MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

am 20. Mai hat die Europäische Kommission ihre Agrarstrategie unter der Überschrift „Vom Hof auf den Tisch“ („Farm to Fork“) vorgestellt. Für uns Landwirte ist diese Strategie die letzte Chance, die Lieferkette im Nahrungsmittelsektor wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das Ziel muss sein zu erhalten, was noch von der bäuerlichen Landwirtschaft in der EU geblieben ist, und die Kontrolle und Richtungsvorgabe über die Nahrungsmittellieferkette von den Einzelhandelskonzernen zurückzuerobern. Diese haben größtes Interesse daran, das derzeitige „kaputte“ System aufrechtzuerhalten.

Die Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung stehen vor nahezu unvorstellbaren Heraus-forderungen. Es müssen mehr Nahrungsmittel für eine wachsende Bevölkerung erzeugt werden, aber immer nachhaltiger. Das bedeutet, dass herkömmliche Mittel zur Ertragssteigerung eingeschränkt oder aufgegeben werden müssen. Die Landwirte akzeptieren sowohl die wissenschaftlichen Fakten wie auch das Ausmaß der zu meisternden Herausforderung. Ich bin überzeugt, dass der von der EU gewählte Ausgangspunkt darüber entscheidet, ob die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ letztendlich Erfolg hat. Sie muss eine Abkehr vor der traditionellen Herangehensweise bedeuten, bei der das Angebot günstiger Nahrungsmittel im Einzelhandel als wichtigstes Element gesehen wird, dem alles andere untergeordnet wird. Genau dieses Ziel gehört zu den Hauptursachen für die unglaubliche Menge an Nahrungsmitteln, die derzeit weggeworfen wird – 20% laut Hintergrunddokumenten zur „Farm to Fork“-Strategie.

ICMSA und andere Bauernverbände argumentieren seit langem, dass unsere Lebensmittelversorgung nicht vom Ende her aufgebaut werden sollte – ausgehend von der Position, dass niedrige Preise für hochwertige Nahrungsmittel im Einzelhandel Vorrang haben. Stattdessen sollte das System vielmehr von der Nachhaltigkeit der Nahrungsmittel sowie der landwirtschaftlichen Betriebe ausgehen, die sie erzeugen.

Die Reform unseres kaputten Systems der Nahrungsmittelversorgung ist genauso wie die Lösung eines jeden anderen kaum überwindbar scheinenden Problems: Der erste Schritt ist der entscheidende. Geht der erste Schritt in die falsche Richtung, entfernt man sich mit jedem weiteren mehr von der Lösung. Die grundlegende Frage hier ist, ob der erste Schritt der EU in Richtung einer Lösung führen wird oder sie an ihrem bisherigen Kurs festhält, der uns an den Rand des Abgrunds geführt hat. Die Lösung muss damit beginnen, dass die Gesellschaft und Konzerne den tatsächlichen Preis für Nahrungsmittel bezahlen: Die Politik der „günstigen Nahrungsmittel“, die von den Lebensmittelkonzernen befürwortet und umgesetzt und von der Politik gebilligt wurde, hat die ökologische Nachhaltigkeit und letztlich die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit unserer bäuerlichen Gemeinschaften, die unsere Nahrungsmittel erzeugen, untergraben. Da müssen wir ansetzen und von dort weiterarbeiten.

Aber wenn man uns mitteilt, dass die Strategie von einer Position ausgeht, die keine Notwendigkeit für Veränderungen bei den VerbraucherInnen oder beim Lebens-mitteleinzelhandel sieht oder möchte, wissen wir, dass alle ihre Zeit vergeudet haben. Die Landwirte werden keine Strategie akzeptieren, die nur ihnen einseitig weitere Einschränkungen auferlegt. Die Strategie muss stattdessen einen angemessenen Preis für nachhaltige Nahrungsmittel gewährleisten. Und Einfuhren aus Drittstaaten, die diese nachhaltige Erzeugung unterwandern, müssen darin unterbunden werden.

 

Pat McCormack, Vorstandsmitglied des EMB und Vorsitzender der Irish Creamery Milk Supplier Association (ICMSA)

Wie lassen sich LandwirtInnen konstruktiv für die Strategien Green Deal und "Farm to Fork" gewinnen?

