EMB Newsletter Juli/August 2022
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EMB - European Milk Board asbl
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B-1040 Bruxelles
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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,
seit Covid-19 vor nunmehr zweieinhalb Jahren alles auf den Kopf gestellt hat, erleben wir viele Phänomene, die die Milchpreise unserer Betriebe tendenziell steigen lassen, obwohl sie in den meisten EU-Ländern, so auch in Frankreich, weiterhin nicht die Produktionskosten decken, die in allen Bereichen explodieren.
Phasenweise hat Covid-19 die Logistikketten gestört. Dann kam der Krieg in der Ukraine, der wie jeder Krieg nicht nur Ängste, Sorgen und Verwerfungen jeder Art, sondern auch Spekulationen auf den Nahrungsmittelmärkten auslöst. Das nächste Phänomen ist meiner Meinung nach ein Rückgang der Milchproduktion in Europa. Organisationen wie das EMB warnen schon viel zu lange vor den mittel- und langfristigen negativen Folgen, die das üble System hat, mit dem wir seit fast 20 Jahren leben. Da die ErzeugerInnen nicht ordentlich vergütet werden, steigen sie aus der Milchproduktion aus – ohne Hoffnung, sie eines Tages wieder aufzunehmen! Die Jungen scheuen sich größtenteils, den Beruf zu wählen, und dies ist sehr verständlich, auch wenn ich dieses Massaker zutiefst bedaure. Die meisten der verbleibenden ErzeugerInnen haben versucht, ihre Produktion durch Erweiterung ihrer Herde zu optimieren, angesichts des Arbeitskräftemangels in Technologie investiert oder sich mit anderen Betrieben zusammengetan etc. Aber nichts hilft und die ErzeugerInnen sind ausgelaugt, vor allem diejenigen, die schon 20 Jahre in dem Beruf sind und begriffen haben, dass man sie nicht oder nicht mehr versteht.
Nahrungsmittelsouveränität
In den letzten 20 Jahren hat Frankreich die Hälfte seiner MilchviehhalterInnen verloren. Der Rückgang in der Anzahl der ErzeugerInnen beraubt uns nicht nur des Knowhows dieser erfahrenen ErzeugerInnen, sondern auch der Menschen, die die Kulturlandschaften erhalten und vor allem die Nahrungsmittelsicherheit der französischen und europäischen VerbraucherInnen sicherstellen. Diese wird bald in Gefahr sein, wenn wir dieses System nicht radikal verändern, das es nicht mehr ermöglicht, die ErzeugerInnen angemessen zu vergüten.
Bei der Sicherstellung der Ernährungssouveränität geht es zunächst darum, die Produktion am Verbrauch auszurichten. Die Deregulierung der Produktion, die wir in Europa seit 2003 beobachten und die sich bis 2021 immer weiter verschärft hat, führt zu Preisen, die viel zu niedrig sind, um die Produktionskosten zu decken. Zusammen mit dem EMB und seinen Mitgliedsorganisationen in nahezu allen europäischen Ländern haben wir die Verantwortlichen und politischen EntscheidungsträgerInnen mit Nachdruck davor gewarnt. Die Genossenschaften (insbesondere die großen), Branchenverbände, Einzelhandelsketten und die Politik: Alle müssen gleichermaßen dazu beitragen, echte Harmonie und Gerechtigkeit unter allen herzustellen. Wir haben gewarnt, aber wir haben auch Lösungen vorgeschlagen.
Wie kann man die ErzeugerInnen gut entlohnen?
Die Margen müssen ein für alle Mal zwischen dem Erzeuger, der Verarbeitung und dem Einzelhandel aufgeteilt werden. Dazu müssen die ErzeugerInnen stärker und besser organisiert sein, denn selbst in einer Genossenschaft gibt es keine Möglichkeit zu verhandeln und seinen Preis durchzusetzen.
Die Erzeugerorganisationen
Bei Verhandlungen geht es um ein Kräfteverhältnis und in diesem Punkt sind wir sehr schlecht organisiert. Und dennoch werden in manchen Ländern mehr als 60% der Milch von Genossenschaften abgeholt, in anderen sogar 100%. Diese Genossenschaften dürfen keine Erzeugerorganisationen mehr sein und müssen es stattdessen „ihren“ ErzeugerInnen gestatten, einer molkereiübergreifenden statt einer vertikalen Erzeugerorganisation anzugehören, wie es heute der Fall ist. Wir sind auf einem europäischen Markt und müssen einige europäische Erzeugerorganisationen haben. Wenn wir heute so schwach sind, liegt das daran, dass wir so viele sind und wir auf der anderen Seite mit einigen wenigen Abnehmern verhandeln, die die Wahl haben und so die Preise drücken können. Ich bin dafür, dass Genossenschaften die Abholung und die Kühlung kollektiv organisieren, aber sie dürfen sich nicht in die Preisgestaltung einmischen.
