Newsletter November 2011
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European Milk Board
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E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org
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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe Interessierte,
am 2. / 3.11.2011 reiste der EMB-Vorstand nach Kroatien, um an einer von EMB und HSUPM gemeinsam organisierten Konferenz zur Milcherzeugung in Europa teilzunehmen. Neben der Konferenz fanden intensive Gespräche mit Vertretern des kroatischen EMB-Mitgliedes HSUPM sowie eine Hofbesichtigung statt. In diesem Newsletter finden Sie auch ein Interview mit der Milcherzeugerfamilie, die uns auf ihrem Hof empfing.
Im Laufe der Konferenz, an der neben vielen Milcherzeugern auch Vertreter der Institutionen und aus der Molkereiwirtschaft teilnahmen, wurde deutlich, dass die institutionelle Politik in Kroatien sich stark auf die zukünftig von der EU zu erwartenden Subventionen bezieht und weniger über strukturelle Rahmensetzungen für die Milcherzeugung nachdenkt. Doch wo sind die Antworten auf folgende Fragen:
Wie können die Erzeuger befähigt werden, ihre Milch den Molkereien zu kostendeckenden Preisen zu verkaufen? Wie kann ihre Position am Markt gestärkt werden? Wie können sie nach dem EU-Beitritt gegenüber billigeren Importen aus der EU bestehen? Wie können sie die notwendigen Anpassungen an die EU-Normen erreichen? Welche betrieblichen Maßnahmen sollten durch Subventionen gefördert werden, um langfristig tragfähige Strukturen in der Milcherzeugung und damit ganz allgemein im ländlichen Raum zu schaffen?
Das EMB-Mitglied HSUPM setzt sich aus regionalen Milcherzeugerverbänden in ganz Kroatien zusammen und vertritt etwa 5000 Milcherzeuger. Ein Thema des Verbandes ist aktuell auch die Bearbeitung des Themas Landreform, denn die sehr kleinen Parzellen an vielen verschiedenen Orten erschweren die landwirtschaftliche Tätigkeit sehr. Die Zusammenarbeit zwischen HSUPM und EMB soll nach dieser erfolgreichen Zusammenkunft in den kommenden Monaten intensiviert werden.
Ich wünsche Ihnen und Euch eine gute Lektüre,
Mit herzlichen Grüssen,
Romuald Schaber, Präsident des European Milk Board
Interview mit Vlado Ljubic, kroatischer Milcherzeuger
Vlado Ljubic, 37 Jahre alt, bewirtschaftet mit seiner Frau Ljubica einen Milchviehbetrieb im Nordwesten von Kroatien, etwa 40km von Zagreb entfernt. Sie haben 23 Milchkühe und etwa 10 Jungtiere. Innerhalb der nächsten Jahre wollen sie auf 30 Milchkühe anwachsen und zusätzlich bis zu 50 Bullen mästen.
S.Korspeter: Seit wann arbeiten Sie als Landwirt auf dem elterlichen Hof?
Vlado: Ich habe 2001 die Betriebsleitung übernommen. Vorher habe ich eine Maschinenbaulehre gemacht und ein Maschinenbau-Studium in Zagreb begonnen, jedoch nicht zu Ende geführt. Die Aussichten in der Industrie waren damals nicht gut und ich hatte Lust auf die Arbeit mit den Tieren auf dem Hof. Der Beruf als Landwirt gefällt mir auch deshalb besonders, weil ich mein eigener Herr bin und mir die Arbeit selber einteilen kann.
Deutsche Agrarministerkonferenz für Stärkung der Milcherzeuger
Eine sozial gerechtere Umgestaltung der Agrarpolitik (GAP 2013) forderten die Milcherzeuger des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. anlässlich der Agrarministerkonferenz am 28.10.2011 in Suhl. Die Minister wurden im so genannten „Suhler Milchbauern-Manifest“ des BDM außerdem aufgefordert, das EU-Milchpaket nachzubessern. Der BDM bewertet es als positives Zeichen, dass die Minister offensichtlich erkannt haben, dass die vorgesehene Obergrenze für die Größe einer Erzeugerorganisation von 3,5% der EU-Erzeugung und 33% der nationalen Erzeugung die Milcherzeuger im Vergleich zur Marktmacht von Molkereien und Handel zu stark einschränkt. Auch die Forderung von acht Bundesländern nach einer Doppelmitgliedschaft für Milcherzeuger, nach obligatorischen Mindestkriterien zur Vertragsgestaltung zwischen Erzeugern und Milchwirtschaft sowie die Abstimmung der Milcherzeugung auf die Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen wurde vom BDM positiv bewertet.