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Die EU-Kommission hat am 20. Mai das lang erwartete Strategiepapier „Farm to Fork“ – „Vom Hof auf den Teller“ vorgelegt. Die Strategie formuliert eine Reihe von Zielen für eine nachhaltigere Landwirtschaft bis 2030. Das European Milk Board hat im Vorfeld konkrete Vorschläge zu den Schlüsselpunkten des Green Deal und der „Farm to Fork“-Strategie übermittelt.

 

Für die Akzeptanz und erfolgreiche Durchführung der Reform sind folgende Punkte zentral: LandwirtInnen brauchen für ihre Arbeit in der landwirtschaftlichen Produktion entsprechende Einnahmen, um ihre Betriebe aufrechtzuerhalten und sich und ihre Familie ausreichend wirtschaftlich versorgen zu können. Es braucht daher kostendeckende Milchpreise und ein effizientes Kriseninstrument innerhalb der GAP, um den Milchsektor krisenfest zu machen. Die Kosten für zusätzliche Umweltauflagen dürfen nicht auf die ErzeugerInnen abgewälzt werden. Die LandwirtInnen sind bereit, ihren Beitrag für Klima- und Umweltschutz zu leisten – aber nur, wenn sie es ökonomisch auch stemmen können.

Daher müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass es für LandwirtInnen möglich ist, alle Produktionsfaktoren, die in die Milcherzeugung einfließen, inklusive der investierten Arbeitsleistung, über die Preise der Produkte decken zu können. Ist diese grundlegende Bedingung erfüllt, dann ist es den ProduzentInnen, auf die systematisch als schwächstes Glied der Lebensmittelkette bislang viele Kosten und Verluste abgewälzt werden, auch möglich, Reformen zu unterstützen und umzusetzen. Sie können sich somit aktiv am Ausbau der Nachhaltigkeit des EU-Agrarsektors beteiligen. Aus agrarpolitischer Sicht sind kostendeckende Preise somit unerlässlich, um Höfe auf eine tragfähige wirtschaftliche Basis zu stellen und für zukünftige Anforderungen und Reformen zu wappnen.

 

Auszug aus dem EMB-Papier zur Farm to Fork Strategie "Wie lassen sich LandwirtInnen konstruktiv für die Strategien Green Deal und "Farm to Fork" gewinnen?"

1. Juni 2020: Weltmilchtag – Blick nach vorn für einen sozial und ökologisch nachhaltigen Milchsektor

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Auch wenn für uns MilcherzeugerInnen und unsere Kühe der Alltag an 365 Tagen im Jahr um die Milch kreist, ist der 1. Juni – der Weltmilchtag – ein besonderes Datum. Es ist ein Tag, an dem wir den Blick nach vorn richten. An dem wir aufzeigen möchten, was einen guten, einen fairen sowie sozial und ökologisch nachhaltigen Milchsektor ausmacht. Und an dem wir noch einmal klarstellen, dass die dazu nötigen Rahmenbedingungen durch die Politik geschaffen werden müssen: Die Farm-to-Fork-Strategie sollte nachgebessert werden.

 

Der Sektor ist:

  • fair, wenn das Produkt Milch zu kostendeckenden Preisen verkauft wird und er ist fair zu den in der Landwirtschaft Beschäftigten, wenn die von ihnen geleistete Arbeit angemessen entlohnt wird;
  • sozial und ökologisch nachhaltig, wenn von den LandwirtInnen ökologisch sinnvolle Produktionsweisen angewendet werden, deren höhere Kosten über die Preise gedeckt sind – diese Kosten also nicht auf die ErzeugerInnen abgewälzt werden.

 

Für den Vorsitzenden des European Milk Board (EMB), Erwin Schöpges, sind die oben genannten Bedingungen keine Utopie, kein Ding der Unmöglichkeit. Sie können geschaffen werden, wenn der gesellschaftliche und politische Wille dafür groß genug ist: „Wir spüren überall in der Gesellschaft, dass der Wunsch nach Wandel, nach einer sinnvollen und fairen Lebensweise sehr stark geworden ist. Auch die COVID-19-Krise hat uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie sehr wir alle aufeinander angewiesen und wie wichtig die Menschen sind, die tagtäglich für unsere Versorgung arbeiten. Sie sind genauso bedeutend wie auch ein vernünftiger Umgang mit unseren ökologischen Ressourcen. Deshalb muss sich etwas ändern.“ Dieser Wunsch in der Gesellschaft nach einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Lebens- und Produktionsweise ist ein Motor, der letztlich auch konkrete Maßnahmen nach vorne bringen kann.

