MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

ich möchte zunächst der vielen Menschen gedenken, die im Juli in Mitteleuropa durch Wetterextreme ihr Leben verloren haben, und an die schweren Schäden erinnern, die entstanden sind. Besonders Belgien und Deutschland waren betroffen, aber auch die Niederlande, Frankreich, Luxemburg sowie Regionen in anderen Ländern. Ich möchte den Menschen und LandwirtInnen dort mein tiefes Mitgefühl aussprechen. Im August haben wir das genaue Gegenteil erlebt: Waldbrände im Süden Europas. Angesichts der Wetterkapriolen und des Klimas erscheint die Lage ernst.

Was die Landwirtschaft betrifft, ist der Sommer in Dänemark endlich zurück und wir nehmen  gerade den vierten Grasschnitt in Angriff. Auf EU-Ebene versenden wir als EMB derzeit unsere neuen Berechnungen zu den Kosten der Milchproduktion. Wir haben sie für acht Länder berechnet und erstmals auch einen EU-Durchschnitt ermittelt. Einmal mehr zeigen die aufschlussreichen Zahlen, dass die Erzeugerpreise deutlich zu niedrig sind und wir mit der Milchproduktion Geld verlieren. Die Preise liegen aktuell auf einem durchschnittlichen Niveau, aber sie decken trotzdem nicht alle Kosten, vor allem wegen der Preissteigerungen. Einige Kosten, zum Beispiel für Futtermittel, werden vermutlich weiter steigen – teilweise ausgelöst durch den Klimawandel und Wetterextreme. Außerdem werden die nächsten Verträge, die die ErzeugerInnen abschließen, die Situation vermutlich weiter verschlimmern. Die Preise müssten um 3 bis 5 Cent steigen, allein nur um diese Kosten zu decken.

Aufseiten der EU-Institutionen hat die Europäische Kommission (EK) jüngst eine Reihe von Gesetzesvorschlägen vorgelegt, um ihre Klimaziele (Senkung des Treibhausgasausstoßes um 55% bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050) umzusetzen. Im Zusammenspiel mit der vor kurzem beschlossenen GAP-Reform und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ werden diese großen Einfluss auf die Landwirtschaft und Milcherzeugung haben. Wir vom EMB werden diese Prozesse sehr aufmerksam verfolgen. Denn es ist schließlich sehr wichtig zu wissen, wie die Kommission die Emissionen in allen Bereichen zu senken beabsichtigt – von der einzelnen Kuh bis zum ganzen Stall. Bleibt die normale Lebensform einer Kuh zulässig? Oder müssen wir ihre Emissionen mit Ergänzungsmitteln oder sogar chemisch senken? Diese beiden gegensätzlichen Betrachtungsweisen, wie man das Problem angehen kann, müssen gründlich untersucht werden.

Und auch bei der GAP-Reform liegt der Teufel im Detail: Es ist entscheidend, wie jedes Land die Reform national und regional umsetzt. Die Mitgliedstaaten können die Reform anpassen, was bedeutet, dass sie in jedem Land anders ausfallen kann und die Unterschiede zwischen den MilcherzeugerInnen womöglich noch verstärkt. So werden Kostenberechnungen für jedes Land sicher weiter erschwert. Wir müssen wachsam bleiben, damit die Landwirte in verschiedenen Ländern nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Deshalb müssen wir an einem Strang ziehen, die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und zusammenarbeiten! Die aktuelle Kostenstudie bietet ein solides Fundament, damit dieser Herbst eine wichtige Etappe auf dem Weg zu fairen, kostendeckenden Preisen sein kann!

 

Kjartan Poulsen, EMB-Vizevorsitzender und Vorsitzender von Landsforeningen af Danske Mælkeproducenter

Hochwasser und Unwetter in Mitteleuropa im Juli

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© Vanessa Langer

Mitte Juli kam es in Mitteleuropa zu langanhaltenden, intensiven Regenfällen, die zu Überschwemmungen ganzer Städte, Dörfer und Täler führten. Zahlreiche Todesopfer und immense materielle, aber auch seelische Schäden waren die Folge. Wir haben einige Eindrücke und Schilderungen zusammengestellt, wie MilcherzeugerInnen sowohl vielseitig selbst betroffen waren, aber auch wichtige Soforthilfe leisteten. Sie räumen auf und sind am unmittelbaren Wiederaufbau beteiligt, stellen aber genauso Fragen rund um diese Extremwetter und Klimaauswirkungen.

