MILK-NEWS

http://www.europeanmilkboard.org

Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

in den letzten Tagen und Wochen mehren sich die Stimmen, die eine Erholung am Milchmarkt beschwören. Hört man den Molkereien und Verarbeitern zu, so könnte man meinen, alles sei wieder im Lot. Die Bauernverbände, der Handel und weite Teile der Politik stimmen in die hoffnungsvolle Melodie mit ein. Machen wir vom EMB also nur Panik?

Nachdem die private Lagerhaltung geöffnet wurde, seien ja alle Probleme aus der Welt. Die Agrarfachpresse spricht von „spürbarer Erholung“ und „positiven Trends“. Manch ein Berufskollege findet es tatsächlich positiv, dass wieder ein „Mitbewerber“ den Betrieb auflöst und produziert munter weiter drauf los. Und zum Glück dürfen wir ja wieder reisen. Da brauchen wir Bäuerinnen und Bauern unsere zwei bis drei Wochen wohlverdienten Urlaub gar nicht verschieben.

Ich bin erstaunt, wie schnell man glaubt, uns MilcherzeugerInnen beruhigen zu können. Dabei reicht ein Blick auf die Milchpreise. Sie liegen vielerorts bereits unter der – auch psychologisch wichtigen – Marke von 30 Cent. Dem stehen rund 45 Cent Vollkosten gegenüber. Die wöchentlich wachsenden Lagerbestände drücken zusätzlich auf den Preis. In einigen Ländern sind die Kontingente beim Käse bereits seit den ersten Wochen ausgeschöpft. Hinzu kommt, dass sehr viele Betriebe unter großen Liquiditätsproblemen leiden. Den meisten bleibt lediglich der Weg zur Bank. Sofern neue Kredite überhaupt noch bewilligt werden. Und auch wenn dies alles andere als nach „Erholung“ klingt, nimmt der Tenor der Beschwichtigung zu.

Wir als EMB aber werden unsere Position weiterhin laut kundtun. Solange die Preise auf Talfahrt sind, die Produktion jedoch munter weitergeht und es kein effizientes Kriseninstrument auf EU-Ebene gibt, ist nichts im Lot. In einer Schieflage, wie wir sie gerade erleben, schafft lediglich eine Reduktion der Milchmenge Abhilfe. Mit unseren 21 Mitgliedsorganisationen aus 16 Ländern stehen wir vereint hinter dieser Botschaft. Wir sind weit davon entfernt, Panik zu machen. Und mit unserem Markt-verantwortungsprogramm bieten wir einen konstruktiven Beitrag in der Debatte um wirksame Lösungen. Denn ohne Drosselung der Produktion werden die Probleme noch lange weiterbestehen und ein Milchbetrieb nach dem anderen verdrängt werden.

Als EMB setzen wir uns solidarisch für die europäischen Milchbäuerinnen und -bauern ein. Gerade mit Blick auf die neuen Nachhaltigkeitsstrategien der Europäischen Kommission müssen wir unsere Familienbetriebe erhalten. Es zählt jeder Hof. Ihr Fortbestehen erfordert aber ErzeugerInnenpreise, die alle unsere Kosten und ein faires Einkommen decken. Nachhaltige Landwirtschaft gelingt nur, wenn sie das Wohl der Bäuerinnen und Bauern, der KonsumentInnen und der Gesellschaft beinhaltet.

Falls wir aber weiter auf taube Ohren stoßen, müssen wir unsere Botschaft vielleicht demnächst wieder selbst nach Brüssel tragen. Beziehungsweise fahren, die EU-Hauptstadt war schon immer eine Treckerfahrt wert!

