dezember 2021 vorgestellt wurde, lässt die Schwierigkeiten dieses Sektors völlig außer Acht. Er setzt auf staatliche Maßnahmen, die für die MilcherzeugerInnen sicher verheerende Folgen haben werden, wie eine Konvergenz von 100%. Dies verringert die Einkommensunterstützung des Sektors um mehr als 50%, zum Beispiel durch eine Zahlung für Silomais, auf die die Hälfte der Unterstützung für Körnermais entfällt. Und die entsprechenden Eco-Schemes sind mit einem Budget ausgestattet, das nicht ausreicht, um die Herausforderung aus Brüssel zu bewältigen. Fällt diese Unterstützung weg, muss der Milchpreis steigen.

Jedes Jahr steigen etwa 200 ErzeugerInnen aus der Milchproduktion aus. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, wird es in wenigen Jahren in Portugal keine Milchwirtschaft mehr geben. Die EntscheidungsträgerInnen müssen Solidarität mit den Landwirtinnen und -wirten zeigen, sich mit den Themen befassen und sich die Lage vor Ort auf den Höfen anschauen und mit den ErzeugerInnen sprechen. Ein umfassender Dialog mit den Verarbeitern und dem Einzelhandel ist dringend notwendig, um eine sofortige Erhöhung des Grundpreises zu erreichen, der die Produktionskosten widerspiegelt und dem durchschnittlichen EU-Preis folgt, der im Dezember bei 41 Cent pro Liter lag, d.h. mehr als 7 Cent über dem mittleren Preis in Portugal.

Die neue Regierung muss dringend eine Beobachtungsstelle für die Produktionskosten und einen Mechanismus schaffen, der eine Aktualisierung der Verträge und eine Indexierung des Milchpreises auf Grundlage dieser Kosten und des durchschnittlichen EU-Preises ermöglicht – ohne dass die Landwirtinnen und -wirte den Weg nach Lissabon mit ihren Traktoren und Kühen antreten müssen, um sich Gehör zu verschaffen. Wird die Politik ihrer Verantwortung nicht gerecht, wird es keine Milcherzeugung in Portugal mehr geben. Dann bleiben nur noch Kühe aus Pappe und importierte Milch in Pappkartons für diejenigen, die sie sich noch leisten können. Ein fairer Milchpreis ist unerlässlich.

 

Pressemitteilung von Associaçāo dos Produtores de Leite de Portugal (APROLEP)

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