Faire Kakaomilch in den Niederlanden!
Am Montag, den 7. November, wurde die frische Fairtrade-Kakaomilch von De faire melk bei C1000 von Ben Krol in Arnhem offiziell vorgestellt. Sie wird ab jetzt in den Kühlregalen dieser Supermarktkette erhältlich sein. Die frische Kakaomilch von De faire melk wird mit fair gehandeltem Kakao und Rohrzucker verarbeitet und steht für:
Weidegang der Kühe
einen fairen Milchpreis für die niederländischen Bauern
beste Qualität der frischen niederländischen Milch
fairen Handel mit den Bauern in Entwicklungsländern
Weitere Informationen unter www.defairemelk.nl
Bericht aus Schweden: ARLA – Milchmarkt – Politik
Die schwedische Kartellbehörde hat inzwischen die Fusion zwischen Arla und der schwedischen Molkerei Milko genehmigt. Das sind zunächst gute Nachrichten für die Landwirte, die Milko beliefern, da so die Insolvenz abgewendet wurde. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die wirtschaftliche Situation der Höfe noch immer äußerst schlecht ist. Die Milcherzeuger von Milko haben großen wirtschaftlichen Schaden erlitten und es wird lange dauern, bis sich die Situation wieder stabilisiert. Wie sich die zunehmende Größe von Arla auf den schwedischen Milchmarkt auswirken wird, bleibt abzuwarten. Andere Molkereien in Schweden sorgen sich um ihre Zukunft und es ist die Frage, was passiert, wenn sie am Markt nicht mehr bestehen können.
EMB: Muss der Milchmarkt den Finanzmärkten folgen?
Lösungsansatz für die Milchversorgung in Europa
Die internationale Finanz- und Schuldenkrise sowie die Krise auf dem Milchmarkt haben die gleiche Ursache. Hier wie da hat sich die Politik mit der Begründung aus der Verantwortung gezogen, der jeweilige Sektor würde am besten funktionieren, wenn er den freien Kräften des Marktes überlassen wird. Bürger und Staaten weltweit sehen, wie falsch diese Annahme ist und in welche Problemlagen sie uns stürzt. Sowohl für den Finanz- als auch für den Milchsektor werden in den nächsten Wochen in der EU wichtige Entscheidungen getroffen. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Vertrauen in den Regelungswillen der Politik verloren. Es ist ein hartes Stück Arbeit, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Doch mit dieser Arbeit muss JETZT begonnen werden!
BIG-M: Die Reorganisation der BO Milch ist eine Farce!
Nach dem Austritt des Verbandes der Schweizer Milch Produzenten (SMP) verkündete der Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM), Markus Zemp, dass dies auch eine Chance sei, um eine Reorganisation durchzuziehen, welche in Zukunft eine effiziente Lösung der Probleme im Milchmarkt ermögliche. Die BOM in der jetzigen Zusammensetzung ist unfähig (not able! uncapable! non è in grado!) die gewaltigen Probleme auf dem Schweizer Milchmarkt zu lösen. Sie schaut zu, wie die Milchmarktakteure sämtliche Vorgaben verhöhnen: Die Milchkäufer scheren sich nicht um die BOM-Beschlüsse, wonach die Verwertung in A-, B- und C-Milch korrekt und transparent ausgewiesen werden muss. Dem Grossteil der Produzenten werden Mischpreise verrechnet, die auf einer willkürlichen Segmentierung beruhen. Die Verarbeiter teilen bloss noch mit, welche Anteile verrechnet werden.
Das dänische Molkereiunternehmen Arla wächst weiter
Die Europäische Kommission hat keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegen die Fusion der deutschen Molkereigruppe Allgäuland mit Arla. Nach ihrer Einschätzung bleibt das entstehende Unternehmen weiter dem Wettbewerbsdruck durch eine Reihe von Konkurrenten ausgesetzt.
Arla Foods ist ihrem erklärten Ziel, zu den drei führenden Milchverarbeitern im deutschen Markt zu gehören, nun wieder einen Schritt näher gekommen. Und auch im Norden Europas hat sich das Unternehmen durch die Übernahme der schwedischen Molkerei Milko weiter vergrößert. Die Konzentration im Molkereisektor nimmt zu und in Brüssel äußert man Bedenken, dass die Milchbauern bei zu viel Spielraum in Bezug auf Zusammenschlüsse womöglich zu mächtig am Markt werden könnten. Manche EU-Politiker stehen Kopf.
