MILK-NEWS

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Liebe Milchbäuerinnen und Milchbauern, liebe MitstreiterInnen,

seit Covid-19 vor nunmehr zweieinhalb Jahren alles auf den Kopf gestellt hat, erleben wir viele Phänomene, die die Milchpreise unserer Betriebe tendenziell steigen lassen, obwohl sie in den meisten EU-Ländern, so auch in Frankreich, weiterhin nicht die Produktionskosten decken, die in allen Bereichen explodieren.

Phasenweise hat Covid-19 die Logistikketten gestört. Dann kam der Krieg in der Ukraine, der wie jeder Krieg nicht nur Ängste, Sorgen und Verwerfungen jeder Art, sondern auch Spekulationen auf den Nahrungsmittelmärkten auslöst. Das nächste Phänomen ist meiner Meinung nach ein Rückgang der Milchproduktion in Europa. Organisationen wie das EMB warnen schon viel zu lange vor den mittel- und langfristigen negativen Folgen, die das üble System hat, mit dem wir seit fast 20 Jahren leben. Da die ErzeugerInnen nicht ordentlich vergütet werden, steigen sie aus der Milchproduktion aus – ohne Hoffnung, sie eines Tages wieder aufzunehmen! Die Jungen scheuen sich größtenteils, den Beruf zu wählen, und dies ist sehr verständlich, auch wenn ich dieses Massaker zutiefst bedaure. Die meisten der verbleibenden ErzeugerInnen haben versucht, ihre Produktion durch Erweiterung ihrer Herde zu optimieren, angesichts des Arbeitskräftemangels in Technologie investiert oder sich mit anderen Betrieben zusammengetan etc. Aber nichts hilft und die ErzeugerInnen sind ausgelaugt, vor allem diejenigen, die schon 20 Jahre in dem Beruf sind und begriffen haben, dass man sie nicht oder nicht mehr versteht.

Nahrungsmittelsouveränität

In den letzten 20 Jahren hat Frankreich die Hälfte seiner MilchviehhalterInnen verloren. Der Rückgang in der Anzahl der ErzeugerInnen beraubt uns nicht nur des Knowhows dieser erfahrenen ErzeugerInnen, sondern auch der Menschen, die die Kulturlandschaften erhalten und vor allem die Nahrungsmittelsicherheit der französischen und europäischen VerbraucherInnen sicherstellen. Diese wird bald in Gefahr sein, wenn wir dieses System nicht radikal verändern, das es nicht mehr ermöglicht, die ErzeugerInnen angemessen zu vergüten.

Bei der Sicherstellung der Ernährungssouveränität geht es zunächst darum, die Produktion am Verbrauch auszurichten. Die Deregulierung der Produktion, die wir in Europa seit 2003 beobachten und die sich bis 2021 immer weiter verschärft hat, führt zu Preisen, die viel zu niedrig sind, um die Produktionskosten zu decken. Zusammen mit dem EMB und seinen Mitgliedsorganisationen in nahezu allen europäischen Ländern haben wir die Verantwortlichen und politischen EntscheidungsträgerInnen mit Nachdruck davor gewarnt. Die Genossenschaften (insbesondere die großen), Branchenverbände, Einzelhandelsketten und die Politik: Alle müssen gleichermaßen dazu beitragen, echte Harmonie und Gerechtigkeit unter allen herzustellen. Wir haben gewarnt, aber wir haben auch Lösungen vorgeschlagen.

Wie kann man die ErzeugerInnen gut entlohnen?

Die Margen müssen ein für alle Mal zwischen dem Erzeuger, der Verarbeitung und dem Einzelhandel aufgeteilt werden. Dazu müssen die ErzeugerInnen stärker und besser organisiert sein, denn selbst in einer Genossenschaft gibt es keine Möglichkeit zu verhandeln und seinen Preis durchzusetzen.

Die Erzeugerorganisationen

Bei Verhandlungen geht es um ein Kräfteverhältnis und in diesem Punkt sind wir sehr schlecht organisiert. Und dennoch werden in manchen Ländern mehr als 60% der Milch von Genossenschaften abgeholt, in anderen sogar 100%. Diese Genossenschaften dürfen keine Erzeugerorganisationen mehr sein und müssen es stattdessen „ihren“ ErzeugerInnen gestatten, einer molkereiübergreifenden statt einer vertikalen Erzeugerorganisation anzugehören, wie es heute der Fall ist. Wir sind auf einem europäischen Markt und müssen einige europäische Erzeugerorganisationen haben. Wenn wir heute so schwach sind, liegt das daran, dass wir so viele sind und wir auf der anderen Seite mit einigen wenigen Abnehmern verhandeln, die die Wahl haben und so die Preise drücken können. Ich bin dafür, dass Genossenschaften die Abholung und die Kühlung kollektiv organisieren, aber sie dürfen sich nicht in die Preisgestaltung einmischen.

Marktverantwortungsprogramm

Inzwischen raten wir schon seit Jahren allen, die uns Gehör geschenkt haben, unser Programm umzusetzen, mit dem Überproduktion vermieden und die Menge am Verbrauch ausgerichtet werden kann. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass diese seit fast 20 Jahren bestehende Überproduktion am aktuellen Erzeugerschwund und der fehlenden Produktion von morgen schuld ist. Die verheerenden Folgen, die wir in den sich entwickelnden Regionen der Welt wie Afrika verursachen, sind hier noch nicht einmal berücksichtigt, denn eine solche Situation führt zwangsweise zu dem Versuch, die Überschüsse durch Exporte auf den Weltmarkt abzusetzen.

Die Politik und unsere Regierungen

Unsere politischen EntscheidungsträgerInnen werden gewählt, um das Wohlergehen aller BürgerInnen und des gesamten Landes zu gewährleisten. Ihnen kommt daher die Rolle des Vermittlers oder Schiedsrichters zwischen uns und unseren Abnehmern zu, damit jedes Produkt, das zum Bürger gelangt, zu einem fairen Preis verkauft wird. Sie müssen uns helfen, Lösungen für alle umzusetzen, die Nahrungsmittelsouveränität und soziale und ökologische Souveränität zu gewährleisten und Nachhaltigkeit zu fördern. Sie haben also genug zu tun, aber wenn ein echter Wille besteht, die Lage für alle zu verbessern, sind diese Herausforderungen nicht unüberwindbar. So können wir vielleicht die Jungen wieder für den Beruf gewinnen, denn angesichts des Durchschnittsalters der ErzeugerInnen besteht dringender Handlungsbedarf.

Unsere Faire Milch

Mit unserer Fairen Milch haben wir ein schönes Beispiel und unsere Mitglieder können es bestätigen. Jetzt müssen nur noch unsere BerufskollegInnen den Nutzen dieses Konzepts begreifen und sich zahlreich anschließen. Dabei müssen wir wachsam bleiben und nicht in die Falle tappen, uns in Richtung einer Milch zu bewegen, die den MilcherzeugerInnen zwar eine bessere Vergütung bietet, ihnen aber nicht mehr gehört, denn wir wissen, dass das nicht nachhaltig wäre, und sicher nicht fairer.

Die GAP und der Green Deal für Europa

In einem ordentlich regulierten Markt haben die Milchabnehmer und Milchverarbeiter eine wichtige Rolle. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU und der Europäische Green Deal müssen sich an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit orientieren. Damit der Markt zu einem derartigen Wandel des Agrarsektors beitragen kann, müssen die Landwirtinnen und -wirte in der Lage sein, ihre Kosten in voller Höhe zu decken. Außerdem müssen Instrumente geschaffen werden, um den schnellen Erzeugerrückgang zu bremsen.

Einführung fairer Wettbewerbsbedingungen

Importierte Agrarerzeugnisse müssen „Spiegelklauseln“ unterliegen, damit Erzeugnisse, die nicht den EU-Normen entsprechen, nicht auf den Markt der EU gelangen dürfen. Die VerbraucherInnen in der EU haben Anspruch auf den gleichen Gesundheits- und Umweltschutz, unabhängig davon, wo ihre Nahrungsmittel herkommen. Werden lokale Erzeugnisse aus der EU (die wegen der strengeren Normen, denen sie unterliegen, teurer sind) durch „kostengünstige“ Importe ersetzt, bezweckt man nur, dass die Produktion und umweltschädliche Emissionen in Länder außerhalb der EU verlagert werden.

 

Boris Gondouin, Vorstandsmitglied im EMB und in der APLI

Offener Brief europäischer Bäuerinnen und Bauern an die Europäische Union

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© ECVC und EMB

Wir – die europäischen Bäuerinnen und Bauern der ECVC und des European Milk Board, die als Agrarproduzenten im Zentrum der Nahrungsmittelerzeugung stehen – sehen mit großer Besorgnis auf den derzeitigen Zustand des EU-Produktionssystems. Die Versorgung mit wichtigen Lebensmitteln – die Ernährungssicherheit – kann in der EU nicht mehr gewährleistet werden, wenn nicht sofort gehandelt wird.

