EMB Newsletter September/Oktober 2022
Newsletter als PDF
Kontakt
EMB - European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel.: +32 - 2808 - 1935
Fax: +32 - 2808 - 8265
Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,
die Arbeit in der Landwirtschaft ist nicht nur irgendeine Arbeit. Die Landwirtschaft wird nicht umsonst als Primärsektor bezeichnet, denn ohne sie hätten andere nachgelagerte Wirtschaftszweige gar keine Grundlage. Ohne Bäuerinnen und Bauern gibt es keine Höfe, ohne die Betriebe keine Nahrungsmittel. Die PolitikerInnen scheinen vergessen zu haben, woher ihr Essen kommt. Sie halten gut bestückte Supermarktregale und Einkaufswägen, die mit hochwertigen, aber erschwinglichen Nahrungsmitteln gefüllt sind, wohl für selbstverständlich. Wenn Landwirte und -wirtinnen aufgeben, weil sie ihren Lebensunterhalt mit ihrer Arbeit nicht mehr decken können, geht wertvolles Wissen verloren. Ist dieser Prozess einmal in Gang gesetzt, ist er kaum noch oder nicht mehr aufzuhalten oder gar umzukehren.
Schauen wir uns an, was wir in der Europäischen Union tun können, um das zu verändern:
Die Bäuerinnen und Bauern müssen politisch aktiv bleiben
Der gesamten Bevölkerung, aber insbesondere uns MilcherzeugerInnen, steht ein düsterer Herbst bevor. Unsere Lage wird dadurch verschärft, dass wir in den letzten Jahren infolge der wiederholten schweren Krisen bereits sehr viel Energie und finanzielle Rücklagen aufgebraucht haben. Neben der tagtäglichen Arbeit auf unseren Höfen haben wir uns politisch engagiert und dafür gekämpft, ein stabiles Marktumfeld zu schaffen. Es versteht sich von selbst, dass das politische Engagement äußerst wichtig ist und bleibt. Deshalb müssen wir Landwirtinnen und -wirte unsere starke politische Arbeit fortsetzen.
Dazu gehören Demonstrationen und Kampagnen. Ein wirksamer Weg für die Landwirtinnen und -wirte, für ihr Überleben zu kämpfen, besteht darin, sich zu organisieren, was man nicht oft genug betonen kann. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, wenn man bedenkt, dass die Milchviehhaltung uns sehr beansprucht und kaum Zeit für andere Dinge lässt. Wir können uns aber nur Gehör verschaffen, wenn wir gemeinsam für einen Agrarsektor eintreten, der sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig ist – auch für Erzeugerinnen.
Eine wesentliche politische Aufgabe des EMB besteht zum Beispiel darin, sicherzustellen, dass die Produktionskosten in voller Höhe an die Milchabnehmer weitergegeben werden. Das EMB setzt sich außerdem dafür ein, die Dimension der sozialen Nachhaltigkeit in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und im Green Deal zu verankern. Gleichzeitig fordern wir die Aufnahme des Marktverantwortungsprogramms in das Kriseninstrumentarium der EU. Im Juli dieses Jahres haben die in den beiden großen transnationalen Verbänden EMB und ECVC organisierten ErzeugerInnen einen gemeinsamen offenen Brief an die EU-Institutionen und nationalen Ministerien gerichtet, in dem wir ein stabiles Einkommen für die Bäuerinnen und Bauern fordern, das für die Nahrungsmittelsicherheit in der EU unerlässlich ist.
Mehr Bäuerinnen und Bauern sollten die Unterstützung von Erzeugerorganisationen bei ihren Verhandlungen nutzen
Die Erzeugerorganisationen haben sich kontinuierlich weiterentwickelt, und dennoch verhandeln die ErzeugerInnen immer noch nicht gleichberechtigt mit den Verarbeitern und Lebensmitteleinzelhändlern. Das wirft die Frage auf, was wir – ein(e) jede(r) von uns – tun können, um unsere Marktmacht zu stärken? Damit die ErzeugerInnen die Oberhand gewinnen können, müssen mehr von uns Erzeugerorganisationen beitreten, die die Bedingungen der Milchabnahme für viele Landwirtinnen und -wirte verhandeln. Diese Organisationen müssen molkereiübergreifend organisiert sein, d.h. sie müssen mit mehreren Verarbeitern verhandeln, statt alles auf eine Karte zu setzen.
Auch die Politik kann dazu beitragen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Erzeugerorganisationen zu verbessern, indem sie es ihnen erlaubt, Verträge für die Milch aufzusetzen und zu verhandeln, die an Genossenschaften geliefert wird.