Einige Termine des EMB-Vorstandes im November
25.11.2011 Workshop über Forschungsprojekt “Support of Farmers’ Cooperatives” der EU-Kommission. 24.11.2011 Treffen mit polnischem Agrarminister Marek Sawicki in Warschau 23.11.2011 Treffen mit deutscher Agrarministerin Ilse Aigner in Berlin 17.11.2011 Treffen mit luxemburgischem Agrarminister Romain Schneider in Luxemburg 10.11.2011 Treffen mit Vertretern des flämischen Agrarministeriums in Brüssel 07.11.2011 Treffen mit tschechischem Agrarminister Petr Bendl in Brüssel
LANGTEXTE
Interview mit Vlado Ljubic, kroatischer Milcherzeuger
Vlado Ljubic, 37 Jahre alt, bewirtschaftet mit seiner Frau Ljubica einen Milchviehbetrieb im Nordwesten von Kroatien, etwa 40km von Zagreb entfernt. Sie haben 23 Milchkühe und etwa 10 Jungtiere. Die Eltern von Vlado helfen noch kräftig auf dem Hof mit, der Vater ist zusätzlich als Krankenwagenfahrer tätig. Ljubica arbeitet stundenweise in der Altenpflege außerhalb des Betriebes. Innerhalb der nächsten Jahre wollen sie auf 30 Milchkühe anwachsen und zusätzlich bis zu 50 Bullen mästen.
Die Milchkühe sind im Boxen-Laufstall und das Jungvieh im Sommer auf der Wiese, im Winter in Anbindehaltung. 39 ha werden bewirtschaftet, davon 10ha eigenes Land und 29 ha Land gepachtet, auf etwa 100 Parzellen im Umkreis von 20km. Angebaut werden: Grünland, Klee und Mais.
S.Korspeter: Seit wann arbeiten Sie als Landwirt auf dem elterlichen Hof?
Vlado: Ich habe 2001 die Betriebsleitung übernommen. Vorher habe ich eine Maschinenbaulehre gemacht und ein Maschinenbau-Studium in Zagreb begonnen, jedoch nicht zu Ende geführt. Die Aussichten in der Industrie waren damals nicht gut und ich hatte Lust auf die Arbeit mit den Tieren auf dem Hof. Der Beruf als Landwirt gefällt mir auch deshalb besonders, weil ich mein eigener Herr bin und mir die Arbeit selber einteilen kann.
Ist Ihre Familie schon immer hier gewesen?
Mein Großvater ist 1950 hierher gekommen. Sein Bruder hatte den elterlichen Hof übernommen und er selber baute sich zunächst nur ein kleines Holzhaus neben dem neuen Grund. 1,5 ha waren es, mit Wald, Wiese, Weinberg und einem halben Hektar Ackerland. Die Zeiten damals waren hart, es gab nicht jeden Tag genug zu essen. Zuallererst wurde ein Kälbchen angeschafft, weil man sich eine Kuh nicht leisten konnte. Dieses Kälbchen wurde gehätschelt wie ein Baby, damit es gesund und stark wurde.
Wo möchten Sie mit dem Betrieb in zehn Jahren stehen?
Wir haben ganz konkrete Pläne, den Hof zu vergrößern. Als ich vor 10 Jahren den Betrieb übernommen habe, konnten wir mit den 10 Kühen gut leben. Heute ist es mit 23 Milchkühen knapp. Die Milchpreise sind schlechter, der Lebensstandard und die Ansprüche, die man stellt, sind gestiegen. Ich möchte gerne Plätze für 30 Milchkühe schaffen und die Mast von etwa 50 Bullen dazu nehmen. Der Preis für Stierkälber ist schlecht, nur 150€ kann man für ein 10 Tage altes Tier erzielen. Das ist viel zu wenig. Und mir gefällt auch der Gedanke, den Kreis zu schließen und auch die Jungtier-Aufzucht auf dem Hof zu machen.
Bedeutet das nicht auch viel mehr Arbeit?
Ja, schon. Aber meine Eltern werden helfen und ich selber habe auch noch Kapazitäten. Heute habe ich beispielsweise morgens um sechs Uhr angefangen und war schon um 5 Uhr am nachmittag fertig mit der Arbeit. Den Stall würden wir als Überdach mit Vorhängen selber bauen. Dann entstehen uns nur Kosten von etwa 50.000€ für das Material. Das bedeutet eine überschaubare Investition, die wir schultern können.