 

In Deutschland waren Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern am stärksten von den Unwettern und Überschwemmungen betroffen, aber auch andere Regionen. In diesen Gebieten erlitten auch einige BäuerInnen des BDM schwere Schäden auf ihren Höfen und Feldern. 

In den ersten Tagen nach der Flutkatastrophe wurden AnsprechpartnerInnen vor Ort gesucht, um die Hilfe und die Spenden zu koordinieren. Denn von Anfang an war eine hohe Solidarität der LandwirtInnen in ganz Deutschland zu spüren. Am 17. Juli 2021 wurde eine Sonderinfo für BDM-Mitglieder herausgegeben, in der die Möglichkeit zur Hilfe weiter konkretisiert und auch andere Hilfsangebote vorgestellt wurden. Des Weiteren haben viele BDM-Mitglieder zu kleineren Spendenaktionen aufgerufen, um Geld für die Flutopfer zu sammeln. Hierbei kamen mehrere Tausend Euro zusammen. Außerdem wurde an die AnsprechpartnerInnen vor Ort eine Vielzahl von Futtermittelspenden herangetragen. So konnten Mitglieder, die große Teile ihrer Ernte verloren haben, trotzdem den Ablauf des Betriebs aufrechterhalten.

Auch für Die Faire Milch Deutschland und ihre LandwirtInnen war es selbstverständlich, die Einsatzkräfte und die Einheimischen zu unterstützen. So ging die erste Lieferung Milch und Kakao bereits am 16. Juli in die besonders betroffenen Gebiete. Weitere Paletten wurden in den folgenden Tagen verteilt.

In Belgien war insbesondere der Osten des Landes betroffen, und manche Orte wurden innerhalb einer Woche sogar zweimal überschwemmt. MilchviehhalterInnen erlitten schwere Schäden, insbesondere jene, deren Höfe und Flächen in den tiefen und engen Tälern der Region liegen.

Weiden und Wiesen sind zerstört und wurden durch ausgelaufenes Heizöl und andere Schadstoffe verschmutzt. Jetzt müssen teure Analysen klären, ob eine Verfütterung an Kühe noch möglich oder eine teure Dekontaminierung (falls überhaupt durchführbar) oder Abschreibung der Flächen nötig ist. Es kam zu Anfragen für Heu und Futter, aber auch Spenden.

BäuerInnen halfen auch sofort ihren betroffenen Mitbürgerinnen. Viele leerten mit ihren Geräten, Pumpen und Fässern unzählige Keller. Auch das weitere Aufräumen liefe ohne ihren Einsatz, ihre Maschinen und Werkzeuge deutlich schwieriger und langsamer ab. Für sie ist diese Hilfe selbstverständlich, jedoch beklagen LandwirtInnen mancherorts eine mangelnde Anerkennung ihrer Arbeit durch die öffentliche Hand. Ihr unentgeltlicher Einsatz wird als gegeben hingenommen, während Spezialfirmen bezahlt werden. Insgesamt wird eine mangelnde Organisations- und Koordinationsfähigkeit bis hin zur Überforderung und Abwesenheit des Staats beklagt, auch noch Wochen nach dem Unwetter. Die Bevölkerung und BäuerInnen organisieren sich selbst, vielfach über soziale Netzwerke.

Fairebel, die Faire Milch Belgiens, spendete ebenfalls Lebensmittel an Betroffene und Hilfskräfte. So verteilten Fairebel-BäuerInnen in der besonders verwüsteten Gemeinde Pepinster Faire Schokoladenmilch.

In Frankreich, wo es insbesondere den Osten betraf, waren die Auswirkungen im Vergleich weniger gravierend. Dank der Solidarität der LandwirtInnen und NachbarInnen konnten Kühe von überfluteten Weiden gerettet werden, fehlendes Futter wird untereinander organisiert. Hier denkt man bereits über die Ursachen, Folgen und Vorbeugung solcher Unwetter nach, aber auch über den Umgang mit den Auswirkungen der Klimakrise im Allgemeinen.