 

Es ist unbestritten, dass der Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie sehr große Herausforderungen für die EU-Ernährungslage darstellen. Doch es gibt noch einen weiteren ausschlaggebenden Faktor, der die Ernährungssicherheit stark gefährdet: das aktuelle EU-Agrarsystem. Während es schwierig ist, externe Kriege und Pandemien von EU-Seite aus zu vermeiden, kann und muss die EU ihr Agrarmodell so ausrichten, dass mittel- und langfristig die Versorgung mit Lebensmitteln – trotz interner und externer Krisen – sichergestellt ist. Erfolgt das nicht, werden leere Regale und Lebensmittelknappheit sowie die damit verbundenen negativen Konsequenzen unseren Alltag bestimmen.

Status quo des EU-Agrarsystems weder für die Landwirte noch für den Planeten eine brauchbare Option: marode Produktionsstruktur

Wir verzeichnen einen bedrohlichen Schwund an Erzeugern. Aufgrund chronisch extrem niedriger Erzeugerpreise im Vergleich zu den Produktionskosten mussten bereits viele Bäuerinnen und Bauern die Lebensmittelproduktion einstellen. Die LandwirtInnen müssen die Produktion verlassen, weil trotz harter Arbeit der Lebensunterhalt kaum zu bestreiten ist. Im Milchsektor beispielsweise beträgt das durchschnittliche EU-Einkommen pro Stunde für einen Milchviehhalter 4,19 Euro, dabei sind es konkret 0 Euro für die niederländischen Erzeuger und 5,25 Euro bzw. 6,10 Euro für die luxemburgischen bzw. deutschen Kollegen. Zusätzlich treiben ständig wiederkehrende Krisen und Unsicherheiten sowie auch höhere und nicht-kostengedeckte Anforderungen seitens des Gesetzgebers und von Verarbeitern und Handel LandwirtInnen aus der Produktion und verhindern das Einsteigen der jungen Generation, was die Situation weiter verschlimmert. In wichtigen Produktionsländern wie Frankreich, Deutschland und den Niederlanden geht die produzierte Milchmenge daher zurück.

Die aktuellen Kostenexplosionen beschleunigen diese Entwicklung, sodass mit der derzeitigen und künftig zu erwartenden Produzentenstruktur keine stabile Erzeugung von Nahrungsmitteln innerhalb der EU möglich sein wird.

Hauptursache für den problematischen Agrarzustand ist die bisherige Ausrichtung der EU-Agrarpolitik auf Billigproduktion & Billigexporte, eine starke Handelsliberalisierung, globale Abhängigkeit und interne Deregulierung sowie die damit verbundenen zahlreichen Krisen im Sektor, die die Erzeugerstruktur zermürbt haben. Von dieser Ausrichtung, die zudem durch große Abhängigkeiten die Autonomie der Höfe und die der EU schwächt, profitieren multinationale Unternehmen, für die ökonomische und soziale Situation der Landwirte jedoch ist sie fatal.  Die Margen der ProduzentInnen sind in den vergangenen drei Jahrzehnten empfindlich geschrumpft. In der Milcherzeugung sieht man diesen Verfall beispielsweise anhand der Net Economic Margin I in der EU, die 1989 3,79 ct/kg Milch betrug und 2019 mit -4,96 Cent/kg Milch stark in den Negativbereich gerutscht ist. Besonders die kleinen und mittleren Betriebe – das Rückgrat unserer Landwirtschaft und des ländlichen Lebens – aber auch viele größere Betriebe können unter diesen Bedingungen nicht mehr gehalten werden.

Eine gesunde und flächendeckende Struktur der Produktion weicht der Konzentration auf wenige Produktionsstandorte und damit einer ungesunden Industrialisierung der Erzeugung. Aus all diesen Gründen ist der Status quo keine brauchbare Option für die Landwirte und die Bevölkerung.

  • Erzeugerpreise müssen an die Kosten der Produktion gekoppelt werden. Kein Verkauf von Agrarerzeugnissen unterhalb der Produktionskosten! In Spanien sorgt solch eine gesetzliche Regelung im Rahmen der UTP-Richtlinie aktuell tatsächlich für eine Verbesserung der Preissituation. Es braucht auf EU-Ebene eine wirksame Verpflichtung, dass der Preis mindestens die Produktionskosten widerspiegeln muss. Ein weiterer Schwund der Erzeuger muss unbedingt verhindert und der Einstieg der jungen Generation wieder ermöglicht werden.
  • Deregulierungsstopp bzw. -umkehr! Ein ausgeglichener Markt muss angestrebt werden. Passende Kriseninstrumente müssen in das EU-Agrarsystem eingebunden werden. Dazu gehört ein funktionierender Frühwarnmechanismus, der mit den richtigen Indikatoren, die die tatsächlichen Produktionskosten inklusive eines angemessenen Erzeugereinkommens widerspiegeln, arbeitet.
  • Wir brauchen beispielsweise für den Milchsektor andere Ziele und eine andere Führung für die CDG Milch und die MMO (Milchmarktbeobachtungsstelle), die tatsächlich aktiv an einer ausgewogenen und gerechten Verteilung des Mehrwerts arbeiten müssen und die nicht lediglich nur weiter passiv den Verwerfungen von weitem zusehen.

Green Deal & Farm to Fork - Nachhaltigkeitsstrategien ohne ausreichende Einbeziehung der ErzeugerInnen und ohne notwendige Umsetzungstools

Obwohl eine Umwelt- und Klimapolitik ohne entsprechende Tools und das Einbeziehen der Agrarproduzenten nicht funktionieren kann, wurden diese Punkte im Green Deal und der „Farm to Fork“-Strategie stark vernachlässigt. Die ohnehin schon marode Produktionsstruktur hätte reformiert werden müssen, um Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie zu schaffen. Diese Chance wurde nicht genutzt.

Des Weiteren müssten den Erzeugern Tools zur Verfügung gestellt werden, um die zahlreichen Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können. Den Erzeugern die Ziele zu diktieren und sie mit ihrem ohnehin schon extrem niedrigen Agrareinkommen alle Lasten dieser Strategien tragen zu lassen, ist nicht möglich.

  • ErzeugerInnen müssen ins Zentrum der Agrarstrategien gestellt werden und diese maßgeblich mitgestalten. Politik muss mit Landwirten kooperativ zusammenarbeiten. Ausreichende Tools zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen müssen bereitgestellt werden, insbesondere durch die Schaffung von Möglichkeiten, sich im Bereich der kurzen Vertriebswege, des fairen Handels und der Gemeinschaftsverpflegung zu entfalten. Der Green Deal muss genutzt werden, um das aktuelle System zu einem sozial nachhaltigen Modell zu reformieren. Ohne die Menschen, die auf den Höfen Nahrungsmittel produzieren, sind ein Green Deal und eine „Farm to Fork“-Strategie nicht möglich.

Importe nicht im Einklang mit EU-Standards

Da importierte Agrarprodukte in vielen Bereichen nicht den EU-Standards entsprechen, sind die europäischen VerbraucherInnen erhöhten Gesundheitsrisiken und die EU-Landwirte schädlichen Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt. Im Zusammenhang mit zukünftig höheren EU-Nachhaltigkeitsstandards, die außerhalb der EU nicht eingehalten werden, sind noch größere Verwerfungen zu erwarten.

  • Dagegen müssen Spiegelklauseln, die gewährleisten, dass importiere Lebens- und Futtermittel den Vorgaben in der EU entsprechen, eingeführt und deren Befolgung durch ausreichende Kontrollen und Sanktionen sichergestellt werden.

Handelsliberalisierungen und Billigexporte setzen einheimische Produktion unter Druck – in der EU und weltweit

Mit der stärkeren Handelsliberalisierung wurde auch die Abhängigkeit der EU von extern produzierten Waren merklich vergrößert und externe, globale Billigpreise – anstelle adäquater EU-Preise, die auch den hiesigen Produktionsstandards- und kosten entsprechen – dominieren das Bild. Dadurch werden ErzeugerInnen weltweit durch Billigprodukte unter Druck gesetzt, was wir beispielsweise in der EU anhand der extrem niedrigen Erzeugerpreise sehen und was für unsere Kollegen in Westafrika durch das Dumping von billigem Milchpulver auf ihren Märkten deutlich wird.

  • Abhängigkeit von Importen und schädliche Billigexporte reduzieren, indem Landwirtschaft aus der WHO und Freihandelsabkommen herausgenommen wird. In einer verantwortungsvollen EU-Handelspolitik darf das Dumping von Billigprodukten auf sensiblen Märkten keinen Platz mehr haben.