 

Erwin Schöpges, Vorsitzender des European Milk Board (EMB)

Preis-Kosten-Ratio in Deutschland fast auf Krisenniveau von 2016

Newsletterbild
@ EMB / BAL

Die aktuellen Ergebnisse der Berechnung der Milch-erzeugungskosten in Deutschland zeigen eine deutliche Unterdeckung von 30 Prozent. Die Produktionskosten – mit aktuellem Stand April 2020 – betragen 46,76 ct/kg, während der durchschnittliche Auszahlungspreis in der gleichen Zeit bei nur 32,68 ct/kg lag. Somit fehlten den ErzeugerInnen insgesamt 14,08 ct/kg zur Kostendeckung. Die Zahlen entstammen der vierteljährlich aktualisierten Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL). Mit den Berechnungen von April 2020 wurde die Ermittlung der Milcherzeugungskosten turnusmäßig auf die neuesten INLB-Daten von 2018 umgestellt.



Die Milcherzeugungskosten von durchschnittlich fast 47 Cent/kg sind vor allen Dingen auf die Auswirkungen der Trockenjahre seit 2018 zurückzuführen. Wie in den Jahren 2012/2013 führen nun kostenbedingte Entwicklungen bei einem zudem schwachen Milchauszahlungspreis von unter 33 Cent/kg zu einer Erzeugerpreiskrise. Die Preis-Kosten-Ratio erreicht fast das Krisenniveau von 2016.


Entwicklung der Milcherzeugungskosten in Deutschland
Hier finden Sie die Entwicklung der Kostensituation in der Milchproduktion in Deutschland von 2014 bis April 2020.

 

Preis-Kosten-Ratio (Unterdeckung)
Die Preis-Kosten-Ratio verdeutlicht, inwieweit das Milchgeld die Produktionskosten deckt. Im April 2020 haben die ErzeugerInnen nur 70 % ihrer Produktionskosten über den Milchpreis erwirtschaftet; die Unterdeckung betrug somit 30 %.

Sehen Sie hier die Kostenunterdeckung seit 2014.

 

Milch-Marker-Index (MMI)

Der Milch-Marker-Index (MMI) zeigt die Entwicklung der Kosten in der Milchproduktion auf. Der MMI hatte im April 2020 einen Wert von 113, d. h. die Produktionskosten für deutsche MilcherzeugerInnen sind im Vergleich zum Basisjahr 2015 (2015=100) um dreizehn Prozent gestiegen.

Grafik Milch-Marker-Index im zeitlichen Verlauf:

 

Neu: Biokostenstudie

Für Deutschland gibt es seit November 2019 nun auch Informationen zu den Milcherzeugungskosten im Biobereich (Zeitraum: 2011 bis zum aktuellsten abgeschlossenen Wirtschaftsjahr). Hier finden Sie die Studie "Was kostet die Erzeugung von Biomilch?".

Studie zu den Produktionskosten sechs wichtiger Milcherzeugungsländer
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in fünf weiteren Ländern werden regelmäßig Kostenberechnungen durchgeführt. Auch dort wird deutlich, dass MilcherzeugerInnen keine kostendeckenden Milchpreise erhalten. Hier finden Sie die Berechnungen der Milchproduktionskosten in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden für das Jahr 2017 sowie in diesem Video eine Übersicht der Zahlen.

Kosten der Milchproduktion chronisch unterdeckt – was schafft Abhilfe?
Das European Milk Board schlägt die gesetzliche Verankerung eines Kriseninstruments vor, um der chronischen Unterdeckung entgegenzuwirken. Das Markt-verantwortungsprogramm (MVP) beobachtet und reagiert auf Marktsignale durch eine Anpassung der Produktion.

Sehen Sie hier eine kurze Beschreibung des Marktverantwortungsprogramms des EMB.

 

Hintergrund:

Für die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ hat das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) 2012 im Auftrag des European Milk Board und der MEG Milch Board erstmals die Milcherzeugungskosten in Deutschland flächendeckend berechnet. Die Kalkulation basiert auf Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der EU (INLB) sowie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und wird seit 2014 vierteljährlich aktualisiert.

Datenblatt herunterladen

 

Pressemitteilung des European Milk Board vom 15. Juli 2020

Das Fehlen mutiger Minister: Die Krise am Milchmarkt verschärft sich, die Politik bleibt untätig

Newsletterbild
© Astrid Sauvage

Die Situation auf dem Milchmarkt bleibt angespannt. Die durch die Corona-Krise weiterhin eingeschränkte Nachfrage trifft auf ein EU-weit um 2,8% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesteigertes Angebot. Dazu kommt aktuell der saisonale Höhepunkt der Milchanlieferung.