Wie die ProduzentInnen unmittelbar sehen, entstehen ihnen Schäden und damit zusätzliche, unvorhersehbare Kosten. Da diese sich vermutlich häufen und verstärken werden, müssen sie unbedingt über die GAP und/oder den KonsumentInnenpreis gedeckt, aber auch in den Produktionskostenberechnungen berücksichtigt werden.

Die (Mit-)Ursachen liegen zum einen in einer wachsenden Urbanisierung und Versiegelung, die dem Wasser seinen natürlichen Raum nehmen. Es wird aber auch selbstkritisch nachgedacht, beispielsweise über für oder durch die Landwirtschaft begradigte oder betonierte Wasserläufe, die das Versickern erschweren. MilchviehhalterInnen sollten aber auch selbstbewusst auf positive oder zumindest abmildernde Beiträge der Tierhaltung bei Extremwettern und Klimafolgen verweisen. Zu nennen ist zum Beispiel der positive Effekt von Weideland bei der Rückhaltung von Wasser, aber insbesondere Schlamm. Ein Ansatz wären hier mehr TierhalterInnen, die die gleiche Zahl Kühe auf mehr (Weide-)Fläche halten. Wiesen und Weiden agieren als Schwamm, während intensiv genutztes Ackerland eher weggeschwemmt und damit in Häuser und andere Gebäude gespült wird. Ähnliches ist bei Feuern in Südfrankreich zu beobachten: Wo die Tierhaltung verschwindet oder konzentriert wird, haben die Flammen auf verbuschten Weiden leichtes Spiel.

Auch aus Südtirol in Italien, dem Süden der Niederlande und Luxemburg erreichten uns Nachrichten und Bilder von Unwettern und Überschwemmungen, aber auch von anschließender Solidarität und dem unermüdlichen Einsatz der BäuerInnen.

Wir wünschen allen Betroffenen Zeit zur Trauer, viel Kraft beim Umgang mit den materiellen und seelischen Schäden sowie für den Wiederaufbau. Ein großes Dankeschön an alle HelferInnen und SpenderInnen!

 

Simon Bauer, EMB, auf Basis von Informationen der betroffenen Mitgliedsorganisationen, insbesondere Association des Producteurs de Lait Indépendants (APLI), Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM),  Milcherzeuger-Interessengemeinschaft (MIG)

Marktindikatoren (Stand 19.08.)

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© EU-Kommission, GD AGRI Dashboard

Der Global Dairy Trade Index stieg am 17. August erstmals seit April 2021 wieder, allerdings nur um knappe 0,3%. Er liegt zwar nach wie vor so hoch wie seit Frühjahr 2014 nicht mehr, aber seit dem Höchststand Anfang März fiel er (zum Teil sehr deutlich) an neun von elf Handelstagen.

 

 

Der Durchschnittspreis für italienische Spotmilch geht im Juli den dritten Monat in Folge deutlich nach oben, im Vergleich zum Vormonat um 6,87% auf 39,81 Cent pro kg (+13,13% im Vergleich zum Juli 2020). Im August hingegen fällt er um 2,96% auf 38,63 Cent pro kg (vorläufiger Wert) an, womit der Höhenflug ein Ende zu nehmen scheint.

Der EU-27-Milchpreis steigt für Juli um 0,5% und wird mit 35,92 Cent pro kg angegeben und setzt damit seine schwach steigende Tendenz im Nachkommabereich seit Februar fort. Die EU-Butterpreise liegen bei 396 Euro pro 100 kg, was einen Anstieg um 0,7% im Vergleich zur Vorwoche und einen Rückgang um  0,3% in den letzten vier Wochen bedeutet. Ende Mai und im Juni waren mit 410 Euro pro 100 kg und mehr Höchstpreise erreicht worden.

Die Preise für EU-Magermilchpulver betragen aktuell 249 Euro pro 100 kg, womit sie im Vergleich zur Vorwoche stagnieren und im Vierwochenvergleich um 0,8% fielen. Durch den fast kontinuierlichen Preisanstieg seit dem Jahreswechsel war Anfang Juni mit 260 Euro ein Höchstwert seit Ausbruch der Covid-Pandemie erreicht worden. Im Anschluss fiel der Preis bis Ende Juli und liegt seither bei knapp 250 Euro pro kg.