Die Bäuerinnen und Bauern der Organisationen ECVC und EMB sind tief besorgt und alarmiert. Unser Agrarsystem muss JETZT reformiert werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren, denn wir gehen in der EU nicht nur auf dünnem Eis, wir sind an vielen Stellen schon eingebrochen. Es muss jetzt alles getan werden, um unsere Produktionsstruktur in Bezug auf Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit, mit Blick auf die Ernährungssouveränität in der EU und weltweit, nachhaltig zu stabilisieren. Ohne die Menschen in der Lebensmittelproduktion gibt es keine ausreichenden Nahrungsmittel und das ist verheerend für unsere Ernährungssicherheit in der EU.

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European Milk Board und European Coordination Via Campesina (ECVC)

Mitgliederversammlung - Milcherzeuger aus ganz Europa: politisch und auf dem Markt aktiv für eine faire Agrarproduktion

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© EMB, Stephanie Heyworth

Mit mehr als 20 Mitgliedsorganisationen aus vielen europäischen Ländern vertritt das European Milk Board (EMB) die MilcherzeugerInnen gegenüber Politik, Verarbeitern und Handel. In ihren Faire-Milch-Projekten arbeiten EMB-Mitglieder zudem konstruktiv am Markt und realisieren faire Preise für die LandwirtInnen. Bei ihrer Mitgliederversammlung im Juni kamen VertreterInnen der EMB-Organisationen aus ganz Europa zusammen, um gemeinsam die Herausforderungen, die den Sektor aufgrund der externen und internen Krisen sowie aufgrund der EU-Agrarpolitik kennzeichnen, zu analysieren.

 

Die Teilnehmer waren sich einig, dass es heute mehr denn je eine gute Vertretung für die MilcherzeugerInnen in ganz Europa brauche und dass die politische Arbeit der Dachorganisation konstruktiv und essentiell sei. Ohne diese Arbeit würden die Belange  und Forderungen der LandwirtInnen und auch die der EU-Bürger in Bezug auf eine stabile Produktion in der EU nicht gehört werden. In diesem Zusammenhang vermisst das EMB weiterhin eine wirkliche Vertretung der Interessen der Landwirte von bestimmten großen Verbänden auf EU-Ebene, die laut ihrer Definition eigentlich für die Höfe und die in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen eintreten müssten.

Wichtiges Thema: Wirtschaftliche und soziale Situation auf den Höfen

Wie die Analyse der ökonomischen und sozialen Situation auf den Betrieben während der EMB-Mitgliederversammlung zeigte, ist das aktuelle EU-Agrarsystem nicht in der Lage, eine stabile Produktionsstruktur mit ausreichend vitalen Höfen zu sichern. Es bedarf wichtiger Reformen, für die sich LandwirtInnenvertreter EU-weit einsetzen sollten. Dr. Karin Jürgens vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) präsentierte den Teilnehmern eine Margenstudie sowie eine aktuelle Kostenkalkulation bis zum Jahr 2021, die eine systematische Verschlechterung der Margen-, Preis- und Kostensituation der Milcherzeuger in den letzten Jahrzehnten aufzeigen.

So hat sich die Marge Nettowirtschaftsleistung I von 3,79 Cent/kg Milch im Jahr 1989 auf -4,96 Cent/kg im Jahr 2019 verschlechtert. Und die aktuelle Kosten- und Preissituation im Jahr 2021 zeigt beispielsweise für Belgien, Deutschland und Luxemburg eine Kostenunterdeckung um die 20 Prozent, für Frankreich und die Niederlande um die 30 Prozent und für Litauen deckten die Preise die Kosten um ganze 43 Prozent nicht. Für das Einkommen der LandwirtInnen hat das verheerende Folgen. So verblieben den deutschen Bäuerinnen und Bauern in der Stunde lediglich 6,10 Euro und die Luxemburger Kollegen arbeiteten für ein Stundeneinkommen von 5,25 Euro. Die französischen LandwirtInnen erhielten nur 3,09 Euro. Aber auch die litauischen Produzenten erreichten mit 2,33 Euro in der Stunde nicht einmal das nationale Mindestlohnniveau. Für den Durchschnitt der dänischen und niederländischen MilcherzeugerInnen war 2021 sogar ein absolutes Defizitjahr. Diese aktuelle Studie zu den Kostenzahlen von 2021 wurde ergänzt mit Zahlen zu Preisentwicklungen im ersten Quartal 2022. Hier wurde noch einmal ganz deutlich, dass die Preissprünge bei Rinderfutter, Dünger und Energie zu zusätzlichen Kostensteigerungen in der Milchproduktion führten. Allein in Frankreich stiegen nach der Trendanalyse beispielsweise die Kosten für zugekaufte Futtermittel von 10,57 Cent (Durchschnitt für 2021) auf ganze 14,49 Cent pro kg Milch im April 2022 an. Dies dämpft die Erwartung, dass parallel dazu steigende Milchpreise die dringend nötigen wirtschaftlichen Entlastungen bringen werden.

Gesetzlicher Rahmen für kostendeckende Preise und Spiegelklauseln für Importprodukte

Die Vertreter des EMB betonen, dass es für eine stabile Milchproduktion einen gesetzlichen Rahmen braucht, der dafür sorgt, dass die Produktionskosten inklusive eines fairen Einkommens für die ErzeugerInnen sich in den Preisen tatsächlich widerspiegeln. Als Beispiel für einen EU-Rahmen könnte ein Gesetz dienen, das 2021 in Spanien etabliert wurde und bei dem Preise verpflichtend sind, die oberhalb der Produktionskosten liegen. Solch ein Gesetz müsste ebenso auf EU-Ebene installiert und vor allen Dingen auch aktiv umgesetzt werden. 

Im Bereich Handelspolitik diskutierte die Versammlung Spiegelklauseln für importierte Waren. Diese müssten dafür sorgen, dass Importprodukte den Produktionsstandards der EU entsprechen und somit auch Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten der MilcherzeugerInnen sowie erhöhte Gesundheitsrisiken für EU-Konsumenten vermieden werden. 

Soziale und ökonomische Nachhaltigkeit in den Faire-Milch-Projekten

Als aktive Vertretung für die Interessen der Milchbauern direkt am Markt liefern die Faire-Milch-Projekte, die von EMB-Mitgliedern in verschiedenen Ländern erfolgreich durchgeführt werden, einen wichtigen Beweis. Sie zeigen, dass faire Preise, die auch ein faires Einkommen für die Erzeuger einschließen, keine Illusion, sondern sehr gut möglich sind. Doch das funktioniert nur, wenn der Fokus tatsächlich auch auf einer sozialen Nachhaltigkeit liegt, was ansonsten weitläufig kaum im politischen System noch bei Genossenschaften, privaten Verarbeitern oder dem Handel der Fall ist. Diese speziellen nachhaltigen Projekte, die sich zum Ziel gesetzt haben, eine faire Verteilung entlang der Kette zu ermöglichen, sind exemplarisch für ein faires Verteilungssystem, das aus der Nische heraus in der gesamten EU installiert werden müsste. 

Die Faire-Milch-Projekte, die mit viel Leidenschaft, Energie und Arbeit von den Landwirten komplett gemanagt und umgesetzt werden, sind neben der politischen Arbeit der EMB-Mitglieder ein wichtiger Pfeiler in der Vertretung der Interessen der Milchbäuerinnen und Milchbauern in der EU. Diese Vertretungsarbeit mit dem Fokus auf die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit auf den Höfen – so waren sich die Teilnehmer der Mitgliederversammlung einig – setzen die Bäuerinnen und Bauern des EMB mit viel Elan weiter fort. Sie laden alle Akteure des Agrarsystems – seien es Verbände, politische Vertreter sowie Verarbeiter und Handel – dazu ein, sich an dieser Arbeit für ein faires und stabiles EU-Produktionssystem zu beteiligen.

 

Pressemitteilung des EMB vom 24. Juni 2022

Marktindikatoren (Stand 11.07.)

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Die Steigerungen, die der Global Dairy Trade Index (GDT) Anfang des Jahres verzeichnen konnte, fanden Mitte März 2022 ein Ende. Der Index ist seitdem fast kontinuierlich gesunken – so beispielsweise Anfang Mai um ganze 8,5%. Die zwischenzeitliche kurze Erholung mit einem Anstieg von 1,5% zum 7. Juni wurde nicht fortgesetzt: Am 21. Juni fiel der Index um 1,3% und am 5. Juli 2022 noch einmal um 4,1%.