Unterstützung für die Faire Milch
Die ‚Faire Milch‘-Initiative entlohnt die ErzeugerInnen mit gerechten Preisen und dient so als Vorbild für den gesamten Milchmarkt. Dieses positive Projekt setzt bereits in Frankreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, der Schweiz und auf dem afrikanischen Kontinent starke Zeichen. Das Projekt, das realistischen Anlass zur Hoffnung gibt, wird bereits von vielen VerbraucherInnen und ErzeugerInnen unterstützt. Die Landwirtinnen und -wirte können die positive Wirkung dieser wichtigen Initiative durch ihre Unterstützung weiter verstärken.
Die Politik sollte die Rahmenbedingungen schaffen, damit Agrarerzeugnisse nicht unter ihrem Einstandspreis verkauft werden dürfen
Damit Milchmärkte stabil sein können, müssen sie fair sein. Anders gesagt, müssen die ErzeugerInnen für ihre Produktion einen Preis erzielen, der nicht nur ihre laufenden Kosten deckt, sondern auch ein ausreichendes Einkommen für sie abwirft. Konkret bedeutet das, dass der Verkauf unter Einstandspreis gesetzlich verboten werden sollte, wenn wir eine gesunde Beziehung zwischen den MilcherzeugerInnen und Verarbeitern haben und erhalten möchten. Es versteht sich von selbst, dass dies gleichermaßen für Milch gelten muss, die an Genossenschafts- und an Privatmolkereien geliefert wird.
In den Beiträgen unserer Mitglieder zu dieser Ausgabe unseres Newsletters können Sie lesen, dass die aktuellen Erzeugerpreise deutlich unter den Produktionskosten liegen – und die Schere klafft jeden Tag weiter auseinander. Im Artikel von APROLEP erfahren wir zum Beispiel, dass die Kosten unserer portugiesischen KollegInnen seit Anfang 2022 um 51% gestiegen sind, aber die Verarbeiter die Auszahlungspreise im gleichen Zeitraum nur um 35% erhöht haben. Die Diskrepanz zwischen Kosten und Erzeugerpreisen wird größer statt kleiner. Die französischen KollegInnen berichten in ihrem Artikel, dass die Situation in Frankreich mit geschätzten Preisen von 445,50 Euro pro Tonne, die die Produktionskosten bei weitem nicht decken, ganz ähnlich ist.
Die Politik sollte die Landwirtschaft von Freihandelsabkommen ausnehmen und Spiegelklauseln aufnehmen
Im Rahmen ihrer Handelspolitik ist die EU weiterhin darauf erpicht, Freihandelsabkommen abzuschließen, wie zuletzt mit Neuseeland. Im Ergebnis wird Neuseeland mehr Butter, Milchpulver, Käse und Rindfleisch in die EU exportieren. Das EMB vertritt die Position, dass die Landwirtschaft aus solchen Freihandelsabkommen ausgenommen werden sollte, weil die strategische Bedeutung des Sektors einfach zu groß ist.
Generell sollten Agrarerzeugnisse, die in die EU eingeführt werden, den gleichen Bedingungen und Auflagen unterliegen wie EU-Erzeugnisse (sogenannte Spiegelklauseln). Das bedeutet, dass importierte Agrarerzeugnisse die gleiche Qualität haben und nach den selben sozialen und ökologischen Standards produziert werden sollten, die für die europäischen ErzeugerInnen gelten.
Vor diesem Hintergrund sollten wir die PolitikerInnen gemeinsam daran erinnern, wer ihr Essen auf den Tisch bringt, und klarstellen, dass sie es nicht für gegeben erachten können, dass wir angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen weiter ihre Nahrungsmittel produzieren werden. Wir müssen sie weiter mit der Nase darauf stoßen, dass die EU von dem derzeit eingeschlagenen, problematischen Kurs ablassen muss. Deshalb ist es wichtig, dass wir Landwirtinnen und -wirte uns weiter aktiv auf allen Ebenen einbringen. Es steht nicht nur das Überleben jedes Betriebs und der einzelnen ErzeugerInnen auf dem Spiel, sondern es geht um die Nahrungsmittelproduktion und -sicherheit an sich.
Roberto Cavaliere, Vorstandsmitglied im EMB und Vorsitzender der Associazione Produttori di Latte Pianura Padana (APL)
ICMSA spricht von ‚nahezu sicherem‘ Verdacht, dass die irische Regierung eine ‚kontrollierte Abwicklung‘ der Haupterwerbslandwirtschaft plant
Dürre 2022 – die Viehhaltung ist in Gefahr
Das Zusammenspiel zwischen Klima und Weidehaltung
Nationales Treffen der portugiesischen MilcherzeugerInnen
Impressum
European Milk Board asbl
Rue de la Loi 155
B-1040 Bruxelles
Tel: +32 2808 1935
Fax: +32 2808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Website: http://www.europeanmilkboard.org