Marktverantwortungsprogramm
Inzwischen raten wir schon seit Jahren allen, die uns Gehör geschenkt haben, unser Programm umzusetzen, mit dem Überproduktion vermieden und die Menge am Verbrauch ausgerichtet werden kann. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass diese seit fast 20 Jahren bestehende Überproduktion am aktuellen Erzeugerschwund und der fehlenden Produktion von morgen schuld ist. Die verheerenden Folgen, die wir in den sich entwickelnden Regionen der Welt wie Afrika verursachen, sind hier noch nicht einmal berücksichtigt, denn eine solche Situation führt zwangsweise zu dem Versuch, die Überschüsse durch Exporte auf den Weltmarkt abzusetzen.
Die Politik und unsere Regierungen
Unsere politischen EntscheidungsträgerInnen werden gewählt, um das Wohlergehen aller BürgerInnen und des gesamten Landes zu gewährleisten. Ihnen kommt daher die Rolle des Vermittlers oder Schiedsrichters zwischen uns und unseren Abnehmern zu, damit jedes Produkt, das zum Bürger gelangt, zu einem fairen Preis verkauft wird. Sie müssen uns helfen, Lösungen für alle umzusetzen, die Nahrungsmittelsouveränität und soziale und ökologische Souveränität zu gewährleisten und Nachhaltigkeit zu fördern. Sie haben also genug zu tun, aber wenn ein echter Wille besteht, die Lage für alle zu verbessern, sind diese Herausforderungen nicht unüberwindbar. So können wir vielleicht die Jungen wieder für den Beruf gewinnen, denn angesichts des Durchschnittsalters der ErzeugerInnen besteht dringender Handlungsbedarf.
Unsere Faire Milch
Mit unserer Fairen Milch haben wir ein schönes Beispiel und unsere Mitglieder können es bestätigen. Jetzt müssen nur noch unsere BerufskollegInnen den Nutzen dieses Konzepts begreifen und sich zahlreich anschließen. Dabei müssen wir wachsam bleiben und nicht in die Falle tappen, uns in Richtung einer Milch zu bewegen, die den MilcherzeugerInnen zwar eine bessere Vergütung bietet, ihnen aber nicht mehr gehört, denn wir wissen, dass das nicht nachhaltig wäre, und sicher nicht fairer.
Die GAP und der Green Deal für Europa
In einem ordentlich regulierten Markt haben die Milchabnehmer und Milchverarbeiter eine wichtige Rolle. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU und der Europäische Green Deal müssen sich an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit orientieren. Damit der Markt zu einem derartigen Wandel des Agrarsektors beitragen kann, müssen die Landwirtinnen und -wirte in der Lage sein, ihre Kosten in voller Höhe zu decken. Außerdem müssen Instrumente geschaffen werden, um den schnellen Erzeugerrückgang zu bremsen.
Einführung fairer Wettbewerbsbedingungen
Importierte Agrarerzeugnisse müssen „Spiegelklauseln“ unterliegen, damit Erzeugnisse, die nicht den EU-Normen entsprechen, nicht auf den Markt der EU gelangen dürfen. Die VerbraucherInnen in der EU haben Anspruch auf den gleichen Gesundheits- und Umweltschutz, unabhängig davon, wo ihre Nahrungsmittel herkommen. Werden lokale Erzeugnisse aus der EU (die wegen der strengeren Normen, denen sie unterliegen, teurer sind) durch „kostengünstige“ Importe ersetzt, bezweckt man nur, dass die Produktion und umweltschädliche Emissionen in Länder außerhalb der EU verlagert werden.
Boris Gondouin, Vorstandsmitglied im EMB und in der APLI
Mitgliederversammlung - Milcherzeuger aus ganz Europa: politisch und auf dem Markt aktiv für eine faire Agrarproduktion
Irlands neue GAP
Die GAP in Belgien: unterschiedliche Entwicklungen in Flandern und der Wallonie
GAP-Strategieplan – Deutschland muss nachbessern
Der litauische GAP-Strategieplan
Fair, Fairer, Faironika
Im Reich der Grünfärberei ist Aldi König
Nachhaltigkeitstool für landwirtschaftliche Betriebe
Qualität muss bezahlt werden
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