MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,

Die Milchmarkt-Beobachtungsstelle (MMO) hatte letzten Monat ihr einjähriges Jubiläum. Wir begrüßen weiterhin die zusätzlichen wichtigen Informationen, die tagtäglich europaweit veröffentlicht und bereitgestellt werden. Informationen zu veröffentlichen und entsprechend der Informationen zu handeln sind jedoch zwei Paar Schuhe. Wie wir nach Einrichtung der MMO befürchtet und auch geäußert haben, scheint die Kommission die Erhebung von Daten mit sinnvoller Intervention zu verwechseln und wir sind in Sachen Politik für ein praktisches und effektives Einschreiten in Zeiten von Marktturbulenzen keinen Schritt weitergekommen.

Es scheint offensichtlich, dass sich die Rolle der MMO ändern muss. Auch der Nicholson-Bericht sagt, dass „das Ziel des Milchpakets darin besteht, den Milchsektor mit flexiblen Instrumenten nachhaltig und wettbewerbsfähig zu machen". Der Bericht stellt fest, dass Schwankungen auch künftig eine Herausforderung für den Milchsektor darstellen werden und fordert die Kommission nachdrücklich auf, Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, mit denen die Risiken, die sich daraus ergeben, dass der Sektor verstärkt dem Weltmarkt ausgesetzt ist, abgefedert werden können. Dies muss der Kern der künftigen Milchpolitik innerhalb der GD AGRI sein. Die Aussicht, dass familiär geführte Höfe wegen weitgehend vermeidbarer Schwankungen aufgeben müssen – während Abhilfemaßnahmen gesetzlich veranlasst werden könnten – ist nur schwer zu akzeptieren. Vor allem, wenn diese Familienbetriebe überwiegend rentabel, aber einfach nicht in der Lage sind, die heftigen Preisschwankungen und abrupten Marktbewegungen zu verkraften.

Auch wenn der Nicholson-Bericht feststellt, dass die „mittel- und langfristigen Perspektiven für den Milchsektor sowohl auf den Inlandsmärkten als auch weltweit nach wie vor günstig sind", ist das wohl kein Trost für die Milcherzeuger, die jedes Jahr aufgrund der extremen Preisschwankungen aussteigen. Wir brauchen Programme mit Rechtsetzungsbefugnissen, um potenzielle Krisen in den Griff zu bekommen, bevor sie ausbrechen. Vorsicht ist besser als Nachsicht und daher wäre ein MMO, das mehr als ein Papiertiger ist, ein großer Schritt auf dem Weg zur Vermeidung von Krisen wie der aktuellen, in der die Milchpreise auf einen Rekordtiefstand wie zuletzt 2009 fallen.

Die MMO gibt der EU außerdem die Gelegenheit, – endlich – etwas gegen die Übermacht der Einzelhändler in der Lieferkette zu unternehmen. Das derzeitige System, in dem einige Parteien (Einzelhändler) einer Transaktion mehr Informationen haben als andere (Landwirte), setzt die Primärerzeuger vollkommen unfair unter Druck. Dieses System der so genannten „asymmetrischen Information“ führt dazu, dass die gesamte Entscheidungsgewalt sich in den Händen der Einzelhändler konzentriert, wobei die Margen in der Nahrungsmittellieferkette für den Einzelhandel stabil bleiben, aber für den Primärerzeuger ständig „ausgepresst“ werden. Wir fordern die Kommission auf, die Möglichkeit der Erhebung von „Echtzeitdaten“ von allen Beteiligten rigoros zu verfolgen, sodass sie zusammen mit einer gesetzlichen Grundlage die Möglichkeit hätte, proaktiv, sinnvoll und fair einzuschreiten.

Die Europaabgeordneten fordern in ihren Änderungsanträgen zum Nicholson-Bericht ebenfalls eine verbesserte Beobachtungsstelle für den Milchmarkt. Über den Bericht zum Milchsektor mit seinen über 480 Änderungsanträgen wird am 8. Juni abgestimmt. Sie finden in diesem Newsletter eine kurze Analyse.

Darüber hinaus freuen wir uns, die Zweite Faire Milch Konferenz in Italien anzukündigen. Am 23. Juni werden Landwirte aus den Faire Milch Ländern über ihre Marke und Produkte  sprechen.