 

Für den Milchsektor wären das Maßnahmen, die insbesondere folgende Punkte umsetzen:

 

Die EU-Kommission versucht derzeit mit ihren Vorschlägen zum Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie den Forderungen aus der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit gerecht zu werden. „Dass die Kommission auf die Forderungen reagiert, ist sicherlich sehr wichtig. Für die nachhaltige Entwicklung der EU und nicht zuletzt auch für ihre eigene politische Rechtfertigung“, so Erwin Schöpges. „Um mehr Nachhaltigkeit zu schaffen, muss sie aber all jene Akteure mit ins Boot nehmen, die die Konzepte letztlich umsetzen müssen. Im Agrarsektor sind das insbesondere auch die LandwirtInnen.“

Doch jene brauchen zuerst einen Rahmen, der der derzeitigen Ausbeutung ein Ende setzt. Das heißt also kostendeckende Preise, faire Einkommen und eine tatsächlich verbesserte Position in der Wertschöpfungskette. Auch ist es extrem wichtig, dass die gestiegenen Kosten, die durch die höheren Auflagen entstehen werden, nicht an den ErzeugerInnen hängen bleiben. Denn das würde die aktuelle Ausbeutungssituation noch verschärfen.

Sieta van Keimpema, die Vizevorsitzende des EMB, weist in diesem Zusammenhang auf einen hohen Nachbesserungsbedarf der EU-Kommission bei ihren aktuellen Vorschlägen hin: „Diese notwendigen Aspekte kommen in der Farm-to-Fork-Strategie sowie der aktuellen GAP-Reform eindeutig noch zu kurz. Es ist nicht ersichtlich, wie die Erzeugersituation in der Praxis stabilisiert und nicht noch weiter verschlimmert werden soll.“ Sieta van Keimpema lädt die EU-Institutionen daher dazu ein, diesen Punkten in einem nachgebesserten Papier ausreichend Platz einzuräumen. „Erst dann haben wir für die EU ein erfolgreiches nachhaltiges Konzept“, so van Keimpema. Wie die EMB-Vizevorsitzende weiter betont, wollen die MilcherzeugerInnen des EMB zusammen mit der EU optimistisch nach vorn schauen und in gemeinsamer Verantwortung die Rahmenbedingungen für eine tatsächlich sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft gestalten. Vorschläge dazu hatten sie der EU-Kommission bereits in den vergangenen Wochen zukommen lassen.

 

Pressemitteilung des EMB vom 29. Mai 2020

Aktuelle Entwicklungen im Milchsektor im Zuge der Coronakrise

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© Thomas Schmidt

Für die europäischen MilcherzeugerInnen fallen die bereits mehrere Wochen andauernden Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie nun mit dem Höhepunkt der Milchproduktion im Frühjahr zusammen.

 

Im Folgenden finden Sie Informationen, inwieweit die politischen Maßnahmen der EU-Kommission in den Mitgliedsstaaten genutzt werden, sowie zur aktuellen Situation in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Portugal und der Schweiz. Im Anschluss daran sehen Sie die aktuelle Marktsituation – erläutert an wichtigen Marktindikatoren wie dem Global Dairy Trade Index (GDT), dem Preis für Spotmarktmilch sowie die EU-Preise für Butter und Magermilchpulver.

 

Politische Maßnahmen der EU-Kommission

EU-Mitgliedsstaaten greifen auf private Lagerhaltung zurück

Am 5. Mai 2020 wurde die private Lagerhaltung von Magermilchpulver, Butter und Käse geöffnet. Die Mitgliedsländer haben bisher die Einlagerung von knapp 4.800 Tonnen Magermilchpulver, 31.000 Tonnen Butter und rund 38.000 Tonnen Käse beantragt. Fünf Länder haben ihr nationales Käse-Kontingent bereits ausgeschöpft (Irland, Spanien, Italien, Schweden und  Vereinigtes Königreich).

Aktuelle Mengen zur privaten Lagerhaltung in den EU-Mitgliedsstaaten

 

Informationen von unseren Verbänden in den einzelnen Ländern

Belgien
Der Milchpreis liegt zwischen 27 und 28,5 Cent/Liter.
 