 

Zwar ist die Nachfrage von Großverbrauchern und Restaurants wieder leicht angestiegen, Probleme bereitet aber nach wie vor der eingebrochene Exportmarkt. Viele deutsche Molkereien haben deshalb die Auszahlungspreise zurückgenommen, und für den gerade abgeschlossenen Monat Mai sind weitere Senkungen angekündigt. Teilweise ist der Milchpreis bereits unter die auch psychologisch wichtige Grenze von 30 Cent gesunken. Dieser viel zu niedrige Preis trifft vielerorts auf Futterengpässe durch erneute Trockenheit.

Auch in anderen EU-Staaten sinkt der Milchpreis flächendeckend um bis zu 9% gegenüber dem Vormonat. Besonders niedrig ist er im Baltikum, in Belgien und in Irland mit um die 28 Cent. Die von der EU beschlossene Gegenmaßnahme der geförderten privaten Lagerhaltung wird genutzt, wobei einige Länder das mögliche Kontingent an Käse schon ausgeschöpft haben. In Frankreich erhalten Milchbauern, die ihre Produktion um einen kleinen Prozentsatz verringern, 32 Cent Entschädigung [pro nicht-produziertem Liter Milch, Anm. der Red.] aus einem 10-Millionen-Fonds, den die dortige Branchenorganisation aufgelegt hat. Einige österreichische Molkereien wenden innerbetrieblich Anreizsysteme zur Mengenreduzierung an. Ansonsten wird aber die von der EU-Kommission eingeräumte Möglichkeit zur Mengenplanung innerhalb von Erzeugerorganisationen nicht genutzt. Auch nicht in Deutschland, obwohl hier mehrere MEGs (Milcherzeugergemeinschaften) und Molkereien eine Rückführung der Milchmenge angemahnt hatten. Es zeigt sich, dass Maßnahmen auf Ebene von Einzelunternehmen sehr unpopulär sind, wenn es keine staatliche Entschädigung und keine übergreifende Koordination, am besten europaweit, gibt.

 

Enttäuschende Agrarministerkonferenz

Gewisse Hoffnungen hatten viele Milcherzeuger an die Konferenz der deutschen LänderagrarministerInnen am 8. Mai geknüpft. Sie hätte die Chance geboten, die Verwerfungen auf dem Milchmarkt durch Beschlüsse zur Mengenreduzierung, wie es sie in früheren Jahren bereits gegeben hat, ins Gleichgewicht zu bringen. Verbändeübergreifende Forderungen der Bauernvertretungen in diese Richtung wurden nicht aufgenommen.  Einstimmig begrüßten und unterstützten die MinisterInnen lediglich den EU-Beschluss zur Förderung der privaten Lagerhaltung und forderten die Branche auf, die Sektorstrategie 2030 zur Stabilisierung zu nutzen, obwohl diese gar keine geeigneten Mittel dazu enthält. Dass CDU- und FDP-Minister nichts für die Stabilisierung unternehmen, überrascht wenig. Dass die SPD-Agrarier nichts zur Verbesserung der Einkommenssituation von Bäuerinnen und Bauern unternehmen, obwohl sie gerade ihr Herz für Erntehelfer und Schlachthofarbeiter entdeckt haben, enttäuscht schon mehr. Dass aber die Vielzahl grüner AgrarministerInnen ihre frühere konsequente Unterstützung von Regulierungsmaßnahmen bei Milchmarktkrisen komplett aufgegeben hat, wirkt wie ein Schlag ins Gesicht. Es fehlen mutige Minister wie vor einigen Jahren Brunner, Meyer oder Habeck. Ihre amtierenden KollegInnen haben sich bei der Konferenz letztlich gegen die Bauern und für die Ernährungsindustrie ausgesprochen. Das ist für Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner eine Ermutigung, weiter untätig zu bleiben. Umso mehr muss jetzt von den Bauernvertretungen, die schon in Richtung Mengendisziplin aktiv sind, der Druck aufrechterhalten werden. Gesellschaftliche Unterstützung wie bei der gemeinsamen Erklärung von AbL und BUND zum Tag der Milch ist dabei unverzichtbar.