 

Der Durchschnittspreis für italienische Spotmilch, der im Januar 2022 noch bei 44,75 Cent pro kg Milch gelegen hatte, wird am 11. Juli 2022 bereits mit 64,75 Cent angegeben, was einem Plus von ca. 45% entspricht. Betrachtet man den Vorjahreswert von 39,81 Cent (Juli 2021), dann beträgt die Steigerung mehr als 62%. Verglichen mit dem Wert von April letzten Jahres, wo 32,13 Cent für die Milch gezahlt wurden, hat sich der aktuelle Spotmilchpreis verdoppelt.

Der EU-27-Milchpreis lag im Januar 2022 noch bei 41,81 Cent pro kg Milch. Seitdem ist er um 16% auf 48,52 Cent gestiegen (Juni 2022). Im Vergleich zu Juni 2021 bedeutet das ein Plus von ca. 36%. 

Der EU-Butterpreis lag Mitte März 2022 bei 614 Euro pro 100 kg und ist seitdem bis Anfang Juli um ca. 18% auf 727 Euro gestiegen. Im Vergleich zur Vorwoche (26. Juni 2022) kletterte der Preis um 0,7% nach oben. Vor einem Jahr bewegte sich der EU-Butterpreis mit 400 Euro (4. Juli 2021) noch auf einem deutlich niedrigeren Niveau.

Der Preis für EU-Magermilchpulver beträgt aktuell (3. Juli 2022) 399 Euro pro 100 kg, womit er im Vergleich zur Vorwoche um 0,5% und im Vierwochenvergleich um ca. 1,2% gesunken ist. Vor einem Jahr lag er noch bei 255 Euro (4. Juli 2021). Im November 2021 hatte der Preis dann die 300-Euro- und Ende März 2022 die 400-Euro-Marke überschritten, über der er sich seitdem fast durchgängig bis Ende Juni 2022 bewegt hat.

Die Kurse für Futures auf Milcherzeugnisse an der European Energy Exchange (EEX): Die Magermilchpulver-Kontrakte für Oktober 2022 sanken von 4.138 Euro am 8. Juni 2022 um ca. 10% auf 3.708 Euro pro Tonne zum 8. Juli 2022. Auch für Butter gingen die Kontraktpreise für Oktober im selben Zeitraum zurück. Hier beträgt der Rückgang ca. 6% von 7.338 Euro (8. Juni 2022) auf 6.866 Euro pro Tonne (8. Juli 2022).

 

European Milk Board, Juli 2022

April 2022 in Deutschland: Kostendeckung fast erreicht

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Laut der vierteljährlich aktualisierten Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) betragen die Produktionskosten – mit aktuellem Stand April 2022 – 47,60 Cent pro kg, während der durchschnittliche Auszahlungspreis in der gleichen Zeit bei 47,20 Cent pro kg lag. Somit ist eine Kostendeckung erstmalig fast erreicht.

 

 

Für das EMB ist deutlich, dass durch die anhaltende starke Kostenunterdeckung der letzten Jahre viele Erzeuger die Milchproduktion verlassen haben. Das ist ein wichtiger Grund für das nun verknappte Milchangebot, das den Anstieg des Milchpreises erklärt. Eine kurzzeitige Kostendeckung wird das Problem der Destabilisierung der Produzentenstruktur nicht lösen. Bei Kostendeckung darf es sich nicht um eine seltene Ausnahme handeln, sondern sie muss langfristig gegeben und zuverlässiger Alltag in der Milchproduktion sein, um eine stabile Ernährungssouveränität gewährleisten zu können. Zuverlässig wird sie, wenn sich die Milchpreise an den Kosten der Produktion orientieren und dabei ein angemessenes Einkommen für die ErzeugerInnen mit einfließt. Hier müssen in der EU die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die u.a. ausreichend starke molkereiübergreifende Erzeugerorganisationen, Kriseninstrumente wie das Marktverantwortungsprogramm (MVP), eine sozial nachhaltige GAP sowie eine faire Vertragsgestaltung oder auch Spiegelmaßnahmen für EU-Importe umfassen.

Mit den Berechnungen vom April 2022 wurde die Ermittlung der Milcherzeugungskosten turnusmäßig auf die neuesten INLB-Daten von 2020 umgestellt. Zahlen für das Jahr 2021 für Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg und die Niederlande wurden vor kurzem veröffentlicht. Hier finden Sie diese aktuellen Berechnungen für 2021 sowie auch bei einigen Ländern schon eine Aussicht für das erste Quartal in 2022.

Entwicklung der Milcherzeugungskosten in Deutschland

Hier finden Sie die Entwicklung der Kostensituation der deutschen Milchproduktion von 2014 bis April 2022.

Preis-Kosten-Ratio (Unterdeckung)

Die Preis-Kosten-Ratio verdeutlicht, inwieweit das Milchgeld die Produktionskosten deckt. Im April 2022 haben die ErzeugerInnen 99% ihrer Produktionskosten über den Milchpreis erwirtschaftet; die Unterdeckung betrug somit nur 1%.
Sehen Sie hier die Kostenunterdeckung seit 2014:

Milch-Marker-Index (MMI)

Der Milch-Marker-Index (MMI) zeigt die Entwicklung der Kosten der Milchproduktion auf. Der MMI hatte im April 2022 einen Wert von 116, d. h. dass die Produktionskosten für deutsche MilcherzeugerInnen im Vergleich zum Basisjahr 2015 (2015 = 100) um 16% gestiegen sind.
Hier sehen Sie den Milch-Marker-Index im zeitlichen Verlauf:


Biokostenstudie

Für Deutschland gibt es seit November 2019 auch Informationen zu den Milcherzeugungskosten im Biobereich.
Hier finden Sie die Studie "Was kostet die Erzeugung von Biomilch?" (Zeitraum: Wirtschaftsjahre 2011/12 – 2018/19) sowie aktuelle Daten für das Wirtschaftsjahr 2020/21 hier.

Neu: Studie zu den Produktionskosten acht wichtiger Milcherzeugungsländer

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in sieben weiteren Ländern werden regelmäßig Kostenberechnungen durchgeführt. Auch dort wird deutlich, dass MilcherzeugerInnen keine kostendeckenden Milchpreise erhalten.
Hier finden Sie die Berechnungen der Milchproduktionskosten in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg und den Niederlanden für das Jahr 2019 sowie hier eine Aktualisierung für das Jahr 2021 mit einer Aussicht für das erste Quartal 2022.

Kosten der Milchproduktion chronisch unterdeckt – was schafft Abhilfe?

Das European Milk Board schlägt die gesetzliche Verankerung eines Kriseninstruments vor, um der chronischen Unterdeckung entgegenzuwirken. Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) beobachtet und reagiert auf Marktsignale durch eine Anpassung der Produktion.
Sehen Sie hier eine kurze Beschreibung des Marktverantwortungsprogramms des EMB.

 

Hintergrund:

Für die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ hat das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) 2012 im Auftrag des European Milk Boards und der MEG Milch Board erstmals die Milcherzeugungskosten in Deutschland flächendeckend berechnet. Die Kalkulation basiert auf Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der EU (INLB) sowie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und wird seit 2014 vierteljährlich aktualisiert.

Datenblatt hier herunterladen (als PDF)

 

Pressemitteilung des EMB vom 18. Juli 2022

Irlands neue GAP

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© ICMSA

Irlands neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2023 wird sich stark von ihrer Vorgängerin unterscheiden, was ihre Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft und für Milchvieh-Familienbetriebe angeht. Mit ihrer stärkeren Ausrichtung auf die Umwelt und ihrem Ziel, die Abhängigkeit von landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren auf Basis fossiler Kraftstoffe zu verringern, wird sie weitreichende Folgen für die irischen MilchviehhalterInnen haben.

 

Die Mittel für die „Eco-Schemes“, für das Programm für Junglandwirte und die Umverteilung werden linear um 38% gekürzt, vor Berechnung der kumulierten Kürzungen, die sich aus der 85-prozentigen Konvergenz ergeben. Zusammenfassend kann man sagen, dass im Rahmen der neuen GAP deutlich weniger Geld auf den Milchviehbetrieben ankommen wird. Der folgende Überblick zeigt, wie die Umsetzung im Einzelnen aussehen soll. Diese unterliegt möglichen Änderungen, da der Strategische Plan Irlands derzeit noch mit der Europäischen Kommission verhandelt wird.

Säule 1:

Stützung des Grundeinkommens für Nachhaltigkeit (BISS)

  • Es wird vorgeschlagen, dass der Wert der Zahlungsansprüche weiter der Konvergenz unterliegt, die bis 2026 den Mindestwert von 85% des Durchschnitts erreichen soll.
  • Die maximale Stützung des Grundeinkommens beträgt 66.000 Euro.

Ergänzende umverteilende Einkommensstützung für Nachhaltigkeit (CRISS)

Es wird vorgeschlagen, 10% der maximalen Direktzahlungen für CRISS einzuplanen. Des Weiteren steht der Vorschlag im Raum, die Umverteilungsprämie CRISS für maximal 30 ha zu einem Satz von ca. 43 € pro Hektar zu zahlen.

Ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte (CIS-YF)

Im Rahmen der CIS-YF-Maßnahme ist eine Zahlung je förderfähigen Hektar für bis zu 50 ha pro förderfähigen Antragsteller vorgesehen. Es wird erwartet, dass dies über die gesamte GAP-Förderperiode etwa 178 € pro Hektar sein werden, obwohl die tatsächlichen Fördersätze in Abhängigkeit der Teilnahme variieren werden.

Eco-Scheme

Landwirte müssen mindestens zwei der acht nachfolgend genannten landwirtschaftlichen Praktiken anwenden, um Zahlungen nach dieser Öko-Regelung zu erhalten.

  1. Raum für die Natur: Mindestens 7% der Fläche eines Landwirts müssen für Artenvielfalt, Lebensräume oder Landschaftsmerkmale reserviert werden. Wer 10% erreicht, ist mit zwei Praktiken förderfähig.
  2. Extensive Tierhaltung: ab einer Besatzdichte von 0,15 GVE/ha
  3. Begrenzung des Einsatzes chemischen Stickstoffs
  4. Anpflanzung einheimischer Bäume und Hecken
  5. Einsatz eines GPS-gesteuerten Düngerstreuers oder -sprayers
  6. Bodenproben und entsprechende Kalkung auf allen förderfähigen Hektar
  7. Anpflanzung einer Zwischenfrucht/von Zwischenfrüchten
  8. Sähen artenreicher Wiesen

Vorgeschlagene Fördersätze/Mittelzuteilung

Wenn 85% der förderfähigen Hektar, die derzeit von LandwirtInnen geltend gemacht werden, erfolgreich am Programm teilnehmen und man davon ausgeht, dass für alle Flächen der gleiche Fördersatz gezahlt wird, würde sich die Förderung auf etwa 77 € pro Hektar belaufen.

Säule II

Agroökologische Klimamaßnahme (AECM)

Für die agroökologische Klimamaßnahme wurden 1,5 Milliarden Euro eingeplant. Es wird erwartet, dass etwa 50.000 Landwirtinnen und -wirte die Maßnahme nutzen werden. Die Fördersätze werden in Abhängigkeit der von den LandwirtInnen ausgewählten Maßnahmen variieren. Es wird geschätzt, dass sich die durchschnittlichen Zahlungen über den Fünf-Jahres-Zeitraum des Programms in der Größenordnung von 5.000 € jährlich bis maximal 7.300 € bewegen könnten.

Agroökologische Klimafortbildung

Es wird vorgeschlagen, dass die am Programm teilnehmenden Landwirtinnen und -wirte zwei Schulungsmaßnahmen absolvieren. Der erste Kurs ist verpflichtend und muss im ersten vollen Jahr der Teilnahme an der Nationalen Agroökologischen Klimamaßnahme absolviert werden. Diese Schulung wird auf der Fortbildung aufbauen, die den Landwirten in der Übergangszeit angeboten wird.

Tierwohlmaßnahme für Kälberaufzucht aus der Milchviehhaltung

Die maximale Anzahl förderfähiger Tiere pro Antragsteller beträgt vierzig, der Landwirt erhält 20 € pro Tier. Für diese Maßnahme sind vorläufig 5 Millionen Euro pro Jahr eingeplant, sodass die vorläufige Mittelzuteilung für den Förderzeitraum 2023 bis 2027 bei 25 Millionen Euro insgesamt liegt.

Programm für betriebliche Kapitalinvestitionen

Ähnlich wie TAMS II (Maßnahme zur gezielten Modernisierung der Landwirtschaft) wird dieses Programm auf Grundlage eines Systems rollierender Tranchen umsetzt. Die Einstufung und Auswahl sind Teil der Maßnahme, und es gibt Zuschüsse für Investitionen in den folgenden Kategorien:

  • Umweltinvestitionen
  • Junglandwirte
  • Tierwohl
  • Landwirtinnen
  • Nährstoffspeicherung
  • Biolandwirtschaft
  • Ackerbau
  • Betriebssicherheit

Das Programm sieht Fördersätze in Höhe von 40% für Investitionen vor, wobei in Einzelfällen bei sehr spezifischen Investitionen in den Umweltschutz, die Biolandwirtschaft oder die Sicherheit auf dem Betrieb bis zu 50% der Investitionssumme gefördert werden können. Bei Junglandwirten und Frauen können die Fördersätze bis zu 60% reichen, um den Generationenwechsel und die ausgewogene Beteiligung von Männern und Frauen zu fördern. Die Deckelung der Investitionen wird auf 90.000 € erhöht, wobei für Investitionen in Systeme zur emissionsarmen Gülleausbringung andere Höchstbeträge gelten. Da dieses Programm nachfrageabhängig ist, variiert die Mittelzuteilung für diese Maßnahme von Jahr zu Jahr. Für diese Maßnahme sind im Zeitraum 2023-2027 vorläufig 440 Millionen Euro eingeplant.

 

Paul Smyth, Fachreferent, Irish Creamery Milk Suppliers Association (ICMSA)

Die GAP in Belgien: unterschiedliche Entwicklungen in Flandern und der Wallonie

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© Vanessa Langer

In Belgien liegt die Zuständigkeit für die Landwirtschaft bei den Regionen und nicht beim Föderalstaat. Letzterer koordiniert nur den Dialog auf europäischer Ebene. Auch wenn so in manchen Fällen lokale Besonderheiten besser berücksichtigt werden können, verursacht dieser Umstand in anderen Fällen überflüssige Konkurrenz zwischen den LandwirtInnen.

 

Dies erklärt auch, warum die Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit jeder Reform zwischen den LandwirtInnen im Norden des Landes (Flandern) und ihren BerufskollegInnen im Süden (Wallonie) weiter auseinanderdriften können. Ein frappierendes Beispiel ist die Entwicklung der Biolandwirtschaft: 2020 betrieben 15% der wallonischen Höfe Biolandwirtschaft, gegenüber 2,5% in Flandern. Mit der neuen GAP könnte dieser Abstand sogar noch wachsen, obwohl es noch zu früh ist, dies mit Sicherheit sagen zu können.

Die Wallonie hat den Entwurf ihres „Strategischen Plans GAP 2023-2027“ im März 2022 bei der Europäischen Kommission eingereicht, die eine Reihe von Dingen angemerkt hat. Der Plan muss jetzt überarbeitet werden. Die endgültige Fassung wurde noch nicht veröffentlicht, obwohl der Plan am 1. Januar 2023 in Kraft treten muss!

Inhaltlich setzt sich die MIG vor allem dafür ein, dass alle MilcherzeugerInnen eine Vergütung erhalten, die ihre Produktionskosten in voller Höhe deckt und ihnen ein würdiges Einkommen garantiert. In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass man zwischen den Maßnahmen der GAP zur Einkommensstützung – die leider weiterhin gerechtfertigt sind – und der notwendigen Vergütung der Umweltleistungen unterscheiden muss, die von den LandwirtInnen und ErzeugerInnen erbracht werden. Die MIG befürwortet Maßnahmen zum Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft mit familiären Strukturen, die zum notwendigen ökologischen Wandel beitragen. Der Europäische Green Deal ist in dieser Hinsicht ein positiver Impuls.

Konkret kann man anhand der aktuell vorliegenden Informationen feststellen, dass die von der MIG vertretenen Hilfsmaßnahmen größtenteils ihren Niederschlag im Entwurf zum Strategischen Plan der Wallonie gefunden haben:

  • Das Budget für die Umverteilungsprämie auf die ersten 30 ha jedes Betriebs (für alle wallonischen ErzeugerInnen gleichgeltende Maßnahme) wurde nach oben korrigiert. Die Prämie beträgt etwa 130 €/ha, was dazu beitragen wird, Familienbetriebe zu erhalten.
  • Die an die Milchviehhaltung gekoppelten Hilfen wurden beibehalten. Sie belaufen sich künftig auf maximal 25 €/Kuh.
  • Es gibt in Milchviehbetrieben förderfähige „Eco-Schemes“, wie der Erhalt von Dauergrünland (Grundbetrag von 44 €/ha) und die Bodenbedeckung (einschließlich Begrünung durch Wiesen) im Winter (15 bis 45 €/ha).

Die MIG verfolgt weiter aufmerksam die Umsetzung dieser Maßnahmen, deren Bedingungen noch nicht eindeutig definiert wurden.