Die Kurse für Futures auf Milcherzeugnisse an der European Energy Exchange (EEX) deuten tendenziell aufwärts. Die Kontrakte für Magermilchpulver für Oktober 2021 stiegen zum 18. August zum Beispiel um 0,7% auf 2.505 Euro pro Tonne im monatlichen Vergleich. Für Butter stiegen sie im selben Zeitraum sogar um deutliche 7,6% und stehen nun bei 4.118 Euro pro Tonne.

 

European Milk Board, August 2021

Bundesdelegiertenversammlung und Aktionen des BDM

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© BDM

Am 31. Juli konnte nach über zwei Jahren wieder eine Bundesdelegiertenversammlung stattfinden. Die wichtigen Tagesordnungspunkte der Präsenzveranstaltung waren die Wahlen des Vorstands und Beirats, Satzungsänderungen und die Diskussionen zum Milchdialog* und Agrardialog**.

 

Kontraktabschlüsse

Bis zu diesem Frühjahr gab es Halbjahresverträge von Mai bis Oktober sowie von November bis April. Rückläufige Milchanlieferungen, steigende Kurse an den Warenterminbörsen, ein gegenüber dem Vorjahr um rund ein Drittel angestiegener ife-Rohstoffwert Milch, eine stabile Nachfrage auf den Exportmärkten – das waren im Frühjahr Vorzeichen für höhere Preise. Doch dann verschob der Lebensmitteleinzelhandel die Kontraktlaufzeit – beginnend nun ab dem 1. Juli, sodass die Kontrakte mit niedrigen Preisen zwei Monate länger laufen und es in diesem Jahr keine weiteren Verhandlungen mehr geben wird. Dieses Vorgehen und die Bilanzgewinne der Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie waren Gründe für unsere Molkereiaktionen unter der Überschrift „Schluss mit lustig – Schluss mit Mauern!“.

Im Juni und Juli forderten wir mit unseren Aktionen die Molkereien in Deutschland auf, das Mauern der kompletten Verarbeitungsbranche gegen jeden Vorschlag, der die Situation der Milchviehbetriebe elementar verbessern könnte, einzustellen und den MilchviehhalterInnen eine bessere Marktposition und damit bessere Marktpreise zu ermöglichen. Für die Politik, die weiter daran glauben will, dass die Probleme der MilchviehhalterInnen branchenintern gelöst werden könnten, sind die Aktionen ein Fingerzeig, welcher Teil der Branche wirklich jede Verbesserung der Situation der Milchviehbetriebe blockiert: Schluss mit dem Mauern gegen die Zukunft der Landwirtschaft!

Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL)

Nach neun Monaten mit vielen Sitzungen und Gesprächen haben sich die in die ZKL berufenen VertreterInnen aus Landwirtschaft, Agrarindustrie und NGOs – darunter auch unser Vorsitzender Stefan Mann – einstimmig auf einen Abschlussbericht verständigt, der am 6. Juli 2021 Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben wurde. Positiv zu vermerken ist, dass es mit unserem Engagement gelungen ist, die Notwendigkeit der Weiterentwicklung der Marktrahmenbedingungen im Abschlussbericht festzuhalten. Unterstützt wurden diese Bestrebungen vor allem aus dem Kreis der NGOs. Die Feststellungen im Abschlussbericht haben jedoch alle „nur“ Empfehlungscharakter: Ob und in welcher Tiefe eine Umsetzung erfolgt, liegt in den Händen der Politik. Wir sehen dies als Handlungsauftrag für die nächste Regierung.

Bundestagswahl

Den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 26. September werden wir nutzen, um für unsere Positionen zu werben. Hierzu organisieren die BDM-Teams bundesweit Hofbesuche oder Podiumsdiskussionen mit den KandidatInnen oder besuchen die großen Wahlkampfveranstaltungen der SpitzenkandidatInnen.

 

* Am Milchdialog wirken folgende Verbände und Organisationen der ErzeugerInnen mit: BDM e.V., die Milchgruppen von LsV Land schafft Verbindung, AbL e.V., die Freien Bauern, das EMB, die MEG Milch Board w.V.; sie haben sich auf gemeinsame Forderungen verständigt.

** Der Agrardialog besteht aus einem Lenkungsgremium und den drei Arbeitsgruppen Milch, Herkunft und Schwein. In der Arbeitsgruppe Milch tagen sechs Verbände der Landwirtschaft, sieben Molkereien und sechs Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels mit dem Bestreben, über einen Rahmenvertrag die Erlössituation für die Landwirtschaft zu verbessern.