 

Auszug aus dem Artikel von Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender AbL Niedersaschsen, erschienen in der Bauerstimme am 12.06.2020

Erprobung der Herkunftskennzeichnung bei Milch und Fleisch in Frankreich bis 2021 verlängert

Newsletterbild
© Pixabay

Die 2016 eingeleitete Erprobungsphase für die Herkunftskennzeichnung von Milch und Fleisch in verarbeiteten Produkten wurde erneut bis Ende 2021 verlängert. Der Erlass verlangt die zwingende Angabe der Herkunft von Milch und Fleisch, die als Inhaltsstoffe in vorverpackten Lebensmitteln verwendet werden.

 

Die Coordination Rurale (CR), die sich für die vollständige Rückverfolgbarkeit aller Inhaltsstoffe bei Produkten landwirtschaftlicher Erzeugung einsetzt, ist der Meinung, dass diese Transparenz unerlässlich ist, damit die VerbraucherInnen alle Informationen haben, um das Produkt auswählen zu können, das ihren Erwartungen am besten entspricht. Die Coordination Rurale (CR) hatte sich schon bei der internationalen Landwirtschaftsmesse 2018 und 2019 mit ihrem „Warenkorb der Nicht-Rückverfolgbarkeit“ an die VerbraucherInnen gewandt.

 

Die Erprobung geht nicht weit genug

Die europäische Regulierung in Sachen Herkunftskennzeichnung ist nicht ausreichend und zu lax, denn sie betrifft nur wenige Erzeugnisse, nämlich frisches Obst und Gemüse, Wein, Milch und Fleisch. Was die Milch anbelangt, gilt der Erlass zur Erprobung nur unter der Bedingung, dass das Gesamtgewicht des Inhaltsstoffs mindestens 50% des fertigen Produkts ausmacht. Anders gesagt: Wenn der Anteil der Milch als Inhaltsstoff nur 49% des Gesamtgewichts des Produkts beträgt, ist der Hersteller nicht verpflichtet, Herkunftsangaben zur Milch zu machen. Mit einem so hohen prozentualen Anteil sind viele Produkte de facto vom Geltungsbereich des Erlasses ausgenommen. Dieser Anteil ist nach Meinung der Coordination Rurale zu hoch. Ausnahmslos alle Produkte müssen die Herkunft der Inhaltsstoffe angeben – ungeachtet davon, ob es sich um frische oder verarbeitete Produkte handelt, und ohne Schwellenwert.

 

Die Maßnahme muss auf die europäische Ebene gehoben werden

Die zwingende Herkunftsangabe auf Nahrungsmitteletiketten ermöglicht es, missbräuchliche Handelspraktiken und Fälschungen seitens bestimmter Hersteller zu vermeiden. Diese Abweichungen führen manchmal zu Lebensmittelskandalen, die die öffentliche Gesundheit gefährden, und das Vertrauen der ihren Nahrungsmitteln gegenüber zunehmend misstrauischeren VerbraucherInnen unterwandern. Dazu ist es unerlässlich, dass die Angabe des Herkunftslands verpflichtend wird und Kennzeichnungen nach dem Muster „EU“, „Außerhalb der EU“ oder „EU und Nicht-EU“ verboten werden.

Auch wenn diese Erprobung nicht perfekt ist, zeigt sie doch, dass es möglich ist, ein solches System zu schaffen – entgegen der Verlautbarungen der Unternehmen, die es bis zum letzten Moment bekämpft haben. Die CR hofft, dass die Kennzeichnung nach Abschluss der Erprobung von der Europäischen Union für alle Nahrungsmittelprodukte eingeführt wird, die landwirtschaftliche Erzeugnisse enthalten (Milch, Fleisch, aber auch Getreide, Obst, Gemüse…). Die Doppelzüngigkeit der Industrie muss ein Ende haben, die sich zwar mit der hervorragenden Qualität der unverarbeiteten landwirtschaftlichen Erzeugnisse rühmt und sich unseres guten Rufs bedient, diese aber möglichst billig für ihre verarbeiteten Produkte einkauft, wenn sie nur irgendwie kann.