John Comer, Mitglied des EMB-Vorstands und Vorsitzender des irischen Verbands ICMSA

2. Faire Milch Konferenz in Italien: 23. Juni 2015

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© EMB

Anlässlich der Weltausstellung (EXPO) in Italien, laden das European Milk Board, unser italienischer Mitgliedsverband APL und COPAGRI herzlich zur zweiten Europäischen Faire Milch Konferenz in Montichiari, unweit des Gardasees, ein.

Das European Milk Board macht seit mehreren Jahren mit dem Slogan "Faire Milch" auf die Notwendigkeit kostendeckender Milchpreise aufmerksam. In sechs europäischen Ländern werden zur Zeit Faire Milch Produkte vermarktet. Auf der Konferenz bekommen Sie die Gelegenheit, die aktuellen Erzeugnisse und Projekte kennenzulernen. Die Verleihung der „Goldenen Faironika 2015“ wird erneut den Höhepunkt der Faire Milch Konferenz bilden. Mit dem Preis wird seit letztem Jahr je ein Politiker und ein Landwirt geehrt, die sich um eine nachhaltige Lebensmittelproduktion verdient gemacht haben. Die Kunstkuh „Faironika“ symbolisiert die Forderung der europäischen Milchbauern für einen fairen und kostendeckenden Milchpreis und ist quer durch Europa in den jeweiligen Landesfarben präsent.

Im Anschluss an die Konferenz gibt es die Möglichkeit, die EXPO in Mailand zu besuchen. Ein Shuttle-Bus bringt interessierte Teilnehmer von der Faire Milch Konferenz zum EXPO-Gelände in Mailand.

Vom 24. bis zum 28. Juni werden Faire Milch Produkte auf der EXPO ausgestellt.

 

Programm Faire Milch Konferenz am 23. Juni

11:00          Begrüßung

                   Il latte onesto Italia

                   Internationale Faire Milch Projekte

                   Verleihung der „Goldenen Faironika“

                   Diskussion

14:30          Ende (Verkostung & Buffet)

 

Anmeldung bitte bis zum 18. Juni an office@europeanmilkboard.org

Die Faire Milch in Belgien: Neue Produkte am Markt

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Fairebel

Die belgischen Milcherzeuger haben mit ihrer Marke Fairebel Ende April – anlässlich des 5-jährigen Bestehens ihrer Genossenschaft Faircoop - ein neues Produkt präsentiert: Fairebel-Käse aus Grasmilch.

Vor 5 Jahren - während der Milchkrise – beschlossen die belgischen Landwirte, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ziel war es, eine angemessene Entlohnung für ihre Arbeit zu erhalten und ihre Betriebe weiterführen zu können. Gleichzeitig wollten die Bauern auch qualitativ hochwertige Produkte anbieten. Mit Erfolg - nach Halbfettmilch, Schokoladenvollmilch, Eiscreme und Vollmilch, wurde das Fairebel-Sortiment nun um zwei Käsesorten erweitert. In Partnerschaft mit der Käserei Herve Société werden seit einigen Wochen Weichkäse von 200g und Hartkäse in Würfeln (150 g) produziert. Die Milchlieferanten verpflichten sich, bei der Produktion des Grasmilch-Käse bestimmte Kriterien der Bewirtschaftung (Weidehaltung, regionale Futtermittel, GVO-frei) einzuhalten. Die neuen Produkte werden in zahlreichen Verkaufsstellen angeboten.

Wir wünschen der Faircoop weiterhin viel Erfolg!

 

EMB Video: Präsentation Faire Milch Käse in Herve (29. April 2015)

Video über Faircoop Milcherzeuger und Produktion von Fairebel-Weichkäse (FR)

Video über Produktion von Fairebel-Hartkäse (NL, FR)

EMB-Positionspapier stellt wichtigste Forderungen des Ausschusses der Regionen vor

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© Ausschuss der Regionen

Der Ausschuss der Regionen (AdR) hat die EU-Institutionen in einer ungewöhnlich klaren Stellungnahme zu einer Korrektur in der Milchpolitik aufgefordert (siehe unsere Pressemitteilung vom Mai 2015).

Die Stellungnahme des AdR ruft die EU-Institutionen insbesondere dazu auf:

  • Maßnahmen zu ergreifen, um das Einkommen aller Erzeuger zu sichern
  • Erzeugerorganisationen und ihre Verhandlungsmacht zu stärken
  • Die Funktionsweise der Milchmarktbeobachtungsstelle zu verbessern
  • Das vom EMB vorgeschlagene Marktverantwortungsprogramm zu prüfen
  • Im Hinblick auf eine vollständige Abdeckung des Milchmarktes, die Vertragsbindung auf die Genossenschaften auszuweiten.