 

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM)

Portugal: MilcherzeugerInnen mit dem niedrigsten Preis in Europa fordern ihren Staatspräsidenten auf zu handeln

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© APROLEP

Die portugiesischen MilcherzeugerInnen sehen sich seit Monaten mit einem starken Anstieg ihrer Produktionskosten konfrontiert. APROLEP hat mehrere Pressemitteilungen veröffentlicht und im Februar eine Aktion gestartet, bei der 200 Paar Arbeitsschuhe auf einem Platz aufgestellt wurden und die 200 ErzeugerInnen symbolisierten, die im letzten Jahr aufgegeben haben.

 

Eine der medienwirksamsten Aktionen fand am 10. Mai statt, als der portugiesische Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa einen Familienbetrieb besuchte, der seit Generationen Milch und Fleisch produziert. Er hatte dabei Gelegenheit, das Tierwohl der 180 Milchkühe zu inspizieren und den modernen Melkstand und die Milchlagerung zu sehen, die allen Lebemsmittelsicherheitsvorschriften entsprechen. Während des Besuchs äußerte er sich positiv über die Milch und die hervorragenden einheimischen Käsesorten, die von mehreren familiengeführten Molkereien und Genossenschaften hergestellt werden. APROLEP wies den Staatspräsidenten dabei auf verschiedene Probleme hin, die die Landwirte und insbesondere die MilcherzeugerInnen betreffen, und forderte ihn zum Handeln auf. Angesprochen wurden der Milchpreis und die Produktionskosten sowie das negative Image der Landwirtschaft und Tierhaltung in den Schulen und der öffentlichen Meinung.

Marisa Costa, Vizevorsitzende von APROLEP, schrieb im Leitartikel der August-Ausgabe unseres Newsletters: „Die Futtermittelkosten steigen. Die anderen Produktionsfaktoren verteuern sich. Kraftstoffe werden teurer. Die Preise für Baustoffe klettern in die Höhe. Die Anforderungen der Industrie steigen. Aber die Erzeugerpreise liegen seit 2015 unter dem EU-Durchschnitt, und die Differenz beläuft sich 2021 auf 6 Cent."

Die Regierung mit ihren ausgezeichneten Kommunikationsfähigkeiten verkündet derweil Maßnahmen und Unterstützung und vermittelt der Bevölkerung den Eindruck, die Landwirte erhielten Subventionen und das Problem sei gelöst! Der Handel tobt sich in Kampagnen und Werbeaktionen aus, bei denen Milch oft als Lockangebot genutzt wird. Gleichzeitig spricht er unermüdlich davon, dass man die einheimische Produktion unterstütze, und verschweigt dabei tunlichst die erbärmlichen Preise, die man den ErzeugerInnen zahlt oder ihnen abverlangt.

Die Industrie profitiert heute davon, dass es in der Vergangenheit an einer innovativen Vision fehlte und versäumt wurde, wertschöpfende Milchprodukte einzuführen, sodass die Handelsmarken auf dem Vormarsch sind.

Die Wertschöpfungskette im Milchsektor hat zu viele Glieder. Zu viele Organisationen leben vom Milchgeld. Es werden zu viele Gehälter und Boni gezahlt, ohne dass dafür Ergebnisse gebracht würden.

Wir leben in schwierigen und fordernden Zeiten. Diese Situation werden wir nur mit Demut, Entschlossenheit, Respekt für die ErzeugerInnen, Wertschöpfung und einer Einkommensverteilung umkehren können.

 

Carlos Neves, Associação dos Produtores de Leite de Portugal (APROLEP)

Studie der Kommission sagt voraus, dass Verlagerung von Produktion die Ergebnisse der EU-Umweltstrategie zunichtemachen wird

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Eine neue Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der EU-Kommission gibt an, dass die Ziele, die die EU in ihren Strategien „Vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork - F2F) und zur Biodiversität festlegt, den Emissionsausstoß deutlich mindern und messbare Umweltvorteile bringen würden. Die gleiche Studie sagt aber auch voraus, dass die Reduzierung vermutlich drastisch gemindert wird, da sich die Nahrungsmittelerzeugung in Länder verlagern wird, die geringere – oder keine – vergleichbaren Standards haben. Dies nennt man ‚Verlagerung von CO2-Emissionsquellen‘.