 

Sophie Lenaerts, Verantwortliche der Sektion Milch der Coordination Rurale (CR)

Aktuelle Informationen aus Deutschland

Newsletterbild
© EMB

Zum 30. Juni 2020 endete die Antragsfrist für Beihilfen zur privaten Lagerhaltung. Für Käse wurde sie in Deutsch-land kaum genutzt: In den Lagerhallen der Molkereien lagerten Ende Juni 2020 staatlich bezuschusst 901 t; das für Deutschland vorgesehene Kontingent von 21.726 t hätte noch viel Spielraum nach oben geboten. Umfangreicher genutzt wurde die private Lagerhaltung mit 13.368 t bei der Butter und 10.025 t bei Magermilchpulver.

 

Der Bauernverband und die Interessengemeinschaft genossenschaftliche Milchwirtschaft (IGM) stellten in einer gemeinsamen Pressemeldung fest: Die Branche habe konstruktiv zusammengearbeitet! Über die Hintergründe für die verhaltene Nutzung der privaten Lagerhaltung in Deutschland gibt es verschiedenste Annahmen. Eine davon ist die bewusst niedrige Nutzung, um jegliche weitere Diskussion über notwendige weitere Marktmaßnahmen (Mengenbegrenzung) im Keim ersticken zu können.

 

Spotmarkt erholt sich deutlich

Anfang/Mitte Mai 2020 wurde für frei handelbare Milch bzw. Milchkonzentrate ein Verkaufserlös von 21/22 ct/kg notiert, vier Wochen später wird von einem Anstieg von rund 10 ct/kg berichtet, der Markt um frei handelbare Milch/-konzentrate sei sozusagen leergefegt. Molkereiunternehmen mit freien Produktionskapazitäten für Butter, Milchpulver und Käse hätten sich im großen Stil am Spotmarkt mit billigem Rohstoff eingedeckt. Erhofft davon werden sicherlich „Spekulationsgewinne“, aber auf wessen Kosten? Die Antwort darauf ist einfach: Auf Kosten der Milchviehhalter, deren Molkereien die Milch billig abstoßen!

 

IGM – wer sitzt dahinter?

In der IGM haben sich Anfang 2017 ehrenamtliche Vertreter von sechs großen genossenschaftlichen Molkereiunternehmen zusammengefunden, inzwischen ist ein weiteres Unternehmen vertreten. Dieser Plattform gehören Arla Foods amba, Bayerische Milchindustrie (BMI) eG, Deutsches Milchkontor (DMK) eG, Hochwald EG, Molkerei Ammerland eG, Royal FrieslandCampina UA und Uelzena EG an. Sämtliche IGM-Vertreter haben herausgehobene Funktionen in den genannten Molkereiunternehmen, mit der IGM ist nur eine weitere Organisation im Fahrwasser des Genossenschaftsverbandes entstanden. Ein vom ehemaligen Bundesagrarminister Christian Schmidt mit dem Entstehen der IGM gehegter Hoffnungsschimmer, dass damit die Gründung einer Branchenorganisation gelänge, erfüllte sich mit der IGM nicht – zu unterschiedlich seien die Interessen der in der IGM sich wiederfindenden Molkereiunternehmen.

 

Milcherzeugerpreise sinken weiter

Um rund 2 ct/kg im Durchschnitt dürfte das Maimilchgeld geringer ausfallen als im Vormonat, die Spanne bewegt sich von 27 ct/kg bis 36 ct/kg (Grundpreis/netto). Die Zahl der Molkereiunternehmen, die unter der 30-Cent-Schwelle auszahlen, nimmt deutlich zu. Die 36-Cent-Molkerei ist mit Markenprodukten sehr gut am Markt positioniert, das Erfassungsgebiet ist jedoch der Alpenraum. Eine erste Molkerei hat für die Junimilch einen Auszahlungspreis von 25 ct/kg angekündigt. Die aktuelle Milchpreisentwicklung widerspricht dem von Bauernverband und Molkereiwirtschaftsverbänden gestreuten Marktoptimismus bzw. Beruhigungspillen.

