EMB Newsletter Juni 2012
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European Milk Board
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E-Mail: office@europeanmilkboard.org
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Tel.: +32 - 2808 - 1935
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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,
Unter den irischen Milcherzeugern wächst die Sorge angesichts der Richtung, in die sich der Milchpreis 2012 entwickelt. Die meisten Milchverarbeiter haben für April den Milchpreis um 3 Cent pro Liter gesenkt und kündigen weitere Kürzungen für die nächsten Monate an. Bei einem Milchpreis, der aktuell bei 31 Cent pro Liter liegt, und schnell steigenden Kosten könnte die Situation in Irland dramatisch werden, sofern weitere Milchpreiskürzungen nicht abgewendet werden. Wir beobachten die Lage in ganz Europa sehr aufmerksam und sind uns nur zu bewusst, dass viele andere Mitgliedsstaaten in einer ähnlichen Situation sind; die ungünstigen Wetterbedingungen haben die Produktionskosten in die Höhe getrieben und die internationalen Milchmärkte sind in den letzten Monaten unter Druck geraten.
Der irische Mitgliedsverband im European Milk Board (EMB) ICMSA wehrt sich gegen die Milchpreiskürzungen durch die Verarbeiter in Irland und hat in den letzten zwei Monaten Gespräche mit fast allen großen Verarbeitern geführt. Unser Widerstand ist nicht ‚reflexartig’. Es ist offensichtlich, dass die Märkte zwar einerseits schwächer sind, die irischen Verarbeiter aber andererseits 2011 sehr beträchtliche Gewinne eingefahren haben. Vor dem Hintergrund des Genossenschaftsgedankens ist es unsere feste Überzeugung, dass diese Gewinne und Rücklagen genutzt werden müssen, um den Milchpreis zu stützen. Wie genau sich die Milcherzeugerorganisationen in den einzelnen europäischen Ländern in diesem Zusammenhang für die Milchbündelung einsetzen, um das Schicksal ihrer Mitglieder in bessere Gefilde zu lenken, ist ein Schwerpunktthema dieses EMB-Newsletters.
Der Milchpreis wird in den nächsten Monaten in Irland und dem Rest Europas Hauptthema sein, aber die derzeitige Lage zeigt einmal mehr die Notwendigkeit einer klar definierten Politik auf EU-Ebene, um den Preisschwankungen entgegenzuwirken. Es ist gerade die Erkenntnis, dass diese Probleme nur auf EU-Ebene gelöst werden können, die unseren irischen Verband ICMSA veranlasst hat, sich im EMB zu engagieren. Das EMB bringt in dieser Frage die Dynamik und den rein milchpolitischen Fokus mit, der zur Verbesserung der Lage dringend erforderlich ist und von den bereits bestehenden Interessensgruppen vielleicht nicht immer voll erfasst wird.
Ich bin Milcherzeuger an der irischen Westküste und auf den ersten Blick mag es scheinen, als hätte ich nicht viel gemeinsam mit meinen Kollegen in Holland oder Bayern. Aber dieser Eindruck ist völlig falsch; es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Wir sind die Primärerzeuger einer Substanz, auf der ein riesiger und sehr wertvoller internationaler Sektor aufbaut. Dennoch scheinen wir die am wenigsten beachtete Größe bei der Gestaltung einer Politik zu sein, die uns ein Einkommen sichern sollte, das im richtigen Verhältnis zu unserer Arbeit, unseren Fähigkeiten und Investitionen steht.
Ich weiß, dass es so ist. Meine Kolleginnen und Kollegen in Holland und Bayern und überall in Europa wissen, dass es stimmt. Und zusammen werden wir im EMB kämpfen, um ein System zu ändern, das die Menschen, die die Milch erzeugen, hintenanstellt.
John Comer (Vorstandsmitglied im EMB und Präsident von ICMSA)
Wir müssen es jetzt selbst in die Hand nehmen!
Im folgenden Interview erläutert der Vorstandsvorsitzende des MEG Milch Board Peter Guhl die neue Strategie seiner Erzeugergemeinschaft als Reaktion auf das kürzlich in Kraft getretene EU-Milchpaket.