In unserem neuen Positionspapier stellen wir die Forderungen des Ausschusses der Regionen im Detail vor.

Hanna Penzer, EMB

Situation in Deutschland

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Das Auslaufen der Quote zum 31.03.2015 wurde in vielen traditionellen Instituten (DBV, LfL Bayern, LLH, MIV, etc) als Befreiung der Milchbauern gefeiert. In Zukunft könne nun jeder Betriebsleiter selbst über die Entwicklung seines Betriebes entscheiden und müsse nun nicht mehr auf die „teure“ Quote als Hindernis und Korsett des Betriebes achten.

Die Quote, so die Befürworter des Auslaufens der Quote, habe in den 31 Jahren außer Kosten für den Betrieb nichts gebracht und das damals gesteckte Ziel der Stabilisierung des Milchpreises nie erreicht. Der Markt sei nicht vor starken Schwankungen bewahrt geblieben und die Zahl der milcherzeugenden Betriebe habe sich in Deutschland trotz Quote von 369.000 (1984) auf 78.000 (2014) verringert (Faktencheck des DBV zum Quotenende). Wie die Geschichte der Milchwirtschaft ausgesehen hätte ohne Quote, kann viel spekuliert werden, da es keine Vergleichsmöglichkeit gibt. Fakt ist aber, dass der Milchpreisrückgang innerhalb Jahresfrist von mind. 10 ct/kg bei einem Produktionsvolumen von 29 Mio. t. einen Wertschöpfungsverlust für die Milcherzeuger von mind. 2,9 Mrd. € bedeutet. Bis zum 30.04.2015 haben die Molkereien mit dem Handel die neuen Kontrakte für die weiße Linie (Milch, Joghurt, Quark) verhandelt. Völlig ungewöhnlich und neu ist, dass keine Meldungen über den Verlauf und den Ausgang der Verhandlungen zu finden sind. Aufgrund der Senkung des Milchpreises bei Aldi von 59 ct/l auf 55 ct/l lässt sich jedoch vermuten, dass die Molkereien bei den Verhandlungen „Federn“ lassen mussten. Die aktuelle Marktsituation bestätigt diese Vermutung. Zwar wird in der Summe weniger Milch produziert als im Vorjahreszeitraum, dennoch liegt das Angebot höher als die Nachfrage. Ein weiterer Grund dürfte darin liegen, dass die Presse das Quotenende sehr oft mit einem Ende der Kosten für die Quote verbunden hat. Der Handel hat sich dies wahrscheinlich in seiner Argumentation zu Nutze gemacht. Einen Wegfall der Kosten auf Seiten der Milcherzeuger hat es nicht gegeben, da die Quote bereits bezahlt war.

In Deutschland ist deshalb von weiter sinkenden Milchpreisen auszugehen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Molkereien bei den Verhandlungen über das „gelbe Sortiment“ (Käseprodukte) nicht nachgeben. Der BDM hat zum Tag der Milch am 01.06.2015 mit Mahnfeuer auf die Situation am Milchmarkt hingewiesen. Ziel der Aktion war es, möglichst viele Verbraucher und politische Vertreter in Gesprächen aufzuklären und das Milchmarktkrisenmanagement vorzustellen.

Thorsten Sehm, BDM Deutschland

Kurznachrichten aus Brüssel

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EU-Milchbericht wird abgestimmt

Am 8. Juni werden die Abgeordneten des Agrarausschusses des Europaparlaments über den sogenannten Milchbericht „Perspektiven für den EU-Milchsektor – Überprüfung der Umsetzung des Milchpakets“ abstimmen. Abgeordnete aller Fraktionen haben insgesamt 482 Änderungsanträge - mit zum Teil sehr unterschiedlichen Positionen - eingereicht. Der nordirische Berichterstatter James Nicholson hat die Änderungsanträge zu sogenannten Kompromissanträgen mit ähnlichen Vorschlägen zusammengefasst.