Dänemark
Arla Foods hat in diesem Jahr Preise zwischen 32,3 und 33,3 Cent/Liter.

Deutschland
Für die April-Milch haben viele Molkereien die Preise zwischen 1 und 3 Cent gesenkt, wobei 3 Cent die Ausnahme waren. Im Bundesdurchschnitt dürfte der Milchpreis bei 31,5 Cent/Kilogramm liegen. Die von der Europäischen Kommission eingeräumten Maßnahmen zur Mengenplanung wurden in Deutschland bisher von keiner Erzeugerorganisation umgesetzt.
Die momentane Position vieler deutscher Politiker ist, dass die „Branche“ ihre in der Sektorstrategie 2030 beinhalteten Krisenmaßnahmen (Fest- und Mehrpreismodelle, Nutzung von Warenterminbörsen etc.) nun anwenden müsste. Außer der privaten Lagerhaltung wurden keine weiteren Maßnahmen angekündigt, abgesehen natürlich von der Möglichkeit, Corona-Hilfsprogramme (Zuschüsse, Darlehen, Kurzarbeitergeld etc.) in Anspruch zu nehmen.

Frankreich
Der Basispreis liegt zwischen 29,5 und 34,5 Cent/Liter mit leicht steigender Tendenz. Die französische Branchenorganisation CNIEL hat einen Betrag von 10 Millionen Euro freigegeben, um Milchbauern zu ermutigen, ihre Milchproduktion zu reduzieren. Milcherzeuger erhalten 32 Cent/Liter nicht produzierter Milch. Diese Maßnahme gilt jedoch nur für eine Reduzierung von 2 bis 5% im Vergleich zum Vorjahr.

Irland
Der Milchpreis ist für die Monate März und April um durchschnittlich 3 Cent/Liter gesunken und liegt zwischen 28 und 30 Cent/Liter. Irland erreicht derzeit den Höhepunkt der Milchproduktion. Das Käse-Kontingent der privaten Lagerhaltung wurde bereits ausgeschöpft. Butter und Magermilchpulver werden auch eingelagert.
 
Italien
Der aktuelle Durchschnittspreis liegt bei 33 bis 35 Cent/Liter. Im Vergleich zu Februar ist der Preis um 20% gesunken. Die Möglichkeit für Branchenverbände und Erzeugerorganisationen, die Produktion zu planen, wurde in Italien nicht umgesetzt. Die COPAGRI und APL sind in  Kontakt mit der nationalen und lokalen Regierung sowie mit weiteren Agrarorganisationen, um eine EU-weite Mengenreduzierung nach vorne zu bringen.

Lettland
Der durchschnittliche Milchpreis in Lettland lag im April bei 28,4 Cent/Kilogramm, was einen Rückgang von 7,5% im Vergleich zum Vormonat bedeutet (30,7 Cent/Kilogramm). Für Mai wird ein Milchpreis von 25,9 Cent/Kilogramm prognostiziert.
 
Litauen
Der durchschnittliche Milchpreis für April liegt bei 28,2 Cent/Kilogramm. Dies ist ein Rückgang von 9,2% gegenüber dem Vormonat.
Für die Monate April und Mai ist staatliche Unterstützung in Höhe von ungefähr 77 Euro pro Milchkuh geplant. Die Maßnahme muss jedoch noch mit der Europäischen Kommission abgestimmt werden. Ab Juni ist eine nationale Unterstützung für die Molkereien geplant, um die erlittenen Verluste im Zusammenhang mit dem Export auszugleichen. Diese Maßnahme ist allerdings mit einer Bedingung verbunden: Die Molkereien verpflichten sich, den Milcherzeugern den Durchschnittspreis des jeweiligen Monats 2017-2018 zu zahlen. Auch diese Maßnahme wurde noch nicht genehmigt.

Portugal
Der Milchpreis für März liegt bei 30,4 Cent/Kilogramm. Größere Genossenschaften und Molkereien zahlen weiter den gleichen Preis, kleinere Genossenschaften kündigen eine Senkung um 1,5 bis 2 Cent/Kilogramm für Mai und Juni an. Portugal hat auf die private Lagerhaltung von Magermilchpulver und Butter zurückgegriffen. Die Möglichkeit für Branchenverbände oder Erzeugerorganisationen, die Produktion zu planen, wurde nicht genutzt. In einem Bericht des Landwirtschaftsministeriums wird darauf hingewiesen, dass Hersteller von Schaf- und Ziegenkäse keine Absatzmöglichkeiten finden, da der Gastronomiesektor sowie Märkte geschlossen sind. Solche Qualitätsprodukte werden nicht vorrangig von Familien eingekauft.