BESTE: Herr Guhl, welche Konsequenzen hat die MEG Milch Board als größte deutsche Milcherzeugergemeinschaft aus dem Ergebnis der Verhandlungen zum Milchpaket in Brüssel gezogen?
GUHL: „Wir haben unsere Interessen bei den Verhandlungen zum Milchpaket in Brüssel sehr konsequent vertreten und zusammen mit dem EMB auch viele unserer Vorstellungen einbringen können. Die Ergebnisse des Milchpakets machen allerdings ärgerlich. Nun ist es unserer Meinung nach Zeit, selber die Ärmel hochzukrempeln! Die Milchbauern müssen die Sache – und damit meine ich die Milch – nun selbst in die Hand nehmen.“
France MilkBoard: Die Chancen nutzen
Seitdem in Frankreich Milcherzeuger und Unternehmen zum Abschluss von Verträgen gesetzlich verpflichtet sind, gewinnt der Aufbau einer Erzeugerorganisation wie dem France MilkBoard umso mehr an Bedeutung.
Hauptziel des France MilkBoard ist es, eine unabhängige und übergreifende Organisation zu werden: Unabhängig von den Unternehmen, aber auch vom größten Bauernverband FNSEA in Frankreich, dessen Priorität ganz offensichtlich nicht mehr in der Verteidigung der Interessen der Erzeuger liegt; Übergreifend, um zu verhindern, dass sich eine solch verheerende Situation, wie die Schweiz sie gerade erlebt, wiederholt und dass der Wettbewerb zwischen Unternehmen unweigerlich immer nur zu Lasten der Erzeuger geht.
Genossenschaften: Mitglieder in den Niederlanden schlechter gestellt als in Deutschland
Der Rechtsanwalt Oliver Schniewind hat vor einiger Zeit ein Gutachten im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) erstellt, in dem die Rechtslage individueller Milcherzeuger in Bezug auf “Ihre” Genossenschaft untersucht wird. Das Dutch Dairymen Board (DDB) hat dieses Gutachten nun niederländischen Juristen vorgelegt, um beurteilen zu lassen, ob die Rechtslage von Milcherzeugern in den Niederlanden vergleichbar ist und zu welchen Schlussfolgerungen das Gutachten auf der Grundlage niederländischen Rechts gekommen wäre.
Obwohl die niederländische der deutschen Gesetzgebung in den meisten Bereichen ähnelt, gibt es Unterschiede, welche die rechtliche Stellung niederländischer Genossenschaftsmitglieder gegenüber ihren deutschen Kollegen verschlechtert. Vor allem die sogenannte „Strukturregelung“ begrenzt in den Niederlanden die Rechte von Genossenschaftsmitgliedern. Diese Regelung muss angewendet werden, wenn die Genossenschaft folgenden Kriterien erfüllt sind:
Landwirtschaftliche Sozialversicherung: Unterschiede prägen das Bild in Europa
Die soziale Sicherung für Landwirte in Europa funktioniert von Land zu Land unterschiedlich und ist stark durch Traditionen und Eigenarten der Nationalstaaten geprägt. So unterscheidet sie sich hauptsächlich bezüglich des versicherten Personenkreises, der Organisation, des Leistungsspektrums und der Finanzierung. Frankreich, Finnland, Österreich, Deutschland, Griechenland und Polen unterhalten dabei als einzige Länder eigene Sozialversicherungssysteme für die Landwirtschaft.
In allen Ländern mit eigenen landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystemen besteht dieses System in der Regel parallel zu einer allgemeinen Sozialversicherung sowie den Sicherungssystemen anderer Berufsgruppen. Dabei werden in unterschiedlichen Ländern jeweils verschiedene Lebensrisiken abgedeckt.
Schwedische Milchbauern gehen auf die Straße
Der schwedische EMB-Mitgliedsverband Sveriges Mjölkbönder hat anlässlich des Weltmilchtages am Freitag, 1. Juni eine Demonstration in Stockholm veranstaltet. Milchbauern aus Schweden und anderen Ländern Europas waren gekommen, um dem Kampf gegen die schwierige Lage auf dem schwedischen Milchmarkt mir einer stark abnehmenden Zahl aktiver Bauern Stimme und Gesicht zu geben.