Das EMB hat bereits im Vorfeld den Nicholson-Bericht analysiert und den Abgeordneten eine Bewertung zukommen lassen. Der Bericht, als auch einzelne neu eingereichte Vorschläge zeigen positive Ansätze, wie z.B. die Forderung einer Verbesserung der Milchmarktbeobachtungsstelle (u.a. Index, der Milchpreis und Produktionskosten enthält, Zurverfügungstellung von aktuellem Datenmaterial) oder die Forderung nach längerfristigen Verträgen, die auch Preise beinhalten sollen, welche die Produktionskosten reflektieren. Unübersehbar ist jedoch Nicholsons Fokussierung auf Wachstum und Exportausrichtung des Milchmarktes. Zahlreiche Änderungsanträge schlagen in die gleiche Richtung und sind einseitig ausgerichtet auf die „positive weltweite Nachfrage“, „Exportchancen und neue Märkte“ und „finanzielle Unterstützung mittels Investitionskapital“.

 

EU-Kommission lehnt Ursprungskennzeichnung für Milch ab

Die Europäische Kommission hat Vorschläge für eine verpflichtende Kennzeichnungspflicht für Milch und Milchprodukte abgelehnt. In ihrem Bericht vom 20. Mai argumentiert die EU-Kommission v.a. mit der zusätzlichen Belastung für die Verarbeiter. Diese hätten einen hohen Kostenaufwand und wirtschaftliche Nachteile durch die Einführung von Rückverfolgbarkeitssystemen, insbesondere in Grenzregionen. Die Kosten für die Ursprungskennzeichnung der Milch wären laut Bericht hingegen „moderat“.

Laut Bericht wären die Konsumenten zwar an der Herkunft der Milchprodukte interessiert, allerdings sei „ihre Bereitschaft, für diese Informationen zu bezahlen, eher begrenzt“. Die Kommission schlägt eine freiwillige Kennzeichnung vor, um den Konsumenten gerecht zu werden und gleichzeitig den Mitgliedstaaten und Verarbeitern Flexibilität zu bieten. Das Europäische Parlament und der Rat werden nun den Bericht prüfen.

Bisher ist eine verpflichtende Ursprungsangabe für Produkte wie Fleisch, Honig, Eier etc. vorgeschrieben. Mehrere Länder (u.a. Italien, Großbritannien, Polen) erhofften sich mit der Herkunftsbezeichnung Vorteile bei der Vermarktung von Milchprodukten.

Bericht über die obligatorische Angabe des Ursprungslands

 

Copa-Cogeca warnt vor dramatischer Lage auf dem EU Milchmarkt

Spät aber doch, haben auch die europäischen Dachverbände der Landwirte und Genossenschaften (Copa-Cogeca) den Ernst der Lage erkannt und Maßnahmen von der EU-Kommission gefordert. In einer aktuellen Pressemitteilung warnt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Milch, Mansel Raymond, dass die Erzeugerpreise unter den Produktionskosten lägen. Die Mahnungen des EMB wurden lange Zeit nicht ernst genommen - es wundert daher auch  nicht, dass Copa-Cogeca das Marktverantwortungsprogramm des EMB rundweg ablehnt, da „dieses praktisch überhaupt nicht umsetzbar sei“. Stattdessen möchte Copa-Cogeca verschiedene Systeme analysieren, von Gewinnspannenschutzsystemen in den USA, über Terminmärkte und Festpreiskontrakte bis hin zu flexiblen Kontrakten (Typ A und B Zahlungen).

 

Polen bittet die EU um Hilfe für Milcherzeuger

Das polnische Landwirtschaftsministerium hat die Europäische Kommission um Unterstützung für die Milcherzeuger angesucht. Begründet wird dies mit dem anhaltenden Milchpreisverfall und dem Wegfall der Mengenregulierung. Das Ministerium fordert eine Anhebung des Interventionspreises für Butter und Milchpulver sowie eine außerordentliche Hilfeleistung für die Milcherzeuger. Sowohl das russische Embargo als auch der allgemeine Rückgang der Milchpreise hat Polen stark getroffen. Die Situation mit Milchpreisen von 17-22 Cent wird als dramatisch beschrieben.

Regina Reiterer, EMB

EMB Agenda

Die wichtigsten Termine des EMB-Vorstands im Juni 2015:

  • 15.-16.06.:  Konferenz zu TTIP
  • 16.06.:        Zivildialoggruppe „Qualität & Absatzförderung“
  • 17.06.:        Gespräche mit Europaabgeordneten
  • 22.06.:        EMB Vorstandssitzung (EXPO Mailand)
  • 22.06.:        Interne Faire Milch Konferenz (EXPO Mailand)
  • 23.06.:        Externe Faire Milch Konferenz (Montichiari)

Impressum

European Milk Board asbl
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B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
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