 

Benoît Haag, Koordinator, Milcherzeuger-Interessengemeinschaft (MIG)

GAP-Strategieplan – Deutschland muss nachbessern

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© BDM, Hans Foldenauer

Der noch von der alten Bundesregierung erarbeitete und der EU mit rund zwei Monaten Verspätung vorgelegte GAP-Strategieplan, mit dessen Inhalten die Ziele der GAP wie z. B. eine klimaeffizientere Landwirtschaft, eine Verringerung der Abhängigkeit von synthetischen Düngemitteln wie auch die Reduktion des Einsatzes chemischen Pflanzenschutzes erreicht werden sollen, genügt den Erwartungen der EU-Kommission nicht.

 

Mit dem sogenannten Observation Letter wurde Deutschland unter anderem aufgefordert, die Mittel für die geplanten Ökoregelungen dahingehend anzupassen, dass dafür auch das vorgesehene Minimum von 25% der Direktzahlungen von der Landwirtschaft abgerufen wird. Dahinter steckt die Vermutung, dass die Ökoregelungen gezielt finanziell eher unattraktiv ausgestattet werden und die Landwirte daher auf die Prämienzahlungen verzichten könnten. Kritisiert werden auch Ausnahmetatbestände in Bezug auf die Vorgabe zur Anlage von Pufferstreifen entlang von Gewässern.

Mehr Handlungsbedarf sieht die EU-Kommission bei der Reduzierung der Nährstoffverluste; dringend angegangen werden müsse die Verschmutzung und Eutrophierung des Grund- und Oberflächenwassers. Die Aufnahme zusätzlicher Anforderungen werde für notwendig erachtet, um eine weitere Entwässerung von Torf- und Feuchtgebieten zu verhindern. Das sind nur einige Kritikpunkte der in dem rund 50-seitigen Observation Letter vorgetragenen Mängelliste. Grundsätzlich fühlt sich der BDM an die deutsche Strategie bei der Umsetzung von auf EU-Ebene mitbeschlossenen Richtlinien erinnert.

Schon bei der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie hatte Deutschland versucht, sich bei der Umsetzung in nationales Recht über die Düngeverordnung sozusagen „schadlos“ zu halten und sich gegenüber anderen EU-Ländern einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das Ergebnis ist bekannt, umso härter sind für die Bäuerinnen und Bauern die nun hinzunehmenden Einschnitte in die Produktionsbedingungen. Der BDM erwartet, dass dieser Fehler bei der Umsetzung der GAP nicht wiederholt wird. Die Leistungen der Landwirtschaft für Klima-, Natur- und Umweltschutz müssen einen echten Marktwert bekommen. Es kann nicht hingenommen werden, wenn nur ein Ausgleich des dafür notwendigen Mehraufwands erfolgt.

Extrem große Spannbreite bei Milcherzeugerpreisen in Deutschland

Mit 57 Cent je kg Milch (Grundpreis für 4% Fett, 3,4% Eiweiß) plus Mehrwertsteuer und Zuschläge legen norddeutsche Molkereien bei der Maimilch einen noch nie dagewesenen Spitzenwert vor. Abgeschlagen mit einem Grundpreis von 40,20 Cent pro kg, liegt die vielgepriesene und lange Zeit beim Milcherzeugerpreis führende Molkerei Berchtesgadener Land eG auf dem letzten Platz. Für Arla, die für die Aprilmilch 39,17 Cent pro kg bezahlte, wurde jedoch kein Maipreis veröffentlicht. Das Deutsche Milchkontor DMK, Deutschlands größter Milchverarbeiter und im selben Erfassungs- und Wirkungsgebiet liegend wie der Spitzenauszahler, gestand seinen Mitgliedern 46,20 Cent pro kg zu. Mit fast 11 Cent pro kg Abstand zur Spitze liegt das DMK auch noch rund 3 Cent pro kg unter dem deutschen Durchschnitt.

Deutlicher Verbrauchsrückgang in Deutschland

11,8% weniger Butter, 9,4% weniger Konsummilch, 6,5% weniger Quark, 4,1% weniger Käse: So sind im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr die Einkaufsmengen der privaten Haushalte zurückgegangen. Aber auch pflanzliche Fette wie Margarine hatten mit 4,6% minus einen Nachfragerückgang zu verzeichnen. Beachtet werden muss, dass mit den Corona-Lockerungen der Außer-Haus-Verzehr wieder zugenommen hat. In der Summe betrachtet, ist jedoch ein bewussteres Einkaufsverhalten der Verbraucher festzustellen. Die Verschwendung von Lebensmitteln ist leicht rückläufig. Die Entwicklung zeigt, wie wichtig es wäre, mit einer eigenständigen Branchenorganisation Landwirtschaft unabhängig von Politik, Verarbeitungsebene und Handel auf Marktveränderungen reagieren zu können.

Aktion des BDM zum Tag der Milch: Faire Erzeugerpreise sind ein Gewinn für alle – Es ist genug für alle da – Nein zur Verschwendung von Ressourcen

Anlässlich des Tags der Milch am 1. Juni veranstaltete eine Delegation von Bäuerinnen und Bauern des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. vor dem Bundesagrarministerium (BMEL) in Berlin ein gemeinsames Frühstück unter dem Titel „Meet & Eat”.

Die Delegation überreichte Dr. Manuela Rottmann, Parlamentarische Staatssekretärin des BMEL, ein Standpunktpapier, in dem das Agrarministerium aufgefordert wird, sich für systemische Veränderungen des Ernährungssystems einzusetzen, um Armut und Hunger zu bekämpfen, und geeignete Rahmenbedingungen für eine faire Bezahlung der Erzeuger zu schaffen. Mit einem selbstgebauten Riesenrad wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht reicht, an kleinen Stellschrauben zu drehen, sondern dass man „am großen Rad drehen“ muss, wenn man positive Veränderungen für Mensch, Tier und Umwelt erreichen will.

 

Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM)

Der litauische GAP-Strategieplan

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© LPGA

Die Landwirtinnen und -wirte in Litauen sind sehr enttäuscht über die Art und Weise, wie der litauische Strategieplan formuliert wurde. Das litauische Ministerium hat den Plan hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet und die Bäuerinnen und Bauern außenvorgelassen und ihre Beiträge nicht berücksichtigt. Folglich sind die MilcherzeugerInnen mit dem Ergebnis des litauischen Strategieplans unzufrieden.

 

Vor diesem Hintergrund haben verschiedene Bauernverbände, einschließlich des litauischen Milcherzeugerverbands LPGA, ihre Missbilligung gegenüber der Arbeit des Ministeriums zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus hat Litauen die Chance verpasst, Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums zu nutzen, die für die Modernisierung der Landwirtschaft und die Entwicklung neuer Technologien gedacht waren.

Stattdessen hat die Regierung nur einen winzigen Bruchteil der verfügbaren Mittel für die Wiederherstellung von Feuchtgebieten vorgemerkt, ohne Mittel aus der ARF für die Landwirtschaft einzusetzen. Angesichts dieser Entwicklungen fordern Bauernverbände derzeit den Rücktritt des Agrarministers.

Bedenkt man die neuen Realitäten, die sich am Krieg in der Ukraine festmachen lassen, nehmen die Landwirtinnen und -wirte den Strategieplan als unzureichend wahr, da er die Frage der angemessenen Nahrungsmittelerzeugung nicht behandelt. Bei ihrer Beurteilung kommen die Bauernorganisationen zu dem Schluss, dass der Plan zu einem weiteren Rückgang der Produktion führen könnte. Die zahlreichen Kommentare der Europäischen Kommission sollten als Chance gesehen werden, den Strategieplan zu verbessern und die Landwirtinnen und -wirte stärker an seiner Ausgestaltung zu beteiligen.

 

Eimantas Bičius, Geschäftsführer, Lietuvos pieno gamintoju asociacijos (LPGA)

Fair, Fairer, Faironika

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Ob im Milchstreik oder beim Besprühen des EU-Parlaments mit Milch in Brüssel, ob am Weltmilchtag neben Manneken Pis oder bei unzähligen Faire-Milch-Verkostungen vor und in Supermärkten, ob bei europaweiten Demonstrationen, auf Agrarmessen und Pressekonferenzen oder auch auf vielen, vielen Feldern mitten in Europa: die Faironika – die EMB-Symbolkuh in zahlreichen nationalen Farben – steht seit 15 Jahren an der Seite der Bäuerinnen und Bauern und fordert mit ihnen gemeinsam einen fairen Preis für die Milch.