Der Dachverband der schweizer Milchproduzenten hält an seinem Austritt aus der Branchenorganisation Milch fest.
Die aktuelle Lage auf dem schweizer Milchmarkt ist von einer noch nie dagewesenen Rekordproduktion gezeichnet. Die Milchpreise fallen rapide und die gestiegene Milchmenge kann dabei ausschließlich in Form von Butter und Milchpulver auf dem Weltmarkt entsorgt werden. Allein im Monat Mai sind die Auszahlungspreise für die Bauern zwischen 2,5 und 4 Rappen gefallen.
Der Branchenorganisation Milch (BOM) ist es in ihrem dreijährigen Bestehen nicht gelungen, die Probleme im Schweizer Milchmarkt zu lösen. Dies war schließlich der Grund dafür, warum die Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten (SMP) im Herbst 2011 aus der BOM ausgetreten ist. Damit verliert die BOM den Status einer Branchenorganisation, denn jetzt sind darin nur noch die Milchhandelsorganisationen, die Verarbeiter und der Detailhandel vertreten.
Genossenschaften: Ein System für die Zukunft?
Vom 21. bis 23. März 2012 hat an der Humboldt-Universität in Berlin eine internationale Tagung zum Thema „Genossenschaftliche Antworten auf globale Herausforderungen“ stattgefunden. Hierbei sollten zukunftsweisende Ansätze zur Gestaltung eines besseren Wirtschaftssystems diskutiert werden.
Vor dem Hintergrund des derzeitigen internationalen Jahres der Genossenschaften waren insgesamt 239 Teilnehmer aus 56 Nationen zu dieser Veranstaltung nach Berlin gekommen.
EMB-Agenda
Hier finden Sie einige der wichtigsten Termine des EMB-Vorstands im Juni 2012:
4./5.6.: Workshop Nahrungsmittel und Landwirtschaft im Rahmen des ATM
12.6.: Vorstandssitzung in Brüssel
13.6.: Treffen mit ECVC und FFE in Brüssel
14.6.: Treffen mit einem Milcherzeugerverband in Riga
25.6.: Beratungsgruppe GAP zu internationalen Aspekten
26./27.6.: Allianztreffen des ATM in Brüssel
Volltexte
Wir müssen es jetzt selbst in die Hand nehmen!
Im folgenden Interview erläutert der Vorstandsvorsitzende des MEG Milch Board Peter Guhl die neue Strategie seiner Erzeugergemeinschaft als Reaktion auf das kürzlich in Kraft getretene EU-Milchpaket.
BESTE: Herr Guhl, welche Konsequenzen hat die MEG Milch Board als größte deutsche Milcherzeugergemeinschaft aus dem Ergebnis der Verhandlungen zum Milchpaket in Brüssel gezogen?
GUHL: „Wir haben unsere Interessen bei den Verhandlungen zum Milchpaket in Brüssel sehr konsequent vertreten und zusammen mit dem EMB auch viele unserer Vorstellungen einbringen können. Die Ergebnisse des Milchpakets machen allerdings ärgerlich. Nun ist es unserer Meinung nach Zeit, selber die Ärmel hochzukrempeln! Die Milchbauern müssen die Sache – und damit meine ich die Milch – nun selbst in die Hand nehmen.“
BESTE: Bisher hat die MEG Milch Board nur Erzeuger gebündelt. Bedeutet der Strategiewechsel, dass Sie jetzt die Milch selber einsammeln und verkaufen wollen?
GUHL: „ Nun, wir haben jetzt nicht vor, uns einen Milchwagenpark anzulegen. Unser Konzept besteht darin, die Verhandlung, Vertragsgestaltung und den Vertragsabschluss, quasi als Dienstleister für die Milchbauern zu übernehmen.
BESTE: Das bedeutet ja, dass es vor den Molkereien einen Markt und Verhandlungen über den Preis geben würde?