 

Hans Foldenauer, Sprecher Bundesverband deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

Nitratrichtlinie: Informationen aus den Ländern

Newsletterbild
© Myriam Zilles, Pixabay

Mit Berichten aus Belgien und Deutschland setzen wir unsere Serie zur Nitratrichtlinie fort. Der belgische Beitrag erläutert die Düngebeschränkungen und Zeiträume für die Ausbringung. Aus Deutschland wird über die wichtigsten Änderungen der geänderten Düngeverordnung berichtet, die seit 1. Mai in Kraft ist.

 

Die belgische Düngemittelpolitik

Die Nitratrichtlinie wird in der Wallonie über das „Programm zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Stickstoff in der Landwirtschaft“ (Programme de Gestion Durable de l'Azote en Agriculture, PGDA) umgesetzt, dessen drittes Aktionsprogramm seit dem 15. Juni 2014 gilt. Um das Ziel zu erfüllen, die Verunreinigung des Grund- und Oberflächenwassers durch Nitrat aus der Landwirtschaft zu verringern, sieht die Nitratrichtlinie vor, dass das PGDA alle vier Jahre überprüft wird.

 

Ausbringbare Höchstmengen

Auf Grünland: Die durchschnittliche Menge an organischem Stickstoff, der pro Jahr und Hektar auf Grünland ausgebracht werden darf, liegt bei 230 kg. Die Abgabe an den Boden durch Ausscheidungen beim Weidegang der Tiere wird beim organischen Stickstoffeintrag und Gesamtstickstoffeintrag angerechnet. Der jährliche Stickstoffgesamteintrag (organisch + mineralisch) pro Hektar beträgt maximal 350 kg.

Auf Ackerland: Im Rahmen einer Fruchtfolge (2-5 Jahre) liegt die mittlere organische Stickstoffmenge, die pro Jahr und Hektar Ackerland ausgebracht werden kann, bei maximal 115 kg. Für jede Parzelle gilt die ausbringbare Höchstmenge von 230 kg/ha organischem Stickstoff. Der jährliche Gesamtstickstoffeintrag (organisch und mineralisch) beträgt maximal 250 kg/ha.

In gefährdeten Zonen: In gefährdeten Zonen darf der mittlere organische Stickstoffeintrag des gesamten Betriebs (Anbau- und Weideflächen) 170 kg/ha nicht übersteigen.

 

Ausbringungszeiten

Die Zeiten, zu denen die Ausbringung gestattet ist, hängen von der Art des verwendeten Hofdüngers, der Lage der Parzelle (gefährdete Zone oder nicht) und ihrer Nutzung (Acker- oder Grünland) ab. Seit 1. Januar 2015 ist die Gülleausbringung in Form von „Breitverteilern, die nach oben abstrahlen“ (nach oben abstrahlender Prallteller) unter Nutzung von Fässern mit einem Fassungsvermögen von über 10.000 Litern verboten.

Seit 2008 können Landwirte, deren Nutzflächen zu mindestens 20% als gefährdete Zone gelten, zum Nitratgehalt ihrer Parzellen kontrolliert werden. Der Nitratgehalt wird durch Messungen des potenziell auswaschungsgefährdeten Stickstoffs berechnet. Dieser Wert entspricht dem Nitratrückstand, der nach der Ernte im Herbst noch in den Böden verbleibt. Die Überwachung dieses Werts wird als Kontrollinstrument für eine gute Stickstoff-Bewirtschaftung in gefährdeten Zonen verwendet.

 

Quelle: PROTECT'eau asbl 

 

Deutschland – Wichtigste Änderungen der neuen Düngeverordnung

Ende März hat der Bundesrat der neuen Düngeverordnung zugestimmt, die seit 1. Mai 2020 gültig ist. Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungsinhalte aufgeführt.