 

Für das European Milk Board (EMB) ist das ein besonderer Grund zum Feiern. Sieta van Keimpema, die EMB-Vorsitzende, sieht in dem Maskottchen, das je nach Sprache auch Justine oder Onestina heißt, einen sympathischen und starken Mitstreiter mit hoher Leuchtkraft. „15 Jahre Faironika – 15 Jahre DAS Symbol für faire Milch. Bauern, Verbraucher und Politiker in ganz Europa und zum Teil auch in Afrika erkennen sie und wissen, für was sie steht. Die erfolgreiche Arbeit der EMB-Mitglieder und der Faire-Milch-Projekte haben das möglich gemacht.“ Dabei sei Faironika auch ein Zeichen von gegenseitigem Vertrauen und Solidarität, wie Boris Gondouin, der französische Vertreter des EMB-Vorstands, weiß: „Unsere Bäuerinnen und Bauern zeigen mit der Faironika ihre Verbundenheit mit den Milcherzeugerkollegen in Europa und Afrika und weisen auf die Bedeutung einer fairen Agrarpolitik für Bürger und Bauern hin.“

Guy Diderrich von der EMB-Mitgliedsorganisation LDB, die die diesjährige Geburtstagsfeier in Luxemburg ausrichtet und der Faironika als Geburtstagsüberraschung eine große Torte spendiert, blickt mit Stolz auf die vergangenen Jahre, den Kampfgeist der Kollegen und den unermüdlichen Einsatz der Symbolkuh: „Seit 15 Jahren ist die Faironika bei den starken und kreativen Aktionen der Bauern immer mit dabei und sie wird uns auch weiterhin bei unserem intensiven Austausch, der Arbeit und den Kampagnen für einen fairen Milchpreis begleiten. Wir ErzeugerInnen aus ganz Europa zusammen mit den KollegInnen aus Afrika wissen, dass wir gemeinsam unsere Stimme hörbar machen müssen, damit es faire Einkommen in der Landwirtschaft und eine stabile Nahrungsmittelproduktion geben kann.“

Ob im Regen, bei Sonne, im Osten, Westen, Norden oder Süden in Europa oder Afrika: bei all den kommenden Aktionen werden Faironika, Justine und Onestina in ihren jeweiligen Landesfarben oder in EU-Blau gut sichtbar an vorderster Front stehen und die MilcherzeugerInnen weiterhin bei ihrem Einsatz für faire Milchpreise, die ein angemessenes Einkommen in der Landwirtschaft ermöglichen, unterstützen.

Bäuerinnen und Bauern gratulieren Faironika, Justine und Onestina zum Geburtstag

Carlos Neves, APROLEP, Portugal:

„Die Justine ist für uns das gemeinsame Symbol der Einigkeit der europäischen Milchviehhalter mit dem EMB in unserem friedlichen, aber entschlossenen Kampf für einen fairen und lohnenden Preis. Für ein besseres Leben für alle Landwirte hier im Westen Europas über Luxemburg bis hin zu den osteuropäischen Ländern, ohne dass wir die Ukraine vergessen. Zusammen sind wir stärker!“

Markus Hafner, APL, Südtirol/ Italien:

„Herzlichen Glückwunsch aus Südtirol, Italien, an alle Freunde in Europa. Zum Wohl!“

Paul Smyth, ICMSA, Irland:

„Wir Milchbauern lieben die Faironika, weil sie für einen fairen Milchpreis für alle Milchbauern in Europa steht. In Irland glauben wir an einen fairen Milchpreis, der zum Fortbestand unserer Familienbetriebe beiträgt.“

Boris Gondouin und Jean-Luc Pruvot, APLI und FaireFrance, Frankreich

„Man kann sehen, dass wir die Justine lieben, denn sie ist überall da, wo wir auch sind. Sie ist das Symbol des politischen Kampfs für kostendeckende Preise in Europa. Aber sie ist auch das Maskottchen unserer Marke FaireFrance und das ist etwas sehr Wichtiges. Justine ist bereits seit 15 Jahren unser Maskottchen – wir sind also auch Pioniere der Justine.
Sie lässt uns tolle Abenteuer erleben und wie Muhammad Ali sagte: „Es ist nicht der Berg, den ich besteigen muss, der mich zum Aufgeben zwingt, es ist der kleine Stein in den Schuhen.“ Dank Justine und der Energie all der Menschen, die wir getroffen haben, haben wir es geschafft, unsere Marke in Frankreich zu gründen. Wir freuen uns sehr, dass wir heute diesen Geburtstag feiern können. Herzlichen Glückwunsch!”

Elmar Hannen, BDM, Deutschland

„Hallo ihr Lieben – die Faironika hat Geburtstag. Sie ist Synonym für all die Jahre Kampf in Politik, aber auch bei den Teilnehmern in der Wertschöpfungskette für einen fairen Umgang miteinander und solange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, werden wir weiterkämpfen.“

Anne Chenevard, Faireswiss, Schweiz

„Auf den vielen Reisen mit Faireswiss hat sich Justine drei Beine und ein Horn angeschlagen. Aber Justine ist ein bisschen wie wir, sie lässt sich nie unterkriegen. Sie geht mal mit einem Bein in die Knie, aber nie mit beiden. Sie steht wieder auf und lässt sich nicht einschüchtern. Justine wird nie aufgeben und glaubt an die Zukunft der fairen Milch.“

Henning Haschenburger, Karolina Klaus-Althaus, Peter Habbena und Karsten Hansen, BDM, Deutschland

„Die Faironika – unsere Symbolkuh, überall auf Kundgebungen und Demonstrationen, wo sie medial auf- und wahrgenommen wird, ist ein Zeichen, dass die Milchviehbauern für ihr gutes Recht kämpfen.Die Faironika ist für mich ein Symbol für den langen Kampf für Veränderungen und kostendeckende Preise in der Landwirtschaft. Ich bin stolz darauf, eine Faironika bei uns auf dem Hof zu haben.

Die Faironika – spätestens seit 2015 eine Liebesbeziehung. Die Eindrücke von den Demonstrationen in Brüssel haben mich gefesselt, haben mich fasziniert. Die Gemeinschaft mit den ganzen Kühen in den unterschiedlichen Nationalfarben der europäischen Gemeinschaft haben mich voll abgeholt. Die Faironika ist nicht nur ein deutsches, sondern vielmehr ein europäisches Projekt. Gemeinsam in Europa stehen wir für einen fairen Milchpreis und Wertschätzung.“

Kjartan Poulsen, LDM, Dänemark

„Liebe Faironika, es ist schön, dass du bei uns bist. Du bist das Symbol für unseren Kampf für ein gerechtes Einkommen für die Bauern. Vielen Dank dafür!“

 

Pressemitteilung des EMB und LDB vom 4. Juli 2022

Im Reich der Grünfärberei ist Aldi König

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© Aldi

Es ist gemeinhin bekannt, dass in der unerbittlichen Welt des Lebensmitteleinzelhandels jede List und Tücke erlaubt ist, einschließlich Tiefschlägen. Mit den riesigen Beträgen, die sie auf dem Rücken der ErzeugerInnen anhäufen, können die Marketingprofis bei ihren schamlosen Werbekampagnen, die sie mit der Wirkung einer Präzisionsrakete führen, aus dem Vollen schöpfen.

 

Als letzte Episode aus dem Schlaraffenland, wo Milch und Honig fließen, bewirbt Aldi seine neue Produktpalette unter dem Banner „Zurück zum Ursprung“. Versprochen wird ein Biostandard, der weitergeht – insbesondere eine Milch ohne Zusatz von Antibiotika.

Eigentlich kann man eine Milch, die von einem Betrieb stammt, der ohne Antibiotika auskommt, nur begrüßen. Das Problem ist die unausgesprochene Botschaft, die viele VerbraucherInnen heraushören: Wenn diese Milch ohne Einsatz von Antibiotika erzeugt wird, muss das wohl bedeuten, dass die Milch anderer Einzelhändler Antibiotika enthält? Heißt das, dass die ErzeugerInnen regelmäßig Antibiotika verabreichen? Dass sie sich nicht bemühen?

In der Schweiz ist der Einsatz von Antibiotika in der Milcherzeugung streng reglementiert – zurecht. Die Wartezeit, bevor die Milch nach der Antibiotikagabe wieder vermarktet werden darf, ist in der Biolandwirtschaft doppelt so lang. Es ist gut, sich für alternative Viehhaltungsmethoden, sanfte Therapieformen und robustere Rassen einzusetzen. Dabei darf man aber nicht den Rest des eigenen Berufsstands in Misskredit bringen.

Davon abgesehen, bleibt die Vergütung weiterhin vollkommen unzureichend. Auch wenn Aldi 10 Rappen zusätzlich pro Kilo Milch verspricht, liegt dies deutlich unter den Zusatzkosten, die diese Produktionsmethoden verursachen. Der Standardmilchpreis, der 2021 durchschnittlich im A-Segment gezahlt wurde, lag in der Schweiz bei 67,4 Rappen, was weit von dem 1 Franken entfernt ist, der zur Deckung der Produktionskosten erforderlich ist. Und inzwischen ist selbst dieser Preis von 1 Franken nicht mehr aktuell.