Schweiz
Der Milchpreis sank auch im Mai weiter. Als Grund wurde der schlechte Preis für Magermilchpulver in der EU angegeben. Die Milchpreise sind aber nur leicht unter dem üblichen Niveau für den Frühling. Corona hat hier eher wenig Einfluss als in den umliegenden Ländern. Einiges konnte kompensiert werden, da die Leute bewusst Schweizer Produkte im Laden kaufen, der Einkaufstourismus wegfällt, und der Milchpreis für den Einzelhandel besser ist als im Gastronomiebereich.
In der Schweiz wird seit längerem ein Rückgang in der Milchmenge beobachtet, den die Verarbeiter nicht haben kommen sehen und auch nicht wahr haben wollen. Entsprechend werden keine Aufrufe zur Mengenreduktion gemacht. Im Gegenteil werden sogar die Butterimporte teilweise mit der sinkenden Menge begründet.

 

Marktindikatoren


In der EU stieg die produzierte Milchmenge von Januar bis März 2020 um 2,8% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum . Der EU-27-Milchpreis für April gibt um weitere 0,5% nach und wird auf 34,23 Cent pro Kilogramm geschätzt.
 
Die EU-Butterpreise liegen bei 295 Euro pro 100 kg. Das bedeutet eine Zunahme von 2,6% in den letzten vier Wochen. Die Preise für EU-Magermilchpulver betragen aktuell 203 Euro pro 100 kg, was einen Anstieg von 4,1% in den letzten vier Wochen bedeutet.
 
Eine leichte Erholung von 1% lässt sich beim Global Dairy Trade Index feststellen (davor -4,2% bzw. -0,8%). Der Durchschnittspreis für italienische Spotmilch stieg im Mai im Vergleich zum Vormonat auf 31,13 Cent/kg (-19,7% im Vergleich zu Mai 2019).

Die Kurse für Termingeschäfte auf Milcherzeugnisse an der European Energy Exchange (EEX) bewegen sich kaum. Die Kontrakte für Magermilchpulver für August stiegen per 26.05. beispielsweise um 0,4% auf 2.235 Euro pro Tonne im wöchentlichen Vergleich.

 

Maßnahmen zur Krisenbewältigung

 
Es muss nun von der Politik auf EU-Ebene der freiwillige Lieferverzicht mit Deckelung, orientiert am Marktverantwortungsprogramm (MVP), geschaltet werden.
 
Dabei müssen folgende Punkte beachtet werden:

1. Eine Deckelung für MilcherzeugerInnen, die nicht an dem Mengenreduktionsprogramm teilnehmen, ist absolut notwendig. Das bedeutet, dass für diejenigen, die während der Reduktionsphase ihre Produktion erhöhen, eine Strafabgabe eingeführt werden sollte.
Warum? Wenn die Milchproduktion nicht gedeckelt ist, werden die positiven Effekte einer freiwilligen Mengenreduzierung nicht so stark greifen können.
 
2. Damit auch ausreichend MilcherzeugerInnen an dem Programm teilnehmen, sollte der Bonusbetrag pro Liter nicht-produzierter Milch ausreichend hoch sein.

  • Als das Mengenreduktionsprogramm 2016/17 geschaltet wurde, zahlte die EU 14 Cent pro Kilogramm nicht gelieferter Milch. Dieser finanzielle Anreiz ist jedoch nicht stark genug, um ausreichend Produzentinnen zur Teilnahme an dem Programm zu motivieren. Schon 2016/17 wurde daher beispielsweise in Frankreich auf nationaler Ebene entschieden, diesen Bonusbetrag zu erhöhen. Der Endbetrag der Bonuszahlung in Frankreich betrug damit 24 Cent für maximal 5% Mengenreduzierung (im Vergleich zur Vorjahresperiode). 

Diesem Beispiel sollte unbedingt gefolgt werden, damit der Erfolg einer freiwilligen Mengenreduzierung sichergestellt wird.
 