  • Wegfall des Nährstoffvergleiches für Stickstoff (N) und Phosphat (P). Als Ersatz für den bekannten verpflichtend zu erstellenden Nährstoffvergleich soll die schlaggenaue und zeitnahe Aufzeichnung der tatsächlich aufgebrachten Düngemengen (mineralisch, organisch) eingeführt werden.
  • Begrenzung der Ausbringmenge für flüssige organische Düngemittel auf Grünland und auf Ackerland mit mehrjährigem Feldfutterbau bei einer Aussaat bis zum 15. Mai auf 80 kg Gesamt-N/ha in der Zeit vom 01.09. bis zum Einsetzen der Sperrfrist.
  • Verlängerung der Sperrfrist für Festmist von Huf- oder Klauentieren sowie Komposte um zwei Wochen (01.12. bis zum 15.01.) sowie eine Einführung einer Sperrfrist für phosphathaltige Düngemittel (01.12. bis 15.01.).
  • Überschreitung des ursprünglich ermittelten Stickstoff-Düngebedarfs infolge nachträglich eintretender Umstände ist um maximal 10 % erlaubt.
  • Erhöhung des Gewässerabstandes bei Flächen ab 5 % Hangneigung ohne Düngung von einem Meter auf drei Meter sowie eine Erhöhung des Gewässerabstandes bei Flächen ab 10 % Hangneigung ohne Düngung auf fünf Meter.

 

Zusätzliche Anpassungen für Betriebe in der Stickstoff-Kulisse:

  • Verringerung des Düngebedarfs um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt der Flächen des Betriebes, die in der N-Kulisse bewirtschaftet werden. Schlagbezogene Stickstoff-Obergrenze für die Ausbringung von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln in Höhe von 170 kg N je Hektar.
  • Verlängerung der Sperrfrist für Grünland und für Flächen des mehrschnittigen Feldfutterbaus bei einer Aussaat bis zum 15. Mai in der N-Gebietskulisse um zwei weitere Wochen (01.10. bis 31.01.; derzeit in Schleswig-Holstein 15.10. bis 31.01.).
  • Begrenzung der Ausbringmenge für flüssige organische Düngemittel auf Grünland und auf Ackerland mit mehrjährigem Feldfutterbau bei einer Aussaat bis zum 15. Mai auf 60 kg Gesamt-N/ha in der Zeit vom 01.09. bis zum Einsetzen der Sperrfrist.

 

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

Adrien Lefèvre von FaireFrance im Interview

Newsletterbild
© FaireFrance

Die von der COVID-19-Pandemie ausgelöste Krise trifft auch den Milchsektor. Adrien Lefèvre, stellvertretender Vorsitzender von FaireFrance und Milcherzeuger aus den Ardennen, beantwortet unsere Fragen.

 

Wie wirkt sich die Pandemie auf die Vermarktung der fairen Milch von FaireFrance aus?

Bei Ankündigung der Lockdown-Maßnahmen haben die VerbraucherInnen die Geschäfte gestürmt. Wir hatten das Glück, dass unsere fairen Produkte in ausreichender Menge in diesen Geschäften vorhanden waren. Haltbare Produkte, wie H-Milch und H-Sahne, waren bei den Kunden sehr gefragt, die zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, wie lange diese Situation andauern würde. Die Produkte der Marke FaireFrance haben außerdem die Besonderheit, dass sie vollständig im Land entstehen, was bei BürgerInnen, die sich wieder stärker auf lokale Erzeugnisse besinnen, umso gefragter war.

Wie hat sich der Absatz von FaireFrance in dieser alles andere als normalen Zeit entwickelt?

Während der Zeit des Lockdowns haben wir den Absatz unserer fairen Produkte unter dem Siegel FaireFrance im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 80% steigern können. Halbfettmilch in Tüten war sehr nachgefragt. Bei der Biomilch schwankte die Nachfrage weniger. Um die größeren Produktionen zu begünstigen, haben wir strategische Entscheidungen getroffen, insbesondere eine Umstellung der Palettierung (Halb- statt Vollpaletten) und die vorübergehende Einstellung der Produktion von Halb-Liter-Packungen.