GUHL: „Ja genau. Zwischen die Erzeuger– und Verarbeiterebene muss die Ebene „Handel“ geschaltet werden. Und dafür muss die Erzeugerebene stark genug sein, um gleichwertiger Verhandlungspartner sein zu können. Einzelne Erzeuger kann man immer leichter unter Druck setzen. Wenn eine Erzeugergemeinschaft die Verträge abschließt – mit genossenschaftlichen oder privaten Verarbeitern – ist der Durchgang, über den die Kosteneinsparungen der Verarbeiter an die Erzeuger durchgereicht werden können, nicht mehr möglich.
BESTE: Inwiefern können bei dieser neuen Strategie die Produktionskosten in die Milchpreisfindung einfließen
GUHL: „Eine der Satzungsaufgaben der MEG Milch Board ist es, einen Basispreis zu berechnen, der die Vollkosten in Gänze berücksichtigen wird und uns in den Verhandlungen dann zur Verfügung steht.“
BESTE: Herr Guhl, Ihrer Meinung nach muss Milchanlieferung und Kapitaleinlage nicht zwingend zusammenhängen. Wie lässt sich das trennen, so lange es die Andienungspflicht gibt?
GUHL: „ Rund 2/3 der deutschen Milcherzeuger sind Mitglied in genossenschaftlich strukturierten Molkereiunternehmen. Diese Konstellation bedeutet auf der einen Seite, dem Molkereiunternehmen durch die Zeichnung von Geschäftsanteilen Eigenkapital bereit zu stellen und auf der anderen Seite durch die in den Satzungen festgehaltene Andienungspflicht seine komplette Milch zur Verarbeitung nur diesem Unternehmen abliefern zu dürfen. Die Andienungspflicht muss fallen. Sie hat nichts mit freiem Wettbewerb zu tun und untergräbt, die – auch vom Milchpaket – anvisierte Stärkung der Erzeuger durch Bündelung.
BESTE: Und wie soll dann die Bündelung genau aussehen?
GUHL: „Die Bündelung der Rohmilch ist Aufgabe reiner Erzeugerorganisationen. Wichtig ist, dass alle Organisationen sich mindestens auf Landesebene (Beispiel Bayern MEG in Deutschland) zur Koordination sämtlicher Marktentscheidungen und -bewegungen entschließen. Ohne konkrete Vertragsbedingungen fließt kein Liter Milch zur Molkereiwirtschaft. Dem Beispiel der Bayern-MEG folgend sind dann allerdings bundeslandübergreifend solche Vermarktungsstrukturen zu installieren, um sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen.
BESTE: Wie sähe denn bei den vom Milchpaket vorgegebenen Bündelungsgrenzen so eine deutschlandweite Bündelung aus? Gäbe es dann einfach drei oder vier Milch Boards?
GUHL: Im Prinzip ja. Die Arbeit der Bundesländer-MEG´s wäre dann auf Bundesebene zusammenzuführen. Idealer Weise würde dies in der MEG Milch-Board Deutschland w. V. münden. Anzunehmen sind allerdings kartellrechtliche Bedenken, die gegen eine einzige Bundesorganisation sprechen. Die Deutschland-MEG ratifiziert die Verträge der Landes-MEG´s, schließt Direkt-Abnahmeverträge eventuell mit dem Handel ab, erstellt Marktanalysen usw. Sie wäre dann auch Verbindungsstelle zu einer europäisch angelegten Branchenorganisation Milch, die mit einer Monitoringstelle, Milchsteuerungsstelle und Marktsteuerungsstelle arbeitet. Eines muss uns aber bewusst sein, es wird kein Gebilde geben, das von Anfang an dem Idealbild entspricht. Vielmehr wird es einen schrittweisen Aufbau geben. Damit sind auch kartellrechtliche Bewandtnisse nicht von Anfang an als Hemmschuh zu betrachten. Es ist nie zu spät, mit Neuem zu beginnen!“
Das Interview führte Dr. Andrea Beste, Öffentlichkeitsreferentin der MEG Milch Board