Es ist wichtig, dass die EU jetzt handelt, um die aufkommenden Probleme wirksam zu lösen. Es besteht eine gute Chance, dass dies verhindert, dass der Milchsektor in eine sehr schwere Krise gerät. Die richtige Maßnahme sollte jetzt aktiviert werden.

 

European Milk Board, 28. Mai 2020

Alles in Butter oder Milch im Überfluss?

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© Kärtnermilch

Helmut Petschar, Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) und Geschäftsführer der elftgrößten Molkerei Österreichs – der „Kärntnermilch“ – fordert eine Mengenreduzierung auf EU-Ebene. Mit dieser Maßnahme sollen die Milchpreise stabilisiert und ein Signal an den Handel, gegen den Preisdruck, gesetzt werden.

 

Wie hat sich die Situation auf dem österreichischen Milchmarkt seit Corona verändert?

Das Wegbrechen der Gastronomie hat dazu geführt, dass Molkereien ihre Großgebinde von Schlagobers, Milch, Joghurt usw. nicht mehr absetzen konnten. Teilweise nimmt der LEH größere Mengen ab, weil die Menschen zu Hause mehr verzehren. Allerdings sind April und Mai die milchstärksten Monate in Österreich. Folglich haben einige Molkereien noch zu viel Milch und mussten Einzelmaßnahmen treffen. Etwa wir als Kärntnermilch haben unsere Bauern aufgefordert, die Anlieferung im April und Mai um 10% zu reduzieren. Unser Ziel ist ganz klar, den Milchpreis so lange wie möglich stabil zu halten.

Welche Maßnahmen würden Sie sich auf EU-Ebene wünschen?

Ich fände auf EU-Ebene eine Mengenreduzierung wichtig - zur Preisstabilisierung und als Signal an unsere Handelspartner und die VerbraucherInnen. Als sich die Kärntnermilch zur Mengenreduktion entschlossen hat, kamen sofort sogenannte Hilfsangebote von unseren Handelspartnern, Aktionen zu machen. Das bringt aber nichts. Eine EU-weite Reduktionsmaßnahme mit entsprechender Hilfe durch die EU-Kommission wäre effektiver. Dabei sollten Bauern einen Ausgleich für die Milchmenge bekommen, die sie nicht liefern. Die private Lagerhaltung ist eine Unterstützung, aber irgendwann kommen diese Mengen ja doch auf den Markt.

In welchem Zeithorizont halten Sie eine EU-weite Mengenreduktion für realisierbar?

Das ist genau die Problematik, die wir alle miteinander haben. Wenn es solche Maßnahmen gibt, müssen sie rasch kommen, also nicht erst im Herbst, sondern möglichst schon für April, Mai, Juni, damit man schnell reagieren kann.

In Frankreich ist eine Hilfe in Höhe von 10 Millionen Euro über den Branchenverband geplant. Was halten Sie davon?

Ich glaube, im ersten Schritt wird es notwendig sein, eine Unterstützungsmaßnahme auf europäischer Ebene zu regeln, damit sie flächendeckend greift. Das ist meiner Ansicht nach sinnvoller.

Wie werten Sie das Verhalten des LEH in der Coronakrise?

Wir haben jüngst erlebt, dass der Handel medial als der große Retter auftritt. Tatsache ist: Wenn die Bäuerinnen und Bauern und die Molkereien nicht tagtäglich produzieren, ist die Versorgungssicherheit überhaupt nicht gegeben. Und genau in dieser Phase hat man gemerkt, wie wichtig es ist, bäuerliche Strukturen und regionale Verarbeitungsbetriebe zu haben.

Welche Erwartungen orten Sie bei den KonsumentInnen?

Diese erwarten derzeit keine Preissenkungen, sondern sind froh, so hochwertige Produkte zu einem vernünftigen Preis zu bekommen. Sie greifen sogar verstärkt zu heimischen Produkten. Milch und Milchprodukte stellen ja auch keine Preistreiber dar. Und da muss ich schon an das Pflichtgefühl und die Vernunft des LEH appellieren, diese Phase jetzt nicht auszunutzen, um die Preise nach unten zu drücken und damit ganze Existenzen von bäuerlichen Betrieben zu gefährden und Strukturen zu zerschlagen. Diese Gefahr sehe ich momentan schon.