Wie gelingt es den LandwirtInnen, neben ihrer täglichen Arbeit in den Betrieben mit dieser außergewöhnlichen Situation umzugehen?

Die ErzeugerInnen der Marke, insbesondere die Vorstandsmitglieder, sowie die Beschäftigten hatten mehrere Online-Krisensitzungen, da wir alle aus unterschiedlichen Regionen kommen. Es ging um die Suche nach schnellen Lösungen, hauptsächlich für Lieferprobleme in den Geschäften.

Tatsächlich hatte die durch die Pandemie ausgelöste Krise einige Komplikationen zur Folge, insbesondere die Kurzarbeit im Transportsektor, wodurch sich die Lieferzeiten verdoppelt haben. Es gab außerdem Probleme mit einigen Palettierungsformen und verschiedenen Verpackungen, weshalb manche Artikel vorübergehend vergriffen waren.

Kann die faire Milch in einer Zeit, in der die Lage des Milchpreises in allen europäischen Ländern sehr ungewiss ist, eine Lösung sein?

Ja, in dieser außergewöhnlichen Situation wird die faire Milch sogar zum echten Krisensteuerungsinstrument. Die an FaireFrance beteiligten ErzeugerInnen erhalten einen garantierten Preis von 45 Cent pro Liter verkaufter Milch. Wir erfüllen nicht nur die Erwartungen der VerbraucherInnen und BürgerInnen in vollem Maße, sondern erwirtschaften mit der deutlich gestiegenen Absatzmenge auch ein Zusatzeinkommen für unsere Mitglieder.

Glauben Sie, dass die „VerbraucherInnen/BürgerInnen“ auch weiterhin die fairen Produkte von FaireFrance kaufen werden?

Wir sind seit der Vermarktung unserer ersten Milchtüten 2013 Vorreiter in diesem Bereich und stellen fest, dass die Zahl der KonsumentIinnen unserer Produkte stetig steigt. Unser Konzept ist ideal, um allen Gliedern der Kette eine gerechte Entlohnung zu gewährleisten. Nachhaltiger geht es also nicht. Außerdem entspricht unsere Initiative einem veränderten Konsumverhalten der BürgerInnen, die mehr lokale Erzeugnisse statt importierter Billigprodukte kaufen, was sinnvoll ist. Aus meiner Sicht wird die Krise diese Veränderung des Konsumverhaltens nur noch positiv beschleunigen.

Herr Lefèvre, vielen Dank für diese Einschätzung!

 

Vanessa Langer, EMB

Schweizer Milchbauern werden einmal mehr geprellt

Newsletterbild
© Pixabay

Erstmals seit Jahren fehlen in der Schweiz große Mengen Butter. Ursache ist die Steigerung der Käseproduktion. Bei der Butterherstellung würde zwar ein besserer Preis für die Bauern resultieren, aber bei der Käseherstellung ist die Verarbeitungsmarge höher.

 

Es sind die Verarbeiter, die hier entscheiden. Die BO Milch hat jetzt den Import von 1000 Tonnen Butter beantragt. Und dies mit der Zusage der Verarbeiter und des Handels, dass der Fettpreis angehoben wird und die Bauern dadurch einen höheren Milchpreis bekommen. Die angekündigten Milchpreise für Juli zeigen zwar einen leichten Anstieg des Grundpreises. Weil aber gleichzeitig die Abzüge erhöht worden sind, bleibt ein besserer Milchpreis weiterhin ein Wunsch.

Es ist paradox: Man zieht den Bauern Geld ab, damit inländische Butter verbilligt an die Nahrungsmittelindustrie abgegeben wird, die dann lastwagenweise Schweizer Produkte exportiert. Am Zoll überkreuzen sich diese Lastwagen mit jenen, die Butter importieren.

Der Schweizerische Bauernverband tobt: „Die aktuelle Situation im Molkereimilchmarkt ist unhaltbar.“ Die Ohnmacht der Bauern kippt nun auch in den obersten Verbandsetagen in Wut.

 

Werner Locher, Sekretär bei der Bäuerlichen Interessengruppe für Marktkampf (BIG-M)

Impressum

European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org