 

Die Untersuchung, die sich mit den in der F2F-Strategie festgelegten Emissionssenkungen befasst, kommt zu dem Schluss, dass die Maßnahmen wahrscheinlich die Emissionen der Landwirtschaft um nahezu 30% senken werden. Sie stellt aber auch fest, dass fast die Hälfte davon verloren gehen wird, da Produktion aus der EU an andere weniger regulierte Standorte abwandern wird. Der Studie zufolge werden die F2F-Maßnahmen unweigerlich dazu führen, dass das Einkommen der EU-Landwirte sinken und sie ‚einen schwierigen Wandel durchlaufen‘ werden, da ihre Produktion und Erträge durch den verminderten Einsatz chemischer Düngemittel zurückgehen werden. Die Erkenntnisse der GFS wurden bereits durch den Vorsitzenden der Irish Creamery Milk Suppliers Association (ICMSA), Pat McCormack, kritisiert.

„Die irischen Landwirte werden nur schwer nachvollziehen können, warum wir unsere Milch- und Rindfleischproduktion beschränken – wo wir sicher in Sachen Nachhaltigkeit weltweit schon führend sind –, nur damit andere Erzeuger in die Bresche springen und die Produktion übernehmen. Dabei liegen sie jetzt schon weit hinter uns, wo wir die jüngsten Umwelt- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen noch nicht einmal umgesetzt haben. Das ist das Riesenmanko der F2F-Strategie der EU: Sie ergibt nur dann Sinn, wenn wir uns gleichzeitig weigern, Nahrungsmittel von Erzeugern zu importieren, die nach geringeren Umweltstandards als wir produzieren. Sonst machen wir uns etwas vor, wenn wir so tun, als fielen keine Emissionen an, weil sie woanders entstehen. Und wir treiben damit auch noch unsere eigene Verarmung voran“, erklärte der Vorsitzende von ICMSA.

„Das muss diskutiert werden, und zwar jetzt und bevor wir den nächsten Schritt gehen. „Einzelne Mitgliedstaaten haben genau wegen dieser schieren Sinnlosigkeit gegen das Mercosur-Abkommen opponiert, aber es war offensichtlich, dass die Kommission ihrerseits den Zusammenhang nicht erkannt hat. Das muss sich ändern: Wir brauchen die feste Zusage der EU, dass künftig keine Nahrungsmittel von Erzeugern, Verarbeitern oder Staaten eingeführt werden, die bei der Produktion der Nahrungsmittel weniger strenge Normen anwenden. Sonst tun wir nur so, als würden wir die Emissionen senken, und zwar zulasten des Lebensunterhalts der Landwirte in der EU, die ohnehin schon ständig weniger werden.“

McCormack sagte, dies seien nun zwei klare und erkennbare Gründe, die gegen die Logik sprächen, die der Nahrungsmittel- und Umweltstrategie der EU zugrunde liegt. „Die erste Frage betrifft die Margen und die Beendigung der einzelhandelsgesteuerten Politik der ‚billigen Nahrungsmittel‘. Die zweite Frage ist, wie die EU ihre Märkte gegenüber Nahrungsmitteln abriegeln wird, die nach geringeren Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards produziert werden. Dies sind keine Gedanken im Nachgang. Schlagen wir bei den ersten Schritten einen falschen Kurs ein, könnte uns jeder weitere Schritt weiter vom richtigen Weg abbringen“, sagte er.

Nach Meinung von McCormack geraten vor allem landwirtschaftliche Familienbetriebe durch diese offensichtlich fehlgeleitete F2F-Strategie unter Beschuss. Jetzt habe eine Forschungsstelle der EU schwere Defizite in einer Leitinitiative der EU aufgedeckt. Daher müssten die Mitgliedstaaten darauf beharren, dass die EU-Kommission eine gründliche wirtschaftliche und ökologische Folgenabschätzung der Strategie vornimmt und alle Fakten offenlegt, bevor Entscheidungen getroffen werden, die schwere und letztendlich sinnlose negative Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft und den Agrarsektor in der EU haben.

 

ICMSA-Pressemitteilung vom 6. August 2021

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