Wir ErzeugerInnen dürfen uns nicht aufs Kreuz legen lassen. Unsere Partner sind nicht die großen Einzelhandelsketten. Es sind die VerbraucherInnen. Mit ihnen können wir eine Partnerschaft eingehen, die auf gegenseitigem Respekt und beiderseitig vereinbarten Bemühungen aufbaut – für eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft und eine Zukunft für unsere Betriebe!

 

Vanessa Renfer, Uniterre, Milchkommission im Juni 2022

Nachhaltigkeitstool für landwirtschaftliche Betriebe

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CONVIS – die luxemburgische Genossenschaft für Rinderzucht, Schweinezucht und Beratung untersucht die Nachhaltigkeit auf landwirtschaftlichen Betrieben. Mit ihrem eigens entwickelten Tool liefert sie den Betrieben anhand der zugekauften Betriebsmittel und der verkauften Produkte objektive Zahlen zu den Nährstoff- und Energiebilanzen, der Futterautarkie bis hin zu den Treibhausgas- und Ammoniakemissionen der einzelnen Betriebszweige.

 

Sie haben ein Tool zur nachhaltigen Entwicklung erarbeitet. Können Sie kurz erklären, wie das Tool funktioniert und wie Sie es einsetzen?

Vereinfacht gesagt, vergleichen wir die landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren, um zu sehen, ob die Rohstoffe effektiv genutzt wurden. Da die Tierhaltung bei der Senkung der Treibhausgasemissionen eine wichtige Rolle spielt, liegt ein Hebel zur Minderung der ökologischen Folgen der Viehhaltung in der Steuerung der Milcherzeugung, d.h. hochwertige Silagen, Gewährleistung einer angemessenen Ernährung durch weitestgehende Minderung von Nährstoffüberschüssen oder -defiziten, maximaler Einsatz von Raufutter, Gewährleistung eines guten Herdenmanagements etc. Alle zugekauften Betriebsmittel (Eiweißzusätze, Kraftfutter, Düngemittel, Diesel,…) müssen möglichst effizient eingesetzt werden.

Wir haben im Laufe der Jahre übrigens nachgewiesen, dass die Betriebe, die als effizient eingestuft werden (deren CO2-Fußabdruck pro Hektar und damit auch pro Liter erzeugter Milch unter dem Schnitt aller Betriebe liegt), gleichzeitig auch wirtschaftlich am gesündesten und Preisschwankungen gegenüber am resistentesten sind. Wir können daraus schließen, dass Betriebe, die effizient arbeiten, nicht nur ihre Umweltfolgen mindern, sondern auch wirtschaftlich im Vorteil sind. Eine Intensivierung der Milchproduktion rechnet sich nur in Zeiten hoher Milchpreise, in denen die in der Kategorie „intensive Landwirtschaft“ eingestuften Betriebe einen leichten wirtschaftlichen Vorteil haben können. Ein intensiv bewirtschafteter Betrieb kann potenziell negativ ökologische Folgen haben, wenn er zum Beispiel eine zu hohe Stickstoffbilanz pro Hektar hat. Intensiv bewirtschaftete Betriebe können ihre Lage aber verbessern, wenn sie beispielsweise ihren überschüssigen an organischen Dünger an einen extensiven Betrieb abgeben, der sie braucht.

Was ist Ihrer Meinung nach wichtig, um die ErzeugerInnen dazu zu bewegen, ein solches Nachhaltigkeitstool zu nutzen – Zuckerbrot oder Peitsche?

Wir haben dieses Tool in den letzten 20 Jahren nach und nach entwickelt. Die anfängliche Idee war, die Folgen der landwirtschaftlichen Erzeugung objektiv messen und beziffern zu können. Da wir ein Team von AgrarberaterInnen sind, ist unser erstes Ziel immer, den LandwirtInnen zu helfen, unter dem Aspekt der Tierhaltung, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht, besser zu produzieren. Das von uns entwickelte Tool ermöglicht es uns, jährlich eine Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebs anhand von Kernziffern durchzuführen, die wenig Zeit in Anspruch nimmt. Der oder die LandwirtIn kann die Lage des eigenen Hofs mit den BerufskollegInnen vergleichen und außerdem die Entwicklung des Betriebs im Zeitverlauf nachverfolgen. Als BeraterInnen können wir unseren KundInnen die Stärken, aber auch die Schwachstellen ihres Betriebs aufzeigen, die wir dann gemeinsam ansprechen können, um sie zu verbessern.

Was die Frage nach den negativen oder positiven Anreizen betrifft, muss die Nutzung unseres Tools als positiv für die ErzeugerInnen eingestuft werden. Da die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) eine Senkung der CO2- und Ammoniakemissionen etc. verlangt, müssen wir als Beraterteam den LandwirtInnen die notwendigen Daten liefern und auf die kritischen Punkte ihrer Betriebe aufmerksam machen. Mithilfe dieser Kennziffern kann jede/r ErzeugerIn seine Produktion verbessern und die möglichen finanziellen Vorteile, die dadurch entstehen können, besser nutzen. Unserer Meinung nach hat es keinen Sinn, Landwirtinnen und -wirte zu irgendetwas zu zwingen. Es geht vielmehr darum, sie dazu anzuregen, die vorhandenen Chancen zu ergreifen und die Vorteile für sich zu nutzen, die sie bieten.

Wie sehen Sie aktuell die politischen Bemühungen um Nachhaltigkeit? Sind sie praxistauglich oder könnte sich die Politik noch mehr der Praxis annähern? Wenn ja, wo zum Beispiel?

Derzeit befinden wir uns mitten im Übergang zwischen zwei GAP-Regelungen. Die neue GAP umfasst Ziele für den Schutz der Umwelt, der natürlichen Lebensgrundlagen, der Artenvielfalt etc., was vor 20 bis 30 Jahren nicht der Fall war, als das Hauptziel die Produktion von Nahrungsmitteln war. Die neuen Bedingungen sind logisch, aber die Betriebe werden sich wahrscheinlich in zwei Gruppen aufteilen: die einen, die versuchen werden, ihr Einkommen über staatliche/europäische Prämien zu maximieren, und die anderen, die weiter produzieren, aber vermutlich deutlich intensiver als bisher. Ich persönlich denke, dass die Politik und die Regeln des internationalen Markts oft nicht zusammenpassen, denn die Politik vergisst allzu oft, dass die Primärerzeugung dem wirtschaftlichen Diktat von Angebot und Nachfrage unterworfen ist. Die Biolandwirtschaft ist das beste Beispiel: Alle wollen Bio, aber der Markt zeigt, dass die Nachfrage nicht ausreicht, um alle Betriebe auf Biolandwirtschaft umzustellen. Außerdem denke ich, dass in der aktuellen politischen Lage die Kaufkraft der Menschen angesichts der steigenden Preise und Lebenshaltungskosten zurückgeht. Wir sollten daher versuchen, unsere Lebensweise anzupassen und autarker bzw. weniger abhängig zu werden. Ich denke, dass das Gleiche für die landwirtschaftliche Primärerzeugung gilt; unsere aktuellen Produktionssysteme sind auch sehr, oder vielmehr zu sehr, von importierten landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren abhängig.

 

Tom Dusseldorf, Abteilungsleiter Beratung, CONVIS

Qualität muss bezahlt werden

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© AbL, Ottmar Ilchmann

Einige Verbände und Unternehmen versuchen immer wieder, Marktunsicherheiten zu instrumentalisieren, um bewährte Qualitätsstandards in der landwirtschaftlichen Erzeugung zu kippen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert angemessene Bezahlung der höheren Kosten für die ErzeugerInnen.

 

Ottmar Ilchmann, AbL-Milchsprecher:

„Gerade vor dem Hintergrund möglicher Engpässe ist es wichtig, die Qualität beizubehalten und auszubauen, aber nicht mehr zum Billigtarif zu verkaufen. Bisher war etwa Weidemilch immer satt verfügbar. Wir Bäuerinnen und Bauern haben immer das Argument gehört, ihr macht es ja sowieso. Wir erzeugen die gerne und aus Überzeugung. Allerdings wurden uns die höheren Standards gar nicht oder kaum bezahlt. Das gilt auch für die Mehrkosten für GVO-freie Milch. Die Molkereien verbessern ihr Image, aber sie setzen sich am Markt nicht für die angemesse Entlohnung ihrer LieferantInnen ein. GVO-freies Futtermittel ist ausreichend da. Jetzt können und müssen die Molkereien die Marktsignale nutzen, um höhere Preise durchzusetzen und Bäuerinnen und Bauern für ihre Qualitätsmilch angemessen zu bezahlen. Die deutliche Mehrheit der Verbraucher:innen will Gentechnikfreiheit.“

Lesen Sie hier den ganzen Artikel.

 

Auszug aus einer Pressemitteilung der AbL e.V. und des VLOG e.V. vom 19. Mai 2022

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