 

Auszug aus dem Interview „Milchbauern: Wir brauchen Handel und Konsumenten“ von Claudia Jung-Leithner, Landwirtschaftskammer Österreich vom 12.05.2020

BDM: Milchpulver-Aktionen in acht Städten

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© BDM

Der BDM hat Anfang Mai gemeinsam mit weiteren europäischen EMB-Mitgliedsverbänden Aktionen gegen die Maßnahmen der EU-Kommission zur Öffnung der privaten Lagerhaltung durchgeführt, die von den Verbänden der Molkereiwirtschaft und den Bauernverbänden gefordert wurden. Mit dem vorgesehenen Finanzvolumen von 30 Mio. Euro soll laut EU-Kommission die Einlagerung von 140.000 t Butter, 90.000 t Magermilchpulver und 100.000 t Käse bezuschusst werden.

 

Neben dem BDM sehen auch andere Verbände der Landwirtschaft die Öffnung der privaten Lagerhaltung als Einstieg in erneut große Lagerbestände, die den Milchmarkt längerfristig belasten werden. Um auf die fatale Wirkung öffentlich und medial hinzuweisen, hat der BDM in acht deutschen Städten mit dem Aufbau einer Milchpulverpyramide bildstark demonstriert. Nach dem Start am 7. Mai in Berlin wurde die Milchpulverpyramide in sieben weiteren Städten aufgebaut. Neben Länder-AgrarministerInnen waren bei allen Stationen Mitglieder der jeweiligen Landesparlamente und vor allem viele VertreterInnen von Presse, Rundfunk und Fernsehen vor Ort. Klar und deutlich konnten wir die Botschaft anbringen, dass die Einlagerung von Butter, Milchpulver und Käse keine Antwort auf eine globale Milchmarktkrise sein kann. Spätestens mit der Auslagerung fallen die eingelagerten Milchprodukte uns Bäuerinnen und Bauern, sinnbildlich gesprochen, in Form von gedrückten Milcherzeugerpreisen auf die Füße.

Die MilcherzeugerInnen des BDM fordern stattdessen eine zeitlich befristete, verbindliche EU-weite Reduzierung der Milchüberschüsse, um schnell und wirksam massive Wertschöpfungsverluste für die MilchviehhalterInnen verhindern zu können.

 

Virtuelle Agrarministerkonferenz (AMK) der Bundesländer am 8. Mai: Abkehr vom Ziel der Stärkung der Position der MilchviehhalterInnen

Zu Recht stellten die Ministerinnen und Minister fest, dass die Pandemie angesichts der Verlagerung der Warenströme vom Großverbraucher zum Lebensmitteleinzelhandel und angesichts erheblicher Einschränkungen beim Export insgesamt erhebliche Auswirkungen auf die Agrarmärkte hat. Richtig ist teilweise auch, dass sich die Betroffenheit der Marktbeteiligten dabei sehr unterschiedlich darstellt.

Noch einmal wurde die Öffnung der privaten Lagerhaltung als vermeintlich geeignetes Kriseninstrument für den Milchmarkt bestätigt. Darüber hinaus setzen die Ministerinnen und Minister einstimmig – ohne zumindest eine abweichende Protokollerklärung – auf freiwillige, unternehmensbezogene Milchmanagementmodelle.

Die Milch-Beschlüsse dieser AMK sind ein Kniefall vor der Milchindustrie und ein Fußtritt für die MilchviehhalterInnen. Sie sind von so viel Widersprüchen und Fehlannahmen geleitet, dass schon jetzt feststeht, dass nichts davon für die MilchviehhalterInnen den dringend nötigen Erfolg der Marktbereinigung bringen wird.

 

Johannes Fritz, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

Nitratrichtlinie: Informationen aus den Ländern

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© Myriam Zilles, Pixabay

Wir setzen unsere Serie mit Länderberichten aus den Niederlanden und Italien fort. In den Niederlanden wird aktuell das Ergebnis zur Verlängerung der Stickstoff-Ausnahmeregelung erwartet. Eine angemessene Düngeregelung ist auch für das größte Milchwirtschafts-gebiet Italiens, die Lombardei, von großer Wichtigkeit.