Welchen Milchpreis bekommen Sie aktuell?
Bis zum 31.12.2011 habe ich monatlich 3.60 Kuna, das entspricht 48 Cent / Liter erhalten. Davon kommen 2,60 Kuna von der Molkerei, wenn ich mindestens einen Fettgehalt von 4,3% und einen Eiweissgehalt von 3,7% habe. Dann werden alle 2 Jahre 0,50 Lipa / Liter produzierte Menge staatliche Subvention gezahlt und bis letzte Woche gab es 0,42 Lipa / Liter Rezessionshilfe zusätzlich. Diese Summe ist jetzt gestrichen und die nächste Auszahlung der staatlichen Subvention erfolgt erst wieder in 2013. Wie es mit einem Milchpreis von nur noch 2,60 Kuna in 2012 gehen soll, ist noch ziemlich unklar.
Wie hoch sind Ihre Produktionskosten pro Liter Milch?
Meine Kosten liegen bei 3,80 Kuna (50 Cent) und ich habe eher niedrige Produktionskosten, da ich sehr sparsam beim Diesel bin und nur kleine Kredite aufgenommen habe. Ein Lohnansatz von 5000 Kuna / Monat (667€) für mich als Betriebsleiter ist in dieser Summe enthalten, also der Lohn für eine Vollzeitstelle. Die Arbeit meiner Eltern und meiner Frau taucht in der Berechnung nicht auf.
Was wird sich mit dem EU-Beitritt für Sie ändern?
Viel, es wird eine ganz neue Konkurrenzsituation mit Importmilchprodukten auf uns zukommen. Aber es wird auch mehr Subventionen geben und diese werden zuverlässiger fließen. Doch um diese Subventionen zu erhalten, müssen viele Legalisierungen und Normanpassungen gemacht werden. Mein Kuhstall hat wie die meisten Ställe in Kroatien keine Baugenehmigung. Um diese nun nachträglich zu bekommen, muss ich 50.-60.000 Kuna, also 6.500-8000€ bezahlen. Dieses kroatische Gesetz gilt übrigens für Ställe gleichermaßen wie für Ferienwohnungen, die ohne Baugenehmigung erstellt wurden und die Maßeinheit ist Kubikmeter umbauter Raum. Eine recht absurde Geschichte, fern jeder Realität, aber so etwa ist nicht selten in Kroatien.
Man sieht unglaublich viele Flächen brach liegen. Woran liegt es, dass diese Flächen nicht bewirtschaftet werden?
Viele Junge Leute gehen weg, Zagreb und andere Städte wirken ungleich attraktiver als Lebensort. Sie sehen keine Perspektive für sich auf dem Land. Doch es gibt auch ein Mentalitätsproblem. Wir haben hier junge Familien mit kleinen Kindern, die Land haben, aber keine Arbeit und die trotzdem ihr Land nicht nutzen und noch nicht mal eine Kuh für die Milch, Fleisch und etwas Dünger für den Garten halten. Dabei ist das so leicht zu machen und lohnt sich doch sehr.
Haben Sie Land gepachtet?
Wir bewirtschaften zum Teil Land von anderen. Doch es gibt da so einige Probleme: Erstens: die Flächen sind häufig nicht im Grundbuch eingetragen und können somit nicht offiziell verkauft oder verpachtet werden. Zweitens: Die Leute wollen ihr Land, auch wenn es brach liegt, nicht anderen zur Bearbeitung geben. Und Drittens: man kann das Land eventuell ohne Zahlung einer Pacht nutzen, aber der Besitzer kassiert die Subventionen für das Stück Land, ohne dass er irgendetwas damit macht.
Gestern waren Milcherzeuger aus sieben Ländern der EU bei Ihnen zu Besuch auf dem Hof. Was wird Ihnen am meisten in Erinnerung bleiben?
Von diesem Besuch wird mir vor allem in Erinnerung bleiben, dass die EU-Milcherzeuger obwohl sie 1000km und mehr von mir entfernt wirtschaften, die gleichen oder sehr ähnliche Probleme wie wir hier haben. Ich habe den Austausch sehr genossen, die Kollegen aus der EU sind sehr offene und nette Leute. Meine ganze Familie hat sich sehr über diesen Besuch gefreut.
Vielen Dank für das Gespräch.