 

Düngemittelpolitik in den Niederlanden

Die Düngemittelpolitik stützt sich auf die europäische Nitratrichtlinie, in der die im Grundwasser und Oberflächensüßwasser zulässigen Nitratmengen auf einen Grenzwert von 50 mg pro Liter Grundwasser festgelegt wurden. In den Niederlanden werden die Bestimmungen zur Ausbringung von Düngemitteln in Aktionsprogrammen mit einer Laufzeit von vier Jahren geregelt.

Die Nitratrichtlinie stellt als Norm für die Ausbringung tierischer Düngemittel eine Höchstmenge von 170 kg Stickstoff/ha auf. Eine solche Ausnahmeregelung galt für die Niederlande bis zum 31. Dezember 2019. Gegenwärtig wird in Brüssel über die Verlängerung einer Ausnahmegenehmigung ab 1. Januar 2020 verhandelt. Mit einem Ergebnis dieser Verhandlungen ist im Frühjahr 2020 zu rechnen.

Dung, Gülle, Düngung und die Entsorgung von Überschüssen werden in den Niederlanden durch das Düngemittelgesetz sowie die Durchführungsbestimmungen und den Durchführungsbeschluss zu diesem Gesetz geregelt. In der heutigen „Nitratkrise“ ist über das „Stickstoffdringlichkeitsgesetz“ vom 30.12.2019 eine Änderung des Gesetzes zum Schutz der Tiere in der Tierhaltung mit Vorschriften zur Fütterungsration (Mindesteiweißgehalt) eingeführt worden. Die Übertretung dieses Gesetzes gilt als Wirtschaftsdelikt und wird mit hohen Geldstrafen oder selbst Gefängnisstrafen geahndet.

Die niederländische Agrarministerin leitete Ende 2018 eine Debatte zur Reform der Düngemittelpolitik ein, um eine wirksamere Kreislauflandwirtschaft anzustreben.

 

Dutch Dairmen Board (DDB)

 

Nitratrichtlinie: Situation in der Lombardei

Mit etwas mehr als 500.000 Milchkühen von landesweit rund 1,7 Millionen Tieren ist die Lombardei das größte Milchwirtschaftsgebiet Italiens. Knapp fünf der italienweit etwa 11 Millionen Tonnen jährlich erzeugter Milch kommen aus der norditalienischen Region. Für die MilchproduzentInnen ist daher eine angemessene Düngeregelung unabdingbar.

Die EU-Nitratrichtlinie wurde in der Lombardei mit dem Gesetz 37/93 und den entsprechenden vierjährigen regionalen Aktionsplänen umgesetzt. Ein Großteil des Flachlands der Region wird als gefährdetes Gebiet ausgewiesen und unterliegt somit einem Grenzwert von 170 kg Stickstoff pro Hektar. Das Berggebiet ist dagegen fast ausschließlich als nicht durch Nitratbelastung gefährdet eingestuft, mit einem zulässigen Grenzwert von 340 kg Stickstoff pro Hektar. Viehzuchtbetriebe müssen eine Mindestlagerkapazität von 120 Tagen für Gülle und 90 Tagen für Mist aufweisen, wobei diese Grenzen in Berggebieten für alle Arten von Dung auf 90 Tage reduziert sind.

Alle Betriebe sind zudem zu einer jährlichen Nitratmitteilung an die Region verpflichtet, u. a. mit Angaben zum Verhältnis zwischen Stickstoffbelastung und verfügbarer Fläche (nicht konform bei etwa 15% der Betriebe), zu den Mengen an Feststoff- und Flüssiglagerung (nicht konform bei etwa 5% der Betriebe bei der Flüssiglagerung) und schließlich zu der zeitlichen Verteilung der Ausbringung. Es werden etwa 14.000 Jahresberichte erstellt.

Die Region Lombardei führt außerdem jedes Jahr eine Reihe von Stichprobenkontrollen durch, etwa 400 pro Jahr, insbesondere bei einer repräsentativen „Risikogruppe“, wo in der Regel bei einem Drittel der Betriebe eine Nichtkonformität vorliegt, welche entsprechende Sanktionen nach sich zieht.

Insgesamt scheint die Situation trotz einiger örtlich begrenzter kritischer Zonen unter Kontrolle zu sein und sich zu verbessern. Dies ist dem gemeinsamen Engagement der Region Lombardei und der landwirtschaftlichen Betriebe zu verdanken.

 

Roberto Cavaliere